Nach seinem erfolgreichen Buch Typisch englisch. Wie die Briten wurden, was sie sind erklärt Hans-Dieter Gelfert nun die nationalen Eigentümlichkeiten der Amerikaner aus den Besonderheiten ihrer Bewußtseinsgeschichte heraus, um so ihr individuelles Verhalten und ihr kollektives Handeln für deutsche Leser verständlich zu machen.
Das Buch betrachtet Schlüsselbegriffe der spezifisch amerikanischen Mythologie, untersucht Hauptmotive der amerikanischen Populärkultur und diskutiert Paradoxien, die das nationale Denken und Fühlen der Amerikaner charakterisieren. Gelferts lebendiges Buch über amerikanische Mythen und Obsessionen lädt ein zur (Wieder-)Entdeckung Amerikas.
Das Buch betrachtet Schlüsselbegriffe der spezifisch amerikanischen Mythologie, untersucht Hauptmotive der amerikanischen Populärkultur und diskutiert Paradoxien, die das nationale Denken und Fühlen der Amerikaner charakterisieren. Gelferts lebendiges Buch über amerikanische Mythen und Obsessionen lädt ein zur (Wieder-)Entdeckung Amerikas.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensentin Susanne Ostwald hat sich gleich zwei Bücher, denn beide setzen sich - auf ihre Weise - mit demselben Thema auseinander: Michael Moore, Autor und Filmemacher, hat ebenso wie der frühere Anglistikprofessor Hans-Dieter Gelfert, ein Buch über Amerika, die Amerikaner und die Stereotypen geschrieben. Während Moore, wie Ostwald schlüssig darlegt, jedoch lediglich den Leser bedient, der seine Negativ-Klischees des typisch Amerikanischen bestätigt sehen will, die er, nebenbei bemerkt, durch seinen zeitgleich zum Erscheinen des Buches in den Kinos anlaufenden Film zu festigen sucht, erweise sich Gelfert als "treffsicherer Analytiker des amerikanischen Grundgewebes". Was bei ersterem ein "strukturloser Flickenteppich" aus Allgemeinplätzen, ein "Rundumschlag", oder, wie der Titel schon richtig anzeigt, eine Abrechnung ist, gerate bei letzterem durch dessen großen Kenntnisreichtum zu einem differenzierten Amerikabild ohne Verallgemeinerungstendezen, analysiert Ostwald. Sie empfiehlt eine Lektüre beider Bücher, um den Facettenreichtum der Thematik zu erfassen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2002Die Fettesten und Fittesten
Hans-Dieter Gelfert erklärt die Paradoxien des Amerikaners
Ob wir die Amerikaner jemals verstehen werden? Warum enden ihre Politikerreden fast immer mit „God bless you all”, während gleichzeitig penibel auf die Trennung von Kirche und Staat geachtet wird? Warum bringt eine Nation, die eigentlich nichts für intellektuelle Eierköpfe übrig hat, die besten Universitäten und die meisten Nobelpreisträger hervor? Warum leben hier sowohl die fettesten als auch die fittesten Menschen? Warum haben die USA die strengsten Abgasnormen und verwöhnen gleichzeitig Autofahrer mit billigem Benzin? Warum haben Amis kein Problem damit, patriotische oder religiöse Gefühle zur Schau zu stellen, aber damit, ihre Unterwäsche im eigenen Garten aufzuhängen? Warum hat sich ausgerechnet das langweilige Baseball als Nationalsport durchgesetzt?
Der Anglist Hans-Dieter Gelfert reiht sich ein in die Riege der Autoren, die das Rätsel Amerika zu knacken versuchen. Also buddelt er los und stößt – wen wundert’s? – auf Wurzeln wie Puritanismus, Aufklärung, Aristoteles, Unabhängigkeitskrieg. Aber auch auf – wer hätte das gedacht? – Henrik Ibsen, Immanuel Kant, den Parkplatz, die Badewanne. Er erklärt, wie Amerikaner zugleich Hedonisten und Asketen sein können, und warum man nur dort für einen verschütteten Kaffee Schmerzensgeld in Millionenhöhe erhält. Und er macht plausibel, warum bei uns das System der Vier-Stop-Straßen-Kreuzung nicht funktionieren würde.
Dankbarerweise trennt er säuberlich zwischen (deutschen) Vorurteilen und Tatsachen. Wegen der teuren Unis können nur die Kinder betuchter Eltern studieren? Wohl kein anderes Land hat ein so ausgebautes Stipendienwesen für sozial Schwache. Die strenge Strafjustiz ist archaisch! Die Amerikaner bestehen einerseits pedantisch auf ihre Rechte, erwarten aber auch, dass Rechtsbrecher Verantwortung für ihr Tun übernehmen.
Manchmal buddelt Gelfert an der falschen Stellen, etwa wenn er in seinem Kapitel über den amerikanischen Humor erst mal ausführlich den deutschen mit dem britischen Humor vergleicht. Manchmal geht der Literaturwissenschaftler und Anglist mit ihm durch, und sein Soziogramm gerät arg theorielastig. Die ständigen Verweise im Buch stören den Lesefluss. So manches Beispiel ist veraltet, etwa die Tabelle über Sex im amerikanischen Strafrecht aus dem Jahr 1993, und auch der amerikanische Humor hat sich seit Mark Twain und Mickey Mouse weiterentwickelt. Die Las Vegas- und Disneyland- Fotos aus den 60er Jahren haben etwas Rührendes, taugen aber nicht als Beispiele für moderne amerikanische Massenkultur.
Doch trotz der Patina auf manchen Kapiteln – Gelferts Beobachtungen stimmen. Und wenn auch nicht jedes amerikanische Paradox abschließend geklärt werden kann, sollten wir doch den Amis für ihre Eigentümlichkeiten dankbar sein. Liefern sie doch immer wieder Stoff für eine deutsche Eigentümlichkeit: sich über andere zu entrüsten und sich stets im Recht zu wähnen.
VIOLA
SCHENZ
HANS-DIETER GELFERT: Typisch amerikanisch. Wie die Amerikaner wurden, was sie sind. C. H. Beck Verlag, München 2002. 193 Seiten, 9,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Hans-Dieter Gelfert erklärt die Paradoxien des Amerikaners
Ob wir die Amerikaner jemals verstehen werden? Warum enden ihre Politikerreden fast immer mit „God bless you all”, während gleichzeitig penibel auf die Trennung von Kirche und Staat geachtet wird? Warum bringt eine Nation, die eigentlich nichts für intellektuelle Eierköpfe übrig hat, die besten Universitäten und die meisten Nobelpreisträger hervor? Warum leben hier sowohl die fettesten als auch die fittesten Menschen? Warum haben die USA die strengsten Abgasnormen und verwöhnen gleichzeitig Autofahrer mit billigem Benzin? Warum haben Amis kein Problem damit, patriotische oder religiöse Gefühle zur Schau zu stellen, aber damit, ihre Unterwäsche im eigenen Garten aufzuhängen? Warum hat sich ausgerechnet das langweilige Baseball als Nationalsport durchgesetzt?
Der Anglist Hans-Dieter Gelfert reiht sich ein in die Riege der Autoren, die das Rätsel Amerika zu knacken versuchen. Also buddelt er los und stößt – wen wundert’s? – auf Wurzeln wie Puritanismus, Aufklärung, Aristoteles, Unabhängigkeitskrieg. Aber auch auf – wer hätte das gedacht? – Henrik Ibsen, Immanuel Kant, den Parkplatz, die Badewanne. Er erklärt, wie Amerikaner zugleich Hedonisten und Asketen sein können, und warum man nur dort für einen verschütteten Kaffee Schmerzensgeld in Millionenhöhe erhält. Und er macht plausibel, warum bei uns das System der Vier-Stop-Straßen-Kreuzung nicht funktionieren würde.
Dankbarerweise trennt er säuberlich zwischen (deutschen) Vorurteilen und Tatsachen. Wegen der teuren Unis können nur die Kinder betuchter Eltern studieren? Wohl kein anderes Land hat ein so ausgebautes Stipendienwesen für sozial Schwache. Die strenge Strafjustiz ist archaisch! Die Amerikaner bestehen einerseits pedantisch auf ihre Rechte, erwarten aber auch, dass Rechtsbrecher Verantwortung für ihr Tun übernehmen.
Manchmal buddelt Gelfert an der falschen Stellen, etwa wenn er in seinem Kapitel über den amerikanischen Humor erst mal ausführlich den deutschen mit dem britischen Humor vergleicht. Manchmal geht der Literaturwissenschaftler und Anglist mit ihm durch, und sein Soziogramm gerät arg theorielastig. Die ständigen Verweise im Buch stören den Lesefluss. So manches Beispiel ist veraltet, etwa die Tabelle über Sex im amerikanischen Strafrecht aus dem Jahr 1993, und auch der amerikanische Humor hat sich seit Mark Twain und Mickey Mouse weiterentwickelt. Die Las Vegas- und Disneyland- Fotos aus den 60er Jahren haben etwas Rührendes, taugen aber nicht als Beispiele für moderne amerikanische Massenkultur.
Doch trotz der Patina auf manchen Kapiteln – Gelferts Beobachtungen stimmen. Und wenn auch nicht jedes amerikanische Paradox abschließend geklärt werden kann, sollten wir doch den Amis für ihre Eigentümlichkeiten dankbar sein. Liefern sie doch immer wieder Stoff für eine deutsche Eigentümlichkeit: sich über andere zu entrüsten und sich stets im Recht zu wähnen.
VIOLA
SCHENZ
HANS-DIETER GELFERT: Typisch amerikanisch. Wie die Amerikaner wurden, was sie sind. C. H. Beck Verlag, München 2002. 193 Seiten, 9,90 Euro.
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