In einer Welt, in der jeder Text überall und sofort verfügbar ist, geht es immer weniger um das Schaffen von Neuem als den Umgang mit vorhandenem Text. Kenneth Goldsmith fordert daher, die Möglichkeiten des Internets ernst zu nehmen, die unser Schreib- und Leseverhalten radikal verändern. Inspiration und Expression gehören der Vergangenheit an. Goldsmith fordert das Plagiat und bewusste Unkreativität als radikale Strategien zur Erweiterung der Literatur, die sich seit den Experimenten der klassischen Moderne nicht mehr weiterbewegt hat. Im Gegensatz zum Kulturpessimismus, der Internet und Digitalisierung als Gefahr für die Literatur sieht, heißt er die digitale Welt enthusiastisch willkommen. Kopieren, Programmieren, Automatisieren sind die neuen literarischen Werkzeuge, ihre Genres heißen Plagiat, Remix, Appropriation. Sein epochemachendes Buch, das die erste ernst zu nehmende Poetik seit 50 Jahren ist, wird hier zum ersten Mal auf Deutsch veröffentlicht, ergänzt um ein neues, für die deutsche Ausgabe geschriebenes Kapitel.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensent Volker Bernhard kann mit dieser von dem amerikanischen Konzeptpoeten Kenneth Goldsmith entworfenen, zwischen "Kunstgeschichte und Manifest" mäandernden "Poetik für ein digitales Zeitalter" nicht viel anfangen. Wenn ihm der Autor hier mit Rückgriff auf Roland Barthes, Andy Warhol und weiteren Bürgen aus Literatur, Kunst und Musik der letzten 150 Jahre ausführt, dass die Zukunft der Literatur in Plagiat, Remix und Aneignung liegt, dabei die Leserschaft zur "Denkerschaft" umdefiniert, die Bücher nicht mehr komplett lesen muss und erklärt, wie man die Textmengen des Internets bewältigt, fragt sich der Kritiker nach der Lektüre entnervt, warum die Literatur eigentlich originelle Schöpfungen aufgeben soll. Überhaupt möchte Bernhard die Literatur lieber als "Schutzraum" vor dem Digitalen verstanden wissen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Bestechend, wie er es schafft, die Sicht auf digitale Technologie zu drehen. Wo andere genervt sind, wenn jemand in der U-Bahn laut ins Handy plappert, spricht Goldsmith von einem Geschenk, von einer neuen Stufe textuellen Reichtums. Wo Pessimisten die Digitalisierung als Gefahr für Kreative sehen, blickt er auf die Chancen für die Literatur.« - Vera Linß, Deutschlandfunk Kultur Vera Linß Deutschlandfunk Kultur 20170726