"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen", erklärte DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961. Kaum zwei Monate später wurde Berlin geteilt. Diese Tatsachen sind bekannt. Was sich aber vor, während und unmittelbar nach dem Mauerbau in Ostberlin und Moskau hinter den Kulissen abgespielt hat, blieb jahrezehntelang im Dunkeln. In der vorliegenden Dokumentation zeichnen nun Matthias Uhl und Armin Wagner die politischen und militärischen Planungen für die Errichtung des neuen Grenzregimes nach.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Seit Mitte der fünfziger Jahre gab es Pläne für die Abschottung der DDR von der Bundesrepublik und im Januar 1961 gelangten sie im Auftrag Ulbrichts ins Stadium detaillierter Vorbereitung. In dem Augenblick, in dem die Mauer beschlossene Sache war (6. Juli 1961), übernahm die Sowjetunion das Kommando, um eine militärische Auseinandersetzung um Berlin zu vermeiden. Michael Hollmann beschränkt sich in seiner Rezension im wesentlichen auf die Nacherzählung der Ereignisse, lobt diese Dokumentation aber für das "vielschichtige Bild", das sie bietet und für eine Reihe bisher unbekannter Dokumente aus deutschen wie russischen Archiven.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2003Unter dem roten Mantel
Dokumente zu Ulbrichts Mauerbau / Von Michael Hollmann
Spätestens seit der Mitte der fünfziger Jahre gab es in der DDR Planungen für eine Abriegelung der Grenzen der DDR zur Bundesrepublik und zu West-Berlin. "Plan Anton" war die Chiffre für ein 1954/55 erstelltes Szenario zur Schließung einer Wunde, durch die die DDR auszubluten drohte. Bis 1961 sollen fast drei Millionen DDR-Bürger ihrem Staat den Rücken gekehrt haben. Sosehr Ulbricht eine undurchlässige Demarkationslinie vor allem in Berlin zur Existenzsicherung der DDR brauchte, so riskant war ein solcher Schritt für die internationale Lage. Chruschtschows Berlin-Ultimatum 1958 hatte zwar die für die DDR mißliche Lage nicht ändern können, Ulbricht aber in die Lage versetzt, im Kreml immer nachdrücklicher eine Klärung der instabilen Lage in Berlin einzufordern. Erfolgreich vermittelte er den Eindruck, die DDR könnte sich irgendwann gezwungen sehen, auf eigene Faust zu handeln, und die Kontrolle über die Verkehrswege in der DDR und nach Berlin (West) übernehmen, selbst wenn dies die Gefahr eines Konflikts mit den West-Alliierten heraufbeschwören sollte.
Noch bevor auf der politischen Ebene die Abriegelung des westlichen Teils von Berlin beschlossen wurde, veranlaßte Ulbricht im Januar 1961 detaillierte Planungen, in die das Oberkommando der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) eingebunden wurde. Der Vier-Mächte-Status Berlins erforderte ein sorgfältig abgestimmtes Handeln der bewaffneten Kräfte des DDRInnenministeriums, der NVA und der GSSD. Die endgültige Zustimmung Moskaus erreichte Ulbricht am 6. Juli. Von nun an übernahm jedoch die sowjetische Seite die Planungen, da Moskau um jeden Preis einen militärischen Konflikt in Berlin vermeiden wollte. Die Verantwortlichkeit der DDR blieb fortan auf die direkte Abriegelung der einzelnen Grenzabschnitte beschränkt. Die Vorbereitungen erfolgten unter dem Tarnmantel einer simulierten Inspektion der Gefechtsbereitschaft. Die wahren Ziele der Operationen konnten selbst vor den kommandierenden Offizieren bis zum 12. August verheimlicht werden. Die Aktionen des 13. August verliefen überraschend ruhig. Trotz aller Empörung und der ersten Mauertoten schon im August 1961 waren es die Beschränkungen westalliierter Rechte, die zur Verschärfung der Krise führten. Mit dem Abzug ihrer Panzer vom Checkpoint "Charlie" am 28. Oktober akzeptierten jedoch die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion die Mauer als einen Kompromiß, der die DDR vor der Ausblutung rettete - ohne den Vier-Mächte-Status der Stadt entscheidend in Frage zu stellen. Matthias Uhl und Armin Wagner zeichnen mit ihrer Dokumentation ein vielschichtiges Bild der Ereignisse und präsentieren zahlreiche bislang nicht bekannte Dokumente aus deutschen und russischen Archiven.
Matthias Uhl/Armin Wagner (Herausgeber): Ulbricht, Chruschtschow und die Mauer. Eine Dokumentation. R. Oldenbourg Verlag, München 2003. 219 S., 24,80 [Euro].
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Dokumente zu Ulbrichts Mauerbau / Von Michael Hollmann
Spätestens seit der Mitte der fünfziger Jahre gab es in der DDR Planungen für eine Abriegelung der Grenzen der DDR zur Bundesrepublik und zu West-Berlin. "Plan Anton" war die Chiffre für ein 1954/55 erstelltes Szenario zur Schließung einer Wunde, durch die die DDR auszubluten drohte. Bis 1961 sollen fast drei Millionen DDR-Bürger ihrem Staat den Rücken gekehrt haben. Sosehr Ulbricht eine undurchlässige Demarkationslinie vor allem in Berlin zur Existenzsicherung der DDR brauchte, so riskant war ein solcher Schritt für die internationale Lage. Chruschtschows Berlin-Ultimatum 1958 hatte zwar die für die DDR mißliche Lage nicht ändern können, Ulbricht aber in die Lage versetzt, im Kreml immer nachdrücklicher eine Klärung der instabilen Lage in Berlin einzufordern. Erfolgreich vermittelte er den Eindruck, die DDR könnte sich irgendwann gezwungen sehen, auf eigene Faust zu handeln, und die Kontrolle über die Verkehrswege in der DDR und nach Berlin (West) übernehmen, selbst wenn dies die Gefahr eines Konflikts mit den West-Alliierten heraufbeschwören sollte.
Noch bevor auf der politischen Ebene die Abriegelung des westlichen Teils von Berlin beschlossen wurde, veranlaßte Ulbricht im Januar 1961 detaillierte Planungen, in die das Oberkommando der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) eingebunden wurde. Der Vier-Mächte-Status Berlins erforderte ein sorgfältig abgestimmtes Handeln der bewaffneten Kräfte des DDRInnenministeriums, der NVA und der GSSD. Die endgültige Zustimmung Moskaus erreichte Ulbricht am 6. Juli. Von nun an übernahm jedoch die sowjetische Seite die Planungen, da Moskau um jeden Preis einen militärischen Konflikt in Berlin vermeiden wollte. Die Verantwortlichkeit der DDR blieb fortan auf die direkte Abriegelung der einzelnen Grenzabschnitte beschränkt. Die Vorbereitungen erfolgten unter dem Tarnmantel einer simulierten Inspektion der Gefechtsbereitschaft. Die wahren Ziele der Operationen konnten selbst vor den kommandierenden Offizieren bis zum 12. August verheimlicht werden. Die Aktionen des 13. August verliefen überraschend ruhig. Trotz aller Empörung und der ersten Mauertoten schon im August 1961 waren es die Beschränkungen westalliierter Rechte, die zur Verschärfung der Krise führten. Mit dem Abzug ihrer Panzer vom Checkpoint "Charlie" am 28. Oktober akzeptierten jedoch die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion die Mauer als einen Kompromiß, der die DDR vor der Ausblutung rettete - ohne den Vier-Mächte-Status der Stadt entscheidend in Frage zu stellen. Matthias Uhl und Armin Wagner zeichnen mit ihrer Dokumentation ein vielschichtiges Bild der Ereignisse und präsentieren zahlreiche bislang nicht bekannte Dokumente aus deutschen und russischen Archiven.
Matthias Uhl/Armin Wagner (Herausgeber): Ulbricht, Chruschtschow und die Mauer. Eine Dokumentation. R. Oldenbourg Verlag, München 2003. 219 S., 24,80 [Euro].
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