Seit seiner Wiederentdeckung in den achtziger Jahren steht das Werk der österreichischen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann gleichbedeutend für seine Auseinandersetzung mit der - wie sie es nannte - "Krankheit unserer Zeit", mit der sozialen Gewalt der modernen westlichen Gesellschaft, mit dem verborgenen Zusammenhang zwischen patriarchalischer Gesellschaftsstruktur, katastrophischer Geschichte (Nationalsozialismus) und Unterwerfung bzw. Ausgrenzung des anderen (bis hin zum Neokolonialismus). Die fortdauernde Brisanz dieser Problemstellungen und die Reflektiertheit ihrer literarischen Darstellung sichern Bachmanns Werk zweifellos seine anhaltende Relevanz. Gleichwohl gelangt mit zunehmender Distanz zu seiner Entstehungszeit nun auch jener historische und soziale Kontext der späten vierziger bis sechziger Jahre stärker in den Blick, dem Bachmanns Texte angehören und auf den sie zugleich antworten, und es kristallisieren sich (auch infolge des literaturwissenschaftlichen Methodenwandels) Aspekte ihres Schreiben heraus, die verborgen geblieben sind, solange ihr Werk noch bruchlos als Gegenwartsliteratur gelesen wurde.
Das Projekt der "literatur- und kulturwissenschaftlichen Essays" zum Werk Ingeborg Bachmanns gründet in dem derzeit stattfindenden, grundlegenden Wandel der Bachmann-Rezeption, der sich aus der historischen Blickverschiebung ergibt. Diese ist im deutschsprachigen Raum jedoch noch kaum zu Bewußtsein gekommen. Wie der erste Band der "literatur- und kulturwissenschaftlichen Essays" (K&N 1998), so soll auch der zweite, über das Todesarten-Projekt hinaus nun auf das Gesamtwerk ausgeweitete Band daher mit solchen neuen Ansätzen in bislang unveröffentlichten Arbeiten sowohl namhafter als auch jüngerer Bachmann-Forscher des In- und Auslandes bekannt machen. Es sind dies einerseits diskursanalytische Lektüren, die neue und durchaus kritische Blicke auf Ingeborg Bachmanns Darstellung des Verhältnisses der Geschlechter werfen und darüber hinaus erweiterte kulturwissenschaftliche Zugänge zu ihrem Werk eröffnen. Andererseits werden Untersuchungen zu Bachmanns kritischer Auseinandersetzung mit dem philosophischen und wissenschaftlichen Diskurs ihrer Epoche sowie Neuentdeckungen aus dem Bereich der ,poetischen Korrespondenzen' zu Werken anderer Autoren vorgestellt. Weitere Beiträge präzisieren Bachmanns literarische Auseinandersetzung mit dem politisch-historischen Kontext ihres Schaffens oder rücken Texte in den Mittelpunkt, die in der Forschung bislang vernachlässigt worden sind.
Über neue "literatur- und kulturwissenschaftliche Essays" hinaus werden interessante Erstveröffentlichungen vorgestellt: Fünf von Ingeborg Bachmanns nachgelassenen kritischen Essays (über Georg Groddeck, Leo Lipski, Sylvia Plath, Thomas Bernhard und Giuseppe Ungaretti), die seit 1978 in der Fassung der Werke vorliegen, wurden einer historisch-kritischen Revision unterzogen und werden im Anhang dieses Bandes ganz neu kritisch ediert und auch kommentiert. Neues Material zur weiteren Erforschung von Leben und Werk der Schriftstellerin bietet auch das Interview, das Leslie Morris im Januar 1999 mit Hans Werner Henze geführt hat und in dem er seine Zusammenarbeit mit Ingeborg Bachmann ausführlich darstellt.
Inhalt:
Vorwort - I. Diskursanalytische Lektüren und intertextuelle Konstellationen: Sara Lennox: Zur Repräsentation von Weiblichkeit in Ingeborg Bachmanns Hörspiel Der gute Gott von Manhattan - Britta Herrmann: Ingeborg Bachmanns Malina - Eine Poetik der Kritik - Leslie Morris: "The Ladies Lazarus" - Sylvia Plath und Ingeborg Bachmann - II. Philosophische, wissenschaftliche und politische Kontextualisierungen: Maria Behre: Das Gedicht als existentiale Methode des Lebens im Immerzu-ans-Sterben-Denken bei Ingeborg Bachmann - Barbara Mennel: "Euch auspeitschen, ihr ewigen Masochistinnen, euch foltern, bis ihr den Verstand verliert" - Masochismus und das Werk Ingeborg Bachmanns - Jost Schneider: Historischer Kontext und politische Implikationen der Büchnerpreis-Rede Ingeborg Bachmanns; Anhang: Interview mit Hans Werner Henze (Leslie Morris) - Ingeborg Bachmann - Nachgelassene kritische Schriften (Monika Albrecht und Dirk Göttsche): <Über Georg Groddeck> - Ein Maximum an Exil (über Leo Lipski: Piotrus) - Die Glasglocke (über Sylvia Plath) - Watten und andere Prosa (über Thomas Bernhard) - <Über Giuseppe Ungaretti>
Das Projekt der "literatur- und kulturwissenschaftlichen Essays" zum Werk Ingeborg Bachmanns gründet in dem derzeit stattfindenden, grundlegenden Wandel der Bachmann-Rezeption, der sich aus der historischen Blickverschiebung ergibt. Diese ist im deutschsprachigen Raum jedoch noch kaum zu Bewußtsein gekommen. Wie der erste Band der "literatur- und kulturwissenschaftlichen Essays" (K&N 1998), so soll auch der zweite, über das Todesarten-Projekt hinaus nun auf das Gesamtwerk ausgeweitete Band daher mit solchen neuen Ansätzen in bislang unveröffentlichten Arbeiten sowohl namhafter als auch jüngerer Bachmann-Forscher des In- und Auslandes bekannt machen. Es sind dies einerseits diskursanalytische Lektüren, die neue und durchaus kritische Blicke auf Ingeborg Bachmanns Darstellung des Verhältnisses der Geschlechter werfen und darüber hinaus erweiterte kulturwissenschaftliche Zugänge zu ihrem Werk eröffnen. Andererseits werden Untersuchungen zu Bachmanns kritischer Auseinandersetzung mit dem philosophischen und wissenschaftlichen Diskurs ihrer Epoche sowie Neuentdeckungen aus dem Bereich der ,poetischen Korrespondenzen' zu Werken anderer Autoren vorgestellt. Weitere Beiträge präzisieren Bachmanns literarische Auseinandersetzung mit dem politisch-historischen Kontext ihres Schaffens oder rücken Texte in den Mittelpunkt, die in der Forschung bislang vernachlässigt worden sind.
Über neue "literatur- und kulturwissenschaftliche Essays" hinaus werden interessante Erstveröffentlichungen vorgestellt: Fünf von Ingeborg Bachmanns nachgelassenen kritischen Essays (über Georg Groddeck, Leo Lipski, Sylvia Plath, Thomas Bernhard und Giuseppe Ungaretti), die seit 1978 in der Fassung der Werke vorliegen, wurden einer historisch-kritischen Revision unterzogen und werden im Anhang dieses Bandes ganz neu kritisch ediert und auch kommentiert. Neues Material zur weiteren Erforschung von Leben und Werk der Schriftstellerin bietet auch das Interview, das Leslie Morris im Januar 1999 mit Hans Werner Henze geführt hat und in dem er seine Zusammenarbeit mit Ingeborg Bachmann ausführlich darstellt.
Inhalt:
Vorwort - I. Diskursanalytische Lektüren und intertextuelle Konstellationen: Sara Lennox: Zur Repräsentation von Weiblichkeit in Ingeborg Bachmanns Hörspiel Der gute Gott von Manhattan - Britta Herrmann: Ingeborg Bachmanns Malina - Eine Poetik der Kritik - Leslie Morris: "The Ladies Lazarus" - Sylvia Plath und Ingeborg Bachmann - II. Philosophische, wissenschaftliche und politische Kontextualisierungen: Maria Behre: Das Gedicht als existentiale Methode des Lebens im Immerzu-ans-Sterben-Denken bei Ingeborg Bachmann - Barbara Mennel: "Euch auspeitschen, ihr ewigen Masochistinnen, euch foltern, bis ihr den Verstand verliert" - Masochismus und das Werk Ingeborg Bachmanns - Jost Schneider: Historischer Kontext und politische Implikationen der Büchnerpreis-Rede Ingeborg Bachmanns; Anhang: Interview mit Hans Werner Henze (Leslie Morris) - Ingeborg Bachmann - Nachgelassene kritische Schriften (Monika Albrecht und Dirk Göttsche): <Über Georg Groddeck> - Ein Maximum an Exil (über Leo Lipski: Piotrus) - Die Glasglocke (über Sylvia Plath) - Watten und andere Prosa (über Thomas Bernhard) - <Über Giuseppe Ungaretti>