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Die im Völkermord an den Juden Europas gipfelnde antisemitische Politik der Nationalsozialisten fiel auf einen fruchtbaren Boden: Seit dem Untergang des Kaiserreichs 1918 hatte sich in Deutschland die antisemitische Bewegung verstärkt und war dabei in breiten Schichten der Bevölkerung unter Einschluß der christlichen Kirchen auf weitgehende Akzeptanz gestoßen. Die Darstellung von Gerhard Lindemann zeigt, wie eine große protestantische Kirche, die weite Teile Niedersachsens umfassende Hannoversche Landeskirche, seit 1918 auf die antisemitischen Tendenzen reagierte und ihnen häufig auch…mehr

Produktbeschreibung
Die im Völkermord an den Juden Europas gipfelnde antisemitische Politik der Nationalsozialisten fiel auf einen fruchtbaren Boden: Seit dem Untergang des Kaiserreichs 1918 hatte sich in Deutschland die antisemitische Bewegung verstärkt und war dabei in breiten Schichten der Bevölkerung unter Einschluß der christlichen Kirchen auf weitgehende Akzeptanz gestoßen. Die Darstellung von Gerhard Lindemann zeigt, wie eine große protestantische Kirche, die weite Teile Niedersachsens umfassende Hannoversche Landeskirche, seit 1918 auf die antisemitischen Tendenzen reagierte und ihnen häufig auch unterstützend entgegenkam.

Für die Zeit der Weimarer Republik werden das ambivalente kirchliche Verhältnis zur ersten deutschen Demokratie und zur völkischen Bewegung bzw. NSDAP aufgezeigt, wobei ein besonderes Augenmerk auf den »Fall« des Borkumer Pfarrers Münchmeyer gerichtet wird, dessen militanter, für die »Judenfreiheit« der Nordseeinsel eintretender Antisemitismus auf keinerlei Kritik von seiten der hannoverschen Kirchenspitze stieß. Hingegen gelang es der Landeskirche noch, Bereiche wie das Alte Testament oder die Möglichkeit für getaufte Juden, ein Pfarramt zu übernehmen, gegen völkische Vorstöße zu verteidigen. Im NS-Staat wankten auch diese Säulen kirchlicher Identität. Neben einer Beleuchtung kirchlicher Reaktionen auf die NS-Judenverfolgung beschäftigt sich Lindemann in einem breiten Abschnitt mit der allmählichen Entfernung der Pastoren jüdischer Herkunft aus ihren Pfarrstellen und der in dem Verbot, sich an Gottesdiensten zu beteiligen, gipfelnden Ausgrenzung aller Christinnen und Christen jüdischer Herkunft aus der Landeskirche. Ein Blick auf die ersten Nachkriegsjahre macht deutlich, daß auch nach dem Ende des NS-Staates der Antisemitismus weiterlebte und kirchliches Handeln in einem nicht geringen Maße beeinflußte.
Rezensionen
»Für die Geschichte des 'christlichen' Antisemitismus im deutschen Protestantismus der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts hat Lindemann eine Pionierstudie vorgelegt. Ihre Erkenntnisse beruhen wesentlich darauf, daß die Blickrichtung der Opfer des Rassenwahns - und nicht die Rechtfertigungsinteressen der Kirchenleitung - im Zentrum stehen.«
Joachim Perels, in: Frankfurter Rundschau, 12.04.1999

»Mit größter, nie nachlassender Akribie ordnet Lindemann die niedersächsischen Befunde in die dem Autor genau bekannte deutsche Gesamt- und Alltagsgeschichte der NS-Zeit ein und gewinnt von daher oft Beleuchtung und Bedeutsamkeit der Einzelüberlieferung. Das quellennahe, in jeder Hinsicht solide gearbeitete Riesenwerk ist geradezu spannend zu lesen. Die schier unzähligen Anmerkungen - entgegen der heutigen Mode erfreulicherweise auf der jeweiligen Seite belassen - sind voll gespickt von weiterführenden Anregungen, z. B. zur Pastorengeschichte. Es ist erstaunlich, wie intensiv hier ein Forscher, der Massenwahn und Massenleid des Großdeutschen Reiches nicht mehr persönlich erlebt hat, sich in jene, bis heute unaufhörlich nachwirkende Epoche eingefühlt hat. [...] Die deutsche Wissenschaft darf von dem jungen Theologen, wenn er nur durchhält und weiter so gut gefördert wird, weitere profunde, vielleicht nicht ganz so umfangreiche Beiträge zur Kirchengeschichte der Neuzeit erwarten.«
Prof. Dr. Dr. Nicolaus C. Heutger, in: Kirchliche Zeitgeschichte, 1/2000