Im Blick hatte ich die zwei “Unerschrocken”-Bände von Pénélope Bagieu schon länger. Wenn ich mich recht erinnere, waren sie zwischendurch vergriffen. Das ist zumindest die einzige logische Erklärung, warum die Reihe nicht längst in meinen Besitz gewandert ist. Feminismus und Comics, da stehe ich
einfach drauf. Naja, im Nachhinein ist das gar nicht schlimm, denn Reprodukt hat eine glorreiche…mehrIm Blick hatte ich die zwei “Unerschrocken”-Bände von Pénélope Bagieu schon länger. Wenn ich mich recht erinnere, waren sie zwischendurch vergriffen. Das ist zumindest die einzige logische Erklärung, warum die Reihe nicht längst in meinen Besitz gewandert ist. Feminismus und Comics, da stehe ich einfach drauf. Naja, im Nachhinein ist das gar nicht schlimm, denn Reprodukt hat eine glorreiche Gesamtausgabe der Portraits von Bagieu veröffentlicht. Glorreich, weil das Cover glänzend ins Auge sticht und die ganze Aufmachung sehr hochwertig ist. Die Dicke des Papiers – herrlich! Und die glänzende Prägung auf dem Cover…
Um ehrlich zu sein, ich hätte mir die Gesamtausgabe auch zugelegt, wenn die Einzelbände bereits in meinem Besitz gewesen wären. Schließlich versteckt sich ein ziemlicher Schatz zwischen diesen prächtigen Buchdeckeln (trage ich ein wenig zu dick auf? Ich denke nicht).
Unbekannt
CN: Misogynie, physische und psychische Gewalt gegen Frauen, Vergewaltigung, Femizid, Auftragsmord
In “Unerschrocken” finden sich die Kurzbiografien von 30 Frauen, darunter bekanntere Namen wie Josephine Baker oder Hedy Lamarr, aber auch mir bislang unbekannte wie Leymah Gbowee, Clémentine Delait oder Wu Zetian. Die Biografien erstrecken sich jeweils über etwa sechs Seiten und werden in liebevoll gezeichneten Comicpanels erzählt. Die einzelnen Panels sind recht textlastig, der Erzählweise von Liv Strömquist zum Beispiel nicht unähnlich.
Nicht alle Geschichten sind dabei so humorvoll wie die der Leuchtturmretterin Giorgina Reid. Dass Peggy Guggenheim Zeit ihres Lebens ausgenutzt wird, ist noch recht leicht zu lesen. Die multiplen Massenvergewaltigungen von Phoolan Devi deutlich weniger. Brüche in den Biografien werden nicht ausgespart und die Frauen werden nicht nur auf ihre Errungenschaften reduziert. Trotzdem bleiben natürlich Leerstellen, schließlich lässt sich ein Leben nicht auf sechs Seiten reduzieren. Aber bei Interesse kann mensch sich ja über einzelne Personen anderweitig informieren.
Die selbstbewusst lächelnde Frau auf dem Cover ist übrigens Nellie Bly (1846-1922) aus Pittsburgh. Warum ihre Biografie erwähnenswert ist, das lest ihr am besten selbst in “Unerschrocken” nach.
Unerhört
Besonders gut gefallen hat mir das subtile Zusammenspiel aus Bild und Text. In den Panels finden sich oft gezeichnete Zusatzinformationen, die die Texte ergänzen. Dass Betty Davis die einzige schwarze Frau in ihrem Studiengang ist, wird zwar nicht explizit erwähnt, lässt sich aber gut erahnen (siehe Bild rechts).
Erwähnenswert finde ich auch das Bemühen um Diversität bei der Auswahl der Biografien. Auch wenn gefühlt ein Schwerpunkt auf dem 19. und 20. Jahrhundert liegt, finden sich Frauen aus unterschiedlichen Zeiten und verschiedenen Teilen der Erde in “Unerschrocken”. Mit Christine Jorgensen hat es auch eine trans Frau ins Buch geschafft. Für die Zukunft wünsche ich mir noch viel mehr Sichtbarkeit von queeren Personen! Aber an “Unerschrocken” gibt es trotzdem unerhört wenig auszusetzen. Ein rundum gelungener visueller, haptischer und informativ feministischer Genuss. Ich kann Reprodukt nur zu dieser tollen Gesamtausgabe gratulieren (und euch auch, denn sie steht bald auch in euren Regalen, oder?)