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Der Autor der Entdeckung der Langsamkeit schildert den Siegeszug der modernen Presse, dazu Triumphe und Tragödien aus hundert Jahren deutscher Geschichte. Im Mittelpunkt aber stehen Aufstieg, Glanz und Untergang der Verlegerfamilie Ullstein. Konflikte und Leidenschaften werden nicht ausgespart, auch nicht die Enttäuschung der Juden, die ihre Hoffnungen auf ein demokratisches Deutschland gesetzt hatten.

Produktbeschreibung
Der Autor der Entdeckung der Langsamkeit schildert den Siegeszug der modernen Presse, dazu Triumphe und Tragödien aus hundert Jahren deutscher Geschichte. Im Mittelpunkt aber stehen Aufstieg, Glanz und Untergang der Verlegerfamilie Ullstein. Konflikte und Leidenschaften werden nicht ausgespart, auch nicht die Enttäuschung der Juden, die ihre Hoffnungen auf ein demokratisches Deutschland gesetzt hatten.
Autorenporträt
Sten Nadolny, geboren 1942 in Zehdenick an der Havel, lebt in Berlin. Ingeborg-Bachmann-Preis 1980, Hans-Fallada-Preis 1985, Premio Vallombrosa 1986, Ernst-Hoferichter-Preis 1995.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2003

Wie behaglich, dieses Berliner Zeitungswesen
Sten Nadolnys "Ullsteinroman" Von Mark Siemons

Sten Nadolnys berühmtester Satz bleibt vermutlich: "John Franklin war schon zehn Jahre alt und noch immer so langsam, daß er keinen Ball fangen konnte." So beginnt "Die Entdeckung der Langsamkeit", jener Roman, mit dem Nadolny bekannt wurde. Ein wunderbarer Satz: In ihm steckt schon das ganze Buch, das sich daraus entwickelt; der Satz gibt seinen heiter-verwunderten Ton vor.

Der erste Satz von Nadolnys neuem Buch, "Ullsteinroman", lautet: "Außer ihm kam heute wohl niemand zur Landspitze, nur Fische und Vögel." Auch dieser Satz führt in die Handlung ein, denn er bezieht sich auf den neun Jahre alten Leopold Ullstein, den Gründer jener Zeitungs- und Verlagsdynastie, die Nadolnys Werk porträtiert. Aber darüber hinaus hat der Satz nichts zu bedeuten. Fische und Vögel spielen in Leopold Ullsteins späterem Leben keine besondere Rolle mehr, und auch die Neigung zu einsamer Kontemplation kommt nicht mehr zum Tragen. Es ist nichts als ein Anlauf zum gemächlichen Fabulieren, und in diesem Sinne ist der Satz leider doch bezeichnend für das ganze Buch, das aus dem gemächlichen Fabulieren nicht mehr herauskommt, dabei aber kein eigenes Zentrum hat: Es ist gar kein Roman, sondern eine bloße Folge von Anekdoten, die allerdings, wie bei Nadolny nicht anders denkbar, mit beträchtlichem Charme und sicherem Gespür für lehrreiche Pointen dargeboten werden.

Erzählt wird die Geschichte der Familie Ullstein von 1835 bis zum Regierungsantritt der Nationalsozialisten, die den jüdischen Verlag zerschlugen. Erzählt werden die einzelnen Lebensläufe und davon, mit welch schlafwandlerischer Sicherheit Leopold und seinen fünf Söhnen fast alle Unternehmungen zu Erfolgen gerieten, von der "Berliner Morgenpost" über die erste Straßenzeitung "B.Z." bis hin zum Buchverlag mit seinen populären Romanen. Da vermengt sich Privates, Politisches und Zeitungsgeschichtliches, ohne daß ersichtlich wird, was historisch belegte Tatsache und was Ausschmückung ist. Lange wird auch nicht klar, was Nadolny eigentlich an dem Stoff gereizt hat. Zwar kann er das Erlebnis einer Zugfahrt auch hier zwanglos unterbringen, denn die Ullsteins stammen aus Fürth, dem Ausgangspunkt der ersten deutschen Bahnstrecke. Doch im übrigen wird man die Frage nicht los, weshalb da ausgerechnet der Laudator der Langsamkeit über die Gründer der "schnellsten Zeitung der Welt" schreibt, als die damals die "B.Z." galt.

Freilich wird bald deutlich, daß das große Thema der Ullsteins - Schnelligkeit und Fortschritt - im Rückblick Nadolnys eher als rührend gute alte Zeit daherkommt. Nadolny erzählt aus der rücksichtsvollen, leicht verklärenden Perspektive eines Familienalbums, und man ahnt, daß in diesem dahinfließenden Plaudern vielleicht selbst schon die menschenfreundliche Botschaft dieser Prosa liegt. "Glück entstand, wie unter Kindern, ganz ohne Abmachung und Verstehen", heißt es einmal über Leopolds Ehe: "Es war geteilter Reichtum des Wahrnehmens, und das behagliche Mitteilen und Zuhören gehörte dazu." Nadolny verschweigt nicht, daß auch dieser Familie, spätestens seitdem sich die Enkelgeneration einmischte, Intrigen nicht fremd waren; auch die Anpassungsversuche einiger Ullsteins an die mächtiger werdenden Nationalsozialisten werden erwähnt. Und doch wird die wohlwollende Distanz dieses behaglichen Mitteilens noch nicht einmal beim schrecklichen Ende bitter. Leider kann der nachlässig aufbereitete Stoff dem Glücksversprechen des Stils nicht standhalten.

Sten Nadolny: "Ullsteinroman". Roman. Ullstein Verlag, München 2003. 495 S., geb., 24,- [Euro].

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