Aus den reichen Beständen der beiden berühmtesten Museen von Florenz, den Uffizien und dem Palazzo Pitti, werden in diesem prachtvollen Band 817 Gemälde abgebildet, chronologisch eingeordnet und dokumentiert.
Das Hauptgewicht liegt bei den italienischen Gemälden der Renaissance, des Manierismus und Barock, doch findet sich in dem Prachtband auch Malerei aus den Niederlanden, Spanien, Frankreich und Deutschland.
Das Hauptgewicht liegt bei den italienischen Gemälden der Renaissance, des Manierismus und Barock, doch findet sich in dem Prachtband auch Malerei aus den Niederlanden, Spanien, Frankreich und Deutschland.
Uffizien und Palazzo Pitti vereint / Von Eduard Beaucamp
Bevor auf CD-Rom die Kunstgeschichte und die Museen auf den häuslichen Bildschirm geschickt werden, gibt es einen Aufstand der Bücher und Bildbände. Wer in den schönsten Gemäldegalerien der Welt lustwandeln möchte, kann es heute auch zwischen zwei Buchdeckeln tun. Die Nationalgalerie in Washington, der Louvre und das Orsay-Museum in Paris, die Eremitage in St. Petersburg, sie alle jeweils auf einen Kernbestand von bis zu achthundert kommentierten Gemälden verdichtet, waren in den letzten Jahren kulinarische Ereignisse auf dem Buchmarkt. Jetzt hat die gleiche internationale Edition die Uffizien und den Palazzo Pitti in Florenz, damit die Archtetypen aller Gemäldegalerien, erschlossen. Beide sind in einem Band mit wieder rund achthundert Bildern zum Super- und Idealmuseum fusioniert.
Freilich verschleift dabei der gegensätzliche Charakter beider Sammlungen - die heute kunsthistorische Ordnung der Uffizien und die ursprüngliche Kunstkammer-Hängung des Palazzo Pitti. Beim Blättern in der üppigen Anthologie durchschreitet man in Gedanken die berühmten Museumssäle. Im Buch darf man noch mehr sehen als am Ort selbst: Man wirft tiefe Blicke in die Depots und damit vor allem auf die regionalen Schulen der Barockmalerei, die noch nicht wieder in die Schausäle aufgestiegen sind. Der Band versammelt überdies 46 Beispiele jener einzigartigen Sammlung von tausend Künstler-Selbstporträts zwischen Raffael und Chagall, die in dem selten zugänglichen Korridor hängen, der die Uffizien mit dem Palazzo Pitti verbindet und den Vasari für Cosimo I., den Großherzog und ersten Diktator von Florenz, gebaut hatte.
Der Prachtband ist eine einzige Hymne auf das Florentiner Zentralgestirn, die Dynastie der Medici, die vom fünfzehnten bis achtzehnten Jahrhundert zuerst als Auftraggeber und Mäzene, später als systematische Sammler und Bewahrer die Kulturgeschichte der Stadt steuerten und diesen einzigartigen Kunstkosmos aufbauten. Mit dem Schwinden der politischen Macht wuchs, wie so oft, der imperiale Sammelwille. In diesem Sinne waren Cosimo I. und Vasari moderne Schlüsselfiguren. Sie begründeten mit der Kunstakademie und einer frühen Denkmalpflege auch das "Museumswesen". Der Band schildert, wie sich durch die Familienpolitik der Medici der Bestand von der Apologie einer rein florentinischen Kunst allmählich zu einer Sammlung von universalem Anspruch auswuchs. Schöne Nebenwirkung der europäischen Heiratsstrategien der Medici-Herzöge war, daß die umbrische, die venezianische, bolognesische, römische, genuesische, schließlich auch die französische, holländische und flämische, die deutsche und spanische Malerei hinzukamen. Lücken wurden früh durch eine kunsthistorisch orientierte Ankaufspolitik geschlossen. Am Ende bringt die Säkularisation den Museen noch einmal gewaltigen Zuwachs aus dem Kirchenbesitz.
Die Medici verabschiedeten sich mit großer Würde aus der Weltgeschichte. Das letzte Familienmitglied, Anna Maria Ludovica, Witwe des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, schloß 1739 einen "Familienpakt", der das gesamte, über vier Jahrhunderte angesammelte Inventar dem toskanischen Staat als unveräußerliche Erbschaft vermachte. Die Texte dieses Buches sind voll patriotischer Dankbarkeit, während konkurrierende Geschlechter wie die Este in Modena oder die Gonzaga in Mantua wegen "unglückseliger Verschleuderung" ihres Kunstbesitzes an die sächsische und die englische Krone noch heute geschmäht werden. Zu den Vorzügen des Bandes gehört auch die Vielfalt der Kommentare. Anhand des Florentiner Gemäldebestandes wird in dreizehn Kapiteln eine komplette Kunstgeschichte erzählt. Außerdem wird jedes Bild einzeln und genau dokumentiert.
Mina Gregori: "Uffizien und Palazzo Pitti. Die Gemäldesammlungen von Florenz". Mit Beiträgen von Antonio Paolucci und Marco Chiarini. Hirmer Verlag, München 1994. 656 S., über 800 farbige Abb., geb., 268,- DM.
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"Nie zuvor sind die Gemäldesammlungen der staatlichen Florentiner Museen so umfassend und so eindrücklich publiziert worden. Auf 656 Seiten bringt das Buch farbig alle die Bilder vor Augen, die man immer gerne sieht, und auch jene (vielen), die man noch nie gesehen hat. Die Texte sind kurz, präzis und fachmännisch." (NEUE ZÜRCHER ZEITUNG)