Das Zeitschriftenprojekt »TransAtlantik« und die Ideengeschichte der Bundesrepublik. Ein gleichermaßen anspruchsvolles wie liberales, ironisches wie kosmopolitisches Magazin - dies stand Hans Magnus Enzensberger und seinem Freund Gaston Salvatore im Sinn, als sie Ende der siebziger Jahre ihr Konzept einer neuen Zeitschrift entwarfen. Ihr Vorbild war der »New Yorker«, das Leitorgan des intellektuellen Amerika. Der Titel des im Oktober 1980 erstmals erschienenen Magazins bringt seine programmatische Westbindung auf den Punkt: »TransAtlantik«. Autorinnen und Autoren waren u. a. Rainald Goetz, Irene Dische, Martin Mosebach und Christoph Ransmayr. Kai Sina porträtiert eine der ideengeschichtlich aufschlussreichsten publizistischen Unternehmungen der alten Bundesrepublik. Nach den revolutionären Kämpfen und ideologisch verbissenen Debatten der sechziger und siebziger Jahre sollte »TransAtlantik« ein Medium der offenen Gesellschaft sein. Geprägt war dieses Vorhaben durch den spielerischen Selbstentwurf einer mündigen Leserschaft, die - nach einem Zeitalter der Kritik und der Negation - versuchsweise »Ja« zur westlichen Moderne sagt.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Kai Sina hat es sich zur Aufgabe gemacht, eines der vielen Projekte des jüngst verstorbenen Hans Magnus Enzensberger einmal näher zu beleuchten, in diesem Falle das höchstens semi-erfolgreiche Zeitschriftenprojekt "TransAtlantik", wie Ambros Waibel anekdotenreich zu berichten weiß. Nach dem Vorbild des legendären "New Yorker" wollten Enzensberger und sein Kollege eine Zeitschrift gegen den Mief der Bonner Republik, gegen das Spießertum, aber auch gegen linke Utopisten starten, die elegant, international und kulturbewusst sein sollte, wie der Rezensent aus dem Buch und einer damit verbundenen Veranstaltung in München lernt. Das kam nicht bei allen gut an, zumal die jüngere Generation sich zunehmend von Enzensberger und Konsorten als moralische Übermacht emanzipieren wollte, wie Waibel klarstellt, sodass die Auflage trotz Redaktionsmitglieder wie Jörg Fauser im Keller dümpelte. Die Ausführungen darüber und die sorgfältige Aufbereitung durch den Literaturprofessor Sina gefallen dem Rezensenten aber außerordentlich gut.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der Autor erzählt die Geschichte von TransAtlantik nicht allein auf der Grundlage ihrer Programmschriften oder ihrer Rezeption, sondern liest sie gleichsam im Ganzen. (...) Sinas perspektivenreicher Blick auf die Zeitschrift macht (...) ihre besondere Stellung in der zeitgenössischen Medienöffentlichkeit sichtbar.« (Erika Thomalla, der Freitag, 20.10.2022) »klug( ) und verblüffend( )« (Hendrikje Schauer, Tagesspiegel, 26.10.2022) »eine brillante kleine Studie« (Marc Reichwein, Die Welt, 28.11.2022) »Packende Ideengeschichte einer deutschen Intellektuellen-Klasse, sich im amerikanischen Freiheitsideal spiegelnd.« (Mara Delius, Die Welt, 04.12.2022) »Sina hat die TransAtlantik-Hefte einem aufschlussreichen close reading unterzogen und dabei nicht nur Entwicklung und Niedergang dieses bemerkenswerten journalistischen Unterfangens skizziert, sondern auch dessen Ort in der ideengeschichtlichen Landschaft der alten Bundesrepublik mit akribischem Scharfsinn kartografiert.« (Marianna Lieder, ZEIT Online, 07.12.2022) »Sina hat (...) ein Buch zur frühen Geschichte der Zeitschrift herausgebracht, das im Kern eine akademische Abhandlung ist und sich doch als lebendig geschriebener Essay zur geistigen Lage der Nation in den frühen Achtzigern liest.« (Thomas Steinfeld, Süddeutsche Zeitung, 16.12.2022) »(Die TransAtlantik war) eines der ehrgeizigsten Projekte in der deutsche Publizistik der vergangenen Jahrzehnte: Die Bedeutung zu veranschaulichen und zu erklären, darin liegt das Verdienst von Kai Sinas Buch.« (Thomas Steinfeld, Süddeutsche Zeitung, 16.12.2022) »Minutiös und beispielhaft analysiert Kai Sina nicht nur die einzelnen Beiträge der ersten Ausgabe, sondern setzt sie darüber hinaus verblüffend einleuchtend ins Verhältnis zu den stilbewussten Werbeanzeigen.« (Christoph Schröder, DLF Büchermarkt, 20.01.2023)