Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.1999Hinweis
HUMBOLDT. Goethe-Jahre sind immer auch Humboldt-Jahre. Denn genau fünfzig Jahre nachdem Goethe in Frankfurt geboren worden war, erreichte Alexander von Humboldt auf einem Schiff der spanischen Marine Venezuela. Die Szene, die er dort, im Hafen von Cumaná, miterlebte, hat ihn nie wieder losgelassen. Es war eine Sklavenversteigerung, bei der den gefangenen und entrechteten Menschen wie Pferden ins Gebiss geschaut wurde. Dass dies Geschäft von den europäischen Staaten hingenommen und von der katholischen Kirche wohlwollend geduldet wurde, hat Humboldt empört und zu einer ständigen Anklage gegen die wirtschaftlich motivierte Verachtung politischer Freiheitsrechte getrieben. Der "gemeine Eigennutz", schreibt er mit sicherem Gespür für den perversen Sinn der Wörter, "der mit Menschenpflicht, Nationalehre und den Gesetzen des Vaterlandes im Streite liegt", lasse sich durch nichts in seinen Spekulationen stören. Die kleine Auswahl aus seinen Briefen und Reiseberichten, die Manfred Osten aus Anlass des erwähnten Jubiläums zusammengestellt hat, trägt daher ganz zu Recht den Titel "Über die Freiheit des Menschen". Denn Humboldt war eben viel mehr als der Naturforscher, als welcher er in allen Geschichtsbüchern begegnet. Er war ein Propagator der Menschenrechte und, nebenbei, ein glänzender Stilist. (Alexander von Humboldt: "Über die Freiheit des Menschen". Auf der Suche nach Wahrheit. Herausgegeben von Manfred Osten. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1999. 200 S., br., 14,80 DM.)
K.A.
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HUMBOLDT. Goethe-Jahre sind immer auch Humboldt-Jahre. Denn genau fünfzig Jahre nachdem Goethe in Frankfurt geboren worden war, erreichte Alexander von Humboldt auf einem Schiff der spanischen Marine Venezuela. Die Szene, die er dort, im Hafen von Cumaná, miterlebte, hat ihn nie wieder losgelassen. Es war eine Sklavenversteigerung, bei der den gefangenen und entrechteten Menschen wie Pferden ins Gebiss geschaut wurde. Dass dies Geschäft von den europäischen Staaten hingenommen und von der katholischen Kirche wohlwollend geduldet wurde, hat Humboldt empört und zu einer ständigen Anklage gegen die wirtschaftlich motivierte Verachtung politischer Freiheitsrechte getrieben. Der "gemeine Eigennutz", schreibt er mit sicherem Gespür für den perversen Sinn der Wörter, "der mit Menschenpflicht, Nationalehre und den Gesetzen des Vaterlandes im Streite liegt", lasse sich durch nichts in seinen Spekulationen stören. Die kleine Auswahl aus seinen Briefen und Reiseberichten, die Manfred Osten aus Anlass des erwähnten Jubiläums zusammengestellt hat, trägt daher ganz zu Recht den Titel "Über die Freiheit des Menschen". Denn Humboldt war eben viel mehr als der Naturforscher, als welcher er in allen Geschichtsbüchern begegnet. Er war ein Propagator der Menschenrechte und, nebenbei, ein glänzender Stilist. (Alexander von Humboldt: "Über die Freiheit des Menschen". Auf der Suche nach Wahrheit. Herausgegeben von Manfred Osten. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1999. 200 S., br., 14,80 DM.)
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