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Männer mit Spitznamen wie Dogge, Ratte, Biber sitzen in einer Bar, die in einem Bunker liegt. Etwas ist schiefgegangen. Ist es eine normale Verbrecherbande, eine Politiker-Clique oder eine Sekte, die sich, untereinander zerstritten und von den mächtigen «Anderen» bedrängt, aufs Untertauchen vorbereitet? Man kann den «Trivialroman» verschlingen wie ein Groschenheft. Oder wie eine Parabel. «Spannend zu lesen.» (FAZ)

Produktbeschreibung
Männer mit Spitznamen wie Dogge, Ratte, Biber sitzen in einer Bar, die in einem Bunker liegt. Etwas ist schiefgegangen. Ist es eine normale Verbrecherbande, eine Politiker-Clique oder eine Sekte, die sich, untereinander zerstritten und von den mächtigen «Anderen» bedrängt, aufs Untertauchen vorbereitet? Man kann den «Trivialroman» verschlingen wie ein Groschenheft. Oder wie eine Parabel. «Spannend zu lesen.» (FAZ)
Autorenporträt
Schädlich, Hans JoachimHans Joachim Schädlich, 1935 in Reichenbach im Vogtland geboren, arbeitete an der Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin, bevor er 1977 in die Bundesrepublik übersiedelte. Für sein Werk bekam er viele Auszeichnungen, u. a. den Heinrich-Böll-Preis, Hans-Sahl-Preis, Kleist-Preis, Schiller-Gedächtnispreis, Lessing-Preis, Bremer Literaturpreis, Berliner Literaturpreis und Joseph-Breitbach-Preis. 2014 erhielt er für seine schriftstellerische Leistung und sein politisches Engagement das Bundesverdienstkreuz. Hans Joachim Schädlich lebt in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.03.1998

Biber mit Qualle gegen Dogge
Heftig zugeschlagen: Ein Kurzroman von Hans Joachim Schädlich

Ein Trivialroman würde sich nicht "Trivialroman" nennen. Schon deshalb ist dieser "Trivialroman" kein Trivialroman. Was sich so aufdringlich plakatiert, hat kein ruhiges Gewissen. Kunst, die auf sich selbst mit Fingern zeigt, glaubt nicht an sich. Sie ist ironisch. Ironie (nicht jede, aber diese) ist Distanznahme ohne wirkliche Alternative.

Das Triviale dieses Romans liegt im Gegenstand: "Sex and Crime". Das Ironische liegt in der Raffinesse, mit der die Trivialität daherkommt. Eine robuste Artistik macht noch das Rohste gefällig. Das Tempo ist rapid, die Sätze kommen wie Handkantenschläge, die Sentenzen prasseln wie Münzen aus dem Spielautomaten. Die allgegenwärtigen Krimi-Klischees wirken wie zitiert, nicht aus Erfahrung und Wirklichkeit genommen, sondern aus mittelmäßigen Mafiafilmen. Der Roman gewinnt dadurch etwas Komödiantisches, als wären noch das Niedrige und Obszöne, das Ordinäre und Brutale, und davon gibt es reichlich, nur Rolle und Spiel.

Ein gewissenstauber Journalist, den sie "Feder" nennen, steckt mit anderen Gaunern, mit Dogge, Natter, Biber, Qualle und der geilen Clarissa, in der Falle, denn der Chef ist abgehauen, und sie sitzen fest. Biber und Qualle machen Dogge und Natter fertig, Feder schaut zu. Sie werden gefaßt, Dogge und Natter enden hinter Gittern, eine korrupte Polizei läßt die anderen laufen, Biber und Qualle machen einen neuen Laden auf und Clarissa ein Puff. Feder ist überflüssig, wird ausbezahlt, verliert seine Potenz und verkommt zu einer Art Assel.

Feder ist der Erzähler, mit seinen Augen blicken wir ins Geschehen. Er würde ja gern ein anständiger Journalist sein, aufrecht und wahrhaftig, aber weil er drinsteckt bis über beide Ohren, sind seine diesbezüglichen Phrasen nur Phrasen. Mit nichts kann er seinen Anspruch, ein Mensch des Geistes zu sein, einlösen. Seine Intellektualität dient allenfalls zur Bemäntelung seiner Feigheit. Er hat ein wenig Stil, soviel wie ein bezahlter Glattschreiber braucht. Das führt zwar gelegentlich zu komischen Diskrepanzen. Aber die Distanz, die er sich einbildet, hat keinerlei wirkliche Kraft. Im Verein mit Feder bleibt auch der Leser im Dumpfen befangen. Es handelt sich ja nicht um eine Bekehrungsgeschichte, in der ein bürgerlicher Intellektueller aus dem Dreck zum Guten Wahren Schönen zurückfände (das wäre trivial). Der Schluß ist vielmehr elend und trostlos, ein Versacken.

Das Miese mit Schmiß erzählt bleibt doch das Miese. Der "Trivialroman" ist gekonnt gemacht, spannend zu lesen, trotzdem enttäuschend, weil alles Wichtige offen bleibt und man am Ende nicht weiß, warum man das Buch gelesen hat. Der Autor scheint "das Triviale" zugleich zu genießen und zu verabscheuen. Er suhlt sich vor dem Spiegel - ein Ironiker ohne Alternative. Falls ein Feuer ausbricht, predigte Qualle, bewahre Ruhe und rufe nicht "Feuer!" Hans Joachim Schädlich ruft "Feuer!", aber er löscht nicht. In "Versuchte Nähe" (1977), in "Tallhover" (1986) war ihm die Wirklichkeit noch wichtig. Seit die DDR als Gegenstand untergegangen ist, breitet sich Bißlosigkeit aus. Das Buch ist keine Satire, da die beschriebenen Zustände in Wirklichkeit nicht existieren, es ist kein Trivialroman, da es die Befriedigung des Lesers am Ende verweigert, keine Parabel, da ihm Tiefe und Symbolkraft fehlen, kein Lehrstück, da ohne Lehre. Es ist dem postmodernen Zeitgeschmack entsprechend ein manieristisches Kunststück, gut gemacht, aber müßig. In Schädlichs Werkgeschichte ist es immerhin etwas ganz Neues und zeigt, daß mit diesem Autor noch zu rechnen ist. HERMANN KURZKE

Hans Joachim Schädlich: "Trivialroman". Rowohlt Verlag, Reinbek 1998. 158 S., geb., 32,- DM.

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