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Die Erzählungen kreisen um Passionen, gespielte und wirkliche, und rücken die von ihnen Heimgesuchten in ein überscharfes, fast schon unwirkliches Licht.Clemens Bergers Erzählungen handeln von Leidenschaften. Von der Liebe zu einer französischen Philosophin in Rom etwa, die bald aber nur noch per Brief, E-Mail oder Traum erreichbar ist. Die Titelgeschichte erzählt von Alfred, der in einer Laienaufführung der Passionsspiele den Judas spielen soll. Ohne es zu wollen, wird er von der Figur, in die er schlüpft, völlig absorbiert. Die Fragen, die er sich stellt, um seine Rolle möglichst glaubwürdig…mehr

Produktbeschreibung
Die Erzählungen kreisen um Passionen, gespielte und wirkliche, und rücken die von ihnen Heimgesuchten in ein überscharfes, fast schon unwirkliches Licht.Clemens Bergers Erzählungen handeln von Leidenschaften. Von der Liebe zu einer französischen Philosophin in Rom etwa, die bald aber nur noch per Brief, E-Mail oder Traum erreichbar ist. Die Titelgeschichte erzählt von Alfred, der in einer Laienaufführung der Passionsspiele den Judas spielen soll. Ohne es zu wollen, wird er von der Figur, in die er schlüpft, völlig absorbiert. Die Fragen, die er sich stellt, um seine Rolle möglichst glaubwürdig auszufüllen, stürzen ihn in immer heftigere Verwirrung. Ist nicht der Verräter im Grunde der verlässlichste Verbündete des Verratenen, weil ohne ihn die ganze Geschichte nicht aufgehen würde? Aber ist er dann überhaupt noch ein Verräter? Alle Zuordnungen entgleiten ihm auf immer umfassendere Weise. In der Erzählung »Schwere Geburt« geht es um eine Künstlerin, die sich aufs Land zurückgezogen hat, weil ihr die zeitgenössische Kunst auf einmal inhaltsleer vorkam und sie im Stil der Alten Meister in Altarbildern Relevantes für die Gegenwart malen will. Aber das bewahrt sie nicht vor Missverständnissen und gar Skandalen. Und auf ganz und gar ungeplante Weise und ohne ihr Zutun führt der Weg zurück ins Museum für Moderne Kunst. Die Liebesgeschichten Bergers sind brüchig, leidenschaftlich, philosophisch und modern.
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Autorenporträt
Clemens Berger, geb. 1979 in Güssing (Südburgenland), aufgewachsen in Oberwart, studierte Philosophie und Publizistik in Wien. Für die Arbeit an »Das Streichelinstitut« erhielt er das Jahresstipendium des Deutschen Literaturfonds. Preisträger des burgenländischen Literaturstipendiums 2009. Der mit 3.500 Euro dotierte Preis wurde ihm für sein Romanprojekt »Das Streichelinstitut« zuerkannt. 2010 erhielt er das Reisestipendium im Rahmen des Projektes mit Sprache 2010. Berger veröffentlichte mehrere Romane, Erzählungsbände und Theaterstücke.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.04.2009

Wiener Charme

Die Liebesgeschichten des 1979 geborenen Burgenländers Clemens Berger, der in Wien lebt, beziehen ihren Charme, ein wenig an Arthur Schnitzler erinnernd, aus dem mit feiner Ironie inszenierten Widerspruch zwischen moderner Lebensweise und altmodischen Gefühlen. Seine Figuren setzt er in reale oder virtuelle Räume wie in eine Versuchsanordnung, dann gibt er ein Quäntchen Leidenschaft hinzu und beobachtet kühl und doch zugewandt die Reaktionen. Ein Philosoph, der sich im Seminarraum an den Mastbaum der Disziplin bindet, wird im Chatroom zum erotischen Abenteurer. Der Judas-Darsteller im Passionsspiel verwächst zunehmend mit seiner Rolle und verstrickt sich in mehrfacher Hinsicht in existentielle Probleme. Eine Künstlerin möchte im Altarbild zum Elementaren zurück, aber sie nimmt die Bibel zu wörtlich. So landet ihr Bild doch wieder im Museum für moderne Kunst. Bergers Erzählungen sind so auch als Essays zu lesen, die nach der Möglichkeit der Liebe und der Hingabe jenseits moderner Standardisierung fragen. Dem entspricht in der Sprache die harte Fügung von komplexen Reflexionen, Zitaten aus der Medienwelt und den unveränderlichen Einfachsätzen, die aus dem Leben in die Popmusik wandern und zurück. "Ich hab mich in dich verliebt." Die Schönheit und das Glück sind so flüchtig wie eh und je. In der Erinnerung und im Wort leuchten die Bilder des Erfüllten, aber das Gedächtnis ist unzuverlässig und die Worte missverständlich. Ach, ja. (Clemens Berger: "Und hieb ihm das rechte Ohr ab". Erzählungen. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 180 S., geb., 18,-[Euro].) fap

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.09.2009

Ausbrüche, Abstürze
Clemens Bergers Erzählungsband „Und hieb ihm das rechte Ohr ab”
Im Ringen um die Wahrheit der Kunst brechen Clemens Bergers Maler, Passionsdarsteller, Philosophen aus ihrer bürgerlichen Existenz aus. Iris zum Beispiel, die malende Unbedingtheitsfigur, geht nach Barcelona und reißt dort die Konventionen zeitgenössischen Malens und Kunstdenkens ein. Doch dann bricht sie plötzlich ihren Sturmlauf an die Spitze der Kunstentwicklung ab und kehrt, eine Spur ratloser Fragen hinterlassend, nach Hause zurück, aufs Land, malt für die Dorfkirche ein tapfer veristisches Krippenbild, empfängt die Hostie und bricht ein letztes Mal auf – jetzt nach Rom. Schwer trägt diese Geschichte an der Last ihrer Bedeutsamkeit, schwer infiziert ist ihr Erzähler vom Geheimnischarakter des Schönen.
Das Tier, vor allem aber der Gott im Menschen, verwandelt Bergers Figuren in Zerrissene. Am ärgsten trifft es Alfred. Er setzt sein eheliches Glück und seine bürgerliche Existenz mit einer freudlosen Liebschaft („Nenn mich Fredi”) und der Rolle des Bösewichts im dörflichen Passionsspiel aufs Spiel. Die innig durchlebte und anverwandelte Rolle des biblischen Verräters Judas Ischariot droht, sein Selbst zu verschlingen. Darum leidet er, je näher die Premiere rückt, immer heftiger unter dem Jux seiner Spezis vom Fußballplatz, wenn sie proben, etwa wie Petrus dem Malchus das Ohr abhaut. Zuletzt hängt er vor aller Augen am Strick, und die Frage ist, ob ihn sein Dämon zum Äußersten treibt oder nicht.
Profaner geht es in der Geschichte um einen Wiener „Avantgarde-Philosophen” zu, der bei seinem Ausbruch aus der Welt der Ideen ins nackte Leben dem Aufnahmegerät einer süßen Kleinen mit knapper Not entgeht. Die Rückbindung der Erzählung an die jüngste Zeitgeschichte ist unübersehbar. Aber auch hier will der Autor das Mitgeteilte, Mitteilbare partout mit der Aura des Ungesagten, Unvollendeten umgeben: „Erst da begann die Geschichte”, verkündet der Erzähler im Schlusssatz. Besser wäre, er hätte sein Aura-Vesprechen in den Sätzen zuvor eingelöst. SIBYLLE CRAMER
CLEMENS BERGER: Und hieb ihm das rechte Ohr ab. Erzählungen. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 179 S., 18 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nicht viel kann Sibylle Cramer diesen Erzählungen von Clemens Berger abgewinnen, denn ihr wird darin allzu bedeutungsvoll herumgeheimnist, wie sie in ihrer kurzen Kritik durchblicken lässt. Die Erzählungen handeln von Künstlern, Passionsdarstellern oder Philosophen, die schwer um die "Wahrheit der Kunst" ringen und dabei ihre bürgerliche Existenz aufs Spiel setzten. Und wenn dann in geheimnisvollem Raunen die letzte Erzählung endet, dann hätte sich die Rezensentin gewünscht, der Autor hätte das "Aura-Versprechen" in seinen Geschichten selbst "eingelöst", statt sie in den Nebeln des "Ungesagten, Unvollendeten" auswabern zu lassen.

© Perlentaucher Medien GmbH