Ein Paradigma moderner Interaktion in Wissenschaft und Kultur"Was nicht unaussprechlich ist, hat überhaupt kein Gewicht" (Paul Valéry): Dies gilt auch für wissenschaftliche Theorien, entfalten diese doch ihre Wirkung dadurch, daß erst durch ihre Arbeit an und mit Begriffen ein zuvor Unbegriffenes überhaupt zur Sprache kommen kann. Hans Blumenbergs paradox anmutende Begriffsbildung der "Unbegrifflichkeit" zielt aber nicht nur auf solche Interaktionsprozesse in den Wissenschaften, sondern versucht darüber hinaus die metaphorologischen Grundlagen der Moderne, vor allem in ihrer lebensweltlichen Verankerung, zu rekonstruieren. Dieser Band führt in dieses theoriegeschichtliche Projekt ein, indem er Modelle von Unbegrifflichkeit diskutiert (u.a. Schleiermacher, Simmel, Benjamin, Kracauer, de Man, Luhmann, Marin) und zugleich Anschlussmöglichkeiten an aktuelle literaturtheoretische, kulturwissenschaftliche, mediensemiotische und anthropologische Konzepte eröffnet.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.01.2005Ausblick in Konstanz
Kulturwissenschaftler lesen Hans Blumenberg
Als der Philosoph Hans Blumenberg vor fünfundzwanzig Jahren mit seinem „Ausblick auf eine Theorie der Unbegrifflichkeit” hervortrat, lagen die Anfänge seiner Metaphernforschung bereits ein knappes Vierteljahrhundert zurück. Eingesetzt hatte Blumenbergs „Metaphorologie” 1957 mit der inzwischen legendären Abhandlung über das „Licht als Metapher der Wahrheit”. Ende der siebziger Jahre setzte die Publikation des „Ausblicks” eine weitere Zäsur. Das Problem der Verbreitung von Sprachbildern in philosophischer Rede sah sich nun in den weiteren Zusammenhang der Frage gestellt, welche Voraussetzungen denn überhaupt den Durchsetzungserfolg und die Beharrungskraft der einschlägigen Sprachbilder in Philosophie und Wissenschaft garantieren. Blumenberg regte an, das lebensweltliche Wurzelwerk geistigen Abstrahierens freizulegen, den „Motivierungsrückhalt aller Theorie”.
Beiläufiges systematisch
Blumenberg betrieb diese Akzentverschiebung wie überhaupt seine philosophische Arbeit als Solitär. Undenkbar, dass im organisierten Konformismus heutiger Gruppenforschung einmal Arbeiten vom Rang der „Höhlenausgänge” oder der „Lesbarkeit der Welt” entstehen könnten. Andererseits wies Blumenberg in seinem „Ausblick” von 1979 den Weg einer „historischen Phänomenologie”, die nun doch so etwas wie eine Methode und damit Übertragbarkeit verhieß. Es ist dieses beiläufig unterbreitete Angebot, das eine in Konstanz um die Literaturwissenschaftlerin Almut Todorow versammelte Forschungsgruppe nun ermutigt hat, die Tragfähigkeit des Konzepts „Unbegrifflichkeit” in den Kulturwissenschaften zu erproben.
In seinem stark komprimierten und darum leicht kryptisch wirkenden Beitrag berichtet Anselm Haverkamp, wie Blumenbergs „Ausblick” seinerzeit zustande kam. Demnach entstand der Text für einen Band aus der Reihe „Wege der Forschung” („Theorie der Metapher”, 1996 in zweiter Auflage erschienen), dessen Veröffentlichung sich zunächst aus rechtlichen Gründen verzögerte, sodass einige Originalbeiträge, wie auch der Blumenbergs, zuerst an anderer Stelle erschienen. Interessant auch, dass Max Black, Paul de Man und Hans Blumenberg teilweise von den für Kolloquien in Chicago und Konstanz entstandenen Arbeiten der Kollegen Kenntnis genommen haben. Eine klare Rezeptionsspur findet sich allerdings nirgends. Ganz offensichtlich handelt es sich hier um eine jener Begegnungsgeschichten, die Blumenberg selbst einmal unter dem Titel „Verfehlungen” versammelt hat.
Die Ausgangsintuition des Konstanzer Forscherkreises ist klar und reizvoll. Es scheint, als fordere die von Blumenberg selbst angebahnte Erweiterung der Metaphorologie zu einer historisch reflektierten Logik vortheoretischer Sinngebungsprozesse die kulturwissenschaftliche Adaption geradezu heraus. Die einleitend vorgestellte These besagt denn auch, dass sich „in systematischer Hinsicht die Forschungslogik der Kulturwissenschaften als Suche nach einer Theorie der Unbegrifflichkeit” analysieren ließe.
Beabsichtigt ist also keine bloße Ergänzung, sondern eine Horizontverschiebung der Kulturwissenschaften. Weitere Gewährsleute dieses mit „Unbegrifflichkeit” erfassten Umbruchsszenarios sind Georg Simmel, Siegfried Kracauer, Walter Benjamin, Niklas Luhmann und - Friedrich Schleiermacher. Dass die Beiträge des Bandes sich mit seltenen Ausnahmen auf diesen Autorenkreis konzentrieren, verleiht der Präsentation Geschlossenheit. Die Striktheit der Selbstbeschränkung lässt aber auch zahlreiche Lücken klaffen, von denen einige bedenklich sind. Dass sich in der analytischen Philosophie das Reden über Unbegrifflichkeit ebenfalls etabliert hat, scheint ebenso wenig zu interessieren wie die Debatte über Blumenberg und seine Metaphorologie, die in einigen Fächern recht lebendig ist.
Die Darstellung der Leitthese bietet den Herausgebern die Gelegenheit, ihr Verständnis von Unbegrifflichkeit zu präzisieren. Was Blumenberg auf den untergründigen Funktionszusammenhang von Theoriebildung und Selbstbehauptung bezogen wissen wollte, findet sich nun aufgefächert in vier historische Anwendungsbereiche. Während die Herausgeber im platonischen Idealismus und auch bei Husserl einen Fall von „Überbegrifflichkeit” entdeckt haben wollen, stoßen sie bei dem Ästhetiker Baumgarten auf „Unterbegrifflichkeit”; Benjamin liefert ihnen das Beispiel für das Phänomen „Übersetzungsbegrifflichkeit”; schließlich machen sie einen bei Schleiermacher auftretenden Typus von Unbegrifflichkeit dingfest, der sich als „Bildung von Orientierungswissen” verwirklicht.
Das klingt nach Systematisierung, doch scheint der Mut der Gestaltung schnell wieder gewichen zu sein. In den Einzelstudien spielt das Formulierungsangebot der Einleitung jedenfalls keine Rolle mehr. Die Beiträge verstehen sich vielmehr als Vergewisserungen, die entweder ganz konventionell auf jene LIiste von Autoren zugreifen und den einen mit einem anderen vergleichen oder sich, schon etwas gewagter, in Materialstudien versuchen. Noémi Kiss erprobt die Aufschlusskraft des Unbegrifflichkeits-Theorems auf dem Feld der Lyrik, Gonsalv K. Mainberger in der Malerei, Stefan Metzger in der Musik.
Anregung oder Übertragung?
Von der literarischen Eleganz der Metaphorologie ist in der kulturwissenschaftlichen Adaption nicht viel übrig. Das ließe sich verschmerzen, wäre die Sorgfalt, die Blumenberg seiner Prosa angedeihen ließ, lediglich Zutat. Mit der Exposition ihrer Mittel stellt die Metaphorologie aber den Werkcharakter ihrer Arbeit heraus, die als Interpretationsleistung verstanden und anerkannt sein will. Was Clifford Geertz über die „Traurigen Tropen” gesagt hat, gilt auch hier: Lévi-Strauss wolle nicht, dass der Leser durch seinen Text hindurchsieht, sondern dass man ihn ansieht. Entscheidend ist der Vorrang des Zeigens vor dem Enthüllen. Solche Versuche aber eignen sich nicht zur Übernahme oder Übertragung; viel angemessener wäre es, sie als Anregungen zu nehmen und fortzusetzen.
Einen Versuch in dieser Richtung unternimmt Jürgen Brokoff mit seinen Überlegungen zum spannungsreichen Verhältnis von Philosophie und Literatur. Demnach reagiert die Theorie der Unbegrifflichkeit auf die bei jedem Gang in die philosophische Bibliothek bekräftigte Erfahrung, dass die Sprache der Philosophie nicht rein philosophisch ist. In den Formen seiner Darstellung sieht sich das philosophische Denken mit dem Mangel konfrontiert, dass Sprache und Schrift sich seiner Vollendung widersetzen. Es kann diesen Mangel nicht beheben, weil er in jener Grenzregion immer neu entspringt, in der Lebenswelt und Theorie einander berühren. Parallelführungen von Metaphorologie und Dekonstruktion, die aus kulturwissenschaftlicher Perspektive nahe liegen mögen, hält Brokoff mit Recht für verfehlt. Die Theorie der Unbegrifflichkeit will, wie Blumenberg erklärt hat, den Mangel „rationalisieren”, doch niemals erwägt sie auch nur für einen Moment, sich in ihm einzurichten. In dieser Weigerung liegt begründet, warum es den Kulturwissenschaften auch künftig schwer fallen wird, Blumenberg zu adaptieren. Wie ihre Schwester, die Metaphorologie, ist auch die Theorie der Unbegrifflichkeit ein philosophisches Konzept.
RALF KONERSMANN
ALMUT TODOROW, ULRIKE LANDFESTER, CHRISTIAN SINN (Hrsg.): Unbegrifflichkeit. Ein Paradigma der Moderne. Gunter Narr Verlag, Tübingen 2004. 259 Seiten, 39 Euro.
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Kulturwissenschaftler lesen Hans Blumenberg
Als der Philosoph Hans Blumenberg vor fünfundzwanzig Jahren mit seinem „Ausblick auf eine Theorie der Unbegrifflichkeit” hervortrat, lagen die Anfänge seiner Metaphernforschung bereits ein knappes Vierteljahrhundert zurück. Eingesetzt hatte Blumenbergs „Metaphorologie” 1957 mit der inzwischen legendären Abhandlung über das „Licht als Metapher der Wahrheit”. Ende der siebziger Jahre setzte die Publikation des „Ausblicks” eine weitere Zäsur. Das Problem der Verbreitung von Sprachbildern in philosophischer Rede sah sich nun in den weiteren Zusammenhang der Frage gestellt, welche Voraussetzungen denn überhaupt den Durchsetzungserfolg und die Beharrungskraft der einschlägigen Sprachbilder in Philosophie und Wissenschaft garantieren. Blumenberg regte an, das lebensweltliche Wurzelwerk geistigen Abstrahierens freizulegen, den „Motivierungsrückhalt aller Theorie”.
Beiläufiges systematisch
Blumenberg betrieb diese Akzentverschiebung wie überhaupt seine philosophische Arbeit als Solitär. Undenkbar, dass im organisierten Konformismus heutiger Gruppenforschung einmal Arbeiten vom Rang der „Höhlenausgänge” oder der „Lesbarkeit der Welt” entstehen könnten. Andererseits wies Blumenberg in seinem „Ausblick” von 1979 den Weg einer „historischen Phänomenologie”, die nun doch so etwas wie eine Methode und damit Übertragbarkeit verhieß. Es ist dieses beiläufig unterbreitete Angebot, das eine in Konstanz um die Literaturwissenschaftlerin Almut Todorow versammelte Forschungsgruppe nun ermutigt hat, die Tragfähigkeit des Konzepts „Unbegrifflichkeit” in den Kulturwissenschaften zu erproben.
In seinem stark komprimierten und darum leicht kryptisch wirkenden Beitrag berichtet Anselm Haverkamp, wie Blumenbergs „Ausblick” seinerzeit zustande kam. Demnach entstand der Text für einen Band aus der Reihe „Wege der Forschung” („Theorie der Metapher”, 1996 in zweiter Auflage erschienen), dessen Veröffentlichung sich zunächst aus rechtlichen Gründen verzögerte, sodass einige Originalbeiträge, wie auch der Blumenbergs, zuerst an anderer Stelle erschienen. Interessant auch, dass Max Black, Paul de Man und Hans Blumenberg teilweise von den für Kolloquien in Chicago und Konstanz entstandenen Arbeiten der Kollegen Kenntnis genommen haben. Eine klare Rezeptionsspur findet sich allerdings nirgends. Ganz offensichtlich handelt es sich hier um eine jener Begegnungsgeschichten, die Blumenberg selbst einmal unter dem Titel „Verfehlungen” versammelt hat.
Die Ausgangsintuition des Konstanzer Forscherkreises ist klar und reizvoll. Es scheint, als fordere die von Blumenberg selbst angebahnte Erweiterung der Metaphorologie zu einer historisch reflektierten Logik vortheoretischer Sinngebungsprozesse die kulturwissenschaftliche Adaption geradezu heraus. Die einleitend vorgestellte These besagt denn auch, dass sich „in systematischer Hinsicht die Forschungslogik der Kulturwissenschaften als Suche nach einer Theorie der Unbegrifflichkeit” analysieren ließe.
Beabsichtigt ist also keine bloße Ergänzung, sondern eine Horizontverschiebung der Kulturwissenschaften. Weitere Gewährsleute dieses mit „Unbegrifflichkeit” erfassten Umbruchsszenarios sind Georg Simmel, Siegfried Kracauer, Walter Benjamin, Niklas Luhmann und - Friedrich Schleiermacher. Dass die Beiträge des Bandes sich mit seltenen Ausnahmen auf diesen Autorenkreis konzentrieren, verleiht der Präsentation Geschlossenheit. Die Striktheit der Selbstbeschränkung lässt aber auch zahlreiche Lücken klaffen, von denen einige bedenklich sind. Dass sich in der analytischen Philosophie das Reden über Unbegrifflichkeit ebenfalls etabliert hat, scheint ebenso wenig zu interessieren wie die Debatte über Blumenberg und seine Metaphorologie, die in einigen Fächern recht lebendig ist.
Die Darstellung der Leitthese bietet den Herausgebern die Gelegenheit, ihr Verständnis von Unbegrifflichkeit zu präzisieren. Was Blumenberg auf den untergründigen Funktionszusammenhang von Theoriebildung und Selbstbehauptung bezogen wissen wollte, findet sich nun aufgefächert in vier historische Anwendungsbereiche. Während die Herausgeber im platonischen Idealismus und auch bei Husserl einen Fall von „Überbegrifflichkeit” entdeckt haben wollen, stoßen sie bei dem Ästhetiker Baumgarten auf „Unterbegrifflichkeit”; Benjamin liefert ihnen das Beispiel für das Phänomen „Übersetzungsbegrifflichkeit”; schließlich machen sie einen bei Schleiermacher auftretenden Typus von Unbegrifflichkeit dingfest, der sich als „Bildung von Orientierungswissen” verwirklicht.
Das klingt nach Systematisierung, doch scheint der Mut der Gestaltung schnell wieder gewichen zu sein. In den Einzelstudien spielt das Formulierungsangebot der Einleitung jedenfalls keine Rolle mehr. Die Beiträge verstehen sich vielmehr als Vergewisserungen, die entweder ganz konventionell auf jene LIiste von Autoren zugreifen und den einen mit einem anderen vergleichen oder sich, schon etwas gewagter, in Materialstudien versuchen. Noémi Kiss erprobt die Aufschlusskraft des Unbegrifflichkeits-Theorems auf dem Feld der Lyrik, Gonsalv K. Mainberger in der Malerei, Stefan Metzger in der Musik.
Anregung oder Übertragung?
Von der literarischen Eleganz der Metaphorologie ist in der kulturwissenschaftlichen Adaption nicht viel übrig. Das ließe sich verschmerzen, wäre die Sorgfalt, die Blumenberg seiner Prosa angedeihen ließ, lediglich Zutat. Mit der Exposition ihrer Mittel stellt die Metaphorologie aber den Werkcharakter ihrer Arbeit heraus, die als Interpretationsleistung verstanden und anerkannt sein will. Was Clifford Geertz über die „Traurigen Tropen” gesagt hat, gilt auch hier: Lévi-Strauss wolle nicht, dass der Leser durch seinen Text hindurchsieht, sondern dass man ihn ansieht. Entscheidend ist der Vorrang des Zeigens vor dem Enthüllen. Solche Versuche aber eignen sich nicht zur Übernahme oder Übertragung; viel angemessener wäre es, sie als Anregungen zu nehmen und fortzusetzen.
Einen Versuch in dieser Richtung unternimmt Jürgen Brokoff mit seinen Überlegungen zum spannungsreichen Verhältnis von Philosophie und Literatur. Demnach reagiert die Theorie der Unbegrifflichkeit auf die bei jedem Gang in die philosophische Bibliothek bekräftigte Erfahrung, dass die Sprache der Philosophie nicht rein philosophisch ist. In den Formen seiner Darstellung sieht sich das philosophische Denken mit dem Mangel konfrontiert, dass Sprache und Schrift sich seiner Vollendung widersetzen. Es kann diesen Mangel nicht beheben, weil er in jener Grenzregion immer neu entspringt, in der Lebenswelt und Theorie einander berühren. Parallelführungen von Metaphorologie und Dekonstruktion, die aus kulturwissenschaftlicher Perspektive nahe liegen mögen, hält Brokoff mit Recht für verfehlt. Die Theorie der Unbegrifflichkeit will, wie Blumenberg erklärt hat, den Mangel „rationalisieren”, doch niemals erwägt sie auch nur für einen Moment, sich in ihm einzurichten. In dieser Weigerung liegt begründet, warum es den Kulturwissenschaften auch künftig schwer fallen wird, Blumenberg zu adaptieren. Wie ihre Schwester, die Metaphorologie, ist auch die Theorie der Unbegrifflichkeit ein philosophisches Konzept.
RALF KONERSMANN
ALMUT TODOROW, ULRIKE LANDFESTER, CHRISTIAN SINN (Hrsg.): Unbegrifflichkeit. Ein Paradigma der Moderne. Gunter Narr Verlag, Tübingen 2004. 259 Seiten, 39 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Hans Blumenberg, schreibt Ralf Konersmann, ist ein philosophischer "Solitär", der kaum an andere Arbeiten anschließt und auch wenig Anschlussmöglichkeiten bietet. Und seiner Meinung nach sollte man Blumenbergs Theorien der "Metaphorologie" und der "Unbegrifflichkeit" - die Beschäftigung mit den sprachlichen Bildern, derer sich die Philosophen zur Ausformung ihres Denkens bedienen, und der Frage nach den Gründen ihrer Wirkkraft - auch eher beherzt weiterdenken, als sie zur Methode zu erheben und sie an Gegenständen zu erproben. Zwar betrachtet er den vorliegenden Sammelband, in dem genau das für das Feld der Kulturwissenschaften versucht wurde, mit Wohlwollen, doch er sieht sich auch bestätigt. Nach einer durchaus verheißungsvollen, thesenstarken Einleitung stelle sich nämlich heraus, dass die Beitrage selber dem relativ Konventionellen verhaftet bleiben: "Vergewisserungen", die das Denken Blumenbergs nachvollziehen und kontextualisieren, ergänzt durch einige "Materialstudien", die sich an die Anschlussfähigkeit der Theoreme herantasten. Doch dabei, stellt Konersmann fest, bleibt das Wichtigste auf der Strecke: der "Werkcharakter" der Metaphorologie, die den "Mangel" des philosophischen Denkens, nämlich "dass Sprache und Schrift sich seiner Vollendung widersetzen", konstatiert, ohne sich dort - wie etwa die Dekonstruktion - einzurichten. "In dieser Weigerung", so das Fazit des Rezensenten, "liegt begründet, warum es den Kulturwissenschaften auch künftig schwer fallen wird, Blumenberg zu adaptieren."
© Perlentaucher Medien GmbH
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