Als Navid Kermani im Sommer 2010 kurz vor Abschluss seines monumentalen Romans "Dein Name" stand, übernahm er die berühmte Frankfurter Poetikdozentur. In fünf Vorlesungen nahm er ein großes und gebannt lauschendes Publikum mit auf eine ganz persönliche Reise durch die Geschichte der Literatur in Deutschland und gleichzeitig durch die Arbeit eines ebenso sprachsensiblen wie theoriebewussten Autors. Kermani beschreibt die Grundlagen nicht nur seines eigenen Schreibens, sondern des künstlerischen Akts als solchen, der zugleich Setzung und Auslöschung des Ichs ist. Dabei geht er zurück auf die…mehr
Als Navid Kermani im Sommer 2010 kurz vor Abschluss seines monumentalen Romans "Dein Name" stand, übernahm er die berühmte Frankfurter Poetikdozentur. In fünf Vorlesungen nahm er ein großes und gebannt lauschendes Publikum mit auf eine ganz persönliche Reise durch die Geschichte der Literatur in Deutschland und gleichzeitig durch die Arbeit eines ebenso sprachsensiblen wie theoriebewussten Autors. Kermani beschreibt die Grundlagen nicht nur seines eigenen Schreibens, sondern des künstlerischen Akts als solchen, der zugleich Setzung und Auslöschung des Ichs ist. Dabei geht er zurück auf die großen mystischen Traditionen der Weltreligionen und entwickelt eine furiose Interpretation zweier deutscher Klassiker, die zu etwas ganz anderem werden: zu aufregenden Zeitgenossen.
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Autorenporträt
Navid Kermani, geboren 1967 in Siegen, lebt als freier Schriftsteller in Köln. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Kleist-Preis, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, dem Hölderlin-Preis und zuletzt 2024 mit dem Thomas Mann-Preis. Bei Hanser erschienen Dein Name (Roman, 2011), Über den Zufall (Edition Akzente, 2012), Große Liebe (Roman, 2014), Album (Das Buch der von Neil Young Getöteten / Vierzig Leben / Du sollst / Kurzmitteilung, 2014), Sozusagen Paris (Roman, 2016) und Das Alphabet bis S (Roman, 2023). Ayda, Bär und Hase (2017) war sein erstes Buch im Kinder- und Jugendbuchprogramm des Hanser Verlags. 2022 folgte Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen und 2025 Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest mit Illustrationen von Mehrdad Zaeri.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Hannelore Schlaffer findet es eigentlich unangemessen, Autoren auch noch jene Aufgaben zuzuschanzen, die früher Literaturkritiker und -wissenschaftler ausfüllen sollten: das theoretische Reflektieren auf die spezifische Poetik eines Autors oder Werks. Kermani schafft in seiner Frankfurter Poetikvorlesungaber den Balanceakt, sich nicht an das theoretische Ergründen seines eigenen Schaffens zu verlieren, er bleibt Autor, er bleibt Künstler, verspricht Schlaffer. In seinen Vorlesungen, die unter dem Titel "Über den Zufall" erschienen sind, stellt er sich in die Tradition von Hölderlin und Jean Paul. Den zentralen Kern eines Romans sieht Kermani in seiner Welthaltigkeit, berichtet die Rezensentin. Die Gemeinsamkeiten von Hölderlin und Jean Paul sieht er in der Art, wie sie sich an die Wirklichkeit annähern, der Wirklichkeit "in ihrer Unordnung, der Gleichzeitigkeit und Gleichgültigkeit der Wahrnehmung", zitiert ihn Schlaffer. Auch Jean Paul dachte als Autor über Autor-sein nach - und mit Phrasen wie "ich reflektiere auf das Reflektieren auf die Reflexion einer Reflexion über eine Bürste" - selbstironisch wiederum über sein Nachdenken über sein Autor-sein, weiß Hannelore Schlaffer.