Was sind Gefühle? Um diese, in der aktuellen Philosophie heiß umstrittene Frage zu beantworten, geht Dominik Perler einen philosophiehistorischen Weg: Er diskutiert die Theorien von Thomas von Aquin, Duns Scotus, Wilhelm von Ockham, Montaigne, Descartes und Spinoza, um einen neuen Blick auf die gegenwärtigen Debatten zu werfen. In seinem überaus klar und verständlich geschriebenen Buch zeichnet er nach, wie sehr sich der theoretische Rahmen zur Erklärung von Gefühlen verändert hat und damit gleichzeitig die Frage, wie man seine Emotionen kontrollieren kann. Der große Reichtum dieser Debatten, zeigt Dominik Perler, eröffnet ganz neue theoretische Zugänge zur alten Frage: Was sind Gefühle?
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.08.2011Im Labyrinth der Gefühle
Wie wir Emotionen verstehen sollen, das zeigt kein Hirnscan: Dominik Perler leistet Aufklärungsarbeit mit Rückgriff auf die Philosophiegeschichte.
Emotionen sind mittlerweile zu einer der wichtigsten Relaisstelle zwischen Erfahrung und Verstand, zwischen Affekt und regulierender Vernunft avanciert. Emsig wird untersucht, welche Rolle sie bei der Bildung individueller und kollektiver Identität, bei der Strukturierung des Gedächtnisses, bei unserem Handeln und auch in Religion und Ethik spielen. Emotionen geben demnach unserer Identität Plastizität, kolorieren unser Weltbild und bestimmen den Grundton unserer Gestimmtheit - kurzum, sie sind verantwortlich für unser jeweiliges In-der-Welt-sein.
Nun sind Emotionen zugleich nur schwer fassliche Größen, flüchtige private Zustände, auf die das Subjekt allein einen privilegierten Zugriff zu haben scheint und die sich der für ihre wissenschaftliche Behandlung unerlässlichen Objektivierbarkeit entziehen. Gerade aus diesem misslichen Umstand erklärt sich zum Großteil die Euphorie, mit der in den letzten Jahrzehnten der Fortschritt bildgebender Verfahren in den Neurowissenschaften begrüßt wurde: als Mittel des empirischen Zugriffs auf Emotionen und damit zugleich der Schleifung einer der letzten Hochburgen der deutenden Geisteswissenschaften.
Letzteres darf allerdings bezweifelt werden. Denn selbst die suggestivsten neurowissenschaftlichen Darstellungen lassen die grundlegenden Fragen nach ontologischem Status, epistemischer Struktur und kategorialer Beschaffenheit von Gefühlen offen. Das hat bereits Wittgenstein gesehen, als er seinen frühen Absolutismus der wissenschaftlich-referentiellen Sprache verwarf und der Rede über intentionale Zustände einen eigenen Sprachspielkosmos mit spezifischen Regeln zuwies - in denen es nicht um Messung und Verifikation, sondern um das Sich-Fühlen und Sich-Verhalten aufgrund von emotiven Zuständen geht.
Dominik Perlers groß angelegte Studie über die Entwicklung der Emotionstheorien vom Hochmittelalter bis zum Ende des siebzehnten Jahrhunderts, also von Thomas von Aquin bis Baruch deSpinoza, kann als eine philosophiehistorische Streitschrift für diese These gelesen werden. Darüber hinaus formuliert der Berliner Philosophiehistoriker aus der geschichtlichen Tiefenschau eine unpolemische, aber unüberhörbare Warnung vor überzogenen Erwartungen und vorschnelle Selbstgewissheiten der gegenwärtigen Emotionsforschung. Dazu greift er zu einem Stilmittel, das in den großen Darstellungen der Historiographie noch niemals seine Wirkung verfehlt hat: Er lässt eine untergegangene und fremde Welt wiederauferstehen und macht Gedankengänge plausibel, deren Gehalt und Voraussetzungen bei heutigen Wissenschaftlern kaum mehr als Kopfschütteln hervorrufen dürften. Am Ende aber entdeckt der Leser, dass die Alten durchaus in der Lage waren, ebenso klug zu denken wie wir und Ordnungssysteme zu ersinnen, die es an Gedankenschärfe und logischer Stringenz locker mit der heutigen Wissenschaft aufnehmen können.
Perler führt den Leser geduldig in die Gedankenwelt von fünf herausragenden Autoren ein, die schulbildend gewirkt haben und unstrittig zum Kanon der abendländischen Philosophiegeschichte zählen. Den Auftakt macht die Emotionstheorie des Thomas von Aquin, dem bis heute einflussreichsten katholischen Theologen. Behutsam legt Perler in Thomas' "Summa" die Schichten der von Aristoteles überkommenen hylemorphistischen Weltsicht frei, in der die sinnlichen Wahrnehmungen erst durch die formgebenden Akte der Seele und des Intellekts ihre je eigene Qualität erhalten und dadurch zu spezifischen Emotionen werden, die entsprechende Reaktionen hervorrufen. Emotionen sind für Thomas keine "Wirkursachen", sondern durch sinnliche Wahrnehmungen und Affektationen erzeugte stoffliche Gegebenheiten, die durch Akte der Erkenntnis als Emotionen qualifiziert werden und zu entsprechendem Handeln anleiten.
Auch die Thomas-Kritiker Duns Scotus und William von Ockham sind dem aristotelischen Erbe verpflichtet, für Perler aber vor allem als Zeugen für die Subtilität und den Reichtum der mittelalterlichen Diskussionskultur wichtig. Während Thomas an der Bindung von Emotionen an die Instanz der Sinnlichkeit festhielt, betonen Scotus und Ockham besonders den vom Aquinaten vernachlässigten kognitiven Aspekt von Gefühlen. Angesichts der vom Schöpfer gewährten Willensfreiheit können nämlich Emotionen ebenso gut wie von der Sinnlichkeit auch durch die Betätigung des menschlichen Willens oder kognitive Akte hervorgerufen werden. Besonders augenfällig wird dies bei dem Gefühl der Freude über die Schau Gottes nach der Wiederauferstehung (fruitio), die theologisch zentral, aber, so Perler, im thomistischen Modell nicht befriedigend zu erklären ist.
In den "Essais" Michel de Montaignes zeigt sich für Perler ein radikaler metaphysischer Bruch mit den mittelalterlichen Emotionstheorien an. Der Skeptiker Montaigne verweigert nämlich strikt jede Theoretisierung und Systematisierung seiner Befunde. Er ist ein weltkluger, aber desillusionierter Beobachter der Wirkungen von Emotionen, hat aber den Glauben an die Geltung einer universalen, von einem Schöpfergott garantierten und vom menschlichen Verstand erfassbaren Logik der Emotionen und der Seelenkräfte verloren. Montaignes Essais markieren für Perler den Weg zu einer Philosophie der Emotionen als materialer Wirkursachen für die Erzeugung mentaler Bilder. Emotionen werden nun in das Denken der Repräsentation eingefügt, ohne jedoch darin recht aufgehen zu können, wie Perler an den Beispielen von René Descartes und Baruch de Spinoza zeigt. Mit Blick auf die Emotionen mutiert Descartes' Zweisubstanzen-Dualismus alsbald zu einem "Trialismus", denn ohne Annahme einer "vermittelnden Instanz" lässt sich im cartesianischen System die Auffassung der Emotion als situationsangemessener Repräsentationen einer res extensa in der res cogitans kaum erklären. An Spinozas Monismus interessiert Perler weniger dessen Descartes-kritische Motivation, sondern die unüberwindlich scheinenden logischen Probleme, die entstehen, wenn der spinozistische Nezessitarismus - also die Unmöglichkeit, das Weltgeschehen durch Willensakte zu beeinflussen - mit der in der Ethik in Aussicht gestellten Anleitung für die Führung eines gelingenden, glückliches Leben zu verbinden ist.
Ob Perlers Analysen vor dem kritischen Auge des Fachgelehrten bestehen können, muss wohl durch geduldige Philologie geklärt werden. Der Autor hat sich durch eine zuweilen etwas schulmäßig wirkende und redundante Diskussion von Textnuancen sowie der Sekundärliteratur gegen Kritik zu wappnen gesucht. Wichtiger als das philosophiehistorische Detail wiegt aber, dass Perler ein eindrucksvolles Tableau vormoderner Emotionstheorien geglückt ist, das die Lektüre zu mehr als nur einem gelehrten Vergnügen macht. Zahlreiche und immer treffsichere Verweise auf heutige Debatten zeigen dem Leser, dass heutige Theorien ebenso stark von metaphysischen Rahmenbedingungen, epistemologischen Grundannahmen und methodischen Vorentscheidungen abhängen wie jene der Alten. So dass also der selbstbewussten Rede vom Erkenntnis- und Methodenfortschritt heutiger Forschung mit einiger Vorsicht begegnet werden darf.
Perlers großartige Studie ist ein überzeugender Beleg für die Wichtigkeit der Philosophiegeschichte (die bekanntlich mit dem Siegeszug der Analytischen Philosophie einen schweren Stand hat). Sie gibt zudem den Kritikern neurophysiologisch-reduktionistischer Emotionsforschung ein wichtiges Argument an die Hand: Bei allen Unterschieden im "Theoriedesign" ist den fünf vorgestellten Autoren eine ethische Grundidee gemeinsam, nämlich die Hoffnung, durch eine verständige Zügelung der Emotionen ein gutes Leben zu ermöglichen, sei es nun der Gottebenbildlichkeit verpflichtet oder - im Zeitalter der zweifelhaft gewordenen Heilsgewissheit des Nachmittelalters - dem Ideal der stoischen Ataraxie. Perlers Darstellung lässt uns erkennen, dass diese im wahrsten Sinne philosophische Absicht der Alten in der heutigen Emotionsforschung verlorenzugehen droht - sicherlich sehr zu unserem Schaden.
MATTHIAS KROSS
Dominik Perler: "Transformationen der Gefühle". Philosophische Emotionstheorien 1270-1670.
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011. 533 S., geb., 24,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie wir Emotionen verstehen sollen, das zeigt kein Hirnscan: Dominik Perler leistet Aufklärungsarbeit mit Rückgriff auf die Philosophiegeschichte.
Emotionen sind mittlerweile zu einer der wichtigsten Relaisstelle zwischen Erfahrung und Verstand, zwischen Affekt und regulierender Vernunft avanciert. Emsig wird untersucht, welche Rolle sie bei der Bildung individueller und kollektiver Identität, bei der Strukturierung des Gedächtnisses, bei unserem Handeln und auch in Religion und Ethik spielen. Emotionen geben demnach unserer Identität Plastizität, kolorieren unser Weltbild und bestimmen den Grundton unserer Gestimmtheit - kurzum, sie sind verantwortlich für unser jeweiliges In-der-Welt-sein.
Nun sind Emotionen zugleich nur schwer fassliche Größen, flüchtige private Zustände, auf die das Subjekt allein einen privilegierten Zugriff zu haben scheint und die sich der für ihre wissenschaftliche Behandlung unerlässlichen Objektivierbarkeit entziehen. Gerade aus diesem misslichen Umstand erklärt sich zum Großteil die Euphorie, mit der in den letzten Jahrzehnten der Fortschritt bildgebender Verfahren in den Neurowissenschaften begrüßt wurde: als Mittel des empirischen Zugriffs auf Emotionen und damit zugleich der Schleifung einer der letzten Hochburgen der deutenden Geisteswissenschaften.
Letzteres darf allerdings bezweifelt werden. Denn selbst die suggestivsten neurowissenschaftlichen Darstellungen lassen die grundlegenden Fragen nach ontologischem Status, epistemischer Struktur und kategorialer Beschaffenheit von Gefühlen offen. Das hat bereits Wittgenstein gesehen, als er seinen frühen Absolutismus der wissenschaftlich-referentiellen Sprache verwarf und der Rede über intentionale Zustände einen eigenen Sprachspielkosmos mit spezifischen Regeln zuwies - in denen es nicht um Messung und Verifikation, sondern um das Sich-Fühlen und Sich-Verhalten aufgrund von emotiven Zuständen geht.
Dominik Perlers groß angelegte Studie über die Entwicklung der Emotionstheorien vom Hochmittelalter bis zum Ende des siebzehnten Jahrhunderts, also von Thomas von Aquin bis Baruch deSpinoza, kann als eine philosophiehistorische Streitschrift für diese These gelesen werden. Darüber hinaus formuliert der Berliner Philosophiehistoriker aus der geschichtlichen Tiefenschau eine unpolemische, aber unüberhörbare Warnung vor überzogenen Erwartungen und vorschnelle Selbstgewissheiten der gegenwärtigen Emotionsforschung. Dazu greift er zu einem Stilmittel, das in den großen Darstellungen der Historiographie noch niemals seine Wirkung verfehlt hat: Er lässt eine untergegangene und fremde Welt wiederauferstehen und macht Gedankengänge plausibel, deren Gehalt und Voraussetzungen bei heutigen Wissenschaftlern kaum mehr als Kopfschütteln hervorrufen dürften. Am Ende aber entdeckt der Leser, dass die Alten durchaus in der Lage waren, ebenso klug zu denken wie wir und Ordnungssysteme zu ersinnen, die es an Gedankenschärfe und logischer Stringenz locker mit der heutigen Wissenschaft aufnehmen können.
Perler führt den Leser geduldig in die Gedankenwelt von fünf herausragenden Autoren ein, die schulbildend gewirkt haben und unstrittig zum Kanon der abendländischen Philosophiegeschichte zählen. Den Auftakt macht die Emotionstheorie des Thomas von Aquin, dem bis heute einflussreichsten katholischen Theologen. Behutsam legt Perler in Thomas' "Summa" die Schichten der von Aristoteles überkommenen hylemorphistischen Weltsicht frei, in der die sinnlichen Wahrnehmungen erst durch die formgebenden Akte der Seele und des Intellekts ihre je eigene Qualität erhalten und dadurch zu spezifischen Emotionen werden, die entsprechende Reaktionen hervorrufen. Emotionen sind für Thomas keine "Wirkursachen", sondern durch sinnliche Wahrnehmungen und Affektationen erzeugte stoffliche Gegebenheiten, die durch Akte der Erkenntnis als Emotionen qualifiziert werden und zu entsprechendem Handeln anleiten.
Auch die Thomas-Kritiker Duns Scotus und William von Ockham sind dem aristotelischen Erbe verpflichtet, für Perler aber vor allem als Zeugen für die Subtilität und den Reichtum der mittelalterlichen Diskussionskultur wichtig. Während Thomas an der Bindung von Emotionen an die Instanz der Sinnlichkeit festhielt, betonen Scotus und Ockham besonders den vom Aquinaten vernachlässigten kognitiven Aspekt von Gefühlen. Angesichts der vom Schöpfer gewährten Willensfreiheit können nämlich Emotionen ebenso gut wie von der Sinnlichkeit auch durch die Betätigung des menschlichen Willens oder kognitive Akte hervorgerufen werden. Besonders augenfällig wird dies bei dem Gefühl der Freude über die Schau Gottes nach der Wiederauferstehung (fruitio), die theologisch zentral, aber, so Perler, im thomistischen Modell nicht befriedigend zu erklären ist.
In den "Essais" Michel de Montaignes zeigt sich für Perler ein radikaler metaphysischer Bruch mit den mittelalterlichen Emotionstheorien an. Der Skeptiker Montaigne verweigert nämlich strikt jede Theoretisierung und Systematisierung seiner Befunde. Er ist ein weltkluger, aber desillusionierter Beobachter der Wirkungen von Emotionen, hat aber den Glauben an die Geltung einer universalen, von einem Schöpfergott garantierten und vom menschlichen Verstand erfassbaren Logik der Emotionen und der Seelenkräfte verloren. Montaignes Essais markieren für Perler den Weg zu einer Philosophie der Emotionen als materialer Wirkursachen für die Erzeugung mentaler Bilder. Emotionen werden nun in das Denken der Repräsentation eingefügt, ohne jedoch darin recht aufgehen zu können, wie Perler an den Beispielen von René Descartes und Baruch de Spinoza zeigt. Mit Blick auf die Emotionen mutiert Descartes' Zweisubstanzen-Dualismus alsbald zu einem "Trialismus", denn ohne Annahme einer "vermittelnden Instanz" lässt sich im cartesianischen System die Auffassung der Emotion als situationsangemessener Repräsentationen einer res extensa in der res cogitans kaum erklären. An Spinozas Monismus interessiert Perler weniger dessen Descartes-kritische Motivation, sondern die unüberwindlich scheinenden logischen Probleme, die entstehen, wenn der spinozistische Nezessitarismus - also die Unmöglichkeit, das Weltgeschehen durch Willensakte zu beeinflussen - mit der in der Ethik in Aussicht gestellten Anleitung für die Führung eines gelingenden, glückliches Leben zu verbinden ist.
Ob Perlers Analysen vor dem kritischen Auge des Fachgelehrten bestehen können, muss wohl durch geduldige Philologie geklärt werden. Der Autor hat sich durch eine zuweilen etwas schulmäßig wirkende und redundante Diskussion von Textnuancen sowie der Sekundärliteratur gegen Kritik zu wappnen gesucht. Wichtiger als das philosophiehistorische Detail wiegt aber, dass Perler ein eindrucksvolles Tableau vormoderner Emotionstheorien geglückt ist, das die Lektüre zu mehr als nur einem gelehrten Vergnügen macht. Zahlreiche und immer treffsichere Verweise auf heutige Debatten zeigen dem Leser, dass heutige Theorien ebenso stark von metaphysischen Rahmenbedingungen, epistemologischen Grundannahmen und methodischen Vorentscheidungen abhängen wie jene der Alten. So dass also der selbstbewussten Rede vom Erkenntnis- und Methodenfortschritt heutiger Forschung mit einiger Vorsicht begegnet werden darf.
Perlers großartige Studie ist ein überzeugender Beleg für die Wichtigkeit der Philosophiegeschichte (die bekanntlich mit dem Siegeszug der Analytischen Philosophie einen schweren Stand hat). Sie gibt zudem den Kritikern neurophysiologisch-reduktionistischer Emotionsforschung ein wichtiges Argument an die Hand: Bei allen Unterschieden im "Theoriedesign" ist den fünf vorgestellten Autoren eine ethische Grundidee gemeinsam, nämlich die Hoffnung, durch eine verständige Zügelung der Emotionen ein gutes Leben zu ermöglichen, sei es nun der Gottebenbildlichkeit verpflichtet oder - im Zeitalter der zweifelhaft gewordenen Heilsgewissheit des Nachmittelalters - dem Ideal der stoischen Ataraxie. Perlers Darstellung lässt uns erkennen, dass diese im wahrsten Sinne philosophische Absicht der Alten in der heutigen Emotionsforschung verlorenzugehen droht - sicherlich sehr zu unserem Schaden.
MATTHIAS KROSS
Dominik Perler: "Transformationen der Gefühle". Philosophische Emotionstheorien 1270-1670.
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011. 533 S., geb., 24,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rudolf Walther ist beglückt von der Art, wie der Philosophiehistoriker Dominik Perler in seiner Studie philosophische Theorien über Emotionen aus der Zeit zwischen Spätmittelalter und Frühaufklärung untersucht und darstellt. Nicht als lineare Entwicklung, sondern indem er die Werke von Autoren wie Thomas von Aquin, Montaigne, Descartes und Spinoza im historischen und begriffsgeschichtlichen Kontext genau analysiert. Walther bekommt so einen Eindruck von scholastischer Eleganz und Raffinesse! Nachdem der Rezensent uns die einzelnen Theorien mit Perler knapp vorgestellt und gegeneinander abgegrenzt hat, beurteilt er das Buch als ein intellektuelles, freilich nicht ganz unanstrengendes Vergnügen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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