Durch sieben Zeitzonen quer über den eurasischen Kontinent: 10.000 Kilometer mit der Transsibirischen Eisenbahn. Sechs Monate lang sind die Autoren durch die unermesslichen Weiten Sibiriens bis in die Mongolei und nach China gereist. Wurden zu Wodka und Borschtsch eingeladen, haben am kristallklaren Baikalsee gepicknickt und eisige Schneestürme erlebt. Eindrucksvolle Bilder, lebhafte Texte und zahlreiche Specials erzählen von ihren unvergesslichen Erlebnissen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2008Ein halbes Jahr für eine Strecke
Die Strecke von Moskau nach Wladiwostok misst 9288 Kilometer, doch Anne und Olaf Meinhardt haben für ihr großformatiges, gut zwei Kilo schweres Buch über die Transsibirische Eisenbahn ein Vielfaches dieser Distanz zurückgelegt. Mehr als sechs Monate waren sie in Russland, China und der Mongolei unterwegs: auf der Hauptroute, aber auch auf allen Nebentrassen, in den normalen Regelzügen wie im touristischen Sonderzug, durch Schnee- und Sandwüsten, bei sommerlicher Hitze und in klirrender Kälte. Dieser Aufwand war vielleicht nicht nötig, aber er war gut genutzt, um in Wort und Bild ein umfassendes Porträt des legendären Schienenstrangs zu zeichnen, der eines der letzten großen Reiseabenteuer verspricht und auf dem sich so mancher Passagier aus dem Westen einen Lebenstraum erfüllt. Das Hauptgewicht des Bands liegt auf den Fotos, die das Dokumentarisch-Anekdotische eindeutig über den Kunstwillen stellen. Die begleitenden Texte erläutern historische und politische Zusammenhänge, bieten geographische und gastronomische Details und schildern persönlich Erlebtes. Sparsam eingestreute literarische Zitate ergänzen die imposanten doppelseitigen Aufnahmen, die neben authentischen Stimmungen stets auch handfeste Fakten vermitteln. So wie der Fotograf geht ebenfalls die Autorin, bei allen Superlativen, die die Tour durch die riesigen Länder gewöhnlich begleiten, mit wohltuender Sachlichkeit zu Werke. Zusätzlich zu ihrer Begeisterung für die so unterschiedlichen Landschaften, Kulturen und Religionen, denen der Transsib-Reisende begegnet, bringt Anne Meinhardt auch kritische Töne zum Ausdruck: über drei Länder voller Widersprüche sowie über das eurasische Schienenprojekt selbst, das 1891 aus wirtschaftlicher Notwendigkeit begonnen wurde, während der Bauzeit Zehntausenden von Häftlingen, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen das Leben kostete und mehrmals abgebrochen werden musste. Erst in postkommunistischer Zeit entwickelte sich die Transsib allmählich zur Projektionsfläche jener touristischen Sehnsüchte, die dieser trotz seines ein wenig altbackenen Layouts empfehlenswerte Bildband gleichermaßen erfüllt wie relativiert.
geo.
"Transsibirische Eisenbahn. Durch die russische Taiga zum Pazifik" von Anne und Olaf Meinhardt. C. J. Bucher Verlag, München 2008. 194 Seiten, etwa 320 Abbildungen. Gebunden, 49,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Strecke von Moskau nach Wladiwostok misst 9288 Kilometer, doch Anne und Olaf Meinhardt haben für ihr großformatiges, gut zwei Kilo schweres Buch über die Transsibirische Eisenbahn ein Vielfaches dieser Distanz zurückgelegt. Mehr als sechs Monate waren sie in Russland, China und der Mongolei unterwegs: auf der Hauptroute, aber auch auf allen Nebentrassen, in den normalen Regelzügen wie im touristischen Sonderzug, durch Schnee- und Sandwüsten, bei sommerlicher Hitze und in klirrender Kälte. Dieser Aufwand war vielleicht nicht nötig, aber er war gut genutzt, um in Wort und Bild ein umfassendes Porträt des legendären Schienenstrangs zu zeichnen, der eines der letzten großen Reiseabenteuer verspricht und auf dem sich so mancher Passagier aus dem Westen einen Lebenstraum erfüllt. Das Hauptgewicht des Bands liegt auf den Fotos, die das Dokumentarisch-Anekdotische eindeutig über den Kunstwillen stellen. Die begleitenden Texte erläutern historische und politische Zusammenhänge, bieten geographische und gastronomische Details und schildern persönlich Erlebtes. Sparsam eingestreute literarische Zitate ergänzen die imposanten doppelseitigen Aufnahmen, die neben authentischen Stimmungen stets auch handfeste Fakten vermitteln. So wie der Fotograf geht ebenfalls die Autorin, bei allen Superlativen, die die Tour durch die riesigen Länder gewöhnlich begleiten, mit wohltuender Sachlichkeit zu Werke. Zusätzlich zu ihrer Begeisterung für die so unterschiedlichen Landschaften, Kulturen und Religionen, denen der Transsib-Reisende begegnet, bringt Anne Meinhardt auch kritische Töne zum Ausdruck: über drei Länder voller Widersprüche sowie über das eurasische Schienenprojekt selbst, das 1891 aus wirtschaftlicher Notwendigkeit begonnen wurde, während der Bauzeit Zehntausenden von Häftlingen, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen das Leben kostete und mehrmals abgebrochen werden musste. Erst in postkommunistischer Zeit entwickelte sich die Transsib allmählich zur Projektionsfläche jener touristischen Sehnsüchte, die dieser trotz seines ein wenig altbackenen Layouts empfehlenswerte Bildband gleichermaßen erfüllt wie relativiert.
geo.
"Transsibirische Eisenbahn. Durch die russische Taiga zum Pazifik" von Anne und Olaf Meinhardt. C. J. Bucher Verlag, München 2008. 194 Seiten, etwa 320 Abbildungen. Gebunden, 49,90 Euro.
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