Christdemokratische und konservative Parteien spielten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine immer wichtigere integrationspolitische Rolle. Es gab neue Anreize und Herausforderungen für transnationale Kontakte und organisierte Parteienkooperation. Nach dem "Genfer Kreis" und den "Nouvelles Equipes Internationales" (NEI) konstituierte sich die "Europäische Union Christlicher Demokraten" (EUCD) 1965. Es folgten die Europäische Volkspartei (EVP) 1976 und die European Democrat Union (EDU) 1978. Diese Parteienzusammenschlüsse führten zur Abstimmung in politischen und ideologischen Fragen sowie zu gemeinsamem Vorgehen auf nationaler und internationaler Ebene. Dabei ging es um Fragen der Europa- und Integrationspolitik, aber der Internationalisierung und Globalisierung. Diese mehrsprachige, auf deutschen, englischen, französischen und italienischen Dokumenten basierende Quellenedition verdeutlicht die Rolle der christdemokratischen und konservativen Parteien Europas. Sie agierten als kommunikative Mittler zwischen Staat und Gesellschaft, insbesondere hinsichtlich grenzüberschreitender Entwicklungen im Sinne der Debatte über ein gemeinsames und integriertes Europa.
Der Band knüpft an die Edition "Transnationale Parteienkooperation der europäischen Christdemokraten" an, in der Dokumente der Jahre 1945-1965 ediert worden sind (K. G. Saur Verlag, 2004, ISBN 3-598-11655-1).
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Der Band knüpft an die Edition "Transnationale Parteienkooperation der europäischen Christdemokraten" an, in der Dokumente der Jahre 1945-1965 ediert worden sind (K. G. Saur Verlag, 2004, ISBN 3-598-11655-1).
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.2018Die Mühen der Vernetzung
Transnationale Kooperation der europäischen christlichen Demokraten
Franz Josef Strauß konnte politische Situationen bisweilen recht scharfsinnig analysieren. Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle lehne das Prinzip der europäischen Integration "nicht grundlegend ab", stellte er im Oktober 1966 vor den Mitgliedern der christlich-demokratischen Fraktion des Europäischen Parlaments fest. Und er leitete aus seiner Analyse ab, dass gute Chancen für die Schaffung einer "europäischen Verteidigungsgemeinschaft" bestünden, die es den Europäern ermögliche, als Partner der Vereinigten Staaten unabhängig für die "Freiheit und Weiterentwicklung" des europäischen Kontinents zu sorgen.
Das europapolitische Konzept des Übervaters der CSU, das in seinem programmatischen Teil bis heute von bemerkenswerter Aktualität geblieben ist, findet sich in einer umfangreichen Sammlung interner Dokumente der christdemokratischen Parteienverbünde Europas von der Konstituierung der Europäischen Union Christlicher Demokraten (EUCD) 1965 bis zur ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments vierzehn Jahre später. Das Team um den Hildesheimer Europa-Historiker Michael Gehler hat dazu die einschlägigen Parteiarchive und Nachlässe in Deutschland, Österreich, Belgien und Italien durchforstet und bietet auf dieser Grundlage reichhaltige Einblicke in die Bemühungen um die Formierung einer christdemokratischen politischen Kraft auf europäischer Ebene und die Diskussionen, die sie begleiteten.
Die Verständigung und der Zusammenschluss fielen Europas Christdemokraten nicht eben leicht. Dazu waren die Voraussetzungen in den Ländern zu unterschiedlich. Da gab es einerseits die großen Volksparteien in der Bundesrepublik Deutschland und in Italien, andererseits strikt konfessionell gebundene Parteien in den Niederlanden, unterschiedliche Parteien des flämischen und des wallonischen Volksteils in Belgien, christdemokratische Elemente in unterschiedlichen Parteiformationen in Frankreich und Parteien aus Ländern, die der Europäischen Gemeinschaft aus unterschiedlichen Gründen (noch) nicht angehörten. Dazu zählten die Österreichische Volkspartei, die Konservativ-Christlichsoziale Volkspartei der Schweiz, die Fine Gael aus der Republik Irland. Zu einer Union von Parteien fanden sie sich überhaupt erst unter dem Druck der christdemokratischen Fraktion des Europäischen Parlaments zusammen, aber auch danach blieb umstritten, wie intensiv die Kooperation und wie verbindlich Beschlüsse des Zusammenschlusses sein sollten.
Mit Blick auf die bevorstehende Direktwahl des Europäischen Parlaments kam es dann 1976 zur Gründung der Europäischen Volkspartei (EVP), der freilich nur diejenigen Parteien angehören konnten, die in Mitgliedsländern der Gemeinschaft beheimatet waren. In ihren Gremien wurde mit Mehrheit abgestimmt, und es wurde auch viel zur Entwicklung gemeinsamer europapolitischer Positionen getan. Aber auch hier blieb die programmatische Orientierung umstritten: Während die Deutschen im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Parlament auf die Aufnahme der britischen Konservativen und der französischen Gaullisten drangen, beharrten Belgier, Niederländer, Italiener und Franzosen aus Sorge um den Erhalt der Anschlussfähigkeit zur Linken auf einer strikt christdemokratischen Orientierung. Nachdem die Erweiterung in konservative Richtung im ersten Anlauf gescheitert war, drang insbesondere der CDU-Vorsitzende Helmut Kohl auf die Schaffung einer Europäischen Demokratischen Union (EDU), die der drohenden Sozialdemokratisierung Europas, wie er sie sah, Einhalt gebieten sollte. Ein offenes Ohr fand er dafür bei der ÖVP und ihrem Obmann Josef Taus, der sehr unter dem Bedeutungsverlust der EUCD und der damit einhergehenden Marginalisierung der Parteien aus nicht der EG angehörenden Ländern litt. Die Auseinandersetzungen um das EDU-Projekt, die in dieser Edition zum ersten Mal dokumentiert werden, endeten mit der Bildung einer "Arbeitsgemeinschaft" von CDU/CSU und ÖVP mit den britischen, skandinavischen und portugiesischen Konservativen sowie den Gaullisten. Gegenüber den anderen christdemokratischen Parteien betonte Kohl aber immer wieder, dass die Zusammenarbeit in der EVP für ihn absolute Priorität haben würde.
Die unterschiedlichen Auffassungen über die strategische Ausrichtung dauerten damit fort. Demgegenüber gelang in der EVP und in der christdemokratischen Fraktion des Europäischen Parlaments ein erhebliches Maß an Verständigung über europapolitische Forderungen und Maßnahmen. Für Strauß' Forderung nach einer unabhängigen europäischen Verteidigungsgemeinschaft gab es wenig Verständnis. Ansonsten standen Europas Christdemokraten aber immer auf der Seite derjenigen, die eine Verstärkung und einen Ausbau der Europäischen Gemeinschaft forderten, und das hieß auch: einen Ausbau ihrer supranationalen Dimension. Dabei verbanden sie Festigkeit in der Zielsetzung mit großer Flexibilität in den Methoden. "Eine pragmatisch-dynamische Methode kann umso erfolgreicher praktiziert werden, je klarer man in der Zielvorstellung bleibt", so formulierte es Heinrich August Lücker, der CD-Fraktionsvorsitzende im Europäischen Parlament in Vorbereitung der ersten Erweiterungsrunde der Gemeinschaft.
Besonders intensiv widmeten sich die Christdemokraten auf europäischer Ebene zu Beginn der siebziger Jahre dem Projekt einer Europäischen Währungsunion. Bereits im Oktober 1970 diskutierte eine Studiengruppe der Parlamentsfraktion über die verschiedenen Pläne zur Vorbereitung einer Währungsunion. Luxemburgs Premier- und Finanzminister Pierre Werner hatte mehrmals Gelegenheit, die Vorschläge der von ihm geleiteten Expertengruppe vor den Parlamentariern zu erläutern. Er insistierte, auch das ist bis heute aktuell geblieben, auf der notwendigen Parallelität von gemeinschaftlichem Zentralbankensystem und einem europäischem "Entscheidungszentrum für die Wirtschaftspolitik".
Große Verdienste erwarben sich die Christdemokraten auch bei der Unterstützung der Demokratisierung Portugals und Spaniens. Ihre Bemühungen um Kontakte führten in den beiden iberischen Ländern zwar nicht zu der Etablierung starker christdemokratischer Parteien, die in der Lage gewesen wären, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Dennoch war die Unterstützung durch die EUCD wichtig für die Bildung des portugiesischen Centro Democrático e Social und die Aktivierung der konkurrierenden Gruppen des christdemokratischen Untergrunds in Spanien. Die Verbindungen, die dabei entstanden, waren für das Gelingen der Integration der beiden Länder in die Europäische Gemeinschaft hilfreich.
Die überaus sorgfältig gearbeitete Edition stellt somit eine unverzichtbare Arbeitsgrundlage für jeden dar, der sich mit den Problemen der europäischen Integrationsgeschichte der sechziger und siebziger Jahre beschäftigt. Sie zeigt die Interaktion christdemokratischer Parteien auf, die zum Teil unterschiedliche Leitbilder und Interessen verfolgten, sich dabei aber auch immer wieder auf Gemeinsamkeiten verständigten und so die Grundlagen für die heutige Europäische Volkspartei schufen.
Gleichzeitig bieten die beiden Teilbände oft überraschende Aufschlüsse zur Geschichte der beteiligten nationalen Parteien. So berichtet Leo Tindemans als Generalsekretär der EUCD im Februar 1967 an EUCD-Präsident Mariano Rumor über Gespräche mit führenden CDU-Politikern in Bonn, bei denen ein ziemlicher Pessimismus der deutschen Christdemokraten zutage trat: Die Partei habe Schulden in der Höhe von sechs Millionen Mark; für die bevorstehenden Wahlkämpfe sei nichts mehr übrig.
Zehn Jahre später machte sich dann Rumors Nachfolger Kai-Uwe von Hassel große Sorgen über den Zustand der Democrazia Cristiana, die dem Aufstieg des Eurokommunismus, der sich besonders in Italien zeigte, nichts mehr entgegenzusetzen habe. Die Zusammenarbeit der europäischen Christdemokraten, so viel wird hier deutlich, bleibt immer abhängig von den Problemen, mit denen sie sich auf nationaler Ebene auseinandersetzen müssen.
WILFRIED LOTH
Michael Gehler u.a. (Hrsg.): Transnationale Parteienkooperation der europäischen Christdemokraten und Konservativen. De Gruyter Oldenbourg, Berlin/Boston 2017. XLIV + 1721 S., 289,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Transnationale Kooperation der europäischen christlichen Demokraten
Franz Josef Strauß konnte politische Situationen bisweilen recht scharfsinnig analysieren. Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle lehne das Prinzip der europäischen Integration "nicht grundlegend ab", stellte er im Oktober 1966 vor den Mitgliedern der christlich-demokratischen Fraktion des Europäischen Parlaments fest. Und er leitete aus seiner Analyse ab, dass gute Chancen für die Schaffung einer "europäischen Verteidigungsgemeinschaft" bestünden, die es den Europäern ermögliche, als Partner der Vereinigten Staaten unabhängig für die "Freiheit und Weiterentwicklung" des europäischen Kontinents zu sorgen.
Das europapolitische Konzept des Übervaters der CSU, das in seinem programmatischen Teil bis heute von bemerkenswerter Aktualität geblieben ist, findet sich in einer umfangreichen Sammlung interner Dokumente der christdemokratischen Parteienverbünde Europas von der Konstituierung der Europäischen Union Christlicher Demokraten (EUCD) 1965 bis zur ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments vierzehn Jahre später. Das Team um den Hildesheimer Europa-Historiker Michael Gehler hat dazu die einschlägigen Parteiarchive und Nachlässe in Deutschland, Österreich, Belgien und Italien durchforstet und bietet auf dieser Grundlage reichhaltige Einblicke in die Bemühungen um die Formierung einer christdemokratischen politischen Kraft auf europäischer Ebene und die Diskussionen, die sie begleiteten.
Die Verständigung und der Zusammenschluss fielen Europas Christdemokraten nicht eben leicht. Dazu waren die Voraussetzungen in den Ländern zu unterschiedlich. Da gab es einerseits die großen Volksparteien in der Bundesrepublik Deutschland und in Italien, andererseits strikt konfessionell gebundene Parteien in den Niederlanden, unterschiedliche Parteien des flämischen und des wallonischen Volksteils in Belgien, christdemokratische Elemente in unterschiedlichen Parteiformationen in Frankreich und Parteien aus Ländern, die der Europäischen Gemeinschaft aus unterschiedlichen Gründen (noch) nicht angehörten. Dazu zählten die Österreichische Volkspartei, die Konservativ-Christlichsoziale Volkspartei der Schweiz, die Fine Gael aus der Republik Irland. Zu einer Union von Parteien fanden sie sich überhaupt erst unter dem Druck der christdemokratischen Fraktion des Europäischen Parlaments zusammen, aber auch danach blieb umstritten, wie intensiv die Kooperation und wie verbindlich Beschlüsse des Zusammenschlusses sein sollten.
Mit Blick auf die bevorstehende Direktwahl des Europäischen Parlaments kam es dann 1976 zur Gründung der Europäischen Volkspartei (EVP), der freilich nur diejenigen Parteien angehören konnten, die in Mitgliedsländern der Gemeinschaft beheimatet waren. In ihren Gremien wurde mit Mehrheit abgestimmt, und es wurde auch viel zur Entwicklung gemeinsamer europapolitischer Positionen getan. Aber auch hier blieb die programmatische Orientierung umstritten: Während die Deutschen im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Parlament auf die Aufnahme der britischen Konservativen und der französischen Gaullisten drangen, beharrten Belgier, Niederländer, Italiener und Franzosen aus Sorge um den Erhalt der Anschlussfähigkeit zur Linken auf einer strikt christdemokratischen Orientierung. Nachdem die Erweiterung in konservative Richtung im ersten Anlauf gescheitert war, drang insbesondere der CDU-Vorsitzende Helmut Kohl auf die Schaffung einer Europäischen Demokratischen Union (EDU), die der drohenden Sozialdemokratisierung Europas, wie er sie sah, Einhalt gebieten sollte. Ein offenes Ohr fand er dafür bei der ÖVP und ihrem Obmann Josef Taus, der sehr unter dem Bedeutungsverlust der EUCD und der damit einhergehenden Marginalisierung der Parteien aus nicht der EG angehörenden Ländern litt. Die Auseinandersetzungen um das EDU-Projekt, die in dieser Edition zum ersten Mal dokumentiert werden, endeten mit der Bildung einer "Arbeitsgemeinschaft" von CDU/CSU und ÖVP mit den britischen, skandinavischen und portugiesischen Konservativen sowie den Gaullisten. Gegenüber den anderen christdemokratischen Parteien betonte Kohl aber immer wieder, dass die Zusammenarbeit in der EVP für ihn absolute Priorität haben würde.
Die unterschiedlichen Auffassungen über die strategische Ausrichtung dauerten damit fort. Demgegenüber gelang in der EVP und in der christdemokratischen Fraktion des Europäischen Parlaments ein erhebliches Maß an Verständigung über europapolitische Forderungen und Maßnahmen. Für Strauß' Forderung nach einer unabhängigen europäischen Verteidigungsgemeinschaft gab es wenig Verständnis. Ansonsten standen Europas Christdemokraten aber immer auf der Seite derjenigen, die eine Verstärkung und einen Ausbau der Europäischen Gemeinschaft forderten, und das hieß auch: einen Ausbau ihrer supranationalen Dimension. Dabei verbanden sie Festigkeit in der Zielsetzung mit großer Flexibilität in den Methoden. "Eine pragmatisch-dynamische Methode kann umso erfolgreicher praktiziert werden, je klarer man in der Zielvorstellung bleibt", so formulierte es Heinrich August Lücker, der CD-Fraktionsvorsitzende im Europäischen Parlament in Vorbereitung der ersten Erweiterungsrunde der Gemeinschaft.
Besonders intensiv widmeten sich die Christdemokraten auf europäischer Ebene zu Beginn der siebziger Jahre dem Projekt einer Europäischen Währungsunion. Bereits im Oktober 1970 diskutierte eine Studiengruppe der Parlamentsfraktion über die verschiedenen Pläne zur Vorbereitung einer Währungsunion. Luxemburgs Premier- und Finanzminister Pierre Werner hatte mehrmals Gelegenheit, die Vorschläge der von ihm geleiteten Expertengruppe vor den Parlamentariern zu erläutern. Er insistierte, auch das ist bis heute aktuell geblieben, auf der notwendigen Parallelität von gemeinschaftlichem Zentralbankensystem und einem europäischem "Entscheidungszentrum für die Wirtschaftspolitik".
Große Verdienste erwarben sich die Christdemokraten auch bei der Unterstützung der Demokratisierung Portugals und Spaniens. Ihre Bemühungen um Kontakte führten in den beiden iberischen Ländern zwar nicht zu der Etablierung starker christdemokratischer Parteien, die in der Lage gewesen wären, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Dennoch war die Unterstützung durch die EUCD wichtig für die Bildung des portugiesischen Centro Democrático e Social und die Aktivierung der konkurrierenden Gruppen des christdemokratischen Untergrunds in Spanien. Die Verbindungen, die dabei entstanden, waren für das Gelingen der Integration der beiden Länder in die Europäische Gemeinschaft hilfreich.
Die überaus sorgfältig gearbeitete Edition stellt somit eine unverzichtbare Arbeitsgrundlage für jeden dar, der sich mit den Problemen der europäischen Integrationsgeschichte der sechziger und siebziger Jahre beschäftigt. Sie zeigt die Interaktion christdemokratischer Parteien auf, die zum Teil unterschiedliche Leitbilder und Interessen verfolgten, sich dabei aber auch immer wieder auf Gemeinsamkeiten verständigten und so die Grundlagen für die heutige Europäische Volkspartei schufen.
Gleichzeitig bieten die beiden Teilbände oft überraschende Aufschlüsse zur Geschichte der beteiligten nationalen Parteien. So berichtet Leo Tindemans als Generalsekretär der EUCD im Februar 1967 an EUCD-Präsident Mariano Rumor über Gespräche mit führenden CDU-Politikern in Bonn, bei denen ein ziemlicher Pessimismus der deutschen Christdemokraten zutage trat: Die Partei habe Schulden in der Höhe von sechs Millionen Mark; für die bevorstehenden Wahlkämpfe sei nichts mehr übrig.
Zehn Jahre später machte sich dann Rumors Nachfolger Kai-Uwe von Hassel große Sorgen über den Zustand der Democrazia Cristiana, die dem Aufstieg des Eurokommunismus, der sich besonders in Italien zeigte, nichts mehr entgegenzusetzen habe. Die Zusammenarbeit der europäischen Christdemokraten, so viel wird hier deutlich, bleibt immer abhängig von den Problemen, mit denen sie sich auf nationaler Ebene auseinandersetzen müssen.
WILFRIED LOTH
Michael Gehler u.a. (Hrsg.): Transnationale Parteienkooperation der europäischen Christdemokraten und Konservativen. De Gruyter Oldenbourg, Berlin/Boston 2017. XLIV + 1721 S., 289,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Beim Lesen der vom Europa-Historiker Michael Gehler und seinem Team herausgegebenen Bände entdeckt Wilfried Loth, dass das europapolitische Konzept von Franz Josef Strauß teils bis heute aktuell geblieben ist. Die aus Parteiarchiven in Deutschland, Österreich, Belgien und Italien zusammengetragenen Dokumente bieten Loth allerdings noch andere wertvolle Einblicke in das Ringen um eine christdemokratische Kraft auf europäischer Ebene sowie in die unterschiedlichen Voraussetzungen in den einzelnen Ländern. Die laut Loth sorgfältig gemachte Edition scheint dem Rezensenten unverzichtbar für künftige Arbeiten zur europäischen Integrationsgeschichte der 60er und 70er.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Wer die kommenden Verhandlungen über die neue EUKommission historisch etwas unterfüttern will, findet in dieser Studie den richtigen Lesestoff."
Sebastian Sasse in: Die Tagespost (05.2019)
"Die Edition stellt eine wahre Fundgrube dar, die Fülle der Themen ist wirklich beeindruckend. Die Arbeit der Editorengruppe verdient höchstes Lob. Wenn man die Dokumente liest, beschleicht einen allerdings eine gewisse Wehmut: von dem europapolitischen Optimismus und Engagement dieser Jahre ist heute bedauerlicherweise nicht mehr allzu viel übrig geblieben."
Werner Bührer in: Journal of European Integration History Vol. 24 (2018) Nr. 2, S. 377.
"Die überaus sorgfältig gearbeitete Edition stellt somit eine unverzichtbare Arbeitsgrundlage für jeden dar, der sich mit den Problemen der europäischen Integrationsgeschichte der sechziger und siebziger Jahre beschäftigt. Sie zeigt die Interaktion christdemokratischer Parteien auf, die zum Teil unterschiedliche Leitbilder und Interessen verfolgten, sich dabei aber auch immer wieder auf Gemeinsamkeiten verständigten und so die Grundlagen für die heutige Europäische Volkspartei schufen."
Wilfried Loth in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.04.2018, S. 6
Sebastian Sasse in: Die Tagespost (05.2019)
"Die Edition stellt eine wahre Fundgrube dar, die Fülle der Themen ist wirklich beeindruckend. Die Arbeit der Editorengruppe verdient höchstes Lob. Wenn man die Dokumente liest, beschleicht einen allerdings eine gewisse Wehmut: von dem europapolitischen Optimismus und Engagement dieser Jahre ist heute bedauerlicherweise nicht mehr allzu viel übrig geblieben."
Werner Bührer in: Journal of European Integration History Vol. 24 (2018) Nr. 2, S. 377.
"Die überaus sorgfältig gearbeitete Edition stellt somit eine unverzichtbare Arbeitsgrundlage für jeden dar, der sich mit den Problemen der europäischen Integrationsgeschichte der sechziger und siebziger Jahre beschäftigt. Sie zeigt die Interaktion christdemokratischer Parteien auf, die zum Teil unterschiedliche Leitbilder und Interessen verfolgten, sich dabei aber auch immer wieder auf Gemeinsamkeiten verständigten und so die Grundlagen für die heutige Europäische Volkspartei schufen."
Wilfried Loth in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.04.2018, S. 6