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9 Kundenbewertungen

Eltern sind auch nur Menschen. Und was macht man mit einem Sohn, der nicht mehr in die Schule gehen möchte? David, der Vater, schlägt Jesse einen ungewöhnlichen Handel vor: freie Kost und Logis, aber drei Filme pro Woche. Von Truffaut über Hitchcock bis hin zu "Basic Instinct". Nachmittage und Abende gemeinsam auf dem Sofa. Kein Kurs in Filmgeschichte, sondern viel Zeit zum Reden über falsche Freundinnen, die richtigen Fehler, verlorene und gefundene Liebe. Und darüber, wie lebenswichtig Leidenschaft ist. Ein wahres und weises, zärtliches und urkomisches Buch über gebrochene Herzen und…mehr

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Produktbeschreibung
Eltern sind auch nur Menschen. Und was macht man mit einem Sohn, der nicht mehr in die Schule gehen möchte? David, der Vater, schlägt Jesse einen ungewöhnlichen Handel vor: freie Kost und Logis, aber drei Filme pro Woche. Von Truffaut über Hitchcock bis hin zu "Basic Instinct". Nachmittage und Abende gemeinsam auf dem Sofa. Kein Kurs in Filmgeschichte, sondern viel Zeit zum Reden über falsche Freundinnen, die richtigen Fehler, verlorene und gefundene Liebe. Und darüber, wie lebenswichtig Leidenschaft ist.
Ein wahres und weises, zärtliches und urkomisches Buch über gebrochene Herzen und gelungene Beziehungen und darüber, dass Erwachsenwerden nichts mit dem Alter zu tun hat.
Autorenporträt
David Gilmour, Jg. 1949, lebt in Toronto, Kanada, und ist Buchautor, Fernsehmoderator, Journalist und Filmkritiker. Er wurde mit vielen Literaturpreisen ausgezeichnet, etwa mit dem renommierten Governor General's Award.

Adelheid Zöfel lebt und übersetzt in Freiburg im Breisgau. Zu den von ihr übersetzten Autoren gehören u.a. Marisha Pessl, Chuck Klosterman, David Gilmour, Janice Deaner und Louise Erdrich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.02.2009

Äpfel und Stämme

David Gilmour kreuzt eine Erziehungsfabel mit einer kleinen Filmkunde. Heraus kommt ein anmutiger Roman.

Von Oliver Jungen

Die wahre Schule des Lebens, hat Truffaut bekanntlich herausgefunden, ist das Kino. Warum dann überhaupt noch in die falsche gehen? Auf diese Idee kann natürlich nur ein Filmkritiker kommen, aber wie es der Zufall will, ist der Kanadier David Gilmour nicht nur ein im englischsprachigen Raum renommierter Schriftsteller, sondern auch Filmkritiker. Nun ist sein vor zwei Jahren im Original publizierter, autobiographisch gefärbter Roman "The Film Club" auf Deutsch erschienen. Darin berichtet ein Erzähler, modelliert ganz offensichtlich nach dem Vorbild des Autors, pointiert über die mit dem sechzehnjährigen Sohn Jesse verbrachte Zeit, nachdem er diesem erlaubt hat, die Schule abzubrechen.

An die Stelle des weltfremden Lehrplans (Latein!) setzt der Erzähler sich selbst sowie die einzig wahre moralische Anstalt: "Ich will, dass du jede Woche mit mir drei Filme anschaust. Ich suche sie aus. Das ist die einzige Form von Ausbildung, die du bekommst." Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Aus Jesse wird kein korrupter Polizist (Richard Gere in "Internal Affairs"), kein apokalyptischer Rächer (James Caan in "Der Einzelgänger"), kein drogenabhängiges Wrack (Max von Sydow in "Der Exorzist"), obwohl Drogen durchaus eine Rolle spielen. Aus Jesse wird ein einigermaßen erfolgreicher Rapper in einer Jugendband, der sich schließlich von selbst wieder für die falsche, echte Schule entscheidet. Vorher hat er einige Liebeshändel durchzustehen. Kurz: Jesse wird erwachsen.

Diesem an sich nicht gerade aufregenden Plot nimmt Gilmour auch noch jedes Entwicklungs-, will sagen Konfliktpotential, indem er dem idealen Sohn einen idealen Vater zugesellt: Der küsst ihn, aber schlägt ihn nicht. Diese Dyade ergänzen zwei ideale Mütter zur heiligen Familie: Tina, Davids Ehefrau, und Maggie, Davids Exfrau. Alle lieben einander: Wer braucht da Latein? Und so überrascht auch das kursiv gesetzte, väterliche Geständnis nicht: "Mein Gott, was hat er für ein wunderschönes Lächeln." Nichts ist weniger ungewöhnlich als elterlicher Stolz, wie sehr die Brut auch aus der Art schlagen mag. Gibt es aber andersherum etwas, das einem Pubertierenden mehr zuwider sein muss, als von den eigenen Eltern angehimmelt zu werden? Jesse jedoch erträgt nicht nur geduldig alle väterlichen Ratschläge, er erbittet sie sogar ausdrücklich: "Findest du, es stimmt, Dad, dass man eine Frau nicht gleichzeitig haben und wollen kann?"

Ganz uneigennützig ist das Projekt freilich nicht: Auch in Davids Alltag kommt mit dem Lebensdrang des Sohnemanns neuer Schwung. So schimmert denn auch Eifersucht durch, sobald ein Mädchen den Sohn wegzuschnappen droht. Überhaupt wird David nervös, wann immer der Filius vom Radar verschwindet, und sei es, weil er einen Auftritt hat oder mit Kumpeln abhängt. Es wird jeweils ausführlicher Rapport erwartet (und auch berichtet, wie man diesen als Vater am geschicktesten erwirkt).

Den Leseeindruck liefert Gilmour gleich mit: "Man denkt, es geht ewig so weiter, und dann, eines Tages, hört es einfach auf." Das alles ist jedoch mit einer solchen Anmut erzählt, dass der Leser beide Figuren ins Herz schließt, zumal sich David offenherzig gibt. Einmal, nachdem ein Auftrag geplatzt ist, das erwartete Honorar aber schon ausgegeben, bricht er regelrecht zusammen: "Als ich die Spülung drückte, rutschte mir die Uhr vom Handgelenk und wirbelte den Abfluss hinunter. Ich setzte mich auf den Klositz und weinte leise." Es kommt ihm der Gedanke, eigentlich ein "Blender, ein Versager" zu sein. Diese Selbstzweifel plagten ähnlich schon Jesse; Äpfel und Stämme.

Den roten Faden des Buches bilden die Filmvorführungen samt der Kurzeinführungen: ein Propädeutikum der enthusiastischen Filmkunde. Dabei muss man nicht die Einschätzung teilen, dass "Der Exorzist" "die Krönung aller Horrorfilme" und "Showgirls" die schlechteste Produktion aller Zeiten ist. Irgendwann also hört es einfach auf. Der Vater ahnt plötzlich, "dass meine Pechsträhne vorüber war", hat keine geraubten Küsse mehr nötig. Der Sohn zieht mit einem Mädchen davon, muss nach amourösem Schiffbruch aber noch einmal nachsitzen in der Schule des Lebens, Lektion: Kokain ist auch keine Lösung. Jesse also macht sein Sofaabitur, das andere gleich hinterher und bricht auf, die Welt zu erobern - ein bisschen James Dean, ein bisschen Antoine Doinel und ein bisschen Vatersöhnchen.

David Gilmour: "Unser allerbestes Jahr". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Adelheid Zöfel. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2009. 254 S., geb., 18,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Fritz Göttler traut dem Kinoverständnis des Autors nicht so recht über den Weg. Die beiden ineinander verzahnten Coming-of-age-Geschichten von Vater und Sohn, die David Gilmour in diesem Buch erzählt, hätten es vielleicht auch nicht nötig, dass man Filme heranzieht, um sie besser zu verstehen, legt Göttler nahe. Die vom Vater für den krisengeschüttelten Sohn initiierte Tour durch die Kinohistorie gibt laut Göttler jedenfalls keine Antworten auf die Probleme der Pubertät oder einer veritablen Midlifecrisis.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.05.2010

Filmclub für zwei
David Gilmours Kinolebensbuch „Unser allerbestes Jahr“
Ein Dummerjungenstreich, ziemlich albern und boshaft: Das Nachbarhaus steht zum Verkauf, und als interessierte Käufer kommen, werden schnell ein paar von Jesses Kumpeln aktiviert, zum Besichtigungstermin, „ein halbes Dutzend trinkender, rauchender, Mützen tragender ,Nichtstuer‘, alle mit Sonnenbrillen und bleichen Gesichtern“. Eine Abschreckaktion, die voll einschlägt.
Der dumme Junge aber, der das ausheckt, ist der Erzähler dieses Buches (gerade auf der Auswahlliste zum Jugendliteraturpreis), und er ist Mitte fünfzig. Er würde das Haus gern selber kaufen, dann könnte er das daneben, in dem er gerade wohnt, seiner Exfrau zurückgeben. Und könnte in Zukunft ganz nah bei ihr wohnen, und bei Jesse, dem gemeinsamen Sohn. Jesse ist in einer Early-life-Krise, er verweigert sich der Schule, also hat der besorgte Vater einen ungewöhnlichen Deal mit ihm gemacht. Jesse muss nicht weiter in die Schule, darf seine Tage vertrödeln – nur zwei Bedingungen: keine Drogen und die Teilnahme am Film Club (so der lakonische Originaltitel), das heißt, drei Filme pro Woche auf dem blauen Sofa daheim, vom Vater ausgesucht und filmhistorisch präsentiert.
Ein Film Club, der sich nicht als Crashkurs in Klassikern versteht, kanonisch. Die Filme spielen in Jesses Leben hinein, berühren mehr oder weniger direkt die Probleme in der schwierigsten Zeit eines Lebens, wenn man vom Teenager zum Erwachsenen werden muss. Die ersten Mädchen, die immer so viel reifer sind und mit der Liebe des Jungen spielen, unsagbarer, herzzerreißender Trennungsschmerz, miese Jobs, sogar ganz unten, als Tellerwäscher, die Suche nach Unabhängigkeit . . . Der Vater zeigt ihm unsterbliches Kino von Citizen Kane bis La dolce vita , Horror von Psycho bis Der Exorzist , James Dean, Steven Spielberg, Nouvelle Vague. Mit François Truffauts Les 400 coups / Sie küssten und sie schlugen ihn beginnt der Club, sein erster Film, der erste mit dem jungen Antoine Doinel, gespielt von Jean-Pierre Léaud – das Kino findet seine zweite Jugend in diesem Film.
Des Vaters Kinogeschmack ist eher angelsächsisch, die hemmungslose, verrückte Seite der französischen Cinephilie ist ihm suspekt. Eine zweite, andere Coming-of-age-Geschichte schiebt sich über die von Jesse – die eines besorgten, übereifrigen, manchmal an seiner Ratlosigkeit verzweifelnden Vater. In seinem Überprotektionismus spiegelt sich die Angst vor dem eigenen Versagen. Er ist arbeitslos, muss mühselig Jobs ranholen, beim Fernsehen oder bei Zeitungen, hat Angst seinen Lebensstandard zu verlieren, und die Gewissheit über den Sinn seines Lebens. Wie die 400 Coups die Situation des Sohnes, reflektieren Vittorio de Sicas Fahrraddiebe seine eigene.
„Siehst du Parallelen zwischen Antoines Situation und deiner“, fragt der Vater nach den 400 Coups . Er sollte es besser wissen. So direkt spricht das Kino nicht zu uns. Man stellt dem Kino keine Fragen. Es liefert Antworten auf Fragen, die man nie stellte. FRITZ GÖTTLER
DAVID GILMOUR: Unser allerbestes Jahr. Aus dem Englischen von Adelheid Zöfel. Fischer 2009. 254 Seiten, 18,95 Euro. TB 9,95 Euro.
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