»In diesen Roman geriet ich aus Versehen oder vielmehr durch eine Bequemlichkeit.« Dieser Satz eröffnet eine Recherche, über das Leben zweier Familien während des vergangenen Jahrhunderts.
Ein Roman also des 20. Jahrhunderts, der des Schriftstellers Rainer Trutz und der von Waldemar Gejm, einem Professor für Mathematik und Linguistik an der Lomonossow-Universität, der seit Jahren ein neues Forschungsgebiet entwickelt: die Mnemotechnik, die Lehre von Ursprung und Funktion der Erinnerung.
Die partei-offizielle Gedächtnissteuerung staatlicher Stellen wird Trutz wie Gejm in den darauffolgenden Jahren zum Verhängnis: Der Deutsche wird in einem sowjetischen Arbeitslager erschlagen. Die Umschwünge der Politik des Genossen Stalin führen im Falle Gejm zur Deportation mit anschließendem Tod.
Nur die beiden Söhne, Maykl Trutz und Rem Gejm, überleben und begegnen sich Jahrzehnte später, im wiederhergestellten Deutschland und machen fast dieselben Erfahrungen wie ihreVäter.
In seiner objektiven und zugleich einfühlenden Chronik der Lebensläufe zweier Familien bündelt Christoph Hein die vergebliche Hoffnung auf eine Existenz jenseits von Elend und Sklaverei. Und so ist ihm ein Jahrhundertroman im zweifachen Sinn gelungen: ein Jahrhundert umgreifend, ein Jahrhundert widerspiegelnd, ein Jahrhundert verstehbar zu machen und nachzuerleben.
Ein Roman also des 20. Jahrhunderts, der des Schriftstellers Rainer Trutz und der von Waldemar Gejm, einem Professor für Mathematik und Linguistik an der Lomonossow-Universität, der seit Jahren ein neues Forschungsgebiet entwickelt: die Mnemotechnik, die Lehre von Ursprung und Funktion der Erinnerung.
Die partei-offizielle Gedächtnissteuerung staatlicher Stellen wird Trutz wie Gejm in den darauffolgenden Jahren zum Verhängnis: Der Deutsche wird in einem sowjetischen Arbeitslager erschlagen. Die Umschwünge der Politik des Genossen Stalin führen im Falle Gejm zur Deportation mit anschließendem Tod.
Nur die beiden Söhne, Maykl Trutz und Rem Gejm, überleben und begegnen sich Jahrzehnte später, im wiederhergestellten Deutschland und machen fast dieselben Erfahrungen wie ihreVäter.
In seiner objektiven und zugleich einfühlenden Chronik der Lebensläufe zweier Familien bündelt Christoph Hein die vergebliche Hoffnung auf eine Existenz jenseits von Elend und Sklaverei. Und so ist ihm ein Jahrhundertroman im zweifachen Sinn gelungen: ein Jahrhundert umgreifend, ein Jahrhundert widerspiegelnd, ein Jahrhundert verstehbar zu machen und nachzuerleben.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2017Als Stalin selbst zur Feder griff
So viele patente Mädel! Christoph Hein verfolgt in seinem Roman "Trutz" ein deutsches Familienschicksal durchs zwanzigste Jahrhundert
Der Erzähler dieses Romans ist ein Schriftsteller, der sich nach einer zufälligen Begegnung entschließt, einen Roman zu schreiben, den er eigentlich gar nicht geplant hatte. Er ist allwissend, weil er fleißig die Archive studiert hat. Er hält sich weitgehend im Hintergrund und ist namenlos; wir dürfen ihn aber getrost Christoph Hein nennen. Was Christoph Hein mit seinem neuen Roman vorhatte, wird schnell ersichtlich, und es steht auch im Klappentext: einen "Höllenritt durch das 20. Jahrhundert", und zwar durch "den Blick auf zwei Familien", eine deutsche und eine russische, die "ein Gesamtpanorama dieser extremistischen Jahrzehnte" ergeben. Dieses Vorhaben ist als Roman aus verschiedenen Gründen weitgehend gescheitert. Am ehesten ist noch der Panoramablick gelungen, was nicht weiter verwunderlich ist, weil ihn schon die vorliegenden Geschichtsbücher liefern. Das Ende der Weimarer Republik, die sogenannte Machtergreifung, die Schrecken und Verbrechen des Stalinismus inklusive der Moskauer Prozesse und der Deportationen zur Zwangsarbeit, die Kämpfe in der frühen DDR und die der Nachwendezeit - das alles wird getreulich und zuweilen schulbuchhaft rekapituliert, aber es wird nur selten wirklich erzählt.
Die Geschichte beginnt mit dem Werdegang des Rainer Trutz, Sohn eines mecklenburgischen Bauern, der mit neunzehn sein Zuhause verlässt und nach Berlin geht, um dort eine literarische Karriere zu machen, sicher auch angeregt durch seinen Deutschlehrer, der die künstlerischen Interessen seines Schützlings erkannt und gefördert hat. Dieser Junge gehört also nicht aufs Dorf, sondern, man lese: "Er brauchte die Stadt, die Großstadt mit ihrem wilden und anregenden Leben, die beständige Erregung, die Hast und Eile der Großstädter, die sprunghafte, pulsierende Betriebsamkeit, die Lust am Überschreiten von Grenzen, Grenzen der Moral, des Anstands, der bürgerlichen Sitten." So sprunghaft, pulsierend und klischeebeladen geht es zumindest im ersten Teil des Romans auch weiter.
Trutz, der in Berlin mangels Arbeit schon unterzugehen droht, wird von Lilija, einer sowjetischen Botschaftsangehörigen - Abteilung Kultur, genauer Film -, angefahren, die sich danach rührend um ihn kümmert. Gegen diesen Dea-ex-Machina-Effekt ist eigentlich nichts einzuwenden, zumal die Botschaftsangehörige, eine Lettin, nicht auch gleich noch seine Geliebte wird. Das wird vielmehr Gudrun Becker, eine Gewerkschaftsmitarbeiterin und zugleich Angehörige eines Paul-Tillich-Kreises, eine christliche Sozialistin also. Nach einem missratenen Theaterstück schreibt Rainer Trutz dann einen gelungenen Roman, den ein Verleger unter anderem deshalb schätzt und kauft, weil er nicht mehr als 150 Seiten hat. In dem geht es um die Auswirkungen der Zeitläufte "auf den kleinen Mann", dem Publikum gefällt das offensichtlich, und Trutz kommt auf die Erfolgsspur, darf sogar für die "Weltbühne" schreiben. Was wichtig und was beunruhigend ist in diesen Jahren, wird entweder im Schnellverfahren rekapituliert - "die Folgen des Wirtschaftschaos und der Reparationsforderungen der Siegermächte" - oder in Dialogen besprochen, in denen Sätze fallen wie dieser: "Ich lese gerade die Briefe Voltaires, du weißt, des großen Franzosen."
Für die Darstellung der zwanzig Jahre, die auf 1933 folgen, bringt Christoph Hein phasenweise größere schriftstellerische Geduld und Genauigkeit auf. Familie Trutz ist nach Moskau emigriert, nun kommt die Familie Gejm ins Spiel, deren Oberhaupt Sprachwissenschaft und Mathematik an der Moskauer Universität lehrt. Sein einziges Interesse ist die Mnemonik, die Herausbildung einer Gedächtnistechnik, die im Idealfall dazu führen soll, dass man nie mehr irgendetwas vergisst. So wird es dann später bei Trutz' Sohn Maykl, der schon als Kind zusammen mit dem Sohn des Professors diese Schulung durchmacht, auch der Fall sein. Von Politik wie vom praktischen Leben versteht der Professor nicht die Bohne, wie überhaupt die Männer in diesem Roman mehrheitlich tumbe Toren zu sein scheinen, ihre Frauen dagegen die politischen Zeichen besser zu lesen und das praktische Leben besser zu bewältigen verstehen: patente Mädels sie alle. Rainer Trutz arbeitet derweil beim U-Bahn-Bau, seine Frau in einer Schokoladenfabrik. Den Kontakt zwischen den beiden Familien hat natürlich Lilija hergestellt.
Um es kurz zu machen: Die Verhältnisse ändern sich; am Ende ist Professor Gejm die Zielscheibe eines zentralen Artikels in der "Prawda", der eventuell von Stalin selbst geschrieben wurde. Die Familie Trutz wird Opfer anderer Intrigen, alle werden deportiert und sterben letztlich an der Zwangsarbeit oder, wie Rainer Trutz, schon am Tag seiner Ankunft im Lager an der Gewalt durch einen Kapo. In diesen Passagen ist Hein am stärksten und genauesten. Der plötzliche Tod des Rainer Trutz zum Beispiel trifft den Leser, der sonst fast alles in diesem Roman vorhersehen kann, bevor es erzählt wird, völlig unvorbereitet.
Von der Familie Trutz überlebt nur Maykl, der 1952, er ist jetzt achtzehn, in die DDR ausreisen darf und dort als Archivar arbeitet. Er entdeckt auf diesem Weg einen alten Nazi in der SED-Führung, lernt in Wien kurz Simon Wiesenthal kennen - in diesem Roman dürfen viele berühmte Namen ein kurzes Gastspiel geben -, erleidet dann durch Pech und eigenes Ungeschick einen Karriereknick. Mit den Frauen hat er, bis auf die letzte, kein Glück. Es gibt dann einen Tigersprung über mehrere Jahrzehnte hinweg bis zur Wende, und Maykls Ungeschick setzt sich auch danach fort. Am Ende sieht er seinen Kindheitsfreund Rem wieder, der in Moskau als Armeedolmetscher Karriere gemacht hat und lange Zeit nicht ausreisen durfte. Da sie sich 48 Jahre nicht gesehen haben, tauschen sie im Gespräch miteinander noch einmal all das aus, was wir Leser schon wissen, wobei sie sich fröhlich-melancholisch mit Wodka besaufen. Der Roman endet tatsächlich mit der bekannten Liedzeile "Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist".
Heins Roman scheitert, neben etlichen sprachlichen Unglücksfällen, vor allem an der Position des Erzählers und dessen mangelnder Erzählökonomie. Er weiß zu viel und möchte uns das auch alles erzählen. Das meiste von dem wissen wir aber schon sehr lange. Und manches davon, etwa, was es hieß, als "Verräter" in einem Stalinschen Gefängnis zu sitzen, hat man anderswo bereits sehr viel eindrucksvoller gelesen, zum Beispiel in Koestlers "Sonnenfinsternis". Dass das Erzählte unbestreitbar über weite Strecken spannend ist, liegt nicht am Erzähler, sondern an der Wucht der Geschichte. Die hat in diesem Fall die Literatur besiegt.
JOCHEN SCHIMMANG
Christoph Hein: "Trutz". Roman.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017. 477 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
So viele patente Mädel! Christoph Hein verfolgt in seinem Roman "Trutz" ein deutsches Familienschicksal durchs zwanzigste Jahrhundert
Der Erzähler dieses Romans ist ein Schriftsteller, der sich nach einer zufälligen Begegnung entschließt, einen Roman zu schreiben, den er eigentlich gar nicht geplant hatte. Er ist allwissend, weil er fleißig die Archive studiert hat. Er hält sich weitgehend im Hintergrund und ist namenlos; wir dürfen ihn aber getrost Christoph Hein nennen. Was Christoph Hein mit seinem neuen Roman vorhatte, wird schnell ersichtlich, und es steht auch im Klappentext: einen "Höllenritt durch das 20. Jahrhundert", und zwar durch "den Blick auf zwei Familien", eine deutsche und eine russische, die "ein Gesamtpanorama dieser extremistischen Jahrzehnte" ergeben. Dieses Vorhaben ist als Roman aus verschiedenen Gründen weitgehend gescheitert. Am ehesten ist noch der Panoramablick gelungen, was nicht weiter verwunderlich ist, weil ihn schon die vorliegenden Geschichtsbücher liefern. Das Ende der Weimarer Republik, die sogenannte Machtergreifung, die Schrecken und Verbrechen des Stalinismus inklusive der Moskauer Prozesse und der Deportationen zur Zwangsarbeit, die Kämpfe in der frühen DDR und die der Nachwendezeit - das alles wird getreulich und zuweilen schulbuchhaft rekapituliert, aber es wird nur selten wirklich erzählt.
Die Geschichte beginnt mit dem Werdegang des Rainer Trutz, Sohn eines mecklenburgischen Bauern, der mit neunzehn sein Zuhause verlässt und nach Berlin geht, um dort eine literarische Karriere zu machen, sicher auch angeregt durch seinen Deutschlehrer, der die künstlerischen Interessen seines Schützlings erkannt und gefördert hat. Dieser Junge gehört also nicht aufs Dorf, sondern, man lese: "Er brauchte die Stadt, die Großstadt mit ihrem wilden und anregenden Leben, die beständige Erregung, die Hast und Eile der Großstädter, die sprunghafte, pulsierende Betriebsamkeit, die Lust am Überschreiten von Grenzen, Grenzen der Moral, des Anstands, der bürgerlichen Sitten." So sprunghaft, pulsierend und klischeebeladen geht es zumindest im ersten Teil des Romans auch weiter.
Trutz, der in Berlin mangels Arbeit schon unterzugehen droht, wird von Lilija, einer sowjetischen Botschaftsangehörigen - Abteilung Kultur, genauer Film -, angefahren, die sich danach rührend um ihn kümmert. Gegen diesen Dea-ex-Machina-Effekt ist eigentlich nichts einzuwenden, zumal die Botschaftsangehörige, eine Lettin, nicht auch gleich noch seine Geliebte wird. Das wird vielmehr Gudrun Becker, eine Gewerkschaftsmitarbeiterin und zugleich Angehörige eines Paul-Tillich-Kreises, eine christliche Sozialistin also. Nach einem missratenen Theaterstück schreibt Rainer Trutz dann einen gelungenen Roman, den ein Verleger unter anderem deshalb schätzt und kauft, weil er nicht mehr als 150 Seiten hat. In dem geht es um die Auswirkungen der Zeitläufte "auf den kleinen Mann", dem Publikum gefällt das offensichtlich, und Trutz kommt auf die Erfolgsspur, darf sogar für die "Weltbühne" schreiben. Was wichtig und was beunruhigend ist in diesen Jahren, wird entweder im Schnellverfahren rekapituliert - "die Folgen des Wirtschaftschaos und der Reparationsforderungen der Siegermächte" - oder in Dialogen besprochen, in denen Sätze fallen wie dieser: "Ich lese gerade die Briefe Voltaires, du weißt, des großen Franzosen."
Für die Darstellung der zwanzig Jahre, die auf 1933 folgen, bringt Christoph Hein phasenweise größere schriftstellerische Geduld und Genauigkeit auf. Familie Trutz ist nach Moskau emigriert, nun kommt die Familie Gejm ins Spiel, deren Oberhaupt Sprachwissenschaft und Mathematik an der Moskauer Universität lehrt. Sein einziges Interesse ist die Mnemonik, die Herausbildung einer Gedächtnistechnik, die im Idealfall dazu führen soll, dass man nie mehr irgendetwas vergisst. So wird es dann später bei Trutz' Sohn Maykl, der schon als Kind zusammen mit dem Sohn des Professors diese Schulung durchmacht, auch der Fall sein. Von Politik wie vom praktischen Leben versteht der Professor nicht die Bohne, wie überhaupt die Männer in diesem Roman mehrheitlich tumbe Toren zu sein scheinen, ihre Frauen dagegen die politischen Zeichen besser zu lesen und das praktische Leben besser zu bewältigen verstehen: patente Mädels sie alle. Rainer Trutz arbeitet derweil beim U-Bahn-Bau, seine Frau in einer Schokoladenfabrik. Den Kontakt zwischen den beiden Familien hat natürlich Lilija hergestellt.
Um es kurz zu machen: Die Verhältnisse ändern sich; am Ende ist Professor Gejm die Zielscheibe eines zentralen Artikels in der "Prawda", der eventuell von Stalin selbst geschrieben wurde. Die Familie Trutz wird Opfer anderer Intrigen, alle werden deportiert und sterben letztlich an der Zwangsarbeit oder, wie Rainer Trutz, schon am Tag seiner Ankunft im Lager an der Gewalt durch einen Kapo. In diesen Passagen ist Hein am stärksten und genauesten. Der plötzliche Tod des Rainer Trutz zum Beispiel trifft den Leser, der sonst fast alles in diesem Roman vorhersehen kann, bevor es erzählt wird, völlig unvorbereitet.
Von der Familie Trutz überlebt nur Maykl, der 1952, er ist jetzt achtzehn, in die DDR ausreisen darf und dort als Archivar arbeitet. Er entdeckt auf diesem Weg einen alten Nazi in der SED-Führung, lernt in Wien kurz Simon Wiesenthal kennen - in diesem Roman dürfen viele berühmte Namen ein kurzes Gastspiel geben -, erleidet dann durch Pech und eigenes Ungeschick einen Karriereknick. Mit den Frauen hat er, bis auf die letzte, kein Glück. Es gibt dann einen Tigersprung über mehrere Jahrzehnte hinweg bis zur Wende, und Maykls Ungeschick setzt sich auch danach fort. Am Ende sieht er seinen Kindheitsfreund Rem wieder, der in Moskau als Armeedolmetscher Karriere gemacht hat und lange Zeit nicht ausreisen durfte. Da sie sich 48 Jahre nicht gesehen haben, tauschen sie im Gespräch miteinander noch einmal all das aus, was wir Leser schon wissen, wobei sie sich fröhlich-melancholisch mit Wodka besaufen. Der Roman endet tatsächlich mit der bekannten Liedzeile "Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist".
Heins Roman scheitert, neben etlichen sprachlichen Unglücksfällen, vor allem an der Position des Erzählers und dessen mangelnder Erzählökonomie. Er weiß zu viel und möchte uns das auch alles erzählen. Das meiste von dem wissen wir aber schon sehr lange. Und manches davon, etwa, was es hieß, als "Verräter" in einem Stalinschen Gefängnis zu sitzen, hat man anderswo bereits sehr viel eindrucksvoller gelesen, zum Beispiel in Koestlers "Sonnenfinsternis". Dass das Erzählte unbestreitbar über weite Strecken spannend ist, liegt nicht am Erzähler, sondern an der Wucht der Geschichte. Die hat in diesem Fall die Literatur besiegt.
JOCHEN SCHIMMANG
Christoph Hein: "Trutz". Roman.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017. 477 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.05.2017Die Ordnung der Ereignisse
Ein Geschichtsbuch im besten Sinne: Christoph Heins neuer Roman „Trutz“
fragt nach den Unausweichlichkeiten des Historischen und den Erinnerungen des Einzelnen
VON CHRISTOPH SCHRÖDER
Glücklich ist“, und mit dieser Feststellung schließt Christoph Heins Roman, „wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.“ In der Einsicht steckt, rückblickend angelegt auf die Lebenslinien der Figuren, weit mehr als nur ein gut formulierter Kalenderspruch. Denn „Trutz“ kreist unaufhörlich und in jeder historischen Situation um die Fragen von Erinnerung und Determinismus: Ist das, was das eigene Gedächtnis als vermeintliche Wahrheit beglaubigt, in Kongruenz zu bringen mit der offiziellen Geschichtsschreibung, die sich noch dazu unter dem Druck ideologischer Maßgaben permanent wandelt? Gibt es für den Einzelnen die Chance einer selbstbestimmten Existenz? Oder sind die Menschen der Wucht der Zeitläufte, in denen sie sich bewegen, machtlos untergeordnet? Das sind die ganz großen Fragen, und Christoph Hein schlägt in seinem neuen Roman auch den weiten historischen Bogen von den 1920er-Jahren bis in das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts.
Aus Versehen, so erfahren wir es von einem Erzähler, der im Verlauf des Buchs zunehmend in den Hintergrund tritt und nur hin und wieder dezent kommentierend eingreift, sei er an seinen Stoff geraten: Bei den Recherchen zu einem Roman über die missglückte Festnahme eines Terroristen in der Nachwendezeit (Hein selbst hat 2005 „In seiner frühen Kindheit ein Garten“ veröffentlicht, einen Roman über den Tod von Wolfgang Grams am Bahnhof in Bad Kleinen) gerät der Erzähler in einen Vortrag einer Mitarbeiterin des Bundesarchivs. Dort lernt er einen Mann kennen, der im Anschluss an den Vortrag eine peinliche Situation heraufbeschwört, indem er der Expertin diverse Unstimmigkeiten nachweist, ohne Zuhilfenahme von Notizen oder Unterlagen. Jener Mann stellt sich anschließend als Maykl Trutz vor. Er bediene sich, so sagt er, der Technik der Mnemonik, einer speziellen Form des Gehirntrainings, deren Geschichte angeblich eine Blutspur hinter sich herziehe. Der Erzähler verabredet sich mit Trutz, und bei diesen acht Verabredungen breitet Trutz sein Leben und das seiner Eltern aus. Im Mai 2007 stirbt Trutz im Alter von 73 Jahren. Da arbeitet der Autor bereits am „Trutz“-Roman; er verschiebt eine Recherchereise nach Moskau, um an der Beerdigung teilzunehmen.
Maykl Trutz’ Vater Rainer kommt im Alter von 19 Jahren als Sohn eines Landwirts aus Vorpommern nach Berlin. Der Vater hat den Hof dem älteren Bruder überschrieben; zudem zieht es Rainer zum Schreiben. Mit staunenden Augen lässt Hein seine zu Beginn noch unbedarfte Figur das quirlige Geistesleben der Weimarer Republik anschauen, in das Trutz selbst nach und nach hineinwächst. Er beginnt, für Zeitungen zu arbeiten, Theaterkritiken zu schreiben und erhält zu seinem großen Stolz einen Rezensionsauftrag für die legendäre Wochenzeitschrift Weltbühne. Darin lässt sich der an sich unpolitische Trutz ironisch über die Berichte einer Delegation kommunistischer deutscher Schriftsteller und deren Naivität anlässlich einer Russlandreise aus. Dass ausgerechnet jener kaum beachtete 80-Zeilen-Text zu einer Zeitbombe werden soll, die Trutz letztendlich das Leben kosten wird, ist eine der feinen Verästelungen, die durch den gesamten Roman ausgelegt sind und den umfangreichen Stoff strukturieren und zusammenhalten. Das ist auch dringend nötig, denn Hein marschiert im Eiltempo durch die Monate und Jahre.
Trutz lernt Gudrun kennen, eine engagierte christliche Gewerkschafterin, die sich weigert, den bürgerlichen Konventionen zu folgen und ihn zu heiraten. Er schreibt zwei frivol angehauchte Gesellschaftsromane, und das Paar bekommt erst in kleinen Schikanen, dann umso schmerzhafter die Drangsalierungen des zunehmend repressiven NS-Systems und seiner Schlägertrupps zu spüren. Sie beschließen zu emigrieren, doch ein Visum für die USA ist nicht zu bekommen. Eine befreundete Mitarbeiterin der russischen Botschaft verschafft dem Paar ein Visum für die Ausreise nach Moskau, und so setzt sich das frisch getraute Ehepaar Trutz im Sommer 1933 in einen Zug in Richtung Osten. Jener zweite Teil, der von den russischen Jahren des Paars handelt, ist der stärkste von drei ohnehin beeindruckenden Teilen, aus denen der Roman besteht.
Man hat Christoph Hein, in Einzelfällen vielleicht nicht ganz zu Unrecht, in vorangegangenen Büchern seinen sachlichen, manchmal knorrig-uneleganten Tonfall vorgehalten. In „Trutz“ ist Heins reduzierter, schnörkelloser Stil ein Glücksfall, weil er zu Präzision und Klarheit beiträgt. Hier menschelt nichts. Hier werden Unklarheiten nicht mit psychologisierender Spekulation gefüllt, sondern mit Fakten und Rechercheaufwand. „Trutz“ ist, im besten Sinne, ein spannendes Geschichtsbuch.
Während Gudrun in Moskau eine Anstellung in einer Schokoladenfabrik findet, muss Rainer feststellen, dass sein Status als parteilich nichtorganisierter Schriftsteller im Exil rein gar nichts wert ist. Der Chefredakteur der Deutschen Zentral-Zeitung, des Sprachrohrs der Kommunistischen Internationalen, gibt ihm deutlich zu verstehen, was er von den „zierlichen Häkeleien“ und „Blümchenmustern“ der linksbürgerlichen Intellektuellen hält und setzt ihn vor die Tür. Trutz, in Deutschland zu links, ist in Moskau nicht links genug.
Im Januar 1934 wird Maykl geboren, und Rainer arbeitet als Hilfskraft beim Bau der großen Untergrundbahn. Zur gleichen Zeit lernt Trutz Professor Waldemar Gejm kennen, Professor der Mathematik und der Sprachwissenschaft an der Moskauer Universität. Gejm, eine durch und durch fiktive Figur, war es, der aus antiken Theorien heraus die Wissenschaft der Mnemonik entwickelt und perfektioniert hat. Schon früh beginnt Gejm, Maykl Trutz und seinen eigenen gleichaltrigen Sohn Rem zu unterrichten, wohl wissend, dass seine Arbeit denjenigen, die Geschichte schreiben, suspekt ist: „Wenn es einen Erfinder der Vergesslichkeit gäbe, er wäre hoch angesehen, mit ihm könnte man sich besser verständigen, der gemeine Mann wie der Herrscher.“
Wie radikal diese Erkenntnis im Alltag umgesetzt wird, zeigt sich, als nach dem Hitler-Stalin-Pakt von einem Tag auf den anderen antifaschistische Filme und Publikationen aus dem öffentlichen Raum verschwinden müssen. Den deutschen Feind – nie hat es ihn gegeben.
In den Mahlwerken der Ideologien werden schließlich alle zerrieben: Rainer Trutz, der im Zuge der stalinistischen Säuberungen ebenso in ein Arbeitslager geschickt wird wie später auch Waldemar Gejm. Maykl landet nach dem Krieg in der DDR, im sozialistischen Bruderstaat, wo sein phänomenales Gedächtnis ihm zunächst zu einer passablen Stellung in einem Archiv verhilft, bevor eben dieses Gedächtnis ihn wiederum in eine politische Zwangslage bringt. Hein hat durchaus ein Gespür für bittere Ironie: Es wimmelt in „Trutz“ nur so von Archivaren, die ihre eigene Vergangenheit vergessen haben. Und Maykls erste Ehefrau verlässt ihn mit den Worten, man könne nicht mit einem Mann leben, der nicht vergessen könne. Gerade im dritten Teil zieht Christoph Hein das Tempo nochmals deutlich an; da werden in einem Abschnitt ganze Jahrzehnte überbrückt; der Mauerfall ist ihm gerade einmal einen Halbsatz wert.
Das ist weder Desinteresse noch Nachlässigkeit, sondern so auffällig, dass es Konzept sein muss: Es sind nicht die Daten, die das Schicksal eines Menschen bestimmen. Entscheidend ist einzig und allein, wie die offizielle Geschichtsschreibung damit umgeht. Und inwieweit ein Individuum im Zweifelsfall bereit ist, sich selbst zu vergessen.
Der Erzähler arbeitet eigentlich
an einem Buch über
den Terror der Nachwendezeit
Seine Frau verlässt ihn, weil sie
nicht mit einem Mann
leben kann, der nichts vergisst
Ein historisches Ereignis für jeden Einzelnen: Menschen helfen einander nach dem Mauerfall 1989 in Berlin über die Grenze in den Westen.
Foto: Reuters
Christoph Hein: Trutz. Roman. Suhrkamp Verlag, Berlin 2017. 478 Seiten, 25 Euro. E-Book 21,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Ein Geschichtsbuch im besten Sinne: Christoph Heins neuer Roman „Trutz“
fragt nach den Unausweichlichkeiten des Historischen und den Erinnerungen des Einzelnen
VON CHRISTOPH SCHRÖDER
Glücklich ist“, und mit dieser Feststellung schließt Christoph Heins Roman, „wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.“ In der Einsicht steckt, rückblickend angelegt auf die Lebenslinien der Figuren, weit mehr als nur ein gut formulierter Kalenderspruch. Denn „Trutz“ kreist unaufhörlich und in jeder historischen Situation um die Fragen von Erinnerung und Determinismus: Ist das, was das eigene Gedächtnis als vermeintliche Wahrheit beglaubigt, in Kongruenz zu bringen mit der offiziellen Geschichtsschreibung, die sich noch dazu unter dem Druck ideologischer Maßgaben permanent wandelt? Gibt es für den Einzelnen die Chance einer selbstbestimmten Existenz? Oder sind die Menschen der Wucht der Zeitläufte, in denen sie sich bewegen, machtlos untergeordnet? Das sind die ganz großen Fragen, und Christoph Hein schlägt in seinem neuen Roman auch den weiten historischen Bogen von den 1920er-Jahren bis in das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts.
Aus Versehen, so erfahren wir es von einem Erzähler, der im Verlauf des Buchs zunehmend in den Hintergrund tritt und nur hin und wieder dezent kommentierend eingreift, sei er an seinen Stoff geraten: Bei den Recherchen zu einem Roman über die missglückte Festnahme eines Terroristen in der Nachwendezeit (Hein selbst hat 2005 „In seiner frühen Kindheit ein Garten“ veröffentlicht, einen Roman über den Tod von Wolfgang Grams am Bahnhof in Bad Kleinen) gerät der Erzähler in einen Vortrag einer Mitarbeiterin des Bundesarchivs. Dort lernt er einen Mann kennen, der im Anschluss an den Vortrag eine peinliche Situation heraufbeschwört, indem er der Expertin diverse Unstimmigkeiten nachweist, ohne Zuhilfenahme von Notizen oder Unterlagen. Jener Mann stellt sich anschließend als Maykl Trutz vor. Er bediene sich, so sagt er, der Technik der Mnemonik, einer speziellen Form des Gehirntrainings, deren Geschichte angeblich eine Blutspur hinter sich herziehe. Der Erzähler verabredet sich mit Trutz, und bei diesen acht Verabredungen breitet Trutz sein Leben und das seiner Eltern aus. Im Mai 2007 stirbt Trutz im Alter von 73 Jahren. Da arbeitet der Autor bereits am „Trutz“-Roman; er verschiebt eine Recherchereise nach Moskau, um an der Beerdigung teilzunehmen.
Maykl Trutz’ Vater Rainer kommt im Alter von 19 Jahren als Sohn eines Landwirts aus Vorpommern nach Berlin. Der Vater hat den Hof dem älteren Bruder überschrieben; zudem zieht es Rainer zum Schreiben. Mit staunenden Augen lässt Hein seine zu Beginn noch unbedarfte Figur das quirlige Geistesleben der Weimarer Republik anschauen, in das Trutz selbst nach und nach hineinwächst. Er beginnt, für Zeitungen zu arbeiten, Theaterkritiken zu schreiben und erhält zu seinem großen Stolz einen Rezensionsauftrag für die legendäre Wochenzeitschrift Weltbühne. Darin lässt sich der an sich unpolitische Trutz ironisch über die Berichte einer Delegation kommunistischer deutscher Schriftsteller und deren Naivität anlässlich einer Russlandreise aus. Dass ausgerechnet jener kaum beachtete 80-Zeilen-Text zu einer Zeitbombe werden soll, die Trutz letztendlich das Leben kosten wird, ist eine der feinen Verästelungen, die durch den gesamten Roman ausgelegt sind und den umfangreichen Stoff strukturieren und zusammenhalten. Das ist auch dringend nötig, denn Hein marschiert im Eiltempo durch die Monate und Jahre.
Trutz lernt Gudrun kennen, eine engagierte christliche Gewerkschafterin, die sich weigert, den bürgerlichen Konventionen zu folgen und ihn zu heiraten. Er schreibt zwei frivol angehauchte Gesellschaftsromane, und das Paar bekommt erst in kleinen Schikanen, dann umso schmerzhafter die Drangsalierungen des zunehmend repressiven NS-Systems und seiner Schlägertrupps zu spüren. Sie beschließen zu emigrieren, doch ein Visum für die USA ist nicht zu bekommen. Eine befreundete Mitarbeiterin der russischen Botschaft verschafft dem Paar ein Visum für die Ausreise nach Moskau, und so setzt sich das frisch getraute Ehepaar Trutz im Sommer 1933 in einen Zug in Richtung Osten. Jener zweite Teil, der von den russischen Jahren des Paars handelt, ist der stärkste von drei ohnehin beeindruckenden Teilen, aus denen der Roman besteht.
Man hat Christoph Hein, in Einzelfällen vielleicht nicht ganz zu Unrecht, in vorangegangenen Büchern seinen sachlichen, manchmal knorrig-uneleganten Tonfall vorgehalten. In „Trutz“ ist Heins reduzierter, schnörkelloser Stil ein Glücksfall, weil er zu Präzision und Klarheit beiträgt. Hier menschelt nichts. Hier werden Unklarheiten nicht mit psychologisierender Spekulation gefüllt, sondern mit Fakten und Rechercheaufwand. „Trutz“ ist, im besten Sinne, ein spannendes Geschichtsbuch.
Während Gudrun in Moskau eine Anstellung in einer Schokoladenfabrik findet, muss Rainer feststellen, dass sein Status als parteilich nichtorganisierter Schriftsteller im Exil rein gar nichts wert ist. Der Chefredakteur der Deutschen Zentral-Zeitung, des Sprachrohrs der Kommunistischen Internationalen, gibt ihm deutlich zu verstehen, was er von den „zierlichen Häkeleien“ und „Blümchenmustern“ der linksbürgerlichen Intellektuellen hält und setzt ihn vor die Tür. Trutz, in Deutschland zu links, ist in Moskau nicht links genug.
Im Januar 1934 wird Maykl geboren, und Rainer arbeitet als Hilfskraft beim Bau der großen Untergrundbahn. Zur gleichen Zeit lernt Trutz Professor Waldemar Gejm kennen, Professor der Mathematik und der Sprachwissenschaft an der Moskauer Universität. Gejm, eine durch und durch fiktive Figur, war es, der aus antiken Theorien heraus die Wissenschaft der Mnemonik entwickelt und perfektioniert hat. Schon früh beginnt Gejm, Maykl Trutz und seinen eigenen gleichaltrigen Sohn Rem zu unterrichten, wohl wissend, dass seine Arbeit denjenigen, die Geschichte schreiben, suspekt ist: „Wenn es einen Erfinder der Vergesslichkeit gäbe, er wäre hoch angesehen, mit ihm könnte man sich besser verständigen, der gemeine Mann wie der Herrscher.“
Wie radikal diese Erkenntnis im Alltag umgesetzt wird, zeigt sich, als nach dem Hitler-Stalin-Pakt von einem Tag auf den anderen antifaschistische Filme und Publikationen aus dem öffentlichen Raum verschwinden müssen. Den deutschen Feind – nie hat es ihn gegeben.
In den Mahlwerken der Ideologien werden schließlich alle zerrieben: Rainer Trutz, der im Zuge der stalinistischen Säuberungen ebenso in ein Arbeitslager geschickt wird wie später auch Waldemar Gejm. Maykl landet nach dem Krieg in der DDR, im sozialistischen Bruderstaat, wo sein phänomenales Gedächtnis ihm zunächst zu einer passablen Stellung in einem Archiv verhilft, bevor eben dieses Gedächtnis ihn wiederum in eine politische Zwangslage bringt. Hein hat durchaus ein Gespür für bittere Ironie: Es wimmelt in „Trutz“ nur so von Archivaren, die ihre eigene Vergangenheit vergessen haben. Und Maykls erste Ehefrau verlässt ihn mit den Worten, man könne nicht mit einem Mann leben, der nicht vergessen könne. Gerade im dritten Teil zieht Christoph Hein das Tempo nochmals deutlich an; da werden in einem Abschnitt ganze Jahrzehnte überbrückt; der Mauerfall ist ihm gerade einmal einen Halbsatz wert.
Das ist weder Desinteresse noch Nachlässigkeit, sondern so auffällig, dass es Konzept sein muss: Es sind nicht die Daten, die das Schicksal eines Menschen bestimmen. Entscheidend ist einzig und allein, wie die offizielle Geschichtsschreibung damit umgeht. Und inwieweit ein Individuum im Zweifelsfall bereit ist, sich selbst zu vergessen.
Der Erzähler arbeitet eigentlich
an einem Buch über
den Terror der Nachwendezeit
Seine Frau verlässt ihn, weil sie
nicht mit einem Mann
leben kann, der nichts vergisst
Ein historisches Ereignis für jeden Einzelnen: Menschen helfen einander nach dem Mauerfall 1989 in Berlin über die Grenze in den Westen.
Foto: Reuters
Christoph Hein: Trutz. Roman. Suhrkamp Verlag, Berlin 2017. 478 Seiten, 25 Euro. E-Book 21,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Christoph Heins "literarische Klarheit" wird in seinem neuen Roman "zur Rache an den ideologisch verdrehten Folterknechten" des Stalinismus, begeistert sich Rezensent Carsten Otte. Mehr Lob als Otte über diesem Autor und seinem Roman ausschüttet, ist wahrlich kaum vorstellbar. Klar und direkt, im Tonfall eines Chronisten, erzählt er vom Mnemotechniker Maykl Trutz, der nicht vergessen kann und dafür immer wieder bezahlen muss, lesen wir, dabei gelingt dem Autor ein breites historisches Panorama der europäischen Gewaltregime des 20. Jahrhunderts, der Lügen und Verbrechen, des Verschweigens und Schweigendmachens. Höchste Zeit, dass Hein endlich den lange verdienten Büchner-Preis oder Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhält, so der enthusiastische Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Dieser Roman sollte Pflichtlektüre in Schulen und so zu einer Flaschenpost der Aufklärung werden ... « Carsten Otte taz. die tageszeitung 20170628