Der Süden Südtirols, das klingt nach Sonne pur, das ist eine verbale Verheißung für den Urlaub. Und den verbringen Nord- wie Südländer am liebsten am Wasser und in den Bergen. Von beidem haben Überetsch und Unterland einiges zu bieten: glitzernde Seen, lauschige Weinberge und so manchen richtig alpinen Gipfel im Mendelkamm. Letzterer baut sich steil über dem Südtiroler Burgenländchen auf, felsiger Hintergrund zu all den romantischen Sujets, denen man im Überetsch auf Schritt und Tritt begegnet: Schlösser, wie Hocheppan und Sigmundskron, herrschaftliche Ansitze und schattige Gärten, blühende Apfelbäume im Frühling und fruchtschwere Weinberge im Herbst. Da läßt es sich gut sein und auch gut wandern. Und dann gibt es da noch das Nonstal, die unbekannte Rückseite des Mendelkamms, berühmt für seine exquisiten Äpfel: nicht unbedingt ein klassisches Wanderrevier, aber ein interessanter Winkel des Trentino, viel mehr als nur eine "Apfelkiste". Wer Ausflüge mit leicht abenteuerlichem T ouch liebt, sollte einen Abstecher über den Berg riskieren - es lohnt sich. Der bekannte Bergbuchautor Eugen E. Hüsler hat mit viel Sachkenntnis und Liebe zum Gebiet aus der Vielfalt der Möglichkeiten die 49 schönsten Tal- und Höhenwanderungen sowie eine Radtour ausgewählt. Da finden sich leichte, entspannende Spaziergänge zwischen den Weinbergen ebenso wie alpin anspruchsvolle Wanderungen in den höheren Regionen des Mendelkammes. Alle Touren sind präzise beschrieben und mit Kartenskizzen versehen. Und Wanderlust machen Hüslers Beschreibungen schon von der ersten Zeile an!
"Überetsch" von Eugen E. Hüsler. Erschienen in der Reihe: "Rother Wanderführer". Bergverlag Rother, München 1997. 144 Seiten, 78 Farbfotos, 50 Karten. Broschiert, 22,80 Mark. ISBN 3-7633-4116-1.
Eugen E. Hüsler, der Autor diese Wanderführers, nimmt es mit dem Buchtitel nicht allzu genau und behandelt auch Wandergebiete in benachbarten Landesteilen. Das ist zwar geographisch bedenklich, im Grunde aber der entscheidende Vorteil des kleine Bändchens. Das "Adels- und Burgenparadies" rund um Kaltern versinkt nämlich in Wanderwegmarkierungen und - leider - fast ganzjährig auch unter Touristenströmen. Noch mehr Fußvolk auf die Wanderautobahnen rund um das voreiszeitliche Flußbett der Etsch zu lenken würde an Fahrlässigkeit grenzen. So finden sich die attraktivsten Wandervorschläge Hüslers dort, wo man nicht nur den Südtiroler Landesteil, sondern Südtirol überhaupt verläßt: Im jenseits des Mendelkamms gelegenen Nonstal, das politisch zum Trentino gehört und deshalb auch Val di Non genannt werden sollte. Abstecher in dieses touristische Niemandsland bieten sich auch deshalb an, weil es vom Etschtal aus unschwer mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar ist. Leider wird darauf weniger deutlich hingewiesen als auf die Parkmöglichkeiten für das (natürlich) mitgebrachte Auto. So werden viele Leser wohl doch wieder nur eine Autorundfahrt mit gelegentlichem Beinevertreten durch die vom Verkehr bedrängte Etschtalregion unternehmen. Im Text erfährt man, daß das günstige Nahverkehrsabo leider nur in Bozen erhältlich ist. Wo genau bitte? Und wie kommt man an die Fahrpläne des Trentino? In einem Führer, der ungefährliche Spazierwege neben gefährlichen Klettersteigen behandelt, stört manchmal auch der sorglose Animatorenton, der sich inzwischen leider in vielen Reihen findet: Der "bestens abgesicherte Steg" durch die Rastenbachklamm ist jedenfalls seit einiger Zeit wegen Lebensgefahr gesperrt. Und das zu Recht. Die Holzstiegen und das Geländer sind morsch. (tum)
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