Karl Lamprecht (1856-1915) ist als umstrittener Anreger der Kulturgeschichtsschreibung, als Mitbegründer der Landesgeschichtsschreibung, als Wissenschaftspolitiker und schließlich als Auslöser eines Methodenstreits am Ende des 19. Jahrhunderts über die Grenzen der Fachhistorie hinaus bekannt. Der Briefwechsel, den er mit dem Greifswalder Mediävisten Ernst Bernheim (1850-1942) und dem belgischen Historiker Henri Pirenne (1862-1935) geführt hat, ist für die Erforschung der Geschichte der Historiographie von außerordentlicher Bedeutung. Von seltener Geschlossenheit geben die beiden Briefwechsel einen dichten Überblick über wissenschaftsgeschichtliche, geschichtsphilosophische und disziplinengeschichtliche Motive für die Vertiefung der Gegensätze zwischen Kultur- und politischer Geschichtsschreibung zur Jahrhundertwende. Manche Wertungen erfahren durch dieses Textcorpus eine Korrektur, zahlreiche Deutungen und Interpretationen erhalten eine Vertiefung.