Der österreichische Schriftsteller Robert Musil (1880-1942) ist vor allem mit seinem monumentalen, unvollendeten Roman "Der Mann ohne Eigenschaften" als einer der wichtigsten Vertreter der literarischen Moderne. Musils Interesse galt jedoch weniger der literarischen Fiktion als vielmehr der Reflexion über seine Epoche. Dies gilt auch für den berühmten Vortrag "Über die Dummheit", den Musil jeweils am 11. und 17. März 1937 in Wien hielt und der in dem Satz kumuliert: "Handle, so gut du kannst und so schlecht du musst, und bleibe dir dabei der Fehlergrenzen deines Handelns bewusst!"
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.12.2014NEUE TASCHENBÜCHER
Dummheit
und Bescheidung
Im Reich der Dummheit gehe es „selbst theoretisch noch abwechslungsreich“ zu, das Reich der Weisheit aber sei nur „eine öde und im allgemeinen gemiedene Gegend“. Ironie und tiefere Bedeutung halten sich die Waage in der Rede, die der österreichische Schriftsteller Robert Musil im März 1937 in Wien hielt: „Über die Dummheit“. Musil, der längst an seinem „Mann ohne Eigenschaften“ schrieb und im Jahr darauf ins Exil gehen musste, bekannte, gar nicht zu wissen, was Dummheit sei, er habe „keine Theorie der Dummheit entdeckt“. Doch dann kommt er nach verzweigten Überlegungen auf die zwei „Arten“ der Dummheit zu sprechen – die ehrliche, schlichte Dummheit, die „oft eine Künstlerin“, und diejenige, die paradoxerweise ein „Zeichen der Intelligenz“ sei. Erstere beruhe auf einem schwachen Verstand, bei der zweiten beruhe das Versagen der Intelligenz darauf, „dass sie sich Leistungen anmaßt, die ihr nicht zustehen“. Versagen und Unfähigkeit seien zu unterscheiden, mithin funktionelle und konstitutionelle Dummheit, Irrtum und Unverstand. Das beste Mittel gegen sie sei jedoch, so Robert Musils Quintessenz, „die Bescheidung“. WOLFGANG SCHREIBER
Robert Musil: Über die Dummheit. Reclam Verlag, Stuttgart 2014. 63 Seiten, 5 Euro.
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Dummheit
und Bescheidung
Im Reich der Dummheit gehe es „selbst theoretisch noch abwechslungsreich“ zu, das Reich der Weisheit aber sei nur „eine öde und im allgemeinen gemiedene Gegend“. Ironie und tiefere Bedeutung halten sich die Waage in der Rede, die der österreichische Schriftsteller Robert Musil im März 1937 in Wien hielt: „Über die Dummheit“. Musil, der längst an seinem „Mann ohne Eigenschaften“ schrieb und im Jahr darauf ins Exil gehen musste, bekannte, gar nicht zu wissen, was Dummheit sei, er habe „keine Theorie der Dummheit entdeckt“. Doch dann kommt er nach verzweigten Überlegungen auf die zwei „Arten“ der Dummheit zu sprechen – die ehrliche, schlichte Dummheit, die „oft eine Künstlerin“, und diejenige, die paradoxerweise ein „Zeichen der Intelligenz“ sei. Erstere beruhe auf einem schwachen Verstand, bei der zweiten beruhe das Versagen der Intelligenz darauf, „dass sie sich Leistungen anmaßt, die ihr nicht zustehen“. Versagen und Unfähigkeit seien zu unterscheiden, mithin funktionelle und konstitutionelle Dummheit, Irrtum und Unverstand. Das beste Mittel gegen sie sei jedoch, so Robert Musils Quintessenz, „die Bescheidung“. WOLFGANG SCHREIBER
Robert Musil: Über die Dummheit. Reclam Verlag, Stuttgart 2014. 63 Seiten, 5 Euro.
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