Mit Tristanakkord ist Hans-Ulrich Treichel ein Roman gelungen, der mit seiner stilistisch eleganten, atmosphärisch genauen und mitreißend komischen Erzählweise an das erfolgreiche Buch vom Verlorenen anschließt. Was jenem von der Kritik attestiert wurde, »zum Heulen traurig, zum Weinen schön« zu sein, das trifft auch auf Tristanakkord zu, und jeder Leser, der um den verlorenen Arnold gebangt hat, wird den so ängstlichen wie erwartungsvollen Georg Zimmer lieben.
In Tristanakkord geht es um die Musik und darum, wie ein junger Mann in die Fänge eines Komponisten gerät. Er folgt diesem nach Schottland, New York und Sizilien, wo er, von dem Klangkünstler angeheuert, um an der Niederschrift von dessen Memoiren mitzufeilen, von einer seltsamen Erfahrung in die andere taumelt. Und offenbar wird die Geschichte eines jungen Mannes, der in der Kunst das Licht der Welt sehen will und darüber, geblendet und verwirrt, in ein krudes Dunkel gerät, ja ganz den Boden unter den eigenen Füßenzu verlieren droht. Georg Zimmer, der schüchterne Doktorand aus Berlin, muß am Ende eines andante furioso erkennen, daß Meistern, die vom Himmel fallen, zutiefst zu mißtrauen ist.
In Tristanakkord geht es um die Musik und darum, wie ein junger Mann in die Fänge eines Komponisten gerät. Er folgt diesem nach Schottland, New York und Sizilien, wo er, von dem Klangkünstler angeheuert, um an der Niederschrift von dessen Memoiren mitzufeilen, von einer seltsamen Erfahrung in die andere taumelt. Und offenbar wird die Geschichte eines jungen Mannes, der in der Kunst das Licht der Welt sehen will und darüber, geblendet und verwirrt, in ein krudes Dunkel gerät, ja ganz den Boden unter den eigenen Füßenzu verlieren droht. Georg Zimmer, der schüchterne Doktorand aus Berlin, muß am Ende eines andante furioso erkennen, daß Meistern, die vom Himmel fallen, zutiefst zu mißtrauen ist.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.02.2000Pappkameraden, westwärts
Mit der Ironiepistole gegen einen jungen Germanisten: Hans-Ulrich Treichel spielt den "Tristanakkord" · Von Thomas Steinfeld
Eins, zwei, drei, vier: Ein Blues ist ein einfaches Lied. Man hört immer wieder dieselben Akkorde, dieselben Töne, dieselben schlichten Themen. Und doch - oder eben deshalb - können sie zu Herzen gehen. "Wilson war ein kleiner und dicklicher Junge", erzählte Peter Handke vor fast dreißig Jahren, "er hatte Pickel, die man auch im Fernsehen deutlich sah, und trug eine Brille." Dann aber starb Al Wilson, der Sänger der amerikanischen Gruppe "Canned Head", und der Gedanke an diesen Tod bedrückte den Dichter sehr. "Sein kurzes Leben, das ich dann zu verstehen glaubte, schmerzte mich oft in ruckhaften Halbgedanken. Zwei Sätze fielen mir ein, die ich immer wieder von neuem zusammensuchte ...: ,I say goodbye to Colorado - / it's so nice to walk in California.'" Der kleine, dicke, weiße Wilson sang mit dünner, hoher Stimme, und seine Lieder waren schlichter als schlicht. Aber im Blues muss selbst das Einfachste nicht stören. Es kommt hier nicht darauf an, ob einer etwas zu sagen oder zu singen hat, es ist nicht einmal wichtig, ob man es besser vortragen kann als andere - entscheidend ist, ob das, was einer sagt, nur von ihm selbst gesagt werden kann. Nichts ist daher dem Blues fremder als die Ironie.
Dicklich war auch der Knabe, der im Emsland heranwuchs, mit roten Flecken auf der blassen Haut und schlaffen Wangen. Mit knapper Not bestand er das Abitur, um in Berlin deutsche Literatur zu studieren und ein Magister zu werden. Was danach geschah, erzählt Hans-Ulrich Treichel im Roman "Tristanakkord", seinem zweiten großen Prosawerk nach dem so erfolgreichen Buch "Der Verlorene" von 1998: Der Student, allein in seinem Kreuzberger Zimmer, hat gerade seine Doktorarbeit in Angriff genommen, als er, durch einen Zufall vermittelt, auf die Hebriden gerufen wird, um einem weltberühmten Komponisten die Lebenserinnerungen zu redigieren. Der Reise nach Schottland folgt eine Reise nach New York, wo der Komponist eine Uraufführung feiert, dem Aufenthalt in der Metropole wiederum ein Flug nach Sizilien, zum eigentlichen Domizil des großen Künstlers. So kommt Georg Zimmer, der junge Mann aus dem Emsland, der stets verlegene, ja schüchterne Träger einer Strickkrawatte, das Weichei auf Kreppsohlen, in die große Welt. Doch schon auf der ersten Seite dieses Buches ist überdeutlich, dass dieses Käsegesicht nur ein blinder Passagier des Lebens ist.
Zuerst kommt die Tonika: die Begegnung des jungen Mannes mit Kunst und Künstler. Es folgt die Subdominante: Die weiteren Schicksale führen den jungen Mann in den Mittelpunkt des Lebens, nach New York, denn wo sonst sollte das Leben zu Hause sein? Und nun die Dominante: der blasse, trockene Student und die nackte, nasse Isolde namens Mary, der Abschreiber und das unerreichbare Original, die Kunst und das Leben begegnen sich - ja wo wohl? In Italien natürlich.
Hinter der Gestalt des Komponisten Bergmann, des großen Mannes, vor dem sich die Welt verneigt, ahnt man den markanten Schädel von Hans Werner Henze, für den der Germanist Treichel einige Libretti geschrieben hat. Im gesamten Roman ist nicht von populärer Musik, sondern immer wieder von Brahms und Beethoven, von Oboentönen und Streicherklang, von plagalen Schlüssen und elysischen Gefilden die Rede. Und doch ist diese Geschichte ein Blues: keine Anekdote, die man nicht schon gehört, keine Wendung, die man nicht schon gelesen, kein Gefühl, das nicht schon hundertfach probiert worden wäre. Und am Ende ertönt zwar Wagners Tristanakkord, von dem man zu wissen pflegt, dass er etwas Erhabenes und Kostbares darstellt, das sich jeder tonalen Deutung entzieht - aber in Wirklichkeit ist dieses musikalische Wunderding nur wieder die alte Tonika: Die Geschichte ist zu Ende, noch einmal bäumt sich das Pathos auf, aber dann ist der Held wieder ganz auf sich zurückgeworfen. Und das Publikum jubelt nicht, es lacht. Die Hymne, die der Dilettant des Lebens wie der Kunst in Italien für den großen Komponisten schreiben sollte, für die er schon Friedrich Hölderlin und Georg Heym geplündert hatte - sie wird ewig ungeschrieben bleiben.
Hans-Ulrich Treichel bearbeitet in diesem Roman einen Stoff, der sich entwickeln ließe, so wie der kleine, dicke Sänger Al Wilson seinen Bluesgesang gewinnt: als etwas rührend Banales, das unter die Haut geht, weil jeder Zentimeter des himmelweiten Abstandes zwischen den eigenen Fähigkeiten und dem ersehnten Leben schmerzvoll ausgemessen wird. Aber er hat sich entschieden, aus dem jungen, mit autobiographischen Tupfern gesprenkelten Emsländer einen gemeinen Toren zu machen. So dumm ist dieser Knabe, so halt- und ahnungslos, so korrupt auch, dass niemand Lust hätte, mit ihm gemeinsame Sache zu machen: "Ein Forschungsdesiderat", so muss er zum Beispiel feststellen, als er für seine Doktorarbeit ein Stipendium beantragen will, "war also ein wünschenswertes Forschungsergebnis und nicht etwa eines, das zu wünschen übrig ließ." Kein Wunder, dass der junge Mann musikalische Triumphe nur auf der Luftgitarre feiert.
Kaum sitzt dieser Tor an seinem ersten Morgen in New York im Frühstücksraum des Hotels, als er einen Berliner Bekannten trifft, dem er allen Ernstes erzählt, "er habe in seinem Reiseführer gelesen, dass sowohl das Washington Square Hotel wie auch der Washington Square selbst Geheimtips seien". Und was muss Georg Zimmer tun, als er in Sizilien ankommt? Feststellen, dass er nach zwölf Semestern nie etwas von Elegischen Distichen gehört hat, die sizilianische Luft mit ihrem Pinienduft aber sehr geeignet ist, um Hymnen und Oden zu schreiben. Mit einem Wort: Hans-Ulrich Treichel führt einen widerstandslosen Helden vor. Er hat sich einen germanistischen Jungkaspar geschaffen und als Zielscheibe auf den Tisch gestellt. Über fast zweihundertfünfzig Seiten wird dieser Pappkamerad nun mit der Erbsenpistole der Ironie beschossen - alle drei Sätze ein Treffer. Nichts aber ist dem Blues fremder als die Ironie, denn sie verwandelt den verzweifelten Al Wilson in einen blechern singenden Kastraten.
Ehrgeizig ist Hans-Ulrich Treichels Versuch, noch einmal, unter Aufbietung eines nicht bescheidenen Maßes von Gelehrsamkeit, einen großen Roman über der Verlockungen von Kunst und Leben zu schreiben. Aber er scheitert an der genüsslichen Souveränität, mit der hier der Erzähler seine Pointen zum besten gibt. Um ihretwillen lässt er sein Personal zu Vollidioten schrumpfen: auf der einen Seite die Aspiranten des Kulturbetriebs, die nichts im Kopf haben außer einer halb begriffenen Theorie der kleinen Unterschiede, die einem beim Aufstieg in die höheren Sphären helfen soll. Auf der anderen den großen Künstler, über dessen Werk man nichts erfährt, außer dass Flöten manchmal quietschen und Noten zuweilen wie Kleckse aussehen. Auch bei ihnen, meint Treichel offenbar, habe der Erfolg nichts mit Können oder gar Kunst zu tun, sondern allein mit einer sozialen Technik. Am Ende schlägt der große Komponist einen Akkord an, "der wie aus einem Abgrund heraufklang und auf den nichts mehr folgte". Wäre dieser Ton von Al Wilson gekommen - er wäre ein Blues und hätte von einem heillosen Verhängnis berichtet. So aber, von einem Komponisten stammend, hinter dem sich Hans Werner Henze, dahinter Richard Wagner und hinter beiden ein Schriftsteller abzeichnen, der allzu lange als Studienrat in der Schule der Geläufigkeit gelehrt hat, wirkt er komisch. Und das ist traurig.
Hans-Ulrich Treichel: "Tristanakkord". Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000. 236 S., geb., 38,- DM.
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Mit der Ironiepistole gegen einen jungen Germanisten: Hans-Ulrich Treichel spielt den "Tristanakkord" · Von Thomas Steinfeld
Eins, zwei, drei, vier: Ein Blues ist ein einfaches Lied. Man hört immer wieder dieselben Akkorde, dieselben Töne, dieselben schlichten Themen. Und doch - oder eben deshalb - können sie zu Herzen gehen. "Wilson war ein kleiner und dicklicher Junge", erzählte Peter Handke vor fast dreißig Jahren, "er hatte Pickel, die man auch im Fernsehen deutlich sah, und trug eine Brille." Dann aber starb Al Wilson, der Sänger der amerikanischen Gruppe "Canned Head", und der Gedanke an diesen Tod bedrückte den Dichter sehr. "Sein kurzes Leben, das ich dann zu verstehen glaubte, schmerzte mich oft in ruckhaften Halbgedanken. Zwei Sätze fielen mir ein, die ich immer wieder von neuem zusammensuchte ...: ,I say goodbye to Colorado - / it's so nice to walk in California.'" Der kleine, dicke, weiße Wilson sang mit dünner, hoher Stimme, und seine Lieder waren schlichter als schlicht. Aber im Blues muss selbst das Einfachste nicht stören. Es kommt hier nicht darauf an, ob einer etwas zu sagen oder zu singen hat, es ist nicht einmal wichtig, ob man es besser vortragen kann als andere - entscheidend ist, ob das, was einer sagt, nur von ihm selbst gesagt werden kann. Nichts ist daher dem Blues fremder als die Ironie.
Dicklich war auch der Knabe, der im Emsland heranwuchs, mit roten Flecken auf der blassen Haut und schlaffen Wangen. Mit knapper Not bestand er das Abitur, um in Berlin deutsche Literatur zu studieren und ein Magister zu werden. Was danach geschah, erzählt Hans-Ulrich Treichel im Roman "Tristanakkord", seinem zweiten großen Prosawerk nach dem so erfolgreichen Buch "Der Verlorene" von 1998: Der Student, allein in seinem Kreuzberger Zimmer, hat gerade seine Doktorarbeit in Angriff genommen, als er, durch einen Zufall vermittelt, auf die Hebriden gerufen wird, um einem weltberühmten Komponisten die Lebenserinnerungen zu redigieren. Der Reise nach Schottland folgt eine Reise nach New York, wo der Komponist eine Uraufführung feiert, dem Aufenthalt in der Metropole wiederum ein Flug nach Sizilien, zum eigentlichen Domizil des großen Künstlers. So kommt Georg Zimmer, der junge Mann aus dem Emsland, der stets verlegene, ja schüchterne Träger einer Strickkrawatte, das Weichei auf Kreppsohlen, in die große Welt. Doch schon auf der ersten Seite dieses Buches ist überdeutlich, dass dieses Käsegesicht nur ein blinder Passagier des Lebens ist.
Zuerst kommt die Tonika: die Begegnung des jungen Mannes mit Kunst und Künstler. Es folgt die Subdominante: Die weiteren Schicksale führen den jungen Mann in den Mittelpunkt des Lebens, nach New York, denn wo sonst sollte das Leben zu Hause sein? Und nun die Dominante: der blasse, trockene Student und die nackte, nasse Isolde namens Mary, der Abschreiber und das unerreichbare Original, die Kunst und das Leben begegnen sich - ja wo wohl? In Italien natürlich.
Hinter der Gestalt des Komponisten Bergmann, des großen Mannes, vor dem sich die Welt verneigt, ahnt man den markanten Schädel von Hans Werner Henze, für den der Germanist Treichel einige Libretti geschrieben hat. Im gesamten Roman ist nicht von populärer Musik, sondern immer wieder von Brahms und Beethoven, von Oboentönen und Streicherklang, von plagalen Schlüssen und elysischen Gefilden die Rede. Und doch ist diese Geschichte ein Blues: keine Anekdote, die man nicht schon gehört, keine Wendung, die man nicht schon gelesen, kein Gefühl, das nicht schon hundertfach probiert worden wäre. Und am Ende ertönt zwar Wagners Tristanakkord, von dem man zu wissen pflegt, dass er etwas Erhabenes und Kostbares darstellt, das sich jeder tonalen Deutung entzieht - aber in Wirklichkeit ist dieses musikalische Wunderding nur wieder die alte Tonika: Die Geschichte ist zu Ende, noch einmal bäumt sich das Pathos auf, aber dann ist der Held wieder ganz auf sich zurückgeworfen. Und das Publikum jubelt nicht, es lacht. Die Hymne, die der Dilettant des Lebens wie der Kunst in Italien für den großen Komponisten schreiben sollte, für die er schon Friedrich Hölderlin und Georg Heym geplündert hatte - sie wird ewig ungeschrieben bleiben.
Hans-Ulrich Treichel bearbeitet in diesem Roman einen Stoff, der sich entwickeln ließe, so wie der kleine, dicke Sänger Al Wilson seinen Bluesgesang gewinnt: als etwas rührend Banales, das unter die Haut geht, weil jeder Zentimeter des himmelweiten Abstandes zwischen den eigenen Fähigkeiten und dem ersehnten Leben schmerzvoll ausgemessen wird. Aber er hat sich entschieden, aus dem jungen, mit autobiographischen Tupfern gesprenkelten Emsländer einen gemeinen Toren zu machen. So dumm ist dieser Knabe, so halt- und ahnungslos, so korrupt auch, dass niemand Lust hätte, mit ihm gemeinsame Sache zu machen: "Ein Forschungsdesiderat", so muss er zum Beispiel feststellen, als er für seine Doktorarbeit ein Stipendium beantragen will, "war also ein wünschenswertes Forschungsergebnis und nicht etwa eines, das zu wünschen übrig ließ." Kein Wunder, dass der junge Mann musikalische Triumphe nur auf der Luftgitarre feiert.
Kaum sitzt dieser Tor an seinem ersten Morgen in New York im Frühstücksraum des Hotels, als er einen Berliner Bekannten trifft, dem er allen Ernstes erzählt, "er habe in seinem Reiseführer gelesen, dass sowohl das Washington Square Hotel wie auch der Washington Square selbst Geheimtips seien". Und was muss Georg Zimmer tun, als er in Sizilien ankommt? Feststellen, dass er nach zwölf Semestern nie etwas von Elegischen Distichen gehört hat, die sizilianische Luft mit ihrem Pinienduft aber sehr geeignet ist, um Hymnen und Oden zu schreiben. Mit einem Wort: Hans-Ulrich Treichel führt einen widerstandslosen Helden vor. Er hat sich einen germanistischen Jungkaspar geschaffen und als Zielscheibe auf den Tisch gestellt. Über fast zweihundertfünfzig Seiten wird dieser Pappkamerad nun mit der Erbsenpistole der Ironie beschossen - alle drei Sätze ein Treffer. Nichts aber ist dem Blues fremder als die Ironie, denn sie verwandelt den verzweifelten Al Wilson in einen blechern singenden Kastraten.
Ehrgeizig ist Hans-Ulrich Treichels Versuch, noch einmal, unter Aufbietung eines nicht bescheidenen Maßes von Gelehrsamkeit, einen großen Roman über der Verlockungen von Kunst und Leben zu schreiben. Aber er scheitert an der genüsslichen Souveränität, mit der hier der Erzähler seine Pointen zum besten gibt. Um ihretwillen lässt er sein Personal zu Vollidioten schrumpfen: auf der einen Seite die Aspiranten des Kulturbetriebs, die nichts im Kopf haben außer einer halb begriffenen Theorie der kleinen Unterschiede, die einem beim Aufstieg in die höheren Sphären helfen soll. Auf der anderen den großen Künstler, über dessen Werk man nichts erfährt, außer dass Flöten manchmal quietschen und Noten zuweilen wie Kleckse aussehen. Auch bei ihnen, meint Treichel offenbar, habe der Erfolg nichts mit Können oder gar Kunst zu tun, sondern allein mit einer sozialen Technik. Am Ende schlägt der große Komponist einen Akkord an, "der wie aus einem Abgrund heraufklang und auf den nichts mehr folgte". Wäre dieser Ton von Al Wilson gekommen - er wäre ein Blues und hätte von einem heillosen Verhängnis berichtet. So aber, von einem Komponisten stammend, hinter dem sich Hans Werner Henze, dahinter Richard Wagner und hinter beiden ein Schriftsteller abzeichnen, der allzu lange als Studienrat in der Schule der Geläufigkeit gelehrt hat, wirkt er komisch. Und das ist traurig.
Hans-Ulrich Treichel: "Tristanakkord". Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000. 236 S., geb., 38,- DM.
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