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"Man wird mir vielleicht auch vorwerfen, dass es mir an Respekt gegenüber einem Verstorbenen fehlt. Wie Jules Vallès einst sagte: 'Der Tod ist keine Entschuldigung.'"1891: Bloy ist entsetzt über seinen Freund Huysmans. Nicht etwa, weil dieser letztendlich den zweifelhaften Verlockungen des Katholizismus erlegen ist. Er selbst ist ein sozialkritischer und streitbarer Vertreter des Christentums. Nein, Huysmans jüngster Roman Tief unten ist für ihn die in ihrer Bedeutungslosigkeit ungeheuerlichste Rhapsodie seiner Zeit. "Dieses Werk ist ein unerhörtes Durcheinander, das reinste Wirrwarr, ohne…mehr

Produktbeschreibung
"Man wird mir vielleicht auch vorwerfen, dass es mir an Respekt gegenüber einem Verstorbenen fehlt. Wie Jules Vallès einst sagte: 'Der Tod ist keine Entschuldigung.'"1891: Bloy ist entsetzt über seinen Freund Huysmans. Nicht etwa, weil dieser letztendlich den zweifelhaften Verlockungen des Katholizismus erlegen ist. Er selbst ist ein sozialkritischer und streitbarer Vertreter des Christentums. Nein, Huysmans jüngster Roman Tief unten ist für ihn die in ihrer Bedeutungslosigkeit ungeheuerlichste Rhapsodie seiner Zeit. "Dieses Werk ist ein unerhörtes Durcheinander, das reinste Wirrwarr, ohne irgendeine Struktur, eine katastrophale Ansammlung von Dokumenten..." Wie kommt es zu dieser wütenden Kritik? Raoul Vaneigem beleuchtet in seinem Vorwort die Hinter- und Untergründe: "Diesseits der Sprache".
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Autorenporträt
Léon Bloy (1846 - 1917), Romancier und insbesondere ein präziser und scho¬nungsloser Tagebuchverfasser, dessen polemische Kraft bis auf den heuti¬gen Tag nichts von ihrer Wirkungsmacht eingebüßt hat.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.04.2009

Magier des Nichts

Léon Bloys Freundschaften währten nie lange. Meistens ging es ums Geld, das Bloy bekanntlich nie hatte. Zwischen Bloy und Huysmans, der hierzulande vor allem durch das Dekadenz-Manifest "À rebours" bekannt ist, ging es allerdings noch um einiges mehr. Bloy brachte Huysmans zum katholischen Glauben. Huysmans wollte davon später allerdings nichts mehr wissen. Bloy bedankte sich mit vier geharnischten Rezensionen zu Huysmans' Romanen "En Rade" und "Là-Bas", die er 1912 in einem Buch zusammenfasste: "Sur la tombe de Huysmans". Jetzt liegt es erstmals in einer guten deutschen Übersetzung vor. Man kann dort vor allem Bloys brillante Analyse dessen nachlesen, was er als Huysmans' literarische Uneigentlichkeit markiert. "Inkarnation des Adverbs" - so nennt Bloy die Logik der schnell aufschäumenden und ebenso schnell wieder in sich zusammenfallenden Sprache Huysmans', die von saftigen Exotismen, gespreizten Gesuchtheiten und mystischen Vokabeln gesättigt ist. Das Adverb ist der marginalste Bewohner dieser Sprachwelt, aber, so zeigt Bloy, zugleich auch ihr mächtigster. Eine Literatur, die sich diesem Winzling verschreibt und sich in konzentrischen Kreisen um ihn ausbreitet, kann das Leben, die Liebe und den Tod nicht erfassen, auch wenn sie noch so inbrünstig, wie Huysmans es tat, den derben Realismus des Mittelalters anbetet. Bloy sah in dem einstigen Freund einen Magier des puren Nichts, einen Gefangenen des schillernden Prunks der eigenen Rüstung, einen Sträfling der Nebensächlichkeiten. Basta! Das alles ist sehr amüsant zu lesen, und außerdem ist es auch nicht ganz falsch. Noch ein Wort zum Publikationsort. Bloy bei Merve - das bedeutet zwangsläufig: Dekontextualisierung. So wagen sich die zwei nicht mehr ganz taufrischen Kommentare von Raoul Vaneigem, einer Parolenmaschine der Achtundsechziger, an eine situationistische Vereinnahmung Bloys. Dagegen ist nichts einzuwenden. Allerdings weiß man nach der Lektüre auch: Nicht jede Geste sprachlichen Aufbegehrens taugt als Pflasterstein für die Kommunikationsguerrilla. (Léon Bloy: "Über das Grab von Huysmans". Mit zwei Kommentaren von Raoul Vaneigem. Aus dem Französischen von Ronald Voullié. Merve Verlag, Berlin 2009. 80 S., br., 8,- [Euro].) alp

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