Gerade die europäische Kultur weist hinsichtlich Traum und Vision einen dichten Traditionszusammenhang auf. Dieser Zusammenhang erlaubt eine präzise Differenzierung und Abgrenzung einzelner Diskurse in Religion, Naturwissenschaft, Geschichtsschreibung, Philosophie und Literatur, die in Sichtweite zueinander operieren oder untergründig miteinander verbunden sind. Der vorliegende, interdisziplinär orientierte Essay-Band stellt die entscheidenden Diskurse sowohl der antiken und byzantinischen als auch der jüdischen, islamischen und christlichen Tradition innerhalb der Vormoderne vor. Der zeitliche Schwerpunkt liegt auf dem Mittelalter. In systematischer Hinsicht diskutiert der Band den Umgang mit Träumen und Visionen vor allem unter zwei Perspektiven: Zum einen in ihrer Dimension als unbeeinflussbare, unwillkürliche Imaginationstätigkeit, deren Wirkung und Einschätzung den Formen der Phantasieproduktion ähnlich ist; zum anderen als Medium genau reflektierter Inszenierung und Funktionalisierung. Dabei zeigt er durch die Explorationen bis in die Neuzeit durchaus auch Anknüpfungsmöglichkeiten für die moderne Diskussion auf.