Marktplatzangebote
15 Angebote ab € 0,95 €
  • Broschiertes Buch

Die demokratischen Institutionen der USA haben nicht die Kraft, einen "selbstverliebten Größenwahnsinnigen" wie Donald Trump zu zähmen oder abzusetzen. Recht hat bei ihm der Stärkere. "Politik" ist für diesen "Frankenstein des Neoliberalismus" ein Schimpfwort. Die Kanzlerin erklärte, nun müssten wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Was das praktisch bedeutet, sagt sie nicht. Hier knüpft der Autor an. Demokratische Politik ist kein "Game", wie die Medien oft meinen, auch kein "Deal", sondern ein hohes Gut. Erhard Eppler, Politiker und politischer Denker mit mehr als 60 Jahren…mehr

Produktbeschreibung
Die demokratischen Institutionen der USA haben nicht die Kraft, einen "selbstverliebten Größenwahnsinnigen" wie Donald Trump zu zähmen oder abzusetzen. Recht hat bei ihm der Stärkere. "Politik" ist für diesen "Frankenstein des Neoliberalismus" ein Schimpfwort. Die Kanzlerin erklärte, nun müssten wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Was das praktisch bedeutet, sagt sie nicht. Hier knüpft der Autor an.
Demokratische Politik ist kein "Game", wie die Medien oft meinen, auch kein "Deal", sondern ein hohes Gut. Erhard Eppler, Politiker und politischer Denker mit mehr als 60 Jahren Erfahrung, will uns wachrütteln mit einem Plädoyer für die Würde der Politik, die durch nichts zu ersetzen ist. Verachtung zerstört den gesellschaftlichen Frieden und Zusammenhalt. Wir brauchen dagegen politischen Mut und Willen, einen Schub hin zur Politisierung und einen demokratischen Aufbruch. "Die Bundesrepublik ist in eine Verantwortung hineingewachsen, die sie nicht gewollt hat. Sie muss dieser Verantwortung gerecht werden. Unsere Gesellschaft muss politisch wach werden."
Autorenporträt
Eppler, Erhard
Erhard Eppler, geb. 1926, Dr. phil., von 1968 bis 1974 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, von 1961 bis 1976 Abgeordneter im Bundestag. Neben seinen zahlreichen politischen Ämtern war er u. a. von 1973 bis 1992 Vorsitzender der SPD-Grundwertekommission, Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags, ist Mitglied im PEN-Club und Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.02.2018

„Überdrehte Mädchen“
Erhard Eppler über die Würde des Politischen und über Putins Russland
„Don't judge a book by its cover“, warnt ein englisches Sprichwort, man soll sich nicht aufgrund von Äußerlichkeiten ein Urteil bilden. Abwandelnd könnte es hier lauten: „Don't judge a book by its title“, man möge sich nicht vom Titel eines Buches irreleiten lassen. Bei „Trump – und was tun wir?“ geht es weniger um den aktuellen US-Präsidenten, der kommt nur am Anfang und dann am Rande vor, und eben als – vielleicht verkaufsförderndes – Reizwort im Titel. Nein, es geht um grundsätzliche Gedanken eines altgedienten Sozialdemokraten zur Lage der Welt. Das vorab zur Orientierung. Unter dem etwas kryptischen Untertitel „Der Antipolitiker und die Würde des Politischen“ sind 16 Gesinnungsaufsätze aus der Feder des langjährigen Vorsitzenden der SPD-Grundwertekommission versammelt. Der 91 Jahre alte Erhard Eppler spult so ziemlich alles ab: Gründung und Aufstieg der AfD, die transatlantischen Beziehungen, das Verhältnis zu Russland, Klimawandel, Atomkriegsgefahr, Neoliberalismus, Francis Fukuyamas These vom Ende der Geschichte, technologischer Fortschritt, Flüchtlingspolitik etc.
Die Kapitel sind klug und verständlich aufgeschrieben, die bilder- und analogiereichen Sätze verfangen – Epplers Zeit im Vorstand des Deutschen Evangelischen Kirchentags und als Kirchentagspräsident hat auch sprachlich Spuren hinterlassen. Doch bleibt es oft bei Bestandsaufnahmen bereits geführter Debatten, auch seine gut argumentierte Kritik an Trump liefert keine neuen Ideen. Bisweilen greift er arg in die eigene politische Vergangenheit und damit in die bundesrepublikanische Mottenkiste („Wer schon in den frühen Siebzigerjahren ökologisch dachte, erinnert sich an das, was er damals auch aus der Union hörte.“) Biografische Parallelen sind aktuellen Fragen nicht immer zwingend dienlich.
Das gilt vor allem für die Passagen über Russland und Putin. Ganz der Friedensaktivist, der er seit Jahrzehnten ist, fordert Eppler dazu auf, „Europa zu einem Kontinent des Friedens zu machen“. Wer möchte dem widersprechen? Dazu müsse es sein Verhältnis zu Russland regeln, fährt Eppler fort. Und schon ist er zur Stelle, der gute alte Putin-Versteher. Es sei doch ein Unterschied, „ob ein russisches Gericht ein paar überdrehten Mädchen, die ausgerechnet eine Kirche brauchen, um gegen den Staatspräsidenten zu demonstrieren, zwei Jahre Arbeitslager aufbrummt oder ob bei Stalin ein kleiner Haken am Namen ein Todesurteil bedeuten kann. Verglichen mit Stalins Russland ist Putins Russland ein Rechtsstaat.“ So viel Misogynie, Herablassung und Verharmlosung in einem Gedankengang wollen erst mal verdaut sein. Dabei muss man Eppler recht geben: Verglichen mit Stalin macht fast jeder Autokrat und Diktator eine gute Figur. Verglichen mit Stalin gehen Idi Amin, Augusto Pinochet, Rodrigo Duterte, Jean-Bédel Bokassa oder Muammar al-Gaddafi locker als Hüter der Menschenrechte durch.
Die „überdrehten Mädchen“ von Pussy Riot – Nadeschda Tolokonnikowa, Marija Aljochina und Jekaterina Samuzewitsch – waren, als sie am 21. Februar 2012 in der Moskauer Erlöser-Kathedrale ihr „Punk-Gebet“ aufführen, zwischen 23 und 30 Jahre alt, zwei von ihnen waren bereits Mütter. Sie hatten den Mut, gegen die Unterstützung Wladimir Putins durch den Patriarchen der Russisch-Orthodoxen Kirche, Kyrill I., zu protestieren und damit Haft in einem Arbeitslager in Kauf zu nehmen.
Eppler mag wenig Sinn für russische Menschenrechtler haben, er hat ihn umso mehr für den Präsidenten. Putin sei bereit, „auf unsere deutschen Interessen Rücksicht zu nehmen, wenn wir die seinen beachten“. Er habe „so wenig Lust, aufmüpfige Deutsche zu regieren, wie Angela Merkel Lust hat, aufmüpfige Russen zu regieren“. Das wird sicher so sein. Aufschlussreich wäre es dennoch, etwa von den Pussy-Riot-„Mädchen“ zu erfahren, wie es ist, unter Putin aufmüpfig zu sein; oder von den Krim-Tataren, die nun im vierten Jahr der russischen Annexion leben. Erstaunlich, dass ein kirchlich engagierter Politiker, der die britische Appeasement-Politik im Zuge des Münchner Abkommens 1938 noch miterlebt hat, einen Aggressor und dessen Völkerrechtsbruch in Schutz nimmt.
Wer Putin versteht, versteht auch Gerhard Schröder. Im Schlusskapitel prangert Eppler den Wechsel deutscher Politiker in die Wirtschaft an. Allerdings gilt dies nicht für den Genossen und Altkanzler. Dass dieser 2006 Vorsitzender des Aktionärsausschusses der Erdgaspipeline-Betreibergesellschaft NEGP wurde, die zu 51 Prozent der russischen Gazprom gehört, und dafür mindestens 250 000 Euro pro Jahr kassiert, lag laut Eppler daran, dass Putin ihn „bedrängte“. „Hätte Schröder auf seinem anfänglichen Nein bestanden, es hätte die deutsch-russischen Beziehungen beschädigt“, schreibt Eppler.
Altersmilde kann auch ihre dunklen Seiten haben.
VIOLA SCHENZ
Der Wechsel deutscher Politiker
in die Wirtschaft wird kritisiert,
nur für Schröder gilt das nicht
Erhard Eppler:
Trump – und was tun wir? Der Antipolitiker und die Würde des Politischen. Verlag J.H.W. Dietz Nachf. Bonn 2018, 128 Seiten, 12,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Viola Schenz kann Erhard Epplerd Buch absolut nichts abgewinnen. In sechzehn Gesinnungsaufsätzen gibt der alte SPD-Kämpe seine Sicht auf die Welt zum Besten, warnt die Rezensentin vor, und der Trump im Titel diene lediglich als Köder. Meist erzähle Eppler nur, wie es früher war, was er früher dachte und was er heute denkt. Schlimm wird es in den Augen der Rezensentin, wenn Eppler nach Russland blickt und etwa die Musikerinnen von Pussy Riot als überdrehte Mädchen verächtlich macht, denen Putin eben für ihre Aufsässigkeit zwei Jahre Arbeitslager aufbrumme. Dass Eppler schließlich anprangere, wenn Politiker in die Wirtschaft wechseln, Schröders Job für Gazprom aber als friedenspolitische Versöhnungstat verkläre, wundert Schenz dann auch nicht mehr.

© Perlentaucher Medien GmbH