Diese Bodensee-Anthologie versammelt literarische Texte des 20. Jahrhunderts über den See, das Land und die dort lebenden Menschen.
Die Texte verstehen sich zuallererst als Auskünfte über eine Region: ihre Landschaft, ihre gefährdeten Schönheiten und ihre Menschen. Aber es geht nicht allein um eine schöne Landschaft; ihre unbestreitbaren - und unbestrittenen - Schauseiten finden sich um historische und soziale, geistige und mentale Aspekte ergänzt.
Die Texte verstehen sich zuallererst als Auskünfte über eine Region: ihre Landschaft, ihre gefährdeten Schönheiten und ihre Menschen. Aber es geht nicht allein um eine schöne Landschaft; ihre unbestreitbaren - und unbestrittenen - Schauseiten finden sich um historische und soziale, geistige und mentale Aspekte ergänzt.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In dieser Anthologie, findet eine mit "sg" kürzelnde Rezensentin, trete die Region Bodensee dem Leser "ungewohnt plastisch" vor Augen. Dass die qualitativen Unterschiede enorm sind, stört sie nicht. In den fünfundsiebzig Gedichten, Mundarttexten und Kurzgeschichten seien "lokale Größen" ebenso vertreten wie "Autoren der Weltliteratur". Manch literarisches Fundstück warf dann ihrer Ansicht nach auch einen "originellen und kritischen Blick" auf den See.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.08.2001Deutschland
"Unser aller Weg führt übern Bodensee. Eine Landschaft und ihre Menschen in der Literatur des 20. Jahrhunderts" herausgegeben von Manfred Bosch. Edition Isele, Eggingen 2000. 238 Seiten. Gebunden, 34,80 Mark. ISBN 3-86142-176-3.
Manfred Bosch gibt mit seiner Anthologie eine literarische Bilanz des Bodensees heraus, die sich bewußt auf das zwanzigste Jahrhundert konzentriert. An der Dichtung der vorangegangenen Jahrhunderte kritisiert er, daß sich damals meist nur durchreisende Künstler "in einen landschaftlichen Auftragsdienst hineinziehen" und zu bloßen Ergebenheitsadressen verleiten ließen. Erst nach der Jahrhundertwende entwickelte sich die literarische Landschaft zu einer Landschaft der Literaten, die die "schöne Abseitigkeit" des Bodensees nunmehr als Lebensort entdeckten. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg bildete sich hier parallel zur Künstlerschaft eine eigene literarische Szene heraus. Sie machte die soziale Gegenwart an den Gestaden des Bodensees zum Thema der Literatur. Ein Beispiel aus dem Band ist Heinrich Dikreiters proletarische Autobiographie "Vom Waisenhaus zur Fabrik". Auch expressionistische Werke wie Willy Küsters "Kleinstadt" mit der Zeile "Wo hagre Häuser dürr ins Firmament zu ragen sich erfrechen" bereichern das Lesebuch. In der Literatur der Nazi-Zeit, die den experimentellen Tendenzen ein abruptes Ende setzte, wurden die "Ruhigstellungskünste" des Bodensees instrumentalisiert. Der literarische Epochenbruch der Nachkriegszeit machte dann auch an den deutschen Ufern nicht halt, während in den Schweizer Kantonen eine Abkehr von der Heimatliteratur zunächst weniger dringlich erschien. Zu den Fundstücken der modernen Literatur, die einen originellen und kritischen Blick auf den See werfen, gehören die Erzählung "Freizeitindustrielle" von Peter Renz oder Klaus Nonnenmanns Essay "Fünfzehn Mille, ohne Grund", der die Machenschaften der Makler angesichts des Ausverkaufs der Bauernhäuser beschreibt. Die fünfundsiebzig Gedichte, Mundarttexte und Kurzgeschichten sind nach Regionen wie Überlinger oder Untersee, Oberschwaben, Vorarlberg und Ostschweiz geordnet. In einer Anthologie des zwanzigsten Jahrhunderts wäre eine chronologische Darstellung oder Gewichtung nach Gattungen vielleicht sinnvoller gewesen. Auch sind die qualitativen Unterschiede in dem Sammelband, der lokale Größen und Autoren der Weltliteratur zusammenbringt, naturgemäß enorm. Trotzdem tritt die Region in dieser lebendigen Zeitreise und literarischen Topographie dem Leser ungewohnt plastisch vor Augen. (sg)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Unser aller Weg führt übern Bodensee. Eine Landschaft und ihre Menschen in der Literatur des 20. Jahrhunderts" herausgegeben von Manfred Bosch. Edition Isele, Eggingen 2000. 238 Seiten. Gebunden, 34,80 Mark. ISBN 3-86142-176-3.
Manfred Bosch gibt mit seiner Anthologie eine literarische Bilanz des Bodensees heraus, die sich bewußt auf das zwanzigste Jahrhundert konzentriert. An der Dichtung der vorangegangenen Jahrhunderte kritisiert er, daß sich damals meist nur durchreisende Künstler "in einen landschaftlichen Auftragsdienst hineinziehen" und zu bloßen Ergebenheitsadressen verleiten ließen. Erst nach der Jahrhundertwende entwickelte sich die literarische Landschaft zu einer Landschaft der Literaten, die die "schöne Abseitigkeit" des Bodensees nunmehr als Lebensort entdeckten. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg bildete sich hier parallel zur Künstlerschaft eine eigene literarische Szene heraus. Sie machte die soziale Gegenwart an den Gestaden des Bodensees zum Thema der Literatur. Ein Beispiel aus dem Band ist Heinrich Dikreiters proletarische Autobiographie "Vom Waisenhaus zur Fabrik". Auch expressionistische Werke wie Willy Küsters "Kleinstadt" mit der Zeile "Wo hagre Häuser dürr ins Firmament zu ragen sich erfrechen" bereichern das Lesebuch. In der Literatur der Nazi-Zeit, die den experimentellen Tendenzen ein abruptes Ende setzte, wurden die "Ruhigstellungskünste" des Bodensees instrumentalisiert. Der literarische Epochenbruch der Nachkriegszeit machte dann auch an den deutschen Ufern nicht halt, während in den Schweizer Kantonen eine Abkehr von der Heimatliteratur zunächst weniger dringlich erschien. Zu den Fundstücken der modernen Literatur, die einen originellen und kritischen Blick auf den See werfen, gehören die Erzählung "Freizeitindustrielle" von Peter Renz oder Klaus Nonnenmanns Essay "Fünfzehn Mille, ohne Grund", der die Machenschaften der Makler angesichts des Ausverkaufs der Bauernhäuser beschreibt. Die fünfundsiebzig Gedichte, Mundarttexte und Kurzgeschichten sind nach Regionen wie Überlinger oder Untersee, Oberschwaben, Vorarlberg und Ostschweiz geordnet. In einer Anthologie des zwanzigsten Jahrhunderts wäre eine chronologische Darstellung oder Gewichtung nach Gattungen vielleicht sinnvoller gewesen. Auch sind die qualitativen Unterschiede in dem Sammelband, der lokale Größen und Autoren der Weltliteratur zusammenbringt, naturgemäß enorm. Trotzdem tritt die Region in dieser lebendigen Zeitreise und literarischen Topographie dem Leser ungewohnt plastisch vor Augen. (sg)
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