Produktdetails
- Verlag: Ravensburger Buchverlag
- ISBN-13: 9783473352678
- ISBN-10: 3473352675
- Artikelnr.: 20929550
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.03.2007Trotzkopf mit Schleier
Das Leben einer jungen Muslimin in Australien
Es war, als hätte ich eine Tür aufgestoßen und wäre in einen anderen Raum getreten. Bis zu diesem Moment hatte ich nie ernsthaft darüber nachgedacht, es zu tun, aber auf einmal durchströmte mich eine Welle von Mut und ich spürte, dass ich es tun will, weil es einfach das Richtige ist. Ich bin bereit, den Hijab zu tragen.”
Die australische Autorin Randa Abdel-Fattah erzählt in ihrem Mädchenroman mit stark autobiographischen Zügen, wie der mutige Auftritt der Schauspielerin Jennifer Aniston in einer Folge der Fernsehserie „Friends” die 16-jährige Amal so begeistert, dass sie auch etwas Spektakuläres tun möchte. Sie entschließt sich, in der Öffentlichkeit das Kopftuch zu tragen. Als Tochter eines Arztehepaares, das aus Palästina eingewandert ist, lebt sie in Melbourne mit ihren Freundinnen aus verschiedenen Kulturkreisen und Nationen zusammen, besucht eine teure Privatschule und hat Eltern, die sie verstehen und ihr scheinbar alle Freiheiten lassen. Sie ist ein typischer Teenager, manchmal ziemlich respektlos und frech, obwohl ihr Leben vom islamischen Glauben bestimmt ist. Die täglichen Gebete, das Fasten im Ramadan, das Verbot, Schweinefleisch zu essen oder Alkohol zu trinken, werden streng eingehalten.
Als Amal nach den Ferien in der Schule mit einem Kopftuch erscheint, wird sie zu einer Herausforderung für Lehrer und Klassenkameraden. Der Versuch, ihre Entscheidung zu begründen, führt zu ausführlichen Diskussionen über den Islam. Die Autorin will zeigen, dass sich diese Religion und ein unabhängiges Leben für Mädchen und Frauen nicht ausschließen müssen. Für Amal ist das Kopftuch, nach westlichem Verständnis für viele das Symbol für die Unterdrückung der Frau, ein Zeichen ihrer Selbstverwirklichung als moderne Muslimin.
Aber ist sie wirklich frei und unabhängig? Im Laufe der Lektüre zeigt sich immer deutlicher, dass ihre Eltern nur scheinbar liberal sind. Sie machen zwar nicht den Fehler, sie gegen ihren Willen zu verheiraten, unterwerfen sie aber geschickt einer sehr rigiden Erziehung. Auf die Frage von Adam, für den sie schwärmt, ob sich ihre Eltern in ihr Leben einmischen, antwortet sie: „Eigentlich schon. Verglichen mit dem, wie es bei dir abläuft, erziehen sie mich wahrscheinlich extrem streng, aber ich lebe nicht im Gefängnis. (. . .) Es gibt Regeln und Grenzen, klar, aber ich fühle mich nicht eingeengt.” Aber längst hat sie die moralischen Vorstellungen der Eltern verinnerlicht, wenn sie etwa die rigide islamische Sexualmoral, der die Frauen unterworfen sind, verteidigt und schon vor einem Kuss zurückschreckt. Die Autorin stilisiert sie immer mehr zu einer Vorbildfigur, ihre Widersacherin ist natürlich eine reiche, verdorbene Zicke, die ihr das Leben schwer macht. Und am Schluss glänzt sie in einem Debattierwettbewerb und ist der Star der Schule und natürlich der Stolz der Eltern.
Hinter der locker geschriebenen, zum Teil auch ironisch-kritischen Auseinandersetzung mit dem Leben einer jungen Muslimin verbirgt sich eine rigide Frauenerziehung, wie sie aus den Exempelgeschichten des 19. Jahrhunderts bekannt ist und in den „Trotzkopf-Geschichten” ihren trivialen Höhepunkt fand. Von der zeitgemäßen Jugendliteratur, die den schwierigen Weg zur Selbstbestimmung und zu einem eigenverantwortlichen Leben zum Thema hat, ist das Buch weit entfernt. ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
RANDA ABDEL-FATTAH: Und meine Welt steht Kopf. Aus dem australischen Englisch von Katarina Ganslandt. Ravensburger Buchverlag 2007. 320 Seiten, 14,95 Euro.(Zur Diskussion ab 12 Jahre)
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Das Leben einer jungen Muslimin in Australien
Es war, als hätte ich eine Tür aufgestoßen und wäre in einen anderen Raum getreten. Bis zu diesem Moment hatte ich nie ernsthaft darüber nachgedacht, es zu tun, aber auf einmal durchströmte mich eine Welle von Mut und ich spürte, dass ich es tun will, weil es einfach das Richtige ist. Ich bin bereit, den Hijab zu tragen.”
Die australische Autorin Randa Abdel-Fattah erzählt in ihrem Mädchenroman mit stark autobiographischen Zügen, wie der mutige Auftritt der Schauspielerin Jennifer Aniston in einer Folge der Fernsehserie „Friends” die 16-jährige Amal so begeistert, dass sie auch etwas Spektakuläres tun möchte. Sie entschließt sich, in der Öffentlichkeit das Kopftuch zu tragen. Als Tochter eines Arztehepaares, das aus Palästina eingewandert ist, lebt sie in Melbourne mit ihren Freundinnen aus verschiedenen Kulturkreisen und Nationen zusammen, besucht eine teure Privatschule und hat Eltern, die sie verstehen und ihr scheinbar alle Freiheiten lassen. Sie ist ein typischer Teenager, manchmal ziemlich respektlos und frech, obwohl ihr Leben vom islamischen Glauben bestimmt ist. Die täglichen Gebete, das Fasten im Ramadan, das Verbot, Schweinefleisch zu essen oder Alkohol zu trinken, werden streng eingehalten.
Als Amal nach den Ferien in der Schule mit einem Kopftuch erscheint, wird sie zu einer Herausforderung für Lehrer und Klassenkameraden. Der Versuch, ihre Entscheidung zu begründen, führt zu ausführlichen Diskussionen über den Islam. Die Autorin will zeigen, dass sich diese Religion und ein unabhängiges Leben für Mädchen und Frauen nicht ausschließen müssen. Für Amal ist das Kopftuch, nach westlichem Verständnis für viele das Symbol für die Unterdrückung der Frau, ein Zeichen ihrer Selbstverwirklichung als moderne Muslimin.
Aber ist sie wirklich frei und unabhängig? Im Laufe der Lektüre zeigt sich immer deutlicher, dass ihre Eltern nur scheinbar liberal sind. Sie machen zwar nicht den Fehler, sie gegen ihren Willen zu verheiraten, unterwerfen sie aber geschickt einer sehr rigiden Erziehung. Auf die Frage von Adam, für den sie schwärmt, ob sich ihre Eltern in ihr Leben einmischen, antwortet sie: „Eigentlich schon. Verglichen mit dem, wie es bei dir abläuft, erziehen sie mich wahrscheinlich extrem streng, aber ich lebe nicht im Gefängnis. (. . .) Es gibt Regeln und Grenzen, klar, aber ich fühle mich nicht eingeengt.” Aber längst hat sie die moralischen Vorstellungen der Eltern verinnerlicht, wenn sie etwa die rigide islamische Sexualmoral, der die Frauen unterworfen sind, verteidigt und schon vor einem Kuss zurückschreckt. Die Autorin stilisiert sie immer mehr zu einer Vorbildfigur, ihre Widersacherin ist natürlich eine reiche, verdorbene Zicke, die ihr das Leben schwer macht. Und am Schluss glänzt sie in einem Debattierwettbewerb und ist der Star der Schule und natürlich der Stolz der Eltern.
Hinter der locker geschriebenen, zum Teil auch ironisch-kritischen Auseinandersetzung mit dem Leben einer jungen Muslimin verbirgt sich eine rigide Frauenerziehung, wie sie aus den Exempelgeschichten des 19. Jahrhunderts bekannt ist und in den „Trotzkopf-Geschichten” ihren trivialen Höhepunkt fand. Von der zeitgemäßen Jugendliteratur, die den schwierigen Weg zur Selbstbestimmung und zu einem eigenverantwortlichen Leben zum Thema hat, ist das Buch weit entfernt. ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
RANDA ABDEL-FATTAH: Und meine Welt steht Kopf. Aus dem australischen Englisch von Katarina Ganslandt. Ravensburger Buchverlag 2007. 320 Seiten, 14,95 Euro.(Zur Diskussion ab 12 Jahre)
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Einen zeitgemäßen Mädchenroman zum Thema Selbstverwirklichung im Islam stellt Roswitha Budeus-Budde sich anders vor. Randa Abdel-Fattahs autobiografisch gefärbte Auseinandersetzung mit Kopftuch- und Fastenzwang erinnert sie zu sehr an rigide Frauenerziehung a la "Trotzkopf". Zu wenig liberal erscheinen ihr die Figuren, zu simpel die bemühten Kontraste. Und wenn die Rezensentin der Autorin auch eine "lockere" Schreibe und dem Buch "ironisch-kritische" Momente zugesteht - ein jugendtauglicher literarischer Blick auf das Thema, meint sie, sieht anders aus.
© Perlentaucher Medien GmbH
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