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Eine Fluchtgeschichte: Ein Mädchen will erwachsen werden, sie will Spaß. Im düsteren, lange schon mutterlosen Elternhaus am Rande des Ruhrgebiets ist der gewiss nicht zu finden. Doch in diesem Winter 1988 tönen Sirenenklänge von einer glitzernden Insel im grauen, realsozialistischen Meer: West-Berlin.
Dort glaubt sie zunächst, in einem Fotografen ihre neue Liebe gefunden zu haben. Sie stürzt sich in das Leben dieser seltsamen Metropole, deren bekanntester Club nicht von ungefähr «Dschungel» heißt. Doch der Freund entpuppt sich als Filou, und auch diverse andere Bekanntschaften taugen kaum
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Produktbeschreibung
Eine Fluchtgeschichte: Ein Mädchen will erwachsen werden, sie will Spaß. Im düsteren, lange schon mutterlosen Elternhaus am Rande des Ruhrgebiets ist der gewiss nicht zu finden. Doch in diesem Winter 1988 tönen Sirenenklänge von einer glitzernden Insel im grauen, realsozialistischen Meer: West-Berlin.

Dort glaubt sie zunächst, in einem Fotografen ihre neue Liebe gefunden zu haben. Sie stürzt sich in das Leben dieser seltsamen Metropole, deren bekanntester Club nicht von ungefähr «Dschungel» heißt. Doch der Freund entpuppt sich als Filou, und auch diverse andere Bekanntschaften taugen kaum als Ersatz für den fernen Vater, zu dem sie immer mehr den Zugang verliert. Sie weiß nicht, wie schlimm es um ihn steht, zu sehr ist sie selbst gefangen in einem Sog aus Lügen und Betrug, in dieser Stadt zwischen Mauern, gebaut wie für die Ewigkeit ...

Ein eindringliches Buch der Erinnerung: an eine Jugend und an einen Ort, den es nicht mehr gibt.
Autorenporträt
Eva Sichelschmidt wuchs am grünen Rand des Ruhrgebiets auf. 1989 zog sie nach Berlin, wo sie als Kostümbildnerin für Film und Oper arbeitete und erst ein Maßatelier für Abendmode, dann das Geschäft 'Whisky & Cigars' eröffnete. 2017 erschien ihr erster Roman, 'Die Ruhe weg'. Ihr zweiter, 'Bis wieder einer weint', war u.a. für den Deutschen Buchpreis nominiert. 2022 war sie zum Bachmann-Wettbewerb eingeladen. Eva Sichelschmidt lebt in Rom und Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Einen rasanten Trip durch die alte Bundesrepublik macht Rezensent Hilmar Klute mit dem Nachfolger von Eva Sichelschmidts Familienroman "Bis einer weint". Die Ich-Erzählerin verlässt hier das verfallende Elternhaus im Ruhrgebiet, um ins "Soziotop der Westberliner Lumpenbohème" abzutauchen, so Klute. Dort schlägt sie sich als Schneiderin durch, wie bei vielen anderen ist immer nur genug Geld für den nächsten Wein und die nächste Tüte da. Sie fühlt sich aber in diesem Kreis nicht ganz am Platz, weiß der Kritiker, zu viel "Laissez-Faire" und Indifferenz. Sichelschmidts typisch "schnoddriger" Erzählstil klingt hier wieder an, gleichzeitig kommen aber auch dunkle Untertöne zum Tragen, schließt Klute.

© Perlentaucher Medien GmbH
Eine Rettung, ein Ankommen, ein neues, eigentliches Zuhause. Eva Sichelschmidt hat über die Suche danach einen klugen, leichten Roman geschrieben. Mara Delius Welt am Sonntag 20230813

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.11.2023

Im Westen geht die Sonne unter
Und plötzlich ist die Grenze offen: Eva Sichelschmidt setzt ihre schnoddrig
traurige Familiengeschichte fort mit „Transitmaus“.
VON HILMAR KLUTE
Gegen Ende von Eva Sichelschmidts Roman, als die Familienkatastrophe komplett und ihre Heimatlosigkeit damit endgültig besiegelt ist, liest die Erzählerin dieser Geschichte fünf Wörter auf einem Zeitungsaufsteller: „Die Mauer ist gefallen.“ Und sie vermutet: „Es muss sich um eine Metapher handeln.“
Es ist ja ein beliebter Topos in Geschichten über die späten Achtziger, wenn ein Romanheld gar nicht oder nur flüchtig mitbekommt, dass die Grenze zur DDR plötzlich offen ist. Aber Eva Sichelschmidts „Transitmaus“, so wird die Ich-Erzählerin von ihren Westberliner Freunden genannt, hat dermaßen viel an privatem Kummer zu schlucken, das reicht bis hin zur beklemmenden Tragödie des Heimatverlustes, dass Weltereignisse eher gering ins Gewicht fallen.
Eva Sichelschmidt hat die Geschichte ihrer Familie bereits in dem umfangreichen, viel gelobten Roman „Bis einer weint“ zu erzählen begonnen, eine wüste, schicksalsschwere Buddenbrooksiade aus dem grünen Rand des Ruhrgebiets. Der Erzählerin, Tochter eines einst erfolgreichen Herstellers landwirtschaftlicher Geräte, gelingt es in „Transitmaus“, das niedergehende Eltern- , besser: Vaterhaus, denn die Mutter ist früh gestorben, zu verlassen. Eine Freundin jobbt in West-Berlin, und mit dem Golf und wenig Geld geht es über die Tansitstrecke auf die ummauerte Insel. Die Schikanen durch die graumausigen Volkspolizisten gehören zur Reise- und Erinnerungskultur jedes Westdeutschen, der damals nach Kreuzberg oder Schöneberg fuhr. Eva Sichelschmidt erzählt diese Aufbruch- und Fluchtgeschichte aus der Sicht jenes jungen, schon ziemlich gebeutelten Mädchens. Der Vater, ein deprimierter, alternder Mann, hat den obskuren „Hausfreund“ Uwe in die Familie geholt, deren Haushalt nur von der soliden Wirtschafterin Frau Schmidt zusammengehalten wird. Welche Rolle Uwe im Leben des Vaters spielt lässt sich nur dunkel ahnen. Und sie bleibt bewusst verdunkelt, denn die Erzählung bezieht ihre Spannung auch aus den Leerstellen.
Das berufliche Rüstzeug hatte sich die Tochter noch bei der knorrigen Schneiderin Eleftheria Prodromidis geholt; für die Schluffis in Berlin wird sie später Anzüge aus Jeansstoff nähen, eine Innovation! Der Kontakt zum Vater wird brüchig, sobald die Tochter im Soziotop der Westberliner Lumpenbohème heimisch wird. Ihr Freund wird Falk, ein Typ, der irgendwie krumme Geschäfte macht. Aber was ist schon krumm und was ist gerade im Berlin jener Jahre, als man für den täglichen Kampf um Liebe, Weißwein und Tüten vielleicht hin und wieder einen unverbindlichen Job benötigte?
Mit dem prekären Hedonismus und dem Laissez-faire ihrer Freunde kann sich die Erzählerin nur schwer arrangieren, zu sorglos und indifferent muss ihr das Leben vorkommen, zu kaltschnäuzig die esoterischen Beziehungsphilosophien des schönen Claudius, in den sich die junge Frau verliebt, um irgendwann schnöde von ihm verlassen zu werden. Denn auf den Leichtsinn des Alltags drückt die Schwere der Herkunft, das zerstörte Vertrauen, die Trauer um das zusehends verfallende Haus im Ruhrgebiet, das jetzt von einer schreienden Haushälterin mit unbestimmbarem Namen regiert wird.
Dazu die Zurückweisung ihrer Liebe durch den Vater, der anfangs noch ihre Schulden bezahlt, dann aber in Suff und Demenz verfällt, bevor er seine letzten Stunden in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie verbringt, die man damals noch volkstümlich Irrenanstalt nannte: „Zu dumm nur, dass man sich immer mitnahm, wohin man auch ging.“ Die Hypothek der irgendwie trostlosen Jugend am Stadtrand, eine unbestimmbare Erinnerung an einen Zungenkuss vom Vater (war da was oder trickst das Gedächtnis?), der allmähliche Niedergang des Familienbetriebs – all dies temperiert den Erzählton in Eva Sichelschmidts Erzählung, der zwar hübsch schnodderig bleibt, zugleich aber in diese rasante Reise durch die Saturnalien der alten Bundesrepublik einen dunklen Faden webt.
Was ist krumm
und was ist
gerade im Berlin
jener Jahre?
Eva Sichelschmidt:
Transitmaus. Roman. Rowohlt, Hamburg 2023. 297 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Im Westen geht die Sonne unter

Und plötzlich ist die Grenze offen: Eva Sichelschmidt setzt ihre schnoddrig
traurige Familiengeschichte fort mit „Transitmaus“.

VON HILMAR KLUTE

Gegen Ende von Eva Sichelschmidts Roman, als die Familienkatastrophe komplett und ihre Heimatlosigkeit damit endgültig besiegelt ist, liest die Erzählerin dieser Geschichte fünf Wörter auf einem Zeitungsaufsteller: „Die Mauer ist gefallen.“ Und sie vermutet: „Es muss sich um eine Metapher handeln.“

Es ist ja ein beliebter Topos in Geschichten über die späten Achtziger, wenn ein Romanheld gar nicht oder nur flüchtig mitbekommt, dass die Grenze zur DDR plötzlich offen ist. Aber Eva Sichelschmidts „Transitmaus“, so wird die Ich-Erzählerin von ihren Westberliner Freunden genannt, hat dermaßen viel an privatem Kummer zu schlucken, das reicht bis hin zur beklemmenden Tragödie des Heimatverlustes, dass Weltereignisse eher gering ins Gewicht fallen.

Eva Sichelschmidt hat die Geschichte ihrer Familie bereits in dem umfangreichen, viel gelobten Roman „Bis einer weint“ zu erzählen begonnen, eine wüste, schicksalsschwere Buddenbrooksiade aus dem grünen Rand des Ruhrgebiets. Der Erzählerin, Tochter eines einst erfolgreichen Herstellers landwirtschaftlicher Geräte, gelingt es in „Transitmaus“, das niedergehende Eltern- , besser: Vaterhaus, denn die Mutter ist früh gestorben, zu verlassen. Eine Freundin jobbt in West-Berlin, und mit dem Golf und wenig Geld geht es über die Tansitstrecke auf die ummauerte Insel. Die Schikanen durch die graumausigen Volkspolizisten gehören zur Reise- und Erinnerungskultur jedes Westdeutschen, der damals nach Kreuzberg oder Schöneberg fuhr. Eva Sichelschmidt erzählt diese Aufbruch- und Fluchtgeschichte aus der Sicht jenes jungen, schon ziemlich gebeutelten Mädchens. Der Vater, ein deprimierter, alternder Mann, hat den obskuren „Hausfreund“ Uwe in die Familie geholt, deren Haushalt nur von der soliden Wirtschafterin Frau Schmidt zusammengehalten wird. Welche Rolle Uwe im Leben des Vaters spielt lässt sich nur dunkel ahnen. Und sie bleibt bewusst verdunkelt, denn die Erzählung bezieht ihre Spannung auch aus den Leerstellen.

Das berufliche Rüstzeug hatte sich die Tochter noch bei der knorrigen Schneiderin Eleftheria Prodromidis geholt; für die Schluffis in Berlin wird sie später Anzüge aus Jeansstoff nähen, eine Innovation! Der Kontakt zum Vater wird brüchig, sobald die Tochter im Soziotop der Westberliner Lumpenbohème heimisch wird. Ihr Freund wird Falk, ein Typ, der irgendwie krumme Geschäfte macht. Aber was ist schon krumm und was ist gerade im Berlin jener Jahre, als man für den täglichen Kampf um Liebe, Weißwein und Tüten vielleicht hin und wieder einen unverbindlichen Job benötigte?

Mit dem prekären Hedonismus und dem Laissez-faire ihrer Freunde kann sich die Erzählerin nur schwer arrangieren, zu sorglos und indifferent muss ihr das Leben vorkommen, zu kaltschnäuzig die esoterischen Beziehungsphilosophien des schönen Claudius, in den sich die junge Frau verliebt, um irgendwann schnöde von ihm verlassen zu werden. Denn auf den Leichtsinn des Alltags drückt die Schwere der Herkunft, das zerstörte Vertrauen, die Trauer um das zusehends verfallende Haus im Ruhrgebiet, das jetzt von einer schreienden Haushälterin mit unbestimmbarem Namen regiert wird.

Dazu die Zurückweisung ihrer Liebe durch den Vater, der anfangs noch ihre Schulden bezahlt, dann aber in Suff und Demenz verfällt, bevor er seine letzten Stunden in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie verbringt, die man damals noch volkstümlich Irrenanstalt nannte: „Zu dumm nur, dass man sich immer mitnahm, wohin man auch ging.“ Die Hypothek der irgendwie trostlosen Jugend am Stadtrand, eine unbestimmbare Erinnerung an einen Zungenkuss vom Vater (war da was oder trickst das Gedächtnis?), der allmähliche Niedergang des Familienbetriebs – all dies temperiert den Erzählton in Eva Sichelschmidts Erzählung, der zwar hübsch schnodderig bleibt, zugleich aber in diese rasante Reise durch die Saturnalien der alten Bundesrepublik einen dunklen Faden webt.

Was ist krumm
und was ist
gerade im Berlin
jener Jahre?

Eva Sichelschmidt:
Transitmaus. Roman. Rowohlt, Hamburg 2023. 297 Seiten, 24 Euro.

DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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