Res Buhme fasst sich ein Herz. An einem trüben Vorabend zieht er aus, um bei einem säumigen Zahler eine längst fällige Schuld einzutreiben. Der Hochnebel drückt seit Wochen aufs Land. Genauso drückend ist die Situation von Res und seiner Familie. Sie scheinen vom Unglück verfolgt. Es fehlt am Lebensnotwendigsten, um den Winter zu überstehen. Und es fehlt an der nötigen Solidarität unter den Leuten und an kleinen Zeichen de guten Willens, die helfen würden, die Not der Familie zu lindern. Dem Roman vorangestellt ist: "Menschen sind schon früher weggezogen, ins Nachbardorf, in die nächste Stadt, in ein fremdes Land, wenn sie zu wenig zu essen hatten oder um ihr Leben bangten." Die Hoffnung der Familie, dass in der Stadt ein Neuanfang gelingen könnte, ist groß. Behörden, Kirche und viele Alteingesessene geben den Zugezogenen allerdings wenig Unterstützung und das Misstrauen scheint oft unüberwindbar. Die Familie erfährt aber Solidarität von Menschen, die ihnen unvoreingenommen begegnen und ihre Not wahrnehmen. Dank der Beharrlichkeit von Res und seiner Frau Trudi auf der Suche nach Auswegen und nach etwas Nahrhaftem in der täglichen Suppe und dank der Sympathien, die der gewiefte Sohn Godi im Städtchen genießt, blitzt da und dort ein Hoffnungsschimmer auf. "über leben" ist ein feinsinniger Roman über das Leben unterschiedlicher Menschen, über Lebensumstände und Versuche, damit zurechtzukommen und darin zu überlegen. Im vielschichtigen Bild einer ländlichen Gesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts erzählt Corinne Ammann von Sehnsüchten, Bedürfnissen, ängsten und Hoffnungen, die gar nicht so weit entfernt sind von denen heutiger Menschen.
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