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Eine Sensation: Die späteren Beat-Begründer William S. Burroughs und Jack Kerouac schrieben als junge Männer in New York gemeinsam einen Roman, der auch in den USA jahrzehntelang unveröffentlicht blieb. Er handelt von einem Mord, der in ihrem engsten Freundeskreis geschah. Burroughs und Kerouac beschlossen, gemeinsam einen Krimi zu schreiben im Genre des Hardboiled, im Stil eines Dashiell Hammett, und darin das Ereignis zu fiktionalisieren. Abwechselnd schrieben sie die Kapitel unter den Pseudonymen Will Dennison (Burroughs), Barmann mit Verbindungen in die Unterwelt, und Mike Ryko (Kerouac),…mehr

Produktbeschreibung
Eine Sensation: Die späteren Beat-Begründer William S. Burroughs und Jack Kerouac schrieben als junge Männer in New York gemeinsam einen Roman, der auch in den USA jahrzehntelang unveröffentlicht blieb. Er handelt von einem Mord, der in ihrem engsten Freundeskreis geschah. Burroughs und Kerouac beschlossen, gemeinsam einen Krimi zu schreiben im Genre des Hardboiled, im Stil eines Dashiell Hammett, und darin das Ereignis zu fiktionalisieren. Abwechselnd schrieben sie die Kapitel unter den Pseudonymen Will Dennison (Burroughs), Barmann mit Verbindungen in die Unterwelt, und Mike Ryko (Kerouac), Säufer und Seemann. Entstanden ist ein fesselnder Roman, der außerdem faszinierende Einblicke in das New York der vierziger Jahre und die damalige Boheme vermittelt.
Autorenporträt
William S. Burroughs wurde 1914 in St. Louis, Missouri, geboren und starb 1997 in Lawrence, Kansas. Er studierte in Harvard und lernte 1944/1945 Jack Kerouac und Allen Ginsberg kennen - gemeinsam bildeten sie die Keimzelle der Beatgeneration. 1951 erschoss Burroughs bei einem 'Wilhelm-Tell-Spiel' versehentlich seine Ehefrau und schrieb in den folgenden Jahren manisch jene Texte, die 1959 zur Publikation von "Naked Lunch" führten. Zeit seines Lebens blieb Burroughs eine Leitfigur der amerikanischen Gegenkultur und arbeitete mit Künstlern wie Laurie Anderson, Lou Reed, Kurt Cobain, David Cronenberg (der das Buch 1991 verfilmte) und Bob Wilson zusammen.Michael Kellner, 1953 geboren, war Buchhändler, hatte viele Jahre einen eigenen Verlag und übersetzte Werke von Barry Miles, Amistead Maupin und Allen Ginsberg. 2008 wurde er mit "Naked Lunch" für den Leipziger Übersetzerpreis nominiert.

Jack Kerouac, geb. 1922 in Lowell/Massachusetts, besuchte die Columbia University. Während des Zweiten Weltkriegs diente er in der Handelsmarine, trampte später jahrelang als Gelegenheitsarbeiter kreuz und quer durch die USA und Mexiko und wurde neben William S. Burroughs und Allen Ginsberg der führende Autor der Beat Generation. Er starb am 21. Oktober 1969 in St. Petersburg/Florida.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.02.2010

Im Hurenhaus der Hölle

Ein Mord unter Freunden: In einem frühen Gemeinschaftswerk probieren William S. Burroughs und Jack Kerouac die Schriftstellerei aus.

Von Thomas Leuchtenmüller

Kein Mangel bestand bisher an imposanten Fiktionen über das harte Leben im Dunstkreis der Hafenstadt New York während der vierziger und fünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Ob in Elia Kazans Film "Die Faust im Nacken" (1954), in Arthur Millers Stück "Ein Blick von der Brücke" (1955) oder in "Ein Mann besiegt die Angst" (1957) von John Cassavetes: Stets zeigt sich in den - teils auf älteren dichterischen oder journalistischen Texten basierenden - Werken das Milieu der Schiffe, Docks und Bars als Moloch, der die Malochenden bedroht. Gewalt, Korruption, Verrat, besitzergreifende Liebe und Alkohol dominieren eine düstere, in sich schlüssige, erschöpfend dargestellte Szenerie, die auf ein Amerika verlorener Werte verweist.

Mithin kann der 1945 geschriebene, erst 2008 im Original erschienene und seit wenigen Tagen auf Deutsch vorliegende Roman "Und die Nilpferde kochten in ihren Becken" von William S. Burroughs und Jack Kerouac dem Panorama kaum etwas Neues hinzufügen. Auch ist die literarische Qualität der Prosa eher bescheiden. Wären die zugrundeliegenden Ereignisse nicht derart erschreckend gewesen, wären die Verfasser nicht die Gründerväter der geschätzten "Beats", wäre die Editionsgeschichte (wie etwa bei Burroughs' prosaischem Meisterwerk "Naked Lunch", 1959) nicht verwickelt - man könnte den Roman glatt ignorieren. So aber ist der recht schmale Band, dessen amerikanischen Titel ("And the Hippos Were Boiled in Their Tanks") der Verlag pragmatisch übersetzte, ein Kuriosum, das in jedem Bücherschrank die angelsächsische Abteilung zieren wird.

Wie Burroughs' Freund und Nachlassverwalter James W. Grauerholz in seinem aufschlussreichen Nachwort darlegt, kam es in den frühen schwülen Morgenstunden des 14. August 1944 im New Yorker Riverside Park zu einem denkwürdigen Streit. Lucien Carr und David Eames Kammerer waren an dem als Homosexuellentreff beliebten Ort alleine, sie waren betrunken, sie rauften. Schließlich stach der junge Carr dem aufdringlichen Kammerer ein Messer in die Brust. Der Täter vermutete, sein Opfer sei tot, band dessen Arme mit Schnürsenkeln zusammen und steckte ihm Steine in die Hosentaschen. Der blutende Körper versank im Hudson. Vierundzwanzig Stunden später stellte sich Carr den Behörden; ein weiterer Tag verging, bis man die Leiche ans Ufer zog.

Das Verbrechen beherrschte die New Yorker Presse, mehr aber noch die Gespräche der drei Freunde, die Carr in seinem ersten Jahr an der Columbia University einander vorgestellt hatte. Die Rede ist vom achtzehnjährigen Erstsemester Allen Ginsberg, dem zweiundzwanzigjährigen Jack Kerouac, der sein Studium gerade abgebrochen hatte, und einem dreißig Jahre alten Harvard-Absolventen, der Kammerer aus seinen Schultagen in St. Louis kannte - William Burroughs. Ihm, der Jahre später im Suff seine Frau erschoss, vertraute sich Carr ein paar Stunden nach der Tat als Erstem an. Dann lief er zu Kerouac. Weil weder der eine noch der andere die Polizei einschaltete, wurden die beiden kurz darauf für einige Zeit verhaftet. Carr erhielt die Höchststrafe von zehn Jahren Haft in einer Besserungsanstalt.

Burroughs und Kerouac entschlossen sich, die Ereignisse in einem Schlüsselroman zu schildern. Die Kapitel formulierten sie in der Regel im Wechsel, aus der Sicht ihres jeweiligen Alter Ego, des Barmanns Will Denison und des Seemanns Mike Ryko. Im Radio hörten die Autoren angeblich eine Nachricht über einen Brand im Zoo, und der ungewöhnliche Titel war geboren. Doch die avisierten Verlage scheuten sich, das für die damalige Epoche ungeniert direkt abgefasste Opus zu drucken. Dann gerieten die Anfänge der bald reüssierenden "Beats" ins Abseits, und später hielt sich Grauerholz an sein Versprechen, die "Hippos" nicht zu veröffentlichen, solange die wichtigsten Beteiligten noch lebten. Mit dem Tod Carrs 2005 wurde der Weg frei.

Zu den Freiheiten, die sich das Schriftstellerduo in jungen Jahren nahm, gehören erst einige wenige jener Charakteristika, die beispielsweise Kerouacs "Unterwegs" (1957) oder Burroughs' "Soft Machine" (1961) prägen sollten. Es dreht sich zwar längst alles um Libertinagen (ein Apartment etwa wird zum "Hurenhaus der Hölle selbst"); es gibt schon auffällige Details (so wird ein Matrose festgenommen, "weil er auf der Hauptstraße ein Pferd gewichst hatte"); und politische Unkorrektheiten reihen sich bereits aneinander. Aber noch ist die Story linear erzählt und keine nach dem Zufallsprinzip montierte Folge "gefrorener Momente"; noch ist der Witz nicht beißend, sondern verspielt; und noch verhindert keine Hermetik einen riesigen Leserkreis.

Zum Wohle der deutschsprachigen Konsumenten hat Michael Kellner in seiner Übertragung meist den lockeren Ton der Vorlage gefunden. Eine der Weisheiten des Barmanns Will ist zum Beispiel: "In Kneipen behaupten die Leute immer, Boxer gewesen zu sein, in der Hoffnung, damit einer Schlägerei aus dem Weg zu gehen, so wie die Schwarze Rattennatter mit dem Schwanz in den Blättern raschelt, damit man sie für eine Klapperschlange hält." Wären die Nilpferde in ihren Becken Ohrenzeugen solcher Aussprüche geworden, hätten sie sicherlich zustimmend rumort.

William S. Burroughs/Jack Kerouac: "Und die Nilpferde kochten in ihren Becken". Roman. Aus dem Englischen von Michael Kellner. Nachwort von James Grauerholz. Nagel & Kimche im Hanser Verlag, München 2010. 190 S., br., 17,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Um wirklich Aufsehen zu erregen, hätte der von William S. Burroughs und Jack Kerouac  geschriebene Roman "Und die Nilpferde kochten in ihren Becken" nach Meinung Sylvia Staudes einige Jahrzehnte früher veröffentlicht werden müssen. Statt "gewagt" erscheint er ihr heute nur noch "dezent", auch wenn er die Geschichte zwischen dem 11-jährigen Lucien Carr und dem 25-jährigen Dave Kammerer erzählt. Sie spritzen Morphium, saufen, hängen rum, bis Carr Kammerer im Streit ersticht. Die Empfehlung der Rezensentin fällt eher verhalten aus, als "Schlüsselroman der Beat-Generation" kann sie ihn aber all jenen ans Herz legen, die noch einmal vom New York der vierziger Jahre und dem Leben zwischen Sex, Drogen und künstlerischen Visionen lesen wollen.

© Perlentaucher Medien GmbH
Für alle, die große Literatur lieben, ein lauter, wunderbar vulgärer, einzigartiger Trip. WDR