"Bub, geh bloß nie zur Zeitung!", beschwört ihn die Großmutter, denn Zeitungen sind für sie des Teufels. Doch das Kind, das der Erzähler einmal war, verfällt dem Zaubermedium. In allen Umbrüchen der Zeiten und der Zeilen: von der kleinen "Stadtpost" über die "Landeszeitung", wo die Rezension als Hochamt gegen alle Anfechtungen des Zeitgeists zelebriert wird, bis hin zur "Staatszeitung", wo die Mauern fallen, die Dämme brechen. Gerhard Stadelmaier, der legendäre Theaterkritiker der F.A.Z., weiß Bescheid, was im Inneren von Redaktionen passiert. Sein erster Roman, eine Art literarische Autobiographie, ist eine so wortgewaltige wie tragikomische Liebeserklärung an das, was Zeitung war und sein sollte.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.2016GERHARD STADELMAIER, bis September 2015 der fürs Theater und die Theaterkritik verantwortliche Redakteur dieser Zeitung, hat seinen ersten Roman geschrieben: "Umbruch", einen Zeiten- und Zeitungsroman. Worin das Zeitungsleben eines jungen Mannes verhandelt wird: als biographische Komödie in drei Akten. Der erste spielt in der "Stadtpost", wo der Chefredakteur noch als Herrgott verehrt wird. Der zweite in der "Landeszeitung", wo der Umbruch als Bastion, die Rezension als Hochamt gegen alle Anfechtungen des Zeitgeists zelebriert werden. Der dritte in der "Großen Staatszeitung", wo die hohe Schule der Eiertänzer geritten wird, aber auch die Mauern fallen und die Dämme brechen. Und bei allen drei Teilen ist jeweils der Tod ein wichtiger Mitakteur. Die Zeitungen jedoch erweisen sich für den jungen Mann als so quicklebendig wie die Zeiten. (Gerhard Stadelmaier: "Umbruch". Roman. Zsolnay Verlag, Wien. 222 S., geb., 22,- [Euro].)
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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Der "Formulierungsvirtuose" Gerhard Stadelmaier hat einen Roman über seine Zeit als leitender Theaterkritiker in Stuttgart und Frankfurt geschrieben und damit eine Periode eingekapselt - der Roman endet 1993 mit dem Buchmesseempfang der FAZ -, die man als beginnenden Niedergang des Feuilletons begreifen kann, erklärt Rezensent Christoph Bartmann: Zumindest hängt der seit 2015 pensionierte Großkritiker sichtlich den Zeiten nach, als im Feuilleton noch die Kultur-Kultur das Sagen hatte und hehre Rezensionen noch nicht von politischen Beiträgen oder postmodernem Firlefanz in die Randspalte oder gar auf den nächsten Tag geschoben wurden, so Bartmann. Das einstige Personal - der Kritiker bezeugt viele Zigarren und literweise getrunkenen Schnaps - mag sich wiedererkennen, für Außenstehende ist es jedoch hinreichend verklausuliert, so wie auch Stadelmaier selbst nur als "der junge Mann" auftrete und die FAZ als "Staatszeitung" firmiere. Die Lektüre lohnt sich nach Bekunden des Rezensenten wegen der "satirischen und liebevollen Schilderung einer wohl längst untergegangenen Geisteswelt".
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Ein ebenso kluger wie aus der Zeit gefallen arroganter Rückblick auf die goldenen Zeiten." Knud Cordsen, BR2, 23.09.16
"Eine barocke Oper über traditionsbewussten Journalismus, die Schnurren und Anekdoten wie aparte Arien darbietet". Norbert Mayer, Presse am Sonntag, 02.10.16
"'Umbruch' ist kein bloßes Memoiren- und Anekdotenbuch, sondern es beschreibt und analysiert nah am eigenen Erleben den Niedergang eines Gewerbes und vor allem den des Feuilletons." Christoph Bartmann, Süddeutsche Zeitung, 18.10.16
"Eine barocke Oper über traditionsbewussten Journalismus, die Schnurren und Anekdoten wie aparte Arien darbietet". Norbert Mayer, Presse am Sonntag, 02.10.16
"'Umbruch' ist kein bloßes Memoiren- und Anekdotenbuch, sondern es beschreibt und analysiert nah am eigenen Erleben den Niedergang eines Gewerbes und vor allem den des Feuilletons." Christoph Bartmann, Süddeutsche Zeitung, 18.10.16