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Kaum ein Land ist uns so nah und fern zugleich wie die Türkei. Grund genug für Klaus Reichert, den immer neugierigen Gelehrten und Autor, sich auf den Weg zu machen und dieses Land von innen zu erkunden - zunächst in Anatolien, dann in Istanbul und schließlich an der ägäischen Küste. Seine Aufzeichnungen berichten in eindrücklichen Bildern von einer aufregenden Reise zu den Wurzeln der abend- und morgenländischen Kultur und zugleich in die politische Gegenwart der Türkei in all ihrer Zerrissenheit zwischen Laizismus, Religiosität und Vielvölkerschaft. Klaus Reicherts türkische Tagebücher…mehr

Produktbeschreibung
Kaum ein Land ist uns so nah und fern zugleich wie die Türkei. Grund genug für Klaus Reichert, den immer neugierigen Gelehrten und Autor, sich auf den Weg zu machen und dieses Land von innen zu erkunden - zunächst in Anatolien, dann in Istanbul und schließlich an der ägäischen Küste. Seine Aufzeichnungen berichten in eindrücklichen Bildern von einer aufregenden Reise zu den Wurzeln der abend- und morgenländischen Kultur und zugleich in die politische Gegenwart der Türkei in all ihrer Zerrissenheit zwischen Laizismus, Religiosität und Vielvölkerschaft.
Klaus Reicherts türkische Tagebücher verweben die Fäden seiner Impressionen wie Kette und Schuss zu einem irritierend vielgestaltigen Kelim von faszinierender Farbigkeit.
Autorenporträt
Klaus Reichert, 1938 geboren, ist Literaturwissenschaftler, Autor, Übersetzer und Herausgeber. Von 1964 bis 1968 war er Lektor in den Verlagen Insel und Suhrkamp, von 1975 bis 2003 war er Professor für Anglistik und Amerikanistik an der Frankfurter Goethe-Universität, 1993 gründete er dort das »Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit«. Von 2002 bis 2011 war er Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Bei S. Fischer erschien zuletzt »Türkische Tagebücher. Reisen in ein unentdecktes Land« (2011) und »Wolkendienst. Figuren des Flüchtigen« (2016).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.10.2011

Wo Sesamkringel
Flagge zeigen
Entdeckungsreise: Klaus Reicherts
Tagebücher aus der Türkei
Eigentlich sollte die Blaue Moschee in Istanbul auf Anweisung Sultan Ahmets goldene Minarette erhalten. Der findige Architekt, um das Budget und sein Leben in Sorge, verwirklichte stattdessen sechs Türme für den Ruf der Muezzins zum Gebet. Auf die Frage des Sultans, ob er noch alle Çay-Gläser im Schrank habe, wich Mehmet Aga auf seine bis dato unentdeckte Schwerhörigkeit aus: Im Türkischen sind die Wörter für Gold (altin) und die Zahl sechs (alti) nah beieinander. Eine schöne Legende.
Eigentlich sollte die Türkei, diese vielbesungene Brücke zwischen Asien und Europa, auf Anweisung des Übervaters Atatürk ein laizistischer, am Westen orientierter und national vereinheitlichter Staat werden. Findet sich in dieser Aufstellung auch eine schöne Legende? Klaus Reichelt hat sich, fernab von Bosporus-Romantik und Antalya-Lümmelei, auf die Suche „in ein unentdecktes Land“ begeben, so der Untertitel seiner „Türkischen Tagebücher“. Im anatolischen Urfa, in Cunda an der Ägäis und in Istanbul stellt er sich eine Frage: „Auf welchem Boden stehen wir hier?“ Und: Was ist das, Türkischsein?
Die zwei Reisen Reicherts fanden 2008 im Rahmen eines Literaten-Austausches statt, die Türkei war Gastland der Frankfurter Buchmesse. Die entstandenen Aufzeichnungen verbinden eine klassische, selten gewordene Gelehrtheit (Reichert selbstironisch: „Obsolet gewordener Bildungstrieb, eigentlich“) mit offenen Augen für persönliche Schicksale und politische Brennpunkte. Durch Gegenden, in denen Judentum, Christentum und Islam heilige Stätten haben, durch Regionen, in denen griechische, arabische, oströmische und ein Dutzend mehr Traditionen zu finden sind, geht die Tour. Die Türkei sei ein Land, das „geradezu prädestiniert zu sein scheint, europäisch zu sein“.
Ist im Hinblick auf diese Historie ein starker Nationalismus nicht immer Farce, kann man überhaupt sagen, was es bedeutet, türkisch zu sein? „Es ist offenbar eine imaginäre Größe, ein Konstrukt, das von jedem, mit dem ich ins Gespräch kam, auch in Urfa, in Frage gestellt wird.“ Die vielen Flaggen, die in der Türkei auf jedem Hügel und manchmal sogar an den Wägelchen der Sesamkringel-Verkäufer wehen, muten wie ein eigensinniges „Gerade deswegen!“ an.
Klaus Reichert, emeritierter Professor für Anglistik, ehemaliger Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, ist dem Mythos der Geschichte(n) verfallen und bleibt doch kritisch, fragt nach der PKK, den Armeniern und der schleichenden Islamisierung. Als ihm sein Handy geklaut wird, hat das einen unverhältnismäßigen polizeilichen Ermittlungsaufwand zur Folge. Erst später kommt die Frage auf, ob tatsächlich der kleine Diebstahl dafür der Grund gewesen ist. Ein Reisender zwischen Sympathie und Skepsis: „Ich vertiefe mich in die Geheimnisse der Kalligraphie und des Taubenflugs und bin die ganze Zeit eine Fliege im Spinnennetz. Oder auch nicht.“
MATTHIAS WAHA
KLAUS REICHERT: Türkische Tagebücher. Reisen in ein unentdecktes Land. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011. 192 Seiten, 22,95 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Angetan zeigt sich Matthias Waha von Klaus Reicherts Tagebüchern aus der Türkei, die für ihn einer Entdeckungsreise gleichen, einer Reise jenseits von "Bosporus-Romantik und Antalya-Lümmelei". Die Aufzeichnungen des emeritierten Professor für Anglistik und amtierenden Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, verbinden seines Erachtens klassische Gelehrsamkeit mit dem Blick für persönliche Schicksale und politische Fragen. Gern folgt Waha dem Autor auf seiner Route zu christlichen, jüdischen und muslimischen heiligen Stätten, durch Gegenden, in denen griechische, oströmische, arabische und zahllose andere Traditionen zu finden sind. Dabei werfe Reichert auch im Gespräch mit Einheimischen immer wieder die Frage nach dem Türkischsein auf. Darüber kommt der Autor nach Auskunft des Rezensenten zu dem Schluss, dass die Türkei ein Land ist, das "geradezu prädestiniert zu sein scheint, europäisch zu sein".

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