Im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren Bilder noch etwas Besonderes. Sie waren keine fotografischen Schnappschüsse, sondern bewusste Kompositionen aus handwerklichem Können, gesellschaftlichen Konventionen und den Wünschen der Auftraggeber. Besonders brisant wurden Bildzeugnisse, wenn darauf Turniere und Lanzenspiele abgebildet waren. Denn diese Kampfspiele waren durch ihre Veranstalter streng reglementiert. Während an den oberdeutschen Kolbenturnieren nur Adelige teilnehmen durften, veranstalteten die bürgerlichen Eliten weniger Reichsstädte eigene Lanzenspiele. In raumdominierenden Wandmalereien, farbenfrohen Fenstern, teuren Bildteppichen und auf manch anderem Bildträger wurden die Ereignisse verewigt. Doch auch mancher eidgenössische Ratsherr und einige nichtadelige Burgenbesitzer in Tirol schmückten ihre Säle und Stuben mit Bildern von Reiterspielen, obwohl sie nie an einem solchen teilgenommen hatten. Die genaue Analyse der Motive und der Abgleich mit den sozialen Hintergründen und Biografien der Auftraggeber offenbart, dass es in den Bildern um viel mehr ging, als um die Darstellung eines historischen Festes. Wappen und Helmzierden, fehlende Verlierer und unterschiedliche Kampfesweisen auf den Bildern zeugen von sensiblen Strategien, den eigenen Platz in der Gesellschaft bestmöglich zu visualisieren. In reliefverzierten Ofenkacheln und kleinen Reiterfiguren drang das Ideal des geharnischten Reiters im Gestech sogar bis in die Wohnstuben der Bürger und in die Köpfe der Kinder vor.