Die deutsch-türkische Geschichte hat nicht erst mit der Anwerbung türkischer Gastarbeiter begonnen, und sie wird nicht mit der Mitgliedschaft der Türkei in der EU enden. Die gemeinsame Geschichte muss neu geschrieben werden, weil sie bis heute durch Klischees und Halbwahrheiten verzerrt und verfälscht wird. Von der "Waffenbrüderschaft" im Ersten Weltkrieg und was mit den Armeniern 1915 in Anatolien geschah bis zum ersten großen Streik türkischer Migranten in den Kölner Fordwerken 1973 und dem heutigen Deutschlandpessimismus vieler Türken, die deutsch-türkische Geschichte ist eine Geschichte voller Leerstellen mit ungewissem Ausgang. Das Buch erinnert an atheistische Türken, die mit kommunistischen Armeniern für Gleichheit, Brüderlichkeit und Freiheit kämpften und dafür von türkischen Gastarbeitern in Deutschland mit Lob überschüttet wurden. Es berichtet von deutschen Arbeitgebern, die ihren Arbeitern muslimische Gebetsräume bauten und sich über deren wachsende Frömmigkeit freuten, weil sie Angst hatten, dass sie nach links abdrifteten. Es erzählt davon, was die Türken von der Geschichte der Juden in Deutschland und von der Geschichte der Juden in der Türkei lernen können.Das Buch ist - auch im Hinblick auf die EU-Mitgliedschaft der Türkei - ein Plädoyer für die Wiederentdeckung des sozialkritischen aufgeklärten Diskurses, allerdings nicht in der Lesart von "Old Europe". Soziale, wirtschaftliche und politische Aspekte der deutsch-türkischen Beziehungen, meint Dilek Zaptcioglu, dürfen nicht ausschließlich in kulturalistischen und religiösen Begriffen diskutiert werden, sondern müssen im Austausch von politischen Standpunkten und Weltsichten stehen.Ein im besten Sinne aufklärerisches und politisches Buch angesichts der Diskussionen um den EU-Beitritt der Türkei.
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