Die Frage "Gibt es Atome oder nicht?" bildet in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine scharfe Trennlinie zwischen den empirischen Naturwissenschaften und der (noch mächtigen) Philosophie. In dieser Wendezeit, kurz bevor sich die moderne Atomphysik durchsetzt, begibt sich Gustav Theodor Fechner (1801-1887) auf eine gefährliche Gratwanderung. Überzeugt von der Zukunftsperspektive atomistischer Ansätze sammelt und ordnet er Begründungszusammenhänge für eine moderne Physik, jedoch ohne dabei die Philosophie auszugrenzen. Im Gegenteil, die philosophische Arbeit ist unerläßlich für den begrifflichen Abschluß der physikalischen Untersuchungen. Fechners Werk markiert in der Wissenschaftsgeschichte den ersten und letzten Versuch, eine fruchtbare Synthese zwischen quantitativen und qualitativen Erkenntnismethoden zu schaffen, ohne die beiden Ansätze zu vermischen. Erst 150 Jahre später, am Ende des 20. Jahrhunderts, nachdem die empirischen Naturwissenschaften bereits an Grenzen gestoßen sind, werden Fechners "zu frühe" ganzheitliche Überlegungen wieder aktuell.
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