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Dublin, 16. Juni 1904: ein Tag im Leben des Anzeigenakquisiteurs Leopold Bloom und die Sensationen des Gewöhnlichen - James Joyce hat aus einem Minimum an Stoff ein Maximum an Buch erschaffen: den Ulysses, den bedeutendsten Roman der Moderne, ein Jahrhundertwerk.
Joyce' auch in formaler Hinsicht spektakuläre Schöpfung hat Nicolas Mahler zu einer Bilderzählung inspiriert, die keine bloße Illustration oder Adaption des Romans darstellt, sondern ein eigenständiges und ebenso erfindungsreiches wie witziges Werk. Mit den Mitteln des Comics werden hier die verschiedenen literarischen Techniken…mehr

Produktbeschreibung
Dublin, 16. Juni 1904: ein Tag im Leben des Anzeigenakquisiteurs Leopold Bloom und die Sensationen des Gewöhnlichen - James Joyce hat aus einem Minimum an Stoff ein Maximum an Buch erschaffen: den Ulysses, den bedeutendsten Roman der Moderne, ein Jahrhundertwerk.

Joyce' auch in formaler Hinsicht spektakuläre Schöpfung hat Nicolas Mahler zu einer Bilderzählung inspiriert, die keine bloße Illustration oder Adaption des Romans darstellt, sondern ein eigenständiges und ebenso erfindungsreiches wie witziges Werk. Mit den Mitteln des Comics werden hier die verschiedenen literarischen Techniken des Originals zeichnerisch verwandelt. Mahler montiert, zitiert und schwadroniert dabei ganz im Geiste von Joyce.

Mit seiner Comic-Interpretation des modernen Klassikers, die zugleich eine Hommage an eine goldene Ära des Zeitungscomics darstellt, ist der Ulysses auf ungeahnte Weise ganz neu zu entdecken.
Autorenporträt
Nicolas Mahler, geboren 1969, lebt und arbeitet als Comic-Zeichner und Illustrator in Wien. Seine Comics und Cartoons erscheinen in Zeitungen und Magazinen wie Die Zeit, NZZ am Sonntag, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und in der Titanic. Für sein umfangreiches Werk wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet; u. a. erhielt er 2010 den Max und Moritz-Preis als »Bester deutschsprachiger Comic-Künstler«, 2015 den Preis der Literaturhäuser und 2019 den Sondermann-Preis. Mahler ist künstlerischer Leiter der Schule für Dichtung in Wien.
James Joyce wurde am 2. Februar 1882 in Dublin geboren, wo er in schwierigen und ärmlichen Familienverhältnissen aufwuchs. Joyce studierte am University College von Dublin moderne Sprachen, u.a. Englisch, Französisch und Italienisch. 1902 ging er nach Paris, um ein Medizinstudium zu beginnen. Er wandte sich dort aber dem Schreiben zu und führte einen ausschweifenden Lebensstil. 1903 kehrte er nach Dublin zurück, konnte dort jedoch nicht Fuß fassen. Mit seiner Geliebten und späteren Ehefrau Nora Barnacle siedelte er 1904 auf den Kontinent über und lebte hauptsächlich in Triest. Er schrieb Kurzgeschichten und überarbeitete seinen ersten Roman Stephen Hero, der später als A Portrait of the Artist as a Young Man (Porträt des Künstlers als junger Mann) veröffentlicht wurde. 1914 erschien Joyces erste Kurzgeschichtensammlung Dubliners. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges zog er mit seiner Familie nach Zürich, wo sein bekanntestes Werk Ulysses entstand. Der Roman wurde 1918-1920 inAuszügen in der amerikanischen Zeitschrift »The Little Review« abgedruckt; 1921 wurde er wegen obszöner Inhalte verboten. 1922 erschien Ulysses schließlich in (zensierter) Buchform in der Pariser Buchhandlung »Shakespeare and Company«. 1920 zog Joyce auf Einladung seines Freundes Ezra Pound nach Paris, wo er bis zu Frankreichs Besetzung im Zweiten Weltkrieg lebte. Dort entstand sein letzter Roman Finnegan's Wake (Finnegans Totenwache), der 1939 veröffentlicht wurde. James Joyce starb am 13. Januar 1941 in Zürich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2020

Der dicke und der dünne Joyce
Unlesbar? Unbeschreiblich! Nicolas Mahler zeichnet "Ulysses" und "Finnegans Wake"

Der Vorurteile gegenüber beiden Hauptwerken von James Joyce sind viele: unlesbar, unverständlich, verkopft, verschroben, überlang, übermütig, artifiziell, arrogant. Der Roman "Ulysses", erschienen 1922, und sein Nachfolger "Finnegans Wake" aus dem Jahr 1939 sind in der Tat umfangreich und (Ersterer teilweise, Letzterer durchgehend) in einer Sprache verfasst, die mit dem literarisch Vertrauten radikal bricht. Das hat ihnen seit jeher fanatische Feinde beschert und potentielle Leser abgeschreckt. Doch "Ulysses" genießt den Status eines, wenn nicht des Hauptwerks des literarischen Modernismus, und "Finnegans Wake" gilt als größte schriftstellerische Extravaganz des zwanzigsten Jahrhunderts. Wie also Verächter und Verstörte für diese Bücher gewinnen?

Als der Suhrkamp Verlag vor nunmehr bald zehn Jahren damit begann, Comics zu publizieren, sollte das im Zeichen einer pädagogischen Mission stehen: Man wollte neue Lesergruppen für die eigenen Klassiker gewinnen, und gezeichnete Adaptionen schienen dazu ein geeignetes Mittel. Anfangs war sogar daran gedacht, den Comicversionen jeweils vollständige Texte der zugrundeliegenden Bücher beizugeben - in der Hoffnung, damit eine neue Form der Schullektüre zu generieren. Die eine Erzählform wäre zur dienenden Magd der anderen geworden, aber zum Glück wurde als erster Suhrkamp-Comic Nicolas Mahlers Verarbeitung von Thomas Bernhards Roman "Alte Meister" fertig. Der gute Bernhard-Geist im Verlag, der unlängst verstorbene Cheflektor Raimund Fellinger, erkannte sofort die Eigenständigkeit dieser Version, die vielmehr Variation auf ein Thema war als dessen Adaption. Der von Mahler gezeichnete "Alte Meister" war ein Meilenstein, dem seitdem etliche ähnlich frei interpretierte Klassiker-Comics bei Suhrkamp gefolgt sind. Meistbeschäftigter Zeichner dabei: Nicolas Mahler, mit Bänden zu Büchern von Proust, Musil, Carroll, Wedekind und weitere Male Bernhard. 2015 erhielt er dafür den Preis der Literaturhäuser.

Nun hat der österreichische Zeichner sich für Suhrkamp des "Ulysses" angenommen: Der Tausendseitenroman über einen Tag im Leben des Dubliner Anzeigenakquisiteurs Leopold Bloom wird bei ihm auf 275 Comicseiten heruntergebrochen, deren jede in wenigen Sekunden zu lesen ist. Durch diesen "Ulysses" ist man in einer Stunde durch. Aber mit ihm ist man dann noch nicht fertig.

Mahlers Meisterschaft als grafischer Nacherzähler liegt in der Herauspräparierung zentraler Motive und Momente der jeweiligen literarischen Vorlage. Dadurch werden seine Comics zu buchstäblichen Schlüsselwerken, die uns Zugänge öffnen in den Text. Man muss aber auch sagen: Je besser man diesen Text bereits kennt, desto vergnüglicher ist die Lektüre von Nicolas Mahlers Varianten. Wer sich erhoffen sollte, mit dessen "Ulysses" den von James Joyce überhaupt erst kennenzulernen, dürfte enttäuscht werden. Wer den Roman aber besser kennenlernen will, der hat das rechte Buch gewählt.

Obwohl es ein ganz anderes ist, angesiedelt nicht in Dublin, sondern in Wien, und der Protagonist trägt den Namen Leopold Wurmb. Geblieben sind indes dessen Beruf und der Handlungstag: der 16. Juni 1904. Mahler hat sich, wie schon Joyce ein Jahrhundert zuvor, in die Pressearchive begeben und dort reiche Beute gemacht. Sein Comic ist durchsetzt mit damaligen Gegebenheiten, die heute als Skurrilitäten gelten dürfen, extrahiert vor allem aus Zeitungsannoncen, also dem Gegenstand der Profession von Leopold Wurmb. Zahlreiche davon sind als faksimilierte Ausschnitte in die Bilder eingearbeitet.

Zentral für den "Ulysses" von Joyce ist die sprachliche Veränderung zwischen den einzelnen Abschnitten, die zwar motivisch der Homer'schen "Odyssee" folgen, aber ein Panoptikum literarischer Stile bieten, das vom Epos-Ton über Shakespeare-Sprache bis zum hier erstmals berühmt gewordenen inneren Monolog im Abschlusskapitel reicht. Ein Comic aber kann nicht konsequent auf Sprache setzen und einer von Mahler schon gleich gar nicht. Dieser Zeichner setzt auf radikale Reduzierung im Strich und streicht dabei zugleich auch den überwiegenden Teil der Handlung der Vorlagen. Dafür führt er analog zum Joyce'schen Modell des literarischen Pastiches eine comicgeschichtliche Aufladung der Geschehens durch. Wurmb gerät in archetypische Situationen aus Klassikern der Bildgeschichte: von amerikanischen Strips wie "Little Nemo", "The Kin-der Kids", "Krazy Kat" und "Popeye" bis zu Benito Jacovittis italienischer Westerngroteske "Cocco Bill". Und siehe da: Das geht im Kontext des "Ulysses" blendend auf.

Doch als wäre das nicht genug, hat Mahler kurzerhand auch noch "Finnegans Wake" in Bilder gesetzt, aber ganz anders als den "Ulysses". Stilistisch könnten zwar beide Comics nahtlos ineinander übergehen, sonst jedoch ist alles noch freier. Aus dem vielzüngigen Riesensprachkunstwerk werden 24 winzige Seiten, die denn auch nicht bei einem Haus wie Suhrkamp, sondern beim lettischen Kleinstverlag Grafiskie stasti erschienen sind, der eine Heftchenreihe namens "mini kus!" herausbringt, dessen Nummer 92 nun Mahlers "Finnegans Wake" bietet. Es ist, wie könnte es anders sein, nicht mehr als eine Petitesse, aber eine köstliche, die vor allem den ersten Seiten des Romans entnommen ist und den Unfall des Titelhelden Finnegan ins Bild setzt, der bei Mahler mit einer Lautmalerei von der Leiter stürzt, die ein typischen Joyce-Wort aus "Finnegans Wake" zitiert: "Tawfulsdreck". Die Adaption reiht derartige Fundstücke aus dem Roman aneinander, lässt diesmal die Figuren Mutt und Jeff als Reminiszenz an die Comicgeschichte auftreten und nimmt das Konstruktionsprinzip der Vorlage, die den letzten Satz in den ersten übergehen lässt, dergestalt auf, dass Finnegan auf dem letzten Bild wieder auf die Leiter zusteuert. Es gibt keinen geraden Handlungs- oder Linienverlauf in diesem Comic und keinen unmittelbar nachvollziehbaren Dialog. Wir begeben uns mit Mahler auf Motivsuche bei Joyce. Wie Joyce es bei der Sprache tat. Meisterhaft, der eine wie der andere.

ANDREAS PLATTHAUS

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»Mahlers Meisterschaft als grafischer Nacherzähler liegt in der Herauspräparierung zentraler Motive und Momente der jeweiligen literarischen Vorlage. Dadurch werden seine Comics zu buchstäblichen Schlüsselwerken, die uns Zugänge öffnen in den Text.« Andreas Platthaus Frankfurter Allgemeine Zeitung 20201105