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Das neue Buch von Johannes Hösle knüpft an die erfolgreiche Kindheitsgeschichte "Vor aller Zeit" an, in der Hösle vom Aufwachsen in einer oberschwäbischen Schusterfamilie mit ihrem katholischen Kosmos erzählte. In "Und was wird jetzt?" geht es um die Jahre zwischen 1944 und 1952, um den Zusammenbruch des Nationalsozialismus aus der Perspektive eines pubertierenden Jungen und um das, was dann kommt. Es ist ein autobiographischer Entwicklungsroman, der Hösles Jugend- und Studienzeit als eine Zeit der Umorientierung und des Aufbruchs schildert. Der junge Mann vollzieht die schmerzliche und…mehr

Produktbeschreibung
Das neue Buch von Johannes Hösle knüpft an die erfolgreiche Kindheitsgeschichte "Vor aller Zeit" an, in der Hösle vom Aufwachsen in einer oberschwäbischen Schusterfamilie mit ihrem katholischen Kosmos erzählte. In "Und was wird jetzt?" geht es um die Jahre zwischen 1944 und 1952, um den Zusammenbruch des Nationalsozialismus aus der Perspektive eines pubertierenden Jungen und um das, was dann kommt. Es ist ein autobiographischer Entwicklungsroman, der Hösles Jugend- und Studienzeit als eine Zeit der Umorientierung und des Aufbruchs schildert. Der junge Mann vollzieht die schmerzliche und langsame Abkehr von den religiösen Idealen und Maximen seiner Kindheit. Ohne Groll, ohne Schuldkomplex löst sich Hösle allmählich von den alten Normen und öffnet sich unvoreingenommen einer offeneren und freieren Lebensauffassung. Von dörflicher Enge und Aufbruch, von der schweren Erkrankung der Mutter und erster Liebe, von einer euphorisch entdeckten neuen Welt der romanischen Länder und Sprachen erzählt er mit der für ihn so typischen Ironie, plastisch, anschaulich und voller Wärme.

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Johannes Hösle wurde 1929 in Erolzheim geboren und lebt heute in Regensburg. Er ist ehemaliger Leiter des Goethe-Instituts Mailand und emeritierter Professor für Romanische Literaturwissenschaft an der Universität Regensburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2002

Das Fegefeuer ist keine Option
Geschichte eines Bücherwurms: Johannes Hösles Erinnerungen

Der lange Prozeß der Aufklärung komprimiert in den wenigen Jugendjahren eines einzelnen, als eine Form der Ablösung vom tiefkatholischen Milieu in einem kleinen Dorf bei Memmingen in Oberschwaben - das ist ein möglicher Blickwinkel, unter dem man den zweiten Band der Autobiographie des Regensburger Romanisten Johannes Hösle lesen kann. "Und was wird jetzt?" lautet der Titel, der aus einem Werk von Erich Kästner entlehnt ist; somit geht es um eine Zeit des Übergangs, um eine transitorische Phase im Leben eines Individuums und einer Gesellschaft zwischen dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und den frühen fünfziger Jahren. Die Geschichte führt von Erolzheim über Tübingen und Frankreich bis in ein Zugabteil auf dem Weg nach Italien, von der Resistenz katholischer Gemeinden gegen die Nazi-Propaganda zu den Entbehrungen während des Krieges und zu den Erfahrungen mit den Besatzungsmächten, und vom Dorfpfarrer bis zu den Vordenkern im geisteswissenschaftlichen Seminar.

Auch ein mehr soziologischer Blick auf das Buch ist möglich: Man muß sich nur an die lange währende und oft polemisch betonte Rückständigkeit katholischer Regionen in Deutschland erinnern, an das Bildungsgefälle, das lange Zeit gegenüber protestantischen Gebieten bestanden hat - dann dokumentiert Johannes Hösle nämlich den mühevollen Weg von der dörflichen Pfarrbücherei vor dem Zweiten Weltkrieg über zufällige Lektüren bis zu den Vorlesungen von Romano Guardini oder Helmut Thielecke in den Nachkriegsjahren, bis zu dem noch sehr jungen Tübinger Dozenten Walter Jens und bis zur Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Literatur und Philosophie aus Frankreich. Insofern sind diese Erinnerungen über weite Strecken auch die Geschichte eines Bücherwurms, der den Weg zum eigenständigen Denken sorgfältig mit den Lese-Eindrücken dieser Jahre beglaubigt. Und nicht zuletzt lassen sich die gut zweihundert Seiten zudem als eine assoziative Sozial- und Mentalitätsgeschichte lesen - als Spiegel der Erfahrungen eines spezifischen Milieus, dessen "soziale Logik" in wenig mehr als einem Jahrzehnt fragwürdig wird und zerbricht.

Vor dem Krieg und auch noch in den ersten Jahren des "Dritten Reichs" funktionierte die ländlich-katholische Welt in Erolzheim - und nicht nur dort - weitgehend wie ein geschlossener Kosmos und nach eigenen Gesetzen. Sie banden das Leben einer Gemeinde zusammen, lieferten ein Erklärungsmodell für alles Irdische und Überirdische und gaben die nötigen Anleitungen in Fragen der Moral. Davon handelt der erste Band der Erinnerungen Johannes Hösles, der unter dem Titel "Vor aller Zeit" vor zwei Jahren erschien - ein Text, der nicht nur durch die leise, ständig präsente Ironie des Erzählers schillert und funkelt, sondern auch durch all das Fremdgewordene, das der Blick zurück noch einmal enthüllt: Eine Welt, die es hierzulande so nicht mehr gibt; ein Alltag, der im Jahreslauf nach der Abfolge der kirchlichen Feiertage organisiert wird - mit dem Himmel oben drüber, mit der Hölle unten drunter, und mit dem Fegefeuer als der Option für die geliebte Tante aus Hamburg, die ein bißchen zu modisch gekleidet ist. Im Mittelpunkt der Gemeinde steht der Pfarrer, und dessen Person und Amt liefern auch das einzig denkbare "Karrieremodell" für den aufgeweckten Sohn eines Schusters.

In dem neuen Buch ist nun alles anders. Die Kapitel werden nicht mehr nach Kirchenfesten benannt, sondern nach geschichtlichen Ereignissen oder den wechselnden Wohnorten des Erzählers. Was vor dem Krieg als fraglos gültig gelten durfte, verliert die Verbindlichkeit. Der Heiland spendet nur mehr schwachen Trost, wenn die Söhne nicht mehr von der Front zurückkehren oder als Flakhelfer verheizt werden; die Bibel nützt kaum etwas gegen die Anmaßungen der französischen Besatzungstruppen; Krankheiten oder der lange Schulweg mit dem Fahrrad zur Bahnstation bei jedem Wetter und an jedem Tag - das sind Probleme, gegen die Gebete wenig helfen. Die Pubertät und die frühen Erwachsenenjahre fallen mit dem Desaster des Krieges, mit dem Zusammenbruch von Nazi-Deutschland und mit dem Beginn des Wiederaufbaus zusammen. Soviel Anfang war nie zuvor möglich - schon gar nicht in Erolzheim -, man muß nur dazu bereit sein, den Weg nach draußen auch tatsächlich zu suchen. In einer fremden Stadt, unter fremden Menschen, an einer Universität, in kalten Studentenbuden und schließlich sogar im Ausland.

Aus dem jungen Mann wird kein Pfarrer, sondern ein angehender Literaturwissenschaftler, und spätestens mit dem Tod der Mutter in der heimatlichen Gemeinde zerbricht die letzte Bindung an Glauben und Gottes Gerechtigkeit. Er habe heute kein Verhältnis mehr zum Glauben und zur Institution Kirche, hat Johannes Hösle beim Erscheinen des ersten Bandes seiner Autobiographie erklärt, und in solchen Passagen, wenn der Tod ihm geliebte Menschen raubt, wird diese Abwendung am deutlichsten spürbar - nicht als Absage an christliche Tugenden und auch nicht als Pauschalurteil über Kirchendiener - am Respekt für den seinerzeitigen Erolzheimer Pfarrer Angele läßt er es nie fehlen, eher schon als kategorische Abkehr der Vernunft von der Selbstgenügsamkeit des Glaubens.

Den Aufstieg eines Menschen aus einer nicht selbst auferlegten Unmündigkeit zu protokollieren: das ist die treibende Kraft in den Erzählungen Johannes Hösles. In diesem zweiten Band mit den Jugenderinnerungen tritt das weitaus deutlicher heraus als in den Geschichten aus der Kindheit - und das hat seinen Preis. "Und was wird jetzt?" handelt von einem entscheidenden Ringen mit und um sich selbst und liest sich daher viel spröder als das erste Buch; einerseits weil der aufgeklärtere Blick kaum noch sentimentalische Zugeständnisse an die alte Welt zuläßt, andererseits aber wohl auch, weil dieser Grad der Aufgeklärtheit niemals selbstverständlich gewesen ist, sondern energisch und mühevoll erworben werden mußte. Die frühere schalkhafte Leichtigkeit im Umgang mit der Welt "vor aller Zeit" ist damit scheint's nicht mehr vereinbar, vielleicht weil sich ohne Ende immer neue Fragen stellen.

MICHAEL SCHMITT

Johannes Hösle: "Und was wird jetzt?" Geschichte einer Jugend. Verlag C. H. Beck, München 2002. 224 S., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Vor zwei Jahren hatte der 1929 in der schwäbischen Provinz geborene Professor für Romanistik, Johannes Hösle, den ersten Teil seiner Kindheits- und Jugenderinnerungen veröffentlicht, nun liegt der zweite Teil über seine Jahre an einem schwäbischen Gymnasium vor, berichtet der Rezensent mit dem Kürzel "gna". Darin geht es vor allem, informiert der Rezensent, um die Nachkriegsjahre. Seine Erinnerungen habe der Autor allerdings, mäkelt "gna", etwas anekdotenhaft aneinandergereiht. Lehrer, Mitschüler und Bewohner von schwäbischen Dörfern hinterließen beim Leser nicht viel mehr als "einen hölzernen Klang", vieles bleibe schlicht "blass" und "spröde", findet der Rezensent, dem der erste Teil dieser Biografie wesentlich besser gefallen hat.

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