"Es gibt keine Alternative zu Musik und deshalb auch keine Interpretation."1985 hielt Sergiu Celibidache, gebürtiger Rumäne, Kosmopolit, viel bewunderter Ausnahmedirigent und einer der großen Lehrer und "Orchestererzieher", in München den einzigen Vortrag seines Lebens. Zwar lehrte Celibidache seit seiner Berliner Zeit praktisch ununterbrochen Theorie und Praxis seiner Phänomenologie der Musik; zwar stand für ihn die lebendige Vermittlung seiner Lehre wohl fast gleichwertig neben der musikalischen Praxis. Und dennoch hat er alle seine äußerst anspruchsvollen und um die ausgefeilteste Formulierung bemühten Essays zu diesem Thema zu Lebzeiten verworfen oder jedenfalls nie veröffentlicht. Er wollte den Verlockungen der einseitigen Darstellung einer nur intellegiblen Theorie, die nicht in lebendiger Wechselwirkung mit dem wirklichen Geschehen stehen konnte, nie in letzter Konsequenz erliegen. Wohl nur dieses einzige Mal hat er sich zu einem regelrechten, "frontalen" Vortrag über seine Lehre entschlossen, die in radikalem Widerspruch zu allem im etablierten Musikleben Geglaubten und Praktizierten zu stehen scheint.Der 2001 erstmals von Gundolf Lehmhaus herausgegebene Text nebst Begleitvorträgen wird hier in einer sorgfältig überarbeiteten und um zahlreiche Notenbeispiele ergänzten Neuauflage vorgelegt.