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Die fulminante Flußfahrt eines jungen Mannes auf einem abgerissenen Steg bildet den Auftakt für eine romantische Liebesgeschichte und die Aufarbeitung eines der blutigsten Kapitel der jüngsten europäischen Geschichte, den Zerfall Jugoslawiens. Ein Roman, der das Große und das Kleine mit großer Raffinesse und Witz verbindet.
Ein abgerissener Steg auf dem Weg zum Meer führt in einer Sturmnacht einen einsamen Lehrer, einen blinden Oberst und eine verführerische junge Frau zusammen: Der Oberst, der im Bosnienkrieg sein Augenlicht verloren hat, lebt abgeschieden mit seiner schönen Mawra und
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Produktbeschreibung
Die fulminante Flußfahrt eines jungen Mannes auf einem abgerissenen Steg bildet den Auftakt für eine romantische Liebesgeschichte und die Aufarbeitung eines der blutigsten Kapitel der jüngsten europäischen Geschichte, den Zerfall Jugoslawiens. Ein Roman, der das Große und das Kleine mit großer Raffinesse und Witz verbindet.
Ein abgerissener Steg auf dem Weg zum Meer führt in einer Sturmnacht einen einsamen Lehrer, einen blinden Oberst und eine verführerische junge Frau zusammen: Der Oberst, der im Bosnienkrieg sein Augenlicht verloren hat, lebt abgeschieden mit seiner schönen Mawra und einem serbischen Hausmeister zusammen. Bis Henry in ihr Leben platzt. Der Russischunterricht der beiden dient bald nicht mehr nur der Erlernung einer neuen Sprache. Die angespannte Situation kulminiert, als der Oberst für Nachforschungen nach St. Petersburg aufbricht.
Autorenporträt
Daniel Katz wurde 1938 in Helsinki geboren, lebte einige Zeit in Israel, bevor er in seine finnische Heimat zurückkehrte. 1969 debütierte er als Romanautor. Er gilt als feinsinniger Humorist und wurde als der erste "finnisch-sprachige jüdische Autor" bezeichnet. Von seinen zahlreichen preisgekrönten Romanen wurden bereits drei ins Deutsche übersetzt.

Stefan Moster, geboren 1964 in Mainz, lebt als Autor, Übersetzer, Lektor und Herausgeber mit seiner Familie in Espoo, Finnland. Er unterrichtete an den Universitäten München und Helsinki; 1997 erhielt er das Münchner Literaturstipendium für Übersetzung, 2001 den Staatlichen finnischen Übersetzerpreis. Unter anderem übertrug er Werke von Hannu Raittila, Ilkka Remes, Kari Hotakainen, Markku Ropponen, Petri Tamminen und Daniel Katz ins Deutsche. Die Unmöglichkeit des vierhändigen Spiels ist Stefan Mosters erster Roman.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.09.2005

Ans Ufer karre den Kahn
Bosnisch-finnische Untiefen: Daniel Katz im Fluß der Geschichte

Breit fließt der Fluß in guten Zeiten, grün und in Ruhe, bevor er schmaler wird und schnell. Wenn Regen aufkommt und Wind, beginnt das Wasser zu kreisen. Es schäumt und springt und reißt alles mögliche mit sich: Holz, Uferbefestigungen, Menschen. Zunächst mutet es komisch an, wenn so ein Fluß durch die finnische Landschaft fließt und einen verträumten Lehrer namens Loimu mitsamt seinem Bootssteg davonspült. Er trägt ihn auf dem behelfsmäßigen Floß ein paar Kilometer stromabwärts, um ihn vor dem Haus eines blinden Obersts und seiner jungen Frau an Land zu werfen. Triefend vor Nässe stolpert der Lehrer in eine Liebesgeschichte. Doch im Roman des finnisch-jüdischen Erzählers Daniel Katz gesellt sich zur kleinen Geschichte menschlicher Leidenschaften die große Historie, und diese ist wie der Fluß: Immer wieder wird das Wasser aufgewühlt, immer wieder bilden sich Strudel, immer wieder brechen die Dämme.

Der Autor folgt offenbar einem typologischen Geschichtsverständnis, das vom Gedanken der Wiederholung, von Entsprechungen im Geschichtsverlauf ausgeht. Dies zeigt sich in seiner Darstellung jüngster europäischer Geschichte. Denn der Roman "Treibholz" schildert, trotz des finnischen Hauptschauplatzes, den Zerfall des weit entfernten ehemaligen Jugoslawiens. Der finnische Oberst ist nach Jahren des Friedenseinsatzes für die Vereinten Nationen in seine Heimat zurückgekehrt, begleitet von einem bosnisch-serbischen Haushälter und einer aus den Kriegswirren geretteten jungen Frau. In ihren Streitgesprächen und Erzählungen entsteht eine Rückschau auf die Zerstörung eines Landes durch einen die Jahrhunderte durchflackernden Haß der Volksgruppen.

In der Form sind diese Rückwendungen nicht immer ganz geglückt, da die Figuren oft unvermittelt und psychologisch wenig motiviert referieren. Trotzdem berührt es den Leser, wenn der alte Jowan von seinem Haus erzählt, in einem fast niedergebrannten Dorf. Den Gashahn hatten die Tschetniks geöffnet und eine Kerze ins Zimmer gestellt, weil jemand ihnen zugetragen hatte, daß er mit einer Muslimin verheiratet war. "Über Nacht wurde Bosnien verwüstet, ging zugrunde. / Über Nacht wurde Herzegowina verwüstet, ging zugrunde. / Die Tochter Bosniens steigt zu den Kulthöhen hinauf, um dort zu klagen. / Über Sarajevo und Bihac klagt Bosnien; / Jeder Kopf ist kahlgeschoren, / alle Bärte hat man abgeschnitten. / Auf den Gassen geht man in Trauergewändern, / alle weinen auf den Dächern und Plätzen / und zerfließen in Tränen." Der Oberst variiert eine Weissagung des Jesaja. Und um dem Leser die wiederkehrende Erfüllung der alttestamentarischen Prophezeiung vor Augen zu führen, beschäftigt sich der im Balkankrieg Verwundete mit den Strömungen der eigenen, der finnischen Geschichte und betont auch hier die reißenden Abschnitte im ewigen Strom.

Das alles interessiert den angelandeten Geschichtslehrer Henry Loimu zunächst weniger als trockene Kleider und die schöne Frau des Obersts. Ihre Kriegsverletzungen sind psychischer Art, und sie vertreibt ihre aufbrandenden Kopfschmerzen und Erinnerungen mit Geigenspiel. Symbiotisch eng mit dem blinden Ehemann verbunden, sucht sie doch die Nähe des jungen Lehrers, der schon bald auf dem Landweg wiederkehrt. Mit der widersprüchlichen Leidenschaft gewinnt der Roman an Schwung. Denn zuvor hatte der Erzählfluß seine Stockungen, was vor allem an der ungelenken Rede der Figuren liegt. Man kennt diese starre Verwendung der verba dicendi: "gab Henry zu", "stellte Henry fest", "wunderte sich der Oberst". Daneben irritiert das in Romanen schon seit hundertfünfzig Jahren aus der Mode gekommene laute Denken und das Reden mit Hunden und Toten. Auch sonst wird vieles ausgesprochen, das besser ungesagt bliebe: "Zu einem solchen Einverständnis haben wir schon lange nicht mehr gefunden." Allein der Wechsel von Annäherung, Ängsten und geheimen Wünschen läßt diese Mängel in den Hintergrund treten.

Der Lehrer dieses Romans lernt aus dem Auf und Ab der Liebe. Er beginnt zu ahnen, daß auch im einzelnen Menschenschicksal das immer gleiche unvorhersehbar wiederkehrt. Muster und ewige Sehnsüchte spiegeln sich in den zahlreichen Liedern, die den Roman durchziehen. Nationale Gesänge, Kampf- und Trinklieder, Kinderweisen, Liebeslieder und Zaubersprüche bilden einen festen Lebensgrund: "Blase scharf o Wind / Werfe die Wellen geschwind / Bugsiere das leichte Boot / Reiße die Ruder aus dem Lot / Dem Ruderer sie entwende / Den Lauf des Flusses wende / Ans Ufer karre den Kahn / Bevor er entfliehen kann!"

Wie schon der Frau so kann sich der Lehrer zuletzt auch der Geschichte nicht entziehen. Er geht als Friedensschützer nach Bosnien und versucht, die Menschen und ihre Konflikte zu verstehen. Und weil er wie der Autor daran glaubt, daß die Literatur eine Hilfe ist, steht er mit dem Buch des Nobelpreisträgers Ivo Andric in Wischegrad auf der Brücke über der Drina. Das Buch erzählt, wie diese im sechzehnten Jahrhundert unter brutalen Opfern erbaut, seither Stadtteile und Menschen verschiedenen Glaubens miteinander verband.

Daniel Katz erzählt, wie diese Brücke im jüngsten Krieg erneut zu einem Ort des Schreckens wurde: "Wie auf dieser Brücke versucht wurde, das in Jahrhunderten vergossene Blut mit Blut abzuwaschen. Wie dubiose historische Mythen, aus Unwissenheit hervorquellende Angst, von geistiger Faulheit rührende Unwissenheit, aus Gier erwachsender Neid, vom Elend gezeugte Rachegier und ein all dies steuernder, kalt kalkulierender politischer Wille Unschuldige tötete." Auf dieser Brücke steht der Schüler der Geschichte und sieht in den Fluß, der dunkel rauscht.

SANDRA KERSCHBAUMER

Daniel Katz: "Treibholz im Fluß". Roman. Aus dem Finnischen übersetzt von Stefan Moster. Klett-Cotta, Stuttgart 2005. 405 S., geb. 23,50 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Als sehr gelungen lobt der Rezensent Jörg Magenau Daniel Katz' Roman "Treibholz im Fluss", der sich um die Geschichte dreht, "um ihre Anwesenheit und Wirksamkeit bis in ferne Regionen und Zeiten". In der Tat spiele der Roman nicht in Bosnien, sondern im fernen Finnland, und doch sei es ein bosnischer Pferdezüchter, dem der Geschichtslehrer Henry Loimu bei einem Hochwasser buchstäblich vor die Füße gespült werde. Dieser, erklärt der Rezensent weiter, arbeitet als Bediensteter eines im Bosnien-Krieg erblindeten Obersts, und seine wunderschöne Tochter Mavra hat den Oberst geheiratet. In genau diese Frau verliebe sich Henry natürlich unsterblich, unter den argwöhnischen Blicken von Vater und Ehemann. Sehr gut gefallen hat dem Rezensenten, wie die Figuren in ihren Gesprächen, in denen es "um die Geschichte geht, um Frauen und die Liebe und wie alles miteinander zusammenhängt", nicht "abstrakt" bleiben, sondern "unausgesprochen die komplizierten Beziehungskonstellationen mitverhandeln". Katz verstehe sich darauf, seinen "eigenwilligen, faszinierenden Figuren" ihre Geheimnisse erst allmählich zu entlocken. Jedoch glücklicherweise nicht alle, freut sich der Rezensent: "Die Geschichte hat in diesem sinnlichen, heiter-lakonischen und aufwühlenden Roman mehrere doppelte Böden."

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