True Crime boomt auf allen Kanälen. Bücher, Verfilmungen, Dokumentationen, Podcasts, alleine, zu zweit, im Team, professionell, von Laien gemacht… Man findet die Darstellung des realen Verbrechens in allen möglichen Formen, und oft frage ich mich, was uns Menschen, die im Angesicht der täglichen
Nachrichten eigentlich schon mit genug Elend konfrontiert werden, dazu treibt, uns freiwillig noch mehr…mehrTrue Crime boomt auf allen Kanälen. Bücher, Verfilmungen, Dokumentationen, Podcasts, alleine, zu zweit, im Team, professionell, von Laien gemacht… Man findet die Darstellung des realen Verbrechens in allen möglichen Formen, und oft frage ich mich, was uns Menschen, die im Angesicht der täglichen Nachrichten eigentlich schon mit genug Elend konfrontiert werden, dazu treibt, uns freiwillig noch mehr Grauen aufzuladen.
Eine Frage, die auch Romy Hausmann in ihrem Buch „True Crime – Der Abgrund in dir. Was den Menschen zum Mörder macht“ (liebe Verantwortliche, muss es wirklich so reißerisch sein? Noch dazu, wo gerade die Frage, was einen Menschen zum Mörder macht, die ist, die im Buch am wenigsten Beachtung findet?) aufgreift. Eine unter vielen, denn Hausmann scheint es wirklich wissen zu wollen, erforscht fast jeden Aspekt des Phänomens.
Dafür hat sie Geschichten ausgewählt, die nicht zu den bekanntesten zählen. Jedenfalls, soweit ich das beurteilen kann. Mir war zumindest nur der bloß am Rande gestreifte Fall von Elisa Lam und der der Mukbang-Youtuberin Kate Yup bekannt. Schon hier stellt Hausmann sich breitgefächert auf, gibt mal dem Opfer, mal dem Täter eine Stimme, berichtet über Morde durch Verwandte, über Zufallsopfer, aber auch über einen unschuldig Verurteilten, ein Verschwinden, das vielleicht keines ist, und eine junge Frau, deren vermutlicher Mord von der Justiz als Selbstmord bewertet wurde. Dieser letzte Fall, der Fall Phoebe Handsjuk, scheint Hausmann besonders am Herzen zu liegen. Er umrahmt gewissermaßen die anderen zehn Fälle, wird immer wieder aufgegriffen. Und wenn man die Ausschnitte aus der Korrespondenz mit Phoebes Mutter und Großvater hört, versteht man auch, warum er eine so zentrale Stelle eingenommen hat. Hier wird die Wucht des Schmerzes der Hinterbliebenen so greifbar, dass man nicht anders kann, als erneut seine Rolle als „Konsument“ zu hinterfragen.
Nach jedem Fall lässt Hausmann einen Fachmann zu Wort kommen, der einen näheren Einblick in einen relevanten Aspekt des gerade erzählten Falles näher beleuchten. Dafür spricht sie unter anderem mit Psychologen, Beamten im Rechtswesen, Reportern, Podcastern und Medizinern, klärt Fragen zur körperlichen, psychischen und rechtlichen Lage. Und ja, auch auf unsere fragliche Rolle als „Zuschauer“ wird eingegangen. So viel sei verraten: Der Lösungsansatz ist zumindest schlüssig, wenngleich man über die Angemessenheit der Sache trotzdem seine moralischen Zweifel behalten kann.
Nicht zuletzt ist Hausmann natürlich auch Autorin von Thrillern und damit jemand, der selbst von der Frage nach der Faszination betroffen ist. Und nach jener, was es mit einem macht, wenn man sich beruflich Tag für Tag damit beschäftigt, sich stundenlang in eine Welt begibt, die nur aus Brutalität und Wahnsinn zu bestehen scheint. Diesem Aspekt des Themas wird sie gerecht, in dem sie Zitate von Schriftstellerkollegen über ihre Arbeit einfließen lässt, aber auch eigene Tagebucheinträge, in denen sie über das, was das Schreiben an diesem Buch mit ihr macht, reflektiert.
Diese Tagebucheinträge liest die Autorin in der Hörbuchversion selbst, während die Fälle und die Antworten ihrer Interviewpartner von Heike Warmuth und Oliver Kube eingelesen werden. Diese Mischung finde ich nur bedingt gelungen, weil der Unterschied zwischen Laien und Schauspieler besonders die Interviews künstlich klingen lässt. Ich vermute, dass man sich für diese Lösung entschieden hat, um die Interviews der schriftlichen Bearbeitung anzupassen. Ganz davon abgesehen, dass einige Unterhaltungen auch auf Englisch geführt wurden. Und Warmuth und Kube machen ihre Sache durchaus gut.
Meine innere heile Welt sträubt sich ein wenig, einem Buch eine Empfehlung zu geben, das von der Darstellung des Leids anderer lebt. Von einem Leiden, das uns eigentlich nichts angeht, Privatangelegenheit der betroffenen Angehörigen ist. Aber davon abgesehen, dass mich diese Zurückhaltung als Konsument zum Heuchler machen wür