Die Geschichte der Lehrerinnen erzählt gleichzeitig auch die Geschichte weiblicher Emanzipation und Bildung, die für Mädchen und Frauen, wenn überhaupt, nur in einem reduzierten Maße vorgesehen war. Naturwissenschaften und Mathematik spielten lange keine Rolle, dafür sollten Hauswirtschaft und Handarbeit unterrichtet werden. Dagegen begehrten Frauen im 19. Jahrhundert auf. Der Weg von der Gouvernante zur einer mit allen Rechten und Pflichten ausgestatteten Lehrerin war mühsam und steinig. Kein anderer weiblicher Beruf hat vor allem die Männer dermaßen zu Häme provoziert wie dieser. Dabei waren es die Lehrerinnen, die mit ihrem geradezu missionarischen Eifer, ihren pädagogischen Visionen und mitunter kämpferischen Ambitionen dafür eintraten, dass Mädchen Zugang zur Bildung bekamen, das Abitur machen und schließlich studieren durften. Aber nicht nur das, sie entwickelten neue Erziehungskonzepte, die sich vom bedingungslosen Gehorsam unterschieden und 'das glückliche Kind' in den Mittelpunkt rückten. Nicht alles ist dabei gelungen, aber es ist höchste Zeit, die Lebensleistung dieser Frauen zu würdigen.
Geistreich, klug und aus eigener Erfahrung erzählt die Erfolgsautorin Luise Berg-Ehlers die Geschichte der Lehrerinnen, die untrennbar verbunden ist mit der von Frauenbildung und Unabhängigkeit. Von Mary Wollstonecraft und Bertha von Suttner über Elise Ruepp, Dorothea Beale, Hedwig Dohm, Helene Lange und Gertrud Bäumer, Ellen Key und Maria Montessori zu Eugenie Schwarzwald, Alice Salomon, Hannelore 'Loki' Schmidt, Mary Poppins und Minerva McGonagall. "Das Leben anzuregen - und es sich dann frei entwickeln zu lassen - hierin liegt die erste Aufgabe des Erziehers." Maria Montessori
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Geistreich, klug und aus eigener Erfahrung erzählt die Erfolgsautorin Luise Berg-Ehlers die Geschichte der Lehrerinnen, die untrennbar verbunden ist mit der von Frauenbildung und Unabhängigkeit. Von Mary Wollstonecraft und Bertha von Suttner über Elise Ruepp, Dorothea Beale, Hedwig Dohm, Helene Lange und Gertrud Bäumer, Ellen Key und Maria Montessori zu Eugenie Schwarzwald, Alice Salomon, Hannelore 'Loki' Schmidt, Mary Poppins und Minerva McGonagall. "Das Leben anzuregen - und es sich dann frei entwickeln zu lassen - hierin liegt die erste Aufgabe des Erziehers." Maria Montessori
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2015Mut, wie man ihn vielen Lehrern wünscht
Die Geschichte des Lehrerberufs war bisher eine männliche / Von Josef Kraus
Die Geschichte des Lehrerberufes war über Jahrhunderte hinweg eine fast ausschließlich männliche. Bis aus Gouvernanten, die informell oft genug als Lehrerinnen wirkten, formell Lehrerinnen mit den gleichen Rechten und Pflichten wie ihre männlichen Kollegen wurden, dauerte es geraume Zeit. Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Lehrerberuf als akademisch geprägte Institution allmählich auch weiblich. Es war dies zugleich ein gewaltiger Schub für gleiche Bildungschancen für Mädchen. Helene Lange als Begründerin des 1890 ins Leben gerufenen Allgemeinen Deutschen Lehrerinnen-Vereins spielte dabei eine große Rolle.
Das Verdienst der Frauenbewegung war es schließlich, dass junge Frauen 1903 in Bayern und 1908 in Preußen zum Lehramtsstudium zugelassen wurden. Eine De-jure-Gleichstellung der Lehrerinnenbildung kam aber erst mit einer entsprechenden Neuregelung in der Weimarer Reichsverfassung zustande. In Artikel 128 heißt es dort: "Alle Staatsbürger ohne Unterschied sind nach Maßgabe der Gesetze und entsprechend ihrer Befähigung und ihren Leistungen zu den öffentlichen Ämtern zuzulassen. Alle Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte werden beseitigt." Erst 1919 war damit theoretisch das seit 1880 staatlich vorgegebene Lehrerinnenzölibat außer Kraft gesetzt. In der NS-Zeit wurde es sogar noch verschärft. Selbst nach 1945 mussten Lehrerinnen in Baden-Württemberg bis 1951 auf eine Ehe verzichten, wenn sie im Lehramt tätig sein wollten. Eine umfassende "Geschichte der Lehrerinnen" mit all ihren aus heutiger Zeit unglaublich verqueren Hürden für Lehrerinnen und mit einer Analyse der Gründe für eine zuletzt um sich greifende weitgehende Feminisierung des Lehrerberufes steht noch aus. Leider. Einen wichtigen Baustein für eine solche Geschichte hat Luise Berg-Ehlers mit ihrem kompakten und besonders schön bebilderten Band "Unbeugsame Lehrerinnen - Frauen mit Weitblick" samt interessantem Literaturverzeichnis vorgelegt. Von Malwida von Meysenbug und Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner über Helene Lange, Gertrud Bäumer, Ellen Key, Anna Freud, Maria Montessori, Hannelore "Loki" Schmidt und anderen bis hin zu fiktiven Figuren wie Mary Poppins, der "Nanny" aus dem gleichnamigen Film, und Minerva McGonafall, der Lehrerin des Zauberschülers Harry Potter, reicht die Tour d'Horizon der Verfasserin.
Der Band beginnt mit dem Paulus-Diktum: "Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht, . . . sie soll sich still verhalten." Von dort spannt sich der Bogen von der Rolle der Mütter als Lehrerinnen, den Lehrorden der Ursulinen und der Augustiner-Chorfrauen über gelehrte Frauen wie Elisabeth I. von England und Christina von Schweden zunächst bis hin zu Mary Wollstonecraft (1759 bis 1797) mit ihrem Ratgeber "Thoughts of the Education of Daughters". Eine kampfeslustige junge Dame war das, die der Gesellschaft vorhielt, sie korrumpiere intelligente Frauen und reduziere sie auf den Status einer Katze. Immerhin hatte solcher Mut später zur Folge, dass in Cambridge und Oxford - wenngleich mit Einschränkungen - Frauen von 1878 an studieren durften. In Deutschland war man zu dieser Zeit nicht so weit. Hier wirkte noch das Wort von Ludwig Börne fort, der 1828 schrieb: "Wo Frauen aufhören häuslich zu sein, da hören sie auf, Frauen zu sein." Noch 1914 waren von 204 Ausbildungsstätten für Lehrkräfte ganze 16 für Lehrerinnen vorgesehen. Dass sich dies Zug um Zug änderte, war das Verdienst von Helene Lange (1848 bis 1930) und von Gertrud Bäumer (1873 bis 1954). Bäumer hat es als Abgeordnete bis in die Nationalversammlung in Weimar und später in den Reichstag gebracht.
Die Autorin bleibt nicht bei Beispielen von mutigen Frauen aus England oder Deutschland stehen. Ellen Key kommt ebenso zur Sprache wie Maria Montessori. Wie bei allen anderen Kurzporträts gerät die Darstellung auch hier nicht ins Glorifizierende. Bei Ellen Key wird ihr gelegentlicher Hang zur Eugenik nicht verschwiegen und bei Maria Montessori erwähnt, dass Benito Mussolini ihre Unterstützung suchte. Als herausragende Lehrerin, die unter der NS-Herrschaft zu leiden hatte und diese als eine der wenigen jüdischen Lehrerinnen überlebte, wird Dora Lux beschrieben. Sie gehörte im Kaiserreich zu den ersten Abiturientinnen, zu einer der ersten promovierten Frauen und einer der ersten Studienrätinnen, hier der alten Sprachen und des Faches Geschichte. Sie überstand den Nationalsozialismus und prägte an einem evangelischen Mädchengymnasium bis 1956 viele Mädchen und heranwachsende Frauen.
Sympathisch ist, wie sich Luise Berg-Ehlers einer der prominentesten Lehrerinnen der Nachkriegszeit nähert, Hannelore "Loki" Schmidt. Man erfährt, dass sie, die spätere Ehrenbürgerin der Hansestadt Hamburg, in ihrer Schule ob ihrer - inneren - Kräfte den Spitznamen "Schmeling" hatte, dass sie die Koedukation voranbrachte und dass sie ihr pädagogisches Wirken einstellen musste, weil ihr mit der Ernennung ihres Mannes zum Verteidigungsminister und dem damit verbundenen Umzug nach Bonn die Möglichkeiten einer weiteren Beurlaubung und eines späteren Wiedereinstiegs verbaut waren.
Die einzige noch lebende und immer noch recht junge Lehrerin, die dargestellt wird, ist Tagrid Yousef. Sie wurde 1967 in Palästina geboren und kam als kleines Kind und Tochter eines Stahlarbeiters nach Essen. Über ein Lehramtsstudium und über eine Promotion wurde sie Lehrerin an einem Berufskolleg und Lehrbeauftragte an der Universität Bochum. 2012 wurde sie mit dem "Deutschen Lehrerpreis" ausgezeichnet. Aktuell ist sie vom Schuldienst beurlaubt, weil sie zur Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums der Stadt Krefeld gewählt wurde.
Insgesamt ist der über Theodor Fontane promovierten und langjährigen Bochumer Gymnasialdirektorin Luise Berg-Ehlers mit den "Unbeugsamen Lehrerinnen" ein gut illustriertes, flott zu lesendes, unterhaltsames, historisch und literarisch eindrucksvoll unterlegtes sowie nachdenklich stimmendes Buch gelungen. Auch männliche Kollegen - durchaus nicht immer mit Mut gesegnet - können es mit Gewinn zur Hand nehmen, erfahren sie doch, was Mut zur Veränderung und was Mut zum Überwinden von Widerständen bewegen kann.
Der Autor ist Präsident des Deutschen Lehrerverbandes.
Luise Berg-Ehlers: "Unbeugsame Lehrerinnen - Frauen mit Weitblick".
Verlag Elisabeth Sandmann, München 2015, 184 Seiten, 24,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Geschichte des Lehrerberufs war bisher eine männliche / Von Josef Kraus
Die Geschichte des Lehrerberufes war über Jahrhunderte hinweg eine fast ausschließlich männliche. Bis aus Gouvernanten, die informell oft genug als Lehrerinnen wirkten, formell Lehrerinnen mit den gleichen Rechten und Pflichten wie ihre männlichen Kollegen wurden, dauerte es geraume Zeit. Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Lehrerberuf als akademisch geprägte Institution allmählich auch weiblich. Es war dies zugleich ein gewaltiger Schub für gleiche Bildungschancen für Mädchen. Helene Lange als Begründerin des 1890 ins Leben gerufenen Allgemeinen Deutschen Lehrerinnen-Vereins spielte dabei eine große Rolle.
Das Verdienst der Frauenbewegung war es schließlich, dass junge Frauen 1903 in Bayern und 1908 in Preußen zum Lehramtsstudium zugelassen wurden. Eine De-jure-Gleichstellung der Lehrerinnenbildung kam aber erst mit einer entsprechenden Neuregelung in der Weimarer Reichsverfassung zustande. In Artikel 128 heißt es dort: "Alle Staatsbürger ohne Unterschied sind nach Maßgabe der Gesetze und entsprechend ihrer Befähigung und ihren Leistungen zu den öffentlichen Ämtern zuzulassen. Alle Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte werden beseitigt." Erst 1919 war damit theoretisch das seit 1880 staatlich vorgegebene Lehrerinnenzölibat außer Kraft gesetzt. In der NS-Zeit wurde es sogar noch verschärft. Selbst nach 1945 mussten Lehrerinnen in Baden-Württemberg bis 1951 auf eine Ehe verzichten, wenn sie im Lehramt tätig sein wollten. Eine umfassende "Geschichte der Lehrerinnen" mit all ihren aus heutiger Zeit unglaublich verqueren Hürden für Lehrerinnen und mit einer Analyse der Gründe für eine zuletzt um sich greifende weitgehende Feminisierung des Lehrerberufes steht noch aus. Leider. Einen wichtigen Baustein für eine solche Geschichte hat Luise Berg-Ehlers mit ihrem kompakten und besonders schön bebilderten Band "Unbeugsame Lehrerinnen - Frauen mit Weitblick" samt interessantem Literaturverzeichnis vorgelegt. Von Malwida von Meysenbug und Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner über Helene Lange, Gertrud Bäumer, Ellen Key, Anna Freud, Maria Montessori, Hannelore "Loki" Schmidt und anderen bis hin zu fiktiven Figuren wie Mary Poppins, der "Nanny" aus dem gleichnamigen Film, und Minerva McGonafall, der Lehrerin des Zauberschülers Harry Potter, reicht die Tour d'Horizon der Verfasserin.
Der Band beginnt mit dem Paulus-Diktum: "Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht, . . . sie soll sich still verhalten." Von dort spannt sich der Bogen von der Rolle der Mütter als Lehrerinnen, den Lehrorden der Ursulinen und der Augustiner-Chorfrauen über gelehrte Frauen wie Elisabeth I. von England und Christina von Schweden zunächst bis hin zu Mary Wollstonecraft (1759 bis 1797) mit ihrem Ratgeber "Thoughts of the Education of Daughters". Eine kampfeslustige junge Dame war das, die der Gesellschaft vorhielt, sie korrumpiere intelligente Frauen und reduziere sie auf den Status einer Katze. Immerhin hatte solcher Mut später zur Folge, dass in Cambridge und Oxford - wenngleich mit Einschränkungen - Frauen von 1878 an studieren durften. In Deutschland war man zu dieser Zeit nicht so weit. Hier wirkte noch das Wort von Ludwig Börne fort, der 1828 schrieb: "Wo Frauen aufhören häuslich zu sein, da hören sie auf, Frauen zu sein." Noch 1914 waren von 204 Ausbildungsstätten für Lehrkräfte ganze 16 für Lehrerinnen vorgesehen. Dass sich dies Zug um Zug änderte, war das Verdienst von Helene Lange (1848 bis 1930) und von Gertrud Bäumer (1873 bis 1954). Bäumer hat es als Abgeordnete bis in die Nationalversammlung in Weimar und später in den Reichstag gebracht.
Die Autorin bleibt nicht bei Beispielen von mutigen Frauen aus England oder Deutschland stehen. Ellen Key kommt ebenso zur Sprache wie Maria Montessori. Wie bei allen anderen Kurzporträts gerät die Darstellung auch hier nicht ins Glorifizierende. Bei Ellen Key wird ihr gelegentlicher Hang zur Eugenik nicht verschwiegen und bei Maria Montessori erwähnt, dass Benito Mussolini ihre Unterstützung suchte. Als herausragende Lehrerin, die unter der NS-Herrschaft zu leiden hatte und diese als eine der wenigen jüdischen Lehrerinnen überlebte, wird Dora Lux beschrieben. Sie gehörte im Kaiserreich zu den ersten Abiturientinnen, zu einer der ersten promovierten Frauen und einer der ersten Studienrätinnen, hier der alten Sprachen und des Faches Geschichte. Sie überstand den Nationalsozialismus und prägte an einem evangelischen Mädchengymnasium bis 1956 viele Mädchen und heranwachsende Frauen.
Sympathisch ist, wie sich Luise Berg-Ehlers einer der prominentesten Lehrerinnen der Nachkriegszeit nähert, Hannelore "Loki" Schmidt. Man erfährt, dass sie, die spätere Ehrenbürgerin der Hansestadt Hamburg, in ihrer Schule ob ihrer - inneren - Kräfte den Spitznamen "Schmeling" hatte, dass sie die Koedukation voranbrachte und dass sie ihr pädagogisches Wirken einstellen musste, weil ihr mit der Ernennung ihres Mannes zum Verteidigungsminister und dem damit verbundenen Umzug nach Bonn die Möglichkeiten einer weiteren Beurlaubung und eines späteren Wiedereinstiegs verbaut waren.
Die einzige noch lebende und immer noch recht junge Lehrerin, die dargestellt wird, ist Tagrid Yousef. Sie wurde 1967 in Palästina geboren und kam als kleines Kind und Tochter eines Stahlarbeiters nach Essen. Über ein Lehramtsstudium und über eine Promotion wurde sie Lehrerin an einem Berufskolleg und Lehrbeauftragte an der Universität Bochum. 2012 wurde sie mit dem "Deutschen Lehrerpreis" ausgezeichnet. Aktuell ist sie vom Schuldienst beurlaubt, weil sie zur Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums der Stadt Krefeld gewählt wurde.
Insgesamt ist der über Theodor Fontane promovierten und langjährigen Bochumer Gymnasialdirektorin Luise Berg-Ehlers mit den "Unbeugsamen Lehrerinnen" ein gut illustriertes, flott zu lesendes, unterhaltsames, historisch und literarisch eindrucksvoll unterlegtes sowie nachdenklich stimmendes Buch gelungen. Auch männliche Kollegen - durchaus nicht immer mit Mut gesegnet - können es mit Gewinn zur Hand nehmen, erfahren sie doch, was Mut zur Veränderung und was Mut zum Überwinden von Widerständen bewegen kann.
Der Autor ist Präsident des Deutschen Lehrerverbandes.
Luise Berg-Ehlers: "Unbeugsame Lehrerinnen - Frauen mit Weitblick".
Verlag Elisabeth Sandmann, München 2015, 184 Seiten, 24,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main