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„Unser Haus dem Himmel so nah“ (arabisch: Samaun qaribatun min baytina) erschien 2015, dieser Roman kam 2016 auf die Shortlist für den arabischen Literaturpreis. Der Roman erschien 2018 in englischer Übersetzung bei Interlink Books, USA. „Unser Haus dem Himmel so nah“ beschreibt einfühlsam die gegenwärtige Entwicklung in Syrien, richtet aber den Blick auf die gesamte Region und darüber hinaus. „Anhand von Einzelschicksalen beschreibt der Roman über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren die Tragik des Krieges und den Untergang von Familienclans“ in Syrien, Palästina und Jordanien. „Die…mehr

Produktbeschreibung
„Unser Haus dem Himmel so nah“ (arabisch: Samaun qaribatun min baytina) erschien 2015, dieser Roman kam 2016 auf die Shortlist für den arabischen Literaturpreis. Der Roman erschien 2018 in englischer Übersetzung bei Interlink Books, USA. „Unser Haus dem Himmel so nah“ beschreibt einfühlsam die gegenwärtige Entwicklung in Syrien, richtet aber den Blick auf die gesamte Region und darüber hinaus. „Anhand von Einzelschicksalen beschreibt der Roman über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren die Tragik des Krieges und den Untergang von Familienclans“ in Syrien, Palästina und Jordanien. „Die Geschichten dieser Menschen reflektieren die Sehnsucht nach Freiheit und Glück, die durch Kolonisierung, Diktatur und blutige Auseinandersetzungen stets bedroht waren.“ Im Mittelpunkt des Romans steht die promovierte Anthropologin Dschuman Badran. Der Bürgerkrieg in Syrien vertreibt sie nach Jordanien, Eltern und Geschwister bleiben in Raqqa zurück. Im Exil angekommen, leitet sie im Auftrag einer internationalen Organisation ein Forschungsprojekt über syrische Flüchtlinge in Jordanien. Die Trennung von Eltern und Schwestern ist nicht ihre einzige Sorge, Dschuman führt ihren eigenen Kampf gegen den Krebs. Die Begegnung mit Nasser, der sich bald um sie kümmert und ihr beisteht, macht ihr die schmerzliche Chemotherapie erträglicher und scheint ihr Kraft und Hoffnung zu geben. In „Unser Haus dem Himmel so nah“ ist es Shahla Ujayli gelungen, Trauer und Freude, Unglück und Glück so zu vermitteln, dass jede einzelne Geschichte auch immer einen Hoffnungsschimmer in sich trägt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2022

Dem Messer überlassen?
Shahla Ujaylis Porträt einer syrischen Frau

Der Roman "Unser Haus dem Himmel so nah" ist lang, zu lang. Voller Passagen, in denen Dinge ausformuliert werden, die Shahla Ujayli besser der Vorstellungskraft ihrer Leser überlassen hätte. Voller Dialoge, die unter der Last der Exkurse in die jüngere und ältere Vergangenheit Syriens jede Spontaneität verlieren und zusammenbrechen. Voll unfreiwilliger Komik in Sätzen wie: "Nabilas offenbar ziemlich aktive Hirnanhangdrüse schüttete reichlich Oxytocin aus, das Hormon, das die Menschen einander näherbringt und dabei hilft, intime Beziehungen einzugehen." Warum liest man das Buch trotzdem?

Die syrische Schriftstellerin Shahla Ujayli, 1976 in Raqqa geboren, studierte in Aleppo und siedelte später ins jordanische Amman um, wo sie heute an der Universität unterrichtet. In ihrem Buch spricht eine Ich-Erzählerin, deren Lebensweg dem der Autorin ähnelt: Djuman Badran ist promovierte Kulturanthropologin. Ihre Familie lebt in Raqqa, selbst noch als der "Islamische Staat" die Stadt seiner Terrorherrschaft unterwirft. Sie ist in Aleppo aufgewachsen und lebt nun in Amman, wo ihr das Schicksal der vielen anderen Flüchtlinge aus Syrien, deren Zelte sich in der jordanischen Landschaft kilometerlang aneinanderreihen, erspart bleibt. "Flüchtlinge lassen sich nicht wie die einheimische Bevölkerung verschiedenen Schichten zuordnen, sie sind eine Schicht für sich": eine Schicht, der Djuman Badran durch ihre Tätigkeit an der deutschen Botschaft enthoben ist. Wenn sie das riesige Flüchtlingslager betritt, dann als Helfende, nicht als Hilfsbedürftige. Von tiefer Betroffenheit angesichts des Leides ihrer Landsleute und von der Sorge um ihre Familie in Raqqa erlöst sie das nicht.

Ein wenig Linderung erfährt Djuman Badran erst, als sie Nasser kennenlernt, der ebenfalls aus Aleppo ist, wo die beiden ganz in der Nähe voneinander lebten, ohne sich zu treffen. Die Begegnung im Exil dient im Roman als Ausgangspunkt für eine Reihe von Erinnerungen an eine Zeit, die in der Rückblende unwahrscheinlich idyllisch wirkt. Wie mit Sepiafarben zeichnet die Autorin anhand von Porträts aller möglichen Nachbarn und Familienmitglieder das Sittenbild einer Gesellschaft, deren alltäglicher Schrecken im Angesicht des noch viel größeren Schreckens der Gegenwart eigentümlich verblasst. Wie soll man jetzt auf Onkel Faisal blicken, der einst in Rom studiert und eine Italienerin geheiratet hatte, bevor er zur Promotion nach Bagdad weiterzog, wo er bis zum Ende seines Lebens festsaß, weil er beschuldigt wurde, dem irakischen Flügel der Baath-Partei anzugehören? Wie sieht man das Dienstmädchen, das vom jugendlichen Onkel Faisal ehedem im Keller des elterlichen Hauses verführt und dann zurück nach Afrin geschickt wurde, wo seine Familie es tötete? Das Buch wimmelt von solchen Biographien. Oft enden sie in Sackgassen, zerschellen Träume an unüberwindbaren Hindernissen. Und doch schimmert die Wehmut, mit der die Erinnerung an die Kindheit durchtränkt ist, überall durch.

Diese Schizophrenie erfährt eine zusätzliche Dimension, als Djuman Badran schwer erkrankt. Der ganze zweite Teil des Buches steht im Zeichen des Lymphdrüsenkrebses, der ihr Chemotherapie, Bestrahlung und große Ängste beschert. Von nun an ist die Gegenwart noch unerträglicher. Djuman Badran versinkt tief in einem Leid, das plötzlich sehr intim ist und weit schwerer wiegt als alles andere, sogar das Bombardement, unter dem ihre Familie in Raqqa leidet. "Aber ihr atmet, euer Körper hat genug Kraft, euch an einen anderen Ort zu tragen, vom Wohnzimmer in den Keller zum Beispiel, wo ihr bei Angriffen Schutz suchen könnt", wirft sie ihrer Schwester eines Tages am Telefon an den Kopf. "Ich dagegen hätte nicht die Kraft aufzustehen, wenn jemand käme, um mich abzuschlachten, ich könnte mich nur seinem Messer überlassen." Das ist unerhört, vor allem unerhört egoistisch, und genau deswegen ist es interessant. Denn bei Shahla Ujayli fungiert die Krankheit weniger als Metapher für eine Gesellschaft, die entwurzelt und verloren ist. Sie birgt vielmehr die zwar morbid schillernde, aber eben doch beachtliche Möglichkeit zur Ermächtigung für eine Frau, die allmählich aus dem Schatten von Vergangenheit und Familie tritt und zu etwas wird, was es in der zeitgenössischen arabischen Literatur nicht häufig gibt - zu einem sich selbst bewussten, weiblichen Ich. LENA BOPP.

Shahla Ujayli: "Unser Haus dem Himmel so nah". Roman.

Aus dem Arabischen von Christine Battermann.

Kupido Literaturverlag, Köln 2022. 348 S., geb., 28,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Lena Bopp bedauert die Längen in Shahla Ujaylis Roman über eine syrische Kulturanthropologin, die sich gegen den Krieg in ihrer Heimat und gegen den Krebs behauptet. Allzu oft erzählt die Autorin aus, was sich Bopp gern selber vorgestellt hätte. Oder umständliche Dialoge oder Sätze geraten unfreiwillig komisch. Wenn sich die Ich-Erzählerin an alte Zeiten erinnert, wird es für Bopp mitunter zu idyllisch. Interessant wird der Text für sie da, wo der verzweifelte Egoismus der Erzählerin sichtbar wird als das Ringen um ein sich selbst bewusstes, weibliches Ich.

© Perlentaucher Medien GmbH