»Mein Leben, das ich nicht leben werde / webt mir Gesichtszüge, und wir verschlingen uns gegenseitig«.»Von Flügeln« will das lyrische Ich in diesem Band sprechen, wie es in dem Gedicht »Zur Eröffnung« heißt - dem eigenen Körper enthoben gewinnt es so den Überblick für seine Beobachtungen. Abdahlrahman Alqalaqs Gedichte und seine Erzählung haben dabei mitunter einen bitteren Ton, sie handeln von Krieg, Flucht und Leben im Exil, wollen aber auch die zärtlichen Momente nicht vergessen. Sie spüren der alten Heimat nach, der Distanz, die sich zwischen dem Ich und ihr aufgetürmt hat, setzen sich mit der neuen auseinander, gedenken Freunden.»Aber so ist es, das Exilsyndrom: / Ich kann nicht aufstehen und nicht untergehen«.Das Leben im Exil erscheint als Leben in einem Zwischenbereich, dem die Sprache in nachhallenden Bildern nachgeht, mal feiner, mal heftiger, aber immer eines: intensiv.Absentes nimmt Form anMeine Wohnung tut nur eines: sie erinnert mich an Dinge, die nicht da sind Die Wände, die Treppedie Fenstergriffe, Türklinken, Möbelkantendas leere Sofagebrochene Schatten auf einem Tisch mit zwei StühlenAlles verweist auf Fehlendes und will mich in den Wahnsinn treibenIrgendwann nimmt das Absente Form anund man spricht zu ihm und wettet:Wer von uns ist präsenter in dieser Wohnung?
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Durch den wiederentflammten Gaza-Konflikt bekommt das Buch des deutsch-palästinensischen Autoren Abdalrahman Alqalaq eine noch aktuellere Bedeutung, schreibt Rezensentin Insa Wilke, die von Alqalaqs Gedichten und Prosa völlig in den Bann geschlagen ist. So schreibt Alqalaq über seinen Vater, der nach mehreren Aufenthalten in Flüchtlingslagern starb, und versucht auf diese Weise von einem kollektiven Wir in der Diaspora ein individuelles Ich zu gelangen: "Nur, was meine Augen sehen, möchte ich glauben / doch immer quält mich die Frage / wie man die Dinge eigentlich sehen muss / und wie sie sich dem Betrachtenden entziehen." Die Gedichte sind komplex aufgebaut, die Verse "luftig", das Vokabular überschaubar, schreibt der Kritiker. Ein zentrales Motiv seien "Schatten", die für die gemeinsamen Erfahrungen der Generationen stehen, aber auch der Versuch sich von diesen zu befreien. Das Buch ist ein "Zeichen der Präsenz eines Menschen", schließt Wilke.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»(Alqalaqs) Buch beweist eine ungewöhnliche Sensibilität.« (Insa Wilke, Deutschlandfunk Büchermarkt, 03.09.2024) »Bitterkeit und Wut, aber auch Zartheit spricht aus diesen Gedichten. (...) Seine Texte beziehen keine politische Position und sind doch schneidend in ihrer Deutlichkeit.« (Irene Grüter, SRF2 Kultur, 07.10.2024) »(ein) schmale(s) aber intensive(s) Buch (...). Hoffentlich lesen wir bald mehr von dieser wahrhaftigen Stimme.« (Corinne Orlowski, DLF Kultur Lesart, 21.11.2024) »Wie geht das: Leben im Exil, als Flüchtling, Palästinenser, ohne Ort in der Welt? Davon erzählen Abdalrahman Alqalaqs Gedichte auf vielstimmige Weise: mal zärtlich, mal melancholisch, mal bitter. Ohne Pathos, nie plakativ, mit immenser poetischer Intensität.« (Claudia Kramatschek, Litprom-Bestenliste zum Winter 2024)