Für seine Kritiken ist der Rundfunk-Solitär Friedrich Luft berühmt, seine Feuilletons warten noch auf die Wiederlektüre: Wir wollen die Schätze aus den Archiven heben.
Die Trümmerlandschaft im Berlin der Nachkriegszeit - das war die Umwelt, in der Friedrich Luft unmittelbar nach Kriegsende, zur »Stunde Null«, mit seinem publizistischen Wirken auf allen Kanälen begann, in Tageszeitungen und Rundfunk zugleich. Die empathische Haltung und der ungekünstelte Stil, an die sich Berliner Radiohörer bis heute erinnern, bestimmen gleichfalls die Feuilletonartikel, die Luft zwischen Zweitem Weltkrieg und Wende für etliche Berliner Blätter verfasst hat.
Mit seiner Aufmerksamkeit bedenkt der nimmermüde Journalist die Gewohnheiten und Alltagserscheinungen in einer Stadt nach der Katastrophe, im Wiederaufbau und während der Teilung. Sichtbar wird das Leben in einer Stadt im steten Wandel. Ob der plötzliche Wechsel der Firmenfarbe der Post, das Schlangestehen der Käufer und Konsumenten in jeder Lage oder auch das Ansehen der Ruine der Gedächtniskirche im Staub der Schuttberge: In jedem beobachteten Detail wird ein ganzes zeitgeschichtliches Panorama erfahrbar.
Über die Berliner Luft versammelt die eindrücklichsten, erst noch zu entdeckenden Feuilleton-Texte von Friedrich Luft, der über die Grenzen seiner Stadt hinaus bis heute für eine Art des Journalismus und der Kritik steht, die in der heutigen Medienlandschaft keine Nachfolger hat.
Die Trümmerlandschaft im Berlin der Nachkriegszeit - das war die Umwelt, in der Friedrich Luft unmittelbar nach Kriegsende, zur »Stunde Null«, mit seinem publizistischen Wirken auf allen Kanälen begann, in Tageszeitungen und Rundfunk zugleich. Die empathische Haltung und der ungekünstelte Stil, an die sich Berliner Radiohörer bis heute erinnern, bestimmen gleichfalls die Feuilletonartikel, die Luft zwischen Zweitem Weltkrieg und Wende für etliche Berliner Blätter verfasst hat.
Mit seiner Aufmerksamkeit bedenkt der nimmermüde Journalist die Gewohnheiten und Alltagserscheinungen in einer Stadt nach der Katastrophe, im Wiederaufbau und während der Teilung. Sichtbar wird das Leben in einer Stadt im steten Wandel. Ob der plötzliche Wechsel der Firmenfarbe der Post, das Schlangestehen der Käufer und Konsumenten in jeder Lage oder auch das Ansehen der Ruine der Gedächtniskirche im Staub der Schuttberge: In jedem beobachteten Detail wird ein ganzes zeitgeschichtliches Panorama erfahrbar.
Über die Berliner Luft versammelt die eindrücklichsten, erst noch zu entdeckenden Feuilleton-Texte von Friedrich Luft, der über die Grenzen seiner Stadt hinaus bis heute für eine Art des Journalismus und der Kritik steht, die in der heutigen Medienlandschaft keine Nachfolger hat.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2018Der Berliner Luft
Stimme der Kritik und sanfter Frontstadt-Flaneur:
Friedrich Luft in seinen Feuilletons, Glossen, Berichten
VON JENS BISKY
Ost-Berliner Theaterfreunde hatten, als die Mauer noch stand, ein Sonntagsritual, von dem sie ungern abwichen, weil sie Bescheid wissen wollten, was in den Kinos und Theatern der gesamten Stadt lief. Erst hörten sie „Atelier und Bühne“ des Berliner Rundfunks, wechselten dann rasch zum Sender Freies Berlin, zur „Galerie des Theaters“, und schalteten dann erwartungsvoll zum RIAS, zur „Stimme der Kritik“. Da sprach ein Mann, der sich auskannte, ohne Pausen und Getue, in hohem Tempo, fünfzehn Minuten lang ausplauderte, was er zu sagen hatte, und sich an jedem Sonntag mit der Formel „gleiche Stelle, gleiche Welle“ verabschiedete. Dann ertönten Freiheitsglocke und Freiheitsschwur. Der Theaterkritiker Friedrich Luft gehörte zu West-Berlin wie Gedächtniskirche, Abendschau, Currywurst.
Im Februar 1946 hatte er sich seinen Hörern vorgestellt: „Luft ist mein Name. Friedrich Luft. Ich bin 1,86 groß, dunkelblond, wiege 122 Pfund, habe Deutsch, Englisch, Geschichte und Kunst studiert, bin geboren im Jahre 1911, bin theaterbesessen und kinofreudig und beziehe die Lebensmittel der Stufe II. Zu allem trage ich neben dem letzten Anzug, den ich aus dem Krieg gerettet habe, eine Hornbrille auf der Nase. Wozu bin ich da? – Ich soll mich für Sie plagen.“
Und indem er sich plagte, unterhielt er seine Hörer: aufgeschlossen für Neues, aber genervt von Posen und Forciertheiten, lieber spottend als aggressiv, nicht belehrend. Er erzählte, was er gesehen und erlebt hatte, war als Person immer kenntlich. Die Stimme der Kritik meldete sich Woche für Woche, bis Ende Oktober 1990. Am ersten Weihnachtsabend der wieder vereinten Stadt starb Friedrich Luft.
Sein Nachlass kam ins Archiv der Akademie der Künste, fast neun laufende Meter. Dort hat aus den Hunderten Zeitungstexten, Berichten, Glossen, Feuilletons, der Döblin-Biograf Wilfried F. Schöller einige herausgesucht. Luft war ab 1936 immer auch Zeitungsmann, erst freier Autor etwa für das vormals liberale Flaggschiff der Hauptstadtpresse, das Berliner Tageblatt, dann, gleich nach dem Krieg, von den Amerikanern als Kritiker und Feuilletonchef für ihre „Neuen Zeitung“ gewonnen, die bis 1955 erschien. Er schrieb für viele, für die Welt ebenso wie für die Berliner Morgenpost oder das AOK-Gesundheitsblatt, auch für den Monat und die SZ. Sein erster Feuilleton-Band – „Luftballons“ – erschien 1939. Da ging es um die Eisenbahn als poetischen Ort oder einen Mann beim Kofferpacken. Als Autor und Regisseur für Lehrfilme überstand er den Krieg in der Heeresbildstelle.
Am 10. Mai 1946 druckte die Neue Zeitung Lufts Rückblick: „Berlin vor einem Jahr“, eine Erinnerung an das Inferno der letzten Kriegstage. „Die Welt war der eigene Keller, falls der noch hielt. Ohne Licht war diese Welt oder doch nur erleuchtet von den Resten einiger Kerzen. Das Wasser war versiegt. (…) Lugte man hinaus, sah man einen hilflosen deutschen Tank sich durch die Glut der Häuserzeilen schieben, halten, schießen, beidrehen.“
Aus kleinen Szenen entfaltete der Feuilletonist ein Panorama des Irrsinns. Die großen Worte, die Parolen waren ihm zuwider. Der „größte Feldherr aller Zeiten“ beherrschte höchstens noch ein paar Straßen in der Mitte, sah nicht weiter als vom Bunker der Reichskanzlei bis in den Tiergarten. Dass er sein „kindisches Autodafé“ vorbereitete, wussten die Städtebewohner nicht. Es gab Gerüchte, keine Zeitungen. Die eine, die noch erschien, der „Panzerbär“, versicherte, dass sich in Berlin das Schicksal wenden würde. Ein Generalmajor halte tapfer eine U-Bahn-Station. Friedrich Luft erinnerte auch das und erzählte knapp, mit dem Pathos der Sachlichkeit, vom Mann, der aus dem Gefängnis entkommen war und zusammenbrach. Am Tag zuvor hatten Trümmer seine Frau zerquetscht. Er berichtete vom Blockwart, der sich aus dem Fenster stürzte, von den Häschern der SS, die bis zuletzt jene jagte und mordeten, die nicht weiterkämpfen wollten. Mit Angst endete der Rückblick: „Sie ,kämmten noch durch’, nach dem Gesetz, nach dem sie angetreten. Wir pressten uns neben die Tür.“
Das waren die Erfahrungen, aus denen heraus Friedrich Luft schrieb, die speisten, was er für eine Eigenschaft der Berliner Luft hielt: „trockene Unbedingtheit und kräftige Skepsis“. Manche seiner Texte sind von provozierender Harmlosigkeit, richten sich im Beiläufigen, im Betulichen ein. Es ist ein Verdienst dieser Auswahl, dass sie schlagartig klar macht, warum dies so sein musste und warum es gut war. Seit den Krisenjahren um 1930 – Luft war einundzwanzig, als der Reichstag brannte – hatte die Stadt das Harmlose, samt Vertrauen, Zugewandtheit und Offenheit verloren. Es wieder und wieder zu entdecken, gegen Fanatismus und Schlagwortseligkeit zu verteidigen, war eine zivilisatorische Aufgabe. Er hätte das kaum so hochtönend formuliert, er wählte das Pseudonym „Urbanus“ und sagte damit, worauf es ankam. Seine Urbanität hatte nichts mit jener Gleichgültigkeit zu tun, die gern mit Liberalität verwechselt wird.
Einer seiner Bekannten war ein alter Berliner, aus der Emigration zurückgekehrt. Der ging allabendlich und schaute nach den Fortschritten des Aufbaus: „Trifft man ihn, sagt er besorgt: ,Schön – der Hochbau am Innsbrucker ist ja nun fertig. Aber wissen Sie, am Südwestkorso draußen – verfolgen Sie das? - da geht’s doch reichlich langsam.’ Und dann zieht er die Stirne in Falten, als wär’s ein Stück von ihm. Als sei es seine Verantwortung mit.“ In den letzten Tagen der Blockade flog Friedrich Luft auf Einladung des State Departement mit Kollegen für zwei Monate in die USA. Er prüfte dort wie daheim seine Begriffe, war begeistert, als ein junger Mann ihm sagte, es sei gut gewesen, mit Roosevelt zu leben, „mit“, nicht „unter“. Er fand keinen Anlass, „die alte europäische Augenbraue zu heben“. Er traf das alte, das vertriebene Berlin: Kurt Weill am Broadway, den Theaterkritiker Kurt Pinthus, den Romancier Wilhelm Speyer. Was die Amerika-Begeisterung bedeutete, mit wie viel Lust am demokratischen Aufbruch sie verbunden war, lässt sich in seinen Reiseberichten nachlesen.
Viele Glossen, Heiteres enthält der Band. Ein Kabinettstück ist der „Nachruf auf einen perfekten Zuschauer“, auf einen „Premierentiger“, der Wilhelm Richter hieß und nie hervortrat. Die Neugier auf die Unbekannten, Namenlosen nimmt besonders für diesen Feuilletonisten ein, der sich Herablassung verkniffen hat. Er war kein „kalter Krieger“ und kannte auch die Ost-Berliner Bühnen genau. Da er die Perspektive der „kleinen Leute“ einnahm, sich das tägliche Erleben nicht wegerklären ließ, fand er jedoch deutliche Worte.
„Hier geht Kafka“ hieß 1980 sein Bericht über den „Grenzübergang Friedrichstraße“ – ein eindrucksvolles Dokument aus dem Alltag der Teilung, genau beobachtet, schnörkellos aufgeschrieben: „Sozialismus bedeutet Anstehen.“ Aber er wollte keine Deklamationen, keine bestallten Redner, Gedenktage, keinen „peinlichen Lärm“, besser Schweigen und Wachsamkeit – und viele Stimmen der Kritik.
Friedrich Luft: Über die Berliner Luft. Feuilletons. Versammelt und mit einem Nachwort von Wilfried F. Schoeller. Die Andere Bibliothek, Berlin 2018. 432 Seiten, 42 Euro.
„Und dann zieht er die
Stirne in Falten, als wär’s ein
Stück von ihm. Als sei es
seine Verantwortung mit.“
Automat zum
Verteilen von
Broschüren, 1973. Sobald sich
jemand eine
Broschüre nimmt, blinkt der
Automat und spielt Sound.
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Stimme der Kritik und sanfter Frontstadt-Flaneur:
Friedrich Luft in seinen Feuilletons, Glossen, Berichten
VON JENS BISKY
Ost-Berliner Theaterfreunde hatten, als die Mauer noch stand, ein Sonntagsritual, von dem sie ungern abwichen, weil sie Bescheid wissen wollten, was in den Kinos und Theatern der gesamten Stadt lief. Erst hörten sie „Atelier und Bühne“ des Berliner Rundfunks, wechselten dann rasch zum Sender Freies Berlin, zur „Galerie des Theaters“, und schalteten dann erwartungsvoll zum RIAS, zur „Stimme der Kritik“. Da sprach ein Mann, der sich auskannte, ohne Pausen und Getue, in hohem Tempo, fünfzehn Minuten lang ausplauderte, was er zu sagen hatte, und sich an jedem Sonntag mit der Formel „gleiche Stelle, gleiche Welle“ verabschiedete. Dann ertönten Freiheitsglocke und Freiheitsschwur. Der Theaterkritiker Friedrich Luft gehörte zu West-Berlin wie Gedächtniskirche, Abendschau, Currywurst.
Im Februar 1946 hatte er sich seinen Hörern vorgestellt: „Luft ist mein Name. Friedrich Luft. Ich bin 1,86 groß, dunkelblond, wiege 122 Pfund, habe Deutsch, Englisch, Geschichte und Kunst studiert, bin geboren im Jahre 1911, bin theaterbesessen und kinofreudig und beziehe die Lebensmittel der Stufe II. Zu allem trage ich neben dem letzten Anzug, den ich aus dem Krieg gerettet habe, eine Hornbrille auf der Nase. Wozu bin ich da? – Ich soll mich für Sie plagen.“
Und indem er sich plagte, unterhielt er seine Hörer: aufgeschlossen für Neues, aber genervt von Posen und Forciertheiten, lieber spottend als aggressiv, nicht belehrend. Er erzählte, was er gesehen und erlebt hatte, war als Person immer kenntlich. Die Stimme der Kritik meldete sich Woche für Woche, bis Ende Oktober 1990. Am ersten Weihnachtsabend der wieder vereinten Stadt starb Friedrich Luft.
Sein Nachlass kam ins Archiv der Akademie der Künste, fast neun laufende Meter. Dort hat aus den Hunderten Zeitungstexten, Berichten, Glossen, Feuilletons, der Döblin-Biograf Wilfried F. Schöller einige herausgesucht. Luft war ab 1936 immer auch Zeitungsmann, erst freier Autor etwa für das vormals liberale Flaggschiff der Hauptstadtpresse, das Berliner Tageblatt, dann, gleich nach dem Krieg, von den Amerikanern als Kritiker und Feuilletonchef für ihre „Neuen Zeitung“ gewonnen, die bis 1955 erschien. Er schrieb für viele, für die Welt ebenso wie für die Berliner Morgenpost oder das AOK-Gesundheitsblatt, auch für den Monat und die SZ. Sein erster Feuilleton-Band – „Luftballons“ – erschien 1939. Da ging es um die Eisenbahn als poetischen Ort oder einen Mann beim Kofferpacken. Als Autor und Regisseur für Lehrfilme überstand er den Krieg in der Heeresbildstelle.
Am 10. Mai 1946 druckte die Neue Zeitung Lufts Rückblick: „Berlin vor einem Jahr“, eine Erinnerung an das Inferno der letzten Kriegstage. „Die Welt war der eigene Keller, falls der noch hielt. Ohne Licht war diese Welt oder doch nur erleuchtet von den Resten einiger Kerzen. Das Wasser war versiegt. (…) Lugte man hinaus, sah man einen hilflosen deutschen Tank sich durch die Glut der Häuserzeilen schieben, halten, schießen, beidrehen.“
Aus kleinen Szenen entfaltete der Feuilletonist ein Panorama des Irrsinns. Die großen Worte, die Parolen waren ihm zuwider. Der „größte Feldherr aller Zeiten“ beherrschte höchstens noch ein paar Straßen in der Mitte, sah nicht weiter als vom Bunker der Reichskanzlei bis in den Tiergarten. Dass er sein „kindisches Autodafé“ vorbereitete, wussten die Städtebewohner nicht. Es gab Gerüchte, keine Zeitungen. Die eine, die noch erschien, der „Panzerbär“, versicherte, dass sich in Berlin das Schicksal wenden würde. Ein Generalmajor halte tapfer eine U-Bahn-Station. Friedrich Luft erinnerte auch das und erzählte knapp, mit dem Pathos der Sachlichkeit, vom Mann, der aus dem Gefängnis entkommen war und zusammenbrach. Am Tag zuvor hatten Trümmer seine Frau zerquetscht. Er berichtete vom Blockwart, der sich aus dem Fenster stürzte, von den Häschern der SS, die bis zuletzt jene jagte und mordeten, die nicht weiterkämpfen wollten. Mit Angst endete der Rückblick: „Sie ,kämmten noch durch’, nach dem Gesetz, nach dem sie angetreten. Wir pressten uns neben die Tür.“
Das waren die Erfahrungen, aus denen heraus Friedrich Luft schrieb, die speisten, was er für eine Eigenschaft der Berliner Luft hielt: „trockene Unbedingtheit und kräftige Skepsis“. Manche seiner Texte sind von provozierender Harmlosigkeit, richten sich im Beiläufigen, im Betulichen ein. Es ist ein Verdienst dieser Auswahl, dass sie schlagartig klar macht, warum dies so sein musste und warum es gut war. Seit den Krisenjahren um 1930 – Luft war einundzwanzig, als der Reichstag brannte – hatte die Stadt das Harmlose, samt Vertrauen, Zugewandtheit und Offenheit verloren. Es wieder und wieder zu entdecken, gegen Fanatismus und Schlagwortseligkeit zu verteidigen, war eine zivilisatorische Aufgabe. Er hätte das kaum so hochtönend formuliert, er wählte das Pseudonym „Urbanus“ und sagte damit, worauf es ankam. Seine Urbanität hatte nichts mit jener Gleichgültigkeit zu tun, die gern mit Liberalität verwechselt wird.
Einer seiner Bekannten war ein alter Berliner, aus der Emigration zurückgekehrt. Der ging allabendlich und schaute nach den Fortschritten des Aufbaus: „Trifft man ihn, sagt er besorgt: ,Schön – der Hochbau am Innsbrucker ist ja nun fertig. Aber wissen Sie, am Südwestkorso draußen – verfolgen Sie das? - da geht’s doch reichlich langsam.’ Und dann zieht er die Stirne in Falten, als wär’s ein Stück von ihm. Als sei es seine Verantwortung mit.“ In den letzten Tagen der Blockade flog Friedrich Luft auf Einladung des State Departement mit Kollegen für zwei Monate in die USA. Er prüfte dort wie daheim seine Begriffe, war begeistert, als ein junger Mann ihm sagte, es sei gut gewesen, mit Roosevelt zu leben, „mit“, nicht „unter“. Er fand keinen Anlass, „die alte europäische Augenbraue zu heben“. Er traf das alte, das vertriebene Berlin: Kurt Weill am Broadway, den Theaterkritiker Kurt Pinthus, den Romancier Wilhelm Speyer. Was die Amerika-Begeisterung bedeutete, mit wie viel Lust am demokratischen Aufbruch sie verbunden war, lässt sich in seinen Reiseberichten nachlesen.
Viele Glossen, Heiteres enthält der Band. Ein Kabinettstück ist der „Nachruf auf einen perfekten Zuschauer“, auf einen „Premierentiger“, der Wilhelm Richter hieß und nie hervortrat. Die Neugier auf die Unbekannten, Namenlosen nimmt besonders für diesen Feuilletonisten ein, der sich Herablassung verkniffen hat. Er war kein „kalter Krieger“ und kannte auch die Ost-Berliner Bühnen genau. Da er die Perspektive der „kleinen Leute“ einnahm, sich das tägliche Erleben nicht wegerklären ließ, fand er jedoch deutliche Worte.
„Hier geht Kafka“ hieß 1980 sein Bericht über den „Grenzübergang Friedrichstraße“ – ein eindrucksvolles Dokument aus dem Alltag der Teilung, genau beobachtet, schnörkellos aufgeschrieben: „Sozialismus bedeutet Anstehen.“ Aber er wollte keine Deklamationen, keine bestallten Redner, Gedenktage, keinen „peinlichen Lärm“, besser Schweigen und Wachsamkeit – und viele Stimmen der Kritik.
Friedrich Luft: Über die Berliner Luft. Feuilletons. Versammelt und mit einem Nachwort von Wilfried F. Schoeller. Die Andere Bibliothek, Berlin 2018. 432 Seiten, 42 Euro.
„Und dann zieht er die
Stirne in Falten, als wär’s ein
Stück von ihm. Als sei es
seine Verantwortung mit.“
Automat zum
Verteilen von
Broschüren, 1973. Sobald sich
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.11.2018Gott schütze die Besserlebenden
Friedrich Luft war im Rundfunk die Stimme von West-Berlin. Eine Sammlung seiner Feuilletons zeigt ihn nun als literarischen Chronisten seiner Stadt.
Von Mark Siemons
Friedrich Luft war 33 Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg endete. Die Jahre des nationalsozialistischen Regimes hatte er in einem Wartestand verbracht, den ihm zwei schottische Onkel finanzierten; er studierte lange, veröffentlichte eine Reihe humoristischer Glossen, und schrieb, nach seiner Einberufung zur Heeresfilmstelle, Drehbücher für Produktionen wie "Die Brieftaube im Einsatz". Doch jetzt, 1945, kam alles, was sich in ihm an Bildung und Begeisterungsfähigkeit gestaut hatte, mit einem Schlag zum Ausbruch. Bald schrieb er Rezensionen für die von den Amerikanern gerade in Berlin ins Leben gerufenen "Neue Zeitung", schon etwas später wurde er deren Feuilletonchef, er trat der von den Sowjets gegründeten "Kammer der Kunstschaffenden" bei, und für den "Tagesspiegel" verfasste er unter dem Pseudonym "Urbanus" besinnliche Feuilletons.
Gleich im ersten Text der nun in der "Anderen Bibliothek" erschienenen Friedrich-Luft-Anthologie spürt man die Vibration dieses Augenblicks, der dem Journalisten seine Lebensaufgabe verschafft. Es ist der Text, mit dem sich Luft im Februar 1946 in jener Rolle vorstellte, die ihn am berühmtesten machte: als "Stimme der Kritik" des gerade erst von Amerikanern und Briten gegründeten Radiosenders Dias (später Rias). "Der Krieg hat uns geschlagen zurückgelassen, in einer geistigen Dürre, voll Hungers nach guten und füllenden Gedanken und voller Neugier in die Welt hinaus, voll Aufhorchens nach dem neuen Ton der Güte, der unerbittlichen Liebe zum Nächsten, nach dem neuen Ton einer Menschlichkeit, die nun endlich laut werden muss, nachdem die Luft verzerrt war von Hassgesängen - zwölf lange Jahre hindurch."
Was Friedrich Luft seinen Hörern von Anfang an versprach, war nicht nur die Atemlosigkeit des Reporters und die Unbestechlichkeit des Theaterkritikers, sondern ein "neuer Ton der Güte". Berlin liegt in Trümmern, doch Luft zählt nicht weniger als zweihundert Orte, an denen in der Stadt Theater gespielt wird, ein halbes Dutzend Konzerte täglich und zwei ständig aktive Opernhäuser. Er fragt sich, "ob wir uns nicht eigentlich nur etwas vormachen": Verlangt die Not nicht Handfesteres, hat die eigenartige Kultur-Hausse "nicht etwas Leichtfertiges und Frivoles an sich"? Luft antwortet ohne Scheu vor Pathos: "Nein. Kunst ist notwendig, gerade jetzt in der Not. Was nutzt es, wenn wir uns nun das neue Haus bauen, und siehe: wir haben den Inhalt vergessen, den Geist, der in ihm wohnen soll."
Wahrscheinlich war es gerade dieser immer mitschwingende Sinn für moralischen und intellektuellen Wiederaufbau, der Luft und seiner wöchentlichen Theaterkritik-Sendung eine so unglaubliche Popularität verschafft hat. Der "Spiegel" schilderte 1950, wie während der fünfzehn Minuten, die Lufts Programm jeden Sonntag dauerte, die "Radioapparate zu schweigend umlagerten Konzentrationspunkten der Familien, in vielen Haushalten Berlins und der Ostzone" wurden. Ein Hörer wird zitiert, dessen Zuschrift sich Luft im Büro an die Wand hängte: "Es ist schön zu leben, weil Friedrich Luft lebt." Bis Oktober 1990, wenige Wochen vor seinem Tod, war diese wöchentliche Daseinsermunterung auf Sendung.
Eine unprätentiös, eher gesprächsweise vorgebrachte Zivilität ist auch das verbindende Band der Texte, die Wilfried F. Schoeller für diese Sammlung unter dem Titel "Über die Berliner Luft" zusammengetragen hat. Theaterkritiken sind nicht darunter, wohl aber viele kurze Feuilletons, die Luft 1939, 1948 und 1962 selbst in Anthologien zusammengestellt hatte, außerdem Reiseberichte vom Ende der vierziger Jahre und eine Reihe kleiner Szenen aus Berlin.
Möglicherweise versteht man heute, da der öffentliche Umgangston rauher und die politischen Gegensätze schärfer geworden sind, Lufts Antrieb besser als noch vor ein paar Jahren, als man in seiner Freundlichkeit bloß Harmlosigkeit gesehen hätte. Man ahnt hinter dem gleichbleibend jovialen und noch in seinen Entrüstungen um die Aufrechterhaltung von Heiterkeit und bürgerlichen Selbstverständlichkeiten bemühten Ton den Schrecken, dem er abgerungen ist und dem er nicht nachgeben will, auch um den Preis der Verdrängung. In einer bezeichnenden Szene erinnert er sich, "wie da einer vor seinem zerschossenen Haus am frühen Morgen stand", sich verzweifelt abwandte und nur noch schlafen wollte. Und wie dann ein Nachbar, der ebenfalls alles verloren hatte, ihm "fast entrüstet" auf die Schulter schlug und sagte: "Mann, machense doch keene Faxen. Jehn Se ruff. Machense Ordnung. Jetzt jeht's doch wieder los!"
Ein ähnlich forciertes So-Tun, als ob schon alles wieder seine normale Ordnung hätte, inspiriert auch diese Texte; man muss sie lesen als Überlebensstrategien in einer in Wirklichkeit natürlich höchst unnormalen, grotesken Zeit. Dann hat es überhaupt nichts Harmloses, wenn Luft bloß auf die großen braunen Augen eines kleinen Jungen aufmerksam machen will, in die er neben einem U-Bahn-Eingang geschaut hat, oder wenn er den Blick auf eine weinende Frau in der Straßenbahn lenkt, die durch das Weinen immer noch schöner geworden sei. Die ganze Botschaft dieser Miniaturen ist schon, dass einem solche Beiläufigkeiten überhaupt wieder auffallen; die Zeit, so suggerieren sie, wird in dem Maße besser, zivilisierter, in dem man sich über all der Not und des dringlich zu Tuenden nicht abhärtet gegen derartige Beobachtungen.
Ein großer Wert der Anthologie besteht auch darin, dass sie Lufts Weg zum Idealtypus des West-Berliners nachvollziehen lässt, zur "Institution" in dieser Stadthälfte. Gleich nach dem Krieg hatte es zunächst gar nicht danach ausgesehen; Luft wollte ausdrücklich von der amerikanischen Besatzungsmacht, in deren Medien er angestellt war, nicht "auch im Weltanschaulichen angeheuert sein". Er pflegte gute Beziehungen zu sowjetischen Kulturoffizieren und kritisierte 1947 scharf alle Bestrebungen, West und Ost gegeneinander auszuspielen. In den Jahren danach wird seine Kritik an Ost-Berliner Theaterinszenierungen ("Unsystem der Befehlsliteratur") allerdings immer schärfer, wie Wilfried F. Schoeller in seinem Nachwort festhält. 1949 lädt das State Department Luft zu einer Amerika-Reise ein. In einem seiner Artikel darüber sinniert er über eine junge Frau, die er in einer New Yorker Bar entdeckt hat und so aussieht, "wie die Damen in den Filmen aussehen", dabei sei sie wohl "eine kleine Bürokraft": "Sie hat an einem Lebensstandard teil, dessen Fülle sich einem in den ersten Stunden schon aufdrängt und den man weiter studieren muss. Sie lebt besser. Gott soll sie schützen."
Luft studiert das bessere Leben weiter, die Teilung Berlins wird immer markanter, und er selbst bezieht immer deutlicher Position. Kurz vor dem Mauerbau kann er dann über das Verhältnis des "Westberliners" zum östlichen Teil der Stadt schreiben: "Er begibt sich ungern dorthin und nicht ohne Notwendigkeit." Luft erlebte die Wiedervereinigung noch mit, er starb in Berlin am 24. Dezember 1990.
Friedrich Luft: "Über die Berliner Luft". Feuilletons.
Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Wilfried F. Schoeller. Die Andere Bibliothek, Berlin 2018. 432 S., geb., 42,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Friedrich Luft war im Rundfunk die Stimme von West-Berlin. Eine Sammlung seiner Feuilletons zeigt ihn nun als literarischen Chronisten seiner Stadt.
Von Mark Siemons
Friedrich Luft war 33 Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg endete. Die Jahre des nationalsozialistischen Regimes hatte er in einem Wartestand verbracht, den ihm zwei schottische Onkel finanzierten; er studierte lange, veröffentlichte eine Reihe humoristischer Glossen, und schrieb, nach seiner Einberufung zur Heeresfilmstelle, Drehbücher für Produktionen wie "Die Brieftaube im Einsatz". Doch jetzt, 1945, kam alles, was sich in ihm an Bildung und Begeisterungsfähigkeit gestaut hatte, mit einem Schlag zum Ausbruch. Bald schrieb er Rezensionen für die von den Amerikanern gerade in Berlin ins Leben gerufenen "Neue Zeitung", schon etwas später wurde er deren Feuilletonchef, er trat der von den Sowjets gegründeten "Kammer der Kunstschaffenden" bei, und für den "Tagesspiegel" verfasste er unter dem Pseudonym "Urbanus" besinnliche Feuilletons.
Gleich im ersten Text der nun in der "Anderen Bibliothek" erschienenen Friedrich-Luft-Anthologie spürt man die Vibration dieses Augenblicks, der dem Journalisten seine Lebensaufgabe verschafft. Es ist der Text, mit dem sich Luft im Februar 1946 in jener Rolle vorstellte, die ihn am berühmtesten machte: als "Stimme der Kritik" des gerade erst von Amerikanern und Briten gegründeten Radiosenders Dias (später Rias). "Der Krieg hat uns geschlagen zurückgelassen, in einer geistigen Dürre, voll Hungers nach guten und füllenden Gedanken und voller Neugier in die Welt hinaus, voll Aufhorchens nach dem neuen Ton der Güte, der unerbittlichen Liebe zum Nächsten, nach dem neuen Ton einer Menschlichkeit, die nun endlich laut werden muss, nachdem die Luft verzerrt war von Hassgesängen - zwölf lange Jahre hindurch."
Was Friedrich Luft seinen Hörern von Anfang an versprach, war nicht nur die Atemlosigkeit des Reporters und die Unbestechlichkeit des Theaterkritikers, sondern ein "neuer Ton der Güte". Berlin liegt in Trümmern, doch Luft zählt nicht weniger als zweihundert Orte, an denen in der Stadt Theater gespielt wird, ein halbes Dutzend Konzerte täglich und zwei ständig aktive Opernhäuser. Er fragt sich, "ob wir uns nicht eigentlich nur etwas vormachen": Verlangt die Not nicht Handfesteres, hat die eigenartige Kultur-Hausse "nicht etwas Leichtfertiges und Frivoles an sich"? Luft antwortet ohne Scheu vor Pathos: "Nein. Kunst ist notwendig, gerade jetzt in der Not. Was nutzt es, wenn wir uns nun das neue Haus bauen, und siehe: wir haben den Inhalt vergessen, den Geist, der in ihm wohnen soll."
Wahrscheinlich war es gerade dieser immer mitschwingende Sinn für moralischen und intellektuellen Wiederaufbau, der Luft und seiner wöchentlichen Theaterkritik-Sendung eine so unglaubliche Popularität verschafft hat. Der "Spiegel" schilderte 1950, wie während der fünfzehn Minuten, die Lufts Programm jeden Sonntag dauerte, die "Radioapparate zu schweigend umlagerten Konzentrationspunkten der Familien, in vielen Haushalten Berlins und der Ostzone" wurden. Ein Hörer wird zitiert, dessen Zuschrift sich Luft im Büro an die Wand hängte: "Es ist schön zu leben, weil Friedrich Luft lebt." Bis Oktober 1990, wenige Wochen vor seinem Tod, war diese wöchentliche Daseinsermunterung auf Sendung.
Eine unprätentiös, eher gesprächsweise vorgebrachte Zivilität ist auch das verbindende Band der Texte, die Wilfried F. Schoeller für diese Sammlung unter dem Titel "Über die Berliner Luft" zusammengetragen hat. Theaterkritiken sind nicht darunter, wohl aber viele kurze Feuilletons, die Luft 1939, 1948 und 1962 selbst in Anthologien zusammengestellt hatte, außerdem Reiseberichte vom Ende der vierziger Jahre und eine Reihe kleiner Szenen aus Berlin.
Möglicherweise versteht man heute, da der öffentliche Umgangston rauher und die politischen Gegensätze schärfer geworden sind, Lufts Antrieb besser als noch vor ein paar Jahren, als man in seiner Freundlichkeit bloß Harmlosigkeit gesehen hätte. Man ahnt hinter dem gleichbleibend jovialen und noch in seinen Entrüstungen um die Aufrechterhaltung von Heiterkeit und bürgerlichen Selbstverständlichkeiten bemühten Ton den Schrecken, dem er abgerungen ist und dem er nicht nachgeben will, auch um den Preis der Verdrängung. In einer bezeichnenden Szene erinnert er sich, "wie da einer vor seinem zerschossenen Haus am frühen Morgen stand", sich verzweifelt abwandte und nur noch schlafen wollte. Und wie dann ein Nachbar, der ebenfalls alles verloren hatte, ihm "fast entrüstet" auf die Schulter schlug und sagte: "Mann, machense doch keene Faxen. Jehn Se ruff. Machense Ordnung. Jetzt jeht's doch wieder los!"
Ein ähnlich forciertes So-Tun, als ob schon alles wieder seine normale Ordnung hätte, inspiriert auch diese Texte; man muss sie lesen als Überlebensstrategien in einer in Wirklichkeit natürlich höchst unnormalen, grotesken Zeit. Dann hat es überhaupt nichts Harmloses, wenn Luft bloß auf die großen braunen Augen eines kleinen Jungen aufmerksam machen will, in die er neben einem U-Bahn-Eingang geschaut hat, oder wenn er den Blick auf eine weinende Frau in der Straßenbahn lenkt, die durch das Weinen immer noch schöner geworden sei. Die ganze Botschaft dieser Miniaturen ist schon, dass einem solche Beiläufigkeiten überhaupt wieder auffallen; die Zeit, so suggerieren sie, wird in dem Maße besser, zivilisierter, in dem man sich über all der Not und des dringlich zu Tuenden nicht abhärtet gegen derartige Beobachtungen.
Ein großer Wert der Anthologie besteht auch darin, dass sie Lufts Weg zum Idealtypus des West-Berliners nachvollziehen lässt, zur "Institution" in dieser Stadthälfte. Gleich nach dem Krieg hatte es zunächst gar nicht danach ausgesehen; Luft wollte ausdrücklich von der amerikanischen Besatzungsmacht, in deren Medien er angestellt war, nicht "auch im Weltanschaulichen angeheuert sein". Er pflegte gute Beziehungen zu sowjetischen Kulturoffizieren und kritisierte 1947 scharf alle Bestrebungen, West und Ost gegeneinander auszuspielen. In den Jahren danach wird seine Kritik an Ost-Berliner Theaterinszenierungen ("Unsystem der Befehlsliteratur") allerdings immer schärfer, wie Wilfried F. Schoeller in seinem Nachwort festhält. 1949 lädt das State Department Luft zu einer Amerika-Reise ein. In einem seiner Artikel darüber sinniert er über eine junge Frau, die er in einer New Yorker Bar entdeckt hat und so aussieht, "wie die Damen in den Filmen aussehen", dabei sei sie wohl "eine kleine Bürokraft": "Sie hat an einem Lebensstandard teil, dessen Fülle sich einem in den ersten Stunden schon aufdrängt und den man weiter studieren muss. Sie lebt besser. Gott soll sie schützen."
Luft studiert das bessere Leben weiter, die Teilung Berlins wird immer markanter, und er selbst bezieht immer deutlicher Position. Kurz vor dem Mauerbau kann er dann über das Verhältnis des "Westberliners" zum östlichen Teil der Stadt schreiben: "Er begibt sich ungern dorthin und nicht ohne Notwendigkeit." Luft erlebte die Wiedervereinigung noch mit, er starb in Berlin am 24. Dezember 1990.
Friedrich Luft: "Über die Berliner Luft". Feuilletons.
Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Wilfried F. Schoeller. Die Andere Bibliothek, Berlin 2018. 432 S., geb., 42,- [Euro].
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"Seine Leidenschaft für das Kulturleben war in den Texten zu lesen und zu hören. Er war eine Legende zu Lebzeiten ..." Volker Blech Berliner Morgenpost 20181120