Zum 100. Geburtstag von Claude Lévi-Strauss legt der Suhrkamp Verlag eine Sonderausgabe der Traurigen Tropen vor. Mimmo Paladino, der selbst mehrfach Brasilien bereiste, versieht Levi-Strauss' Text mit 40 farbigen Gouachen, die er eigens für diesen Band anfertigte.
"Ich verabscheue Reisen und Forschungsreisende." - Mit diesem berühmten Bekenntnis beginnt eine der faszinierendsten und theoretisch folgenreichsten Reisebeschreibungen des 20. Jahrhunderts: Claude Lévi-Strauss' Traurige Tropen. Das erstmals 1955 erschienene Buch ist literarischer Erfahrungsbericht, anthropologische Studie und philosophisches Grundlagenwerk zugleich. Die konkreten Beschreibungen von Mythen und Riten, von Kleidungsstilen und Körperbemalungen, von Tänzen und Sprachen verschränken sich mit allgemeinen Analysen gesellschaftlicher Strukturen, die nicht nur das anthropologische Denken auf eine neue Basis stellen, sondern auch eine nachdrückliche Kritik der westlichen Zivilisation - und der in ihrem Namen unternommenen Forschungsreisen - formulieren. Der Grund für Lévi-Strauss' Abscheu gegen die zeitgenössischen Reiseberichte ist so einfach wie verheerend: "Sie geben uns die Illusion von etwas, das nicht mehr existiert, das aber noch existieren müßte, damit wir der erdrückenden Gewißheit entrinnen, daß zwanzigtausend Jahre Geschichte verspielt sind."Als Moralist in der Nachfolge Rousseaus und Wegbereiter des Strukturalismus in den Sozialwissenschaften, als ethnologischer Feldforscher und philosophischer Denker beschreibt Lévi-Strauss nicht nur seine Reisen zu den Indianern im Innern Brasiliens, sondern auch den eigenen intellektuellen Werdegang. Kein Buch wäre besser geeignet, die Vielfalt und Wirkmacht seines Denkens an seinem 100. Geburtstag zu würdigen. Der Band bietet die preisgekrönte Übersetzung Eva Moldenhauers mit den Abbildungen und Photographien der Originalausgabe.
"Ich verabscheue Reisen und Forschungsreisende." - Mit diesem berühmten Bekenntnis beginnt eine der faszinierendsten und theoretisch folgenreichsten Reisebeschreibungen des 20. Jahrhunderts: Claude Lévi-Strauss' Traurige Tropen. Das erstmals 1955 erschienene Buch ist literarischer Erfahrungsbericht, anthropologische Studie und philosophisches Grundlagenwerk zugleich. Die konkreten Beschreibungen von Mythen und Riten, von Kleidungsstilen und Körperbemalungen, von Tänzen und Sprachen verschränken sich mit allgemeinen Analysen gesellschaftlicher Strukturen, die nicht nur das anthropologische Denken auf eine neue Basis stellen, sondern auch eine nachdrückliche Kritik der westlichen Zivilisation - und der in ihrem Namen unternommenen Forschungsreisen - formulieren. Der Grund für Lévi-Strauss' Abscheu gegen die zeitgenössischen Reiseberichte ist so einfach wie verheerend: "Sie geben uns die Illusion von etwas, das nicht mehr existiert, das aber noch existieren müßte, damit wir der erdrückenden Gewißheit entrinnen, daß zwanzigtausend Jahre Geschichte verspielt sind."Als Moralist in der Nachfolge Rousseaus und Wegbereiter des Strukturalismus in den Sozialwissenschaften, als ethnologischer Feldforscher und philosophischer Denker beschreibt Lévi-Strauss nicht nur seine Reisen zu den Indianern im Innern Brasiliens, sondern auch den eigenen intellektuellen Werdegang. Kein Buch wäre besser geeignet, die Vielfalt und Wirkmacht seines Denkens an seinem 100. Geburtstag zu würdigen. Der Band bietet die preisgekrönte Übersetzung Eva Moldenhauers mit den Abbildungen und Photographien der Originalausgabe.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2008Kunstvolle Tropen
"Er seufzte tief. Nun war alles erreicht. In dem Moment, als er auf das Boot stieg, dessen warmer Geruch nach Farbe, Linoleum und Essen ihm den Magen umgedreht hatte, hatte er - einmal mehr - einen Augenblick lang daran gedacht, nach Vayras zurückzukehren." So beginnen die "Traurigen Tropen" nicht. Aber hätten sie so begonnen, wären sie tatsächlich der "vage an Conrad erinnernde Roman" geworden, der Claude Lévi-Strauss einmal vor Augen stand, hätten sie vielleicht wirklich den Prix Goncourt bekommen, dessen Jury 1955 wissen ließ, wie gern sie dieses Buch unter die Kandidaten gereiht hätte, wäre es denn ein Roman. Aber ein Roman ist es gerade nicht, wenn es sich auch sonst kaum an Gattungsgrenzen hält und den Reisesbericht in einem großen Wurf mit soziologischen Analysen, grundsätzlichen Überlegungen zu menschlichen Gesellschaften und der paradoxen Rolle des Ethnologen verknüpft. In der zum herannahenden hundertsten Geburtstag des Ethnologen erschienenen Auswahlausgabe aus seinem Werk in der Bibliothèque de la Pléiade (F.A.Z. vom 4. Juni 2008) kann man seit kurzem einige faszinierende Blicke in die Entstehungsgeschichte - darunter der Romanbeginn - des Buches tun. Der Suhrkamp Verlag hat sich zu einer anderen Hommage entschlossen. Er legt eine gebundene Ausgabe in stattlichem Format vor, zu der Mimmo Paladino vierzig Gouachen beigesteuert hat. Der tiefsitzenden französischen Neigung zu illustrierten Ausgaben ist diesmal also der deutsche Verlag gefolgt. Samt limitierter Vorzugsausgabe mit Lithographie, für die man natürlich ein wenig mehr hinlegen muss. (Claude Lévi-Strauss: "Traurige Tropen". Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Mit vierzig Gouachen von Mimmo Paladino. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 541 S., Abb., geb., 38,- [Euro]) hmay
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Er seufzte tief. Nun war alles erreicht. In dem Moment, als er auf das Boot stieg, dessen warmer Geruch nach Farbe, Linoleum und Essen ihm den Magen umgedreht hatte, hatte er - einmal mehr - einen Augenblick lang daran gedacht, nach Vayras zurückzukehren." So beginnen die "Traurigen Tropen" nicht. Aber hätten sie so begonnen, wären sie tatsächlich der "vage an Conrad erinnernde Roman" geworden, der Claude Lévi-Strauss einmal vor Augen stand, hätten sie vielleicht wirklich den Prix Goncourt bekommen, dessen Jury 1955 wissen ließ, wie gern sie dieses Buch unter die Kandidaten gereiht hätte, wäre es denn ein Roman. Aber ein Roman ist es gerade nicht, wenn es sich auch sonst kaum an Gattungsgrenzen hält und den Reisesbericht in einem großen Wurf mit soziologischen Analysen, grundsätzlichen Überlegungen zu menschlichen Gesellschaften und der paradoxen Rolle des Ethnologen verknüpft. In der zum herannahenden hundertsten Geburtstag des Ethnologen erschienenen Auswahlausgabe aus seinem Werk in der Bibliothèque de la Pléiade (F.A.Z. vom 4. Juni 2008) kann man seit kurzem einige faszinierende Blicke in die Entstehungsgeschichte - darunter der Romanbeginn - des Buches tun. Der Suhrkamp Verlag hat sich zu einer anderen Hommage entschlossen. Er legt eine gebundene Ausgabe in stattlichem Format vor, zu der Mimmo Paladino vierzig Gouachen beigesteuert hat. Der tiefsitzenden französischen Neigung zu illustrierten Ausgaben ist diesmal also der deutsche Verlag gefolgt. Samt limitierter Vorzugsausgabe mit Lithographie, für die man natürlich ein wenig mehr hinlegen muss. (Claude Lévi-Strauss: "Traurige Tropen". Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Mit vierzig Gouachen von Mimmo Paladino. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 541 S., Abb., geb., 38,- [Euro]) hmay
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»Es ist das schönste und traurigste Buch, das uns die Ethnologie geschenkt hat.« Bartholomäus Grill DIE ZEIT