Götz Aly war einer der in Berlin aktiv mitkämpfenden sogenannten 68er. Er tritt also in der Rolle als Zeitzeuge auf und als Historiker. Daher darf man erwarten, dass er einen Rückblick der besonderen Art liefert. Seine Thesen lautet: Die 68er waren ihren Vätern näher, als ihnen heute lieb ist. Alysieht in der 68er-"Bewegung" einen Spätausläufer des Totalitarismus mit einer gewissen Nähe zum Nationalsozialismus.Der Utopismus, die Revolutionsseligkeit, die individuelle Veränderungs- und Aufstiegswut, die Lust an der tabula ras - all dies fand seine Anknüpfungspunkte in den Aktivitäten und in der "Weltanschauung" der "Generation Kübelwagen". So gerät Alys Rückblick zu einem irritierten - weit entfernt zu Renegatentum und nachträglicher Beschönigung. Dieser wird wegen seines bsonderen Ansatzes großes Aufsehen erregen, ja Bestürzung verursachen - besonders bei den damaligen Mitstreitern, von denen sich viele 2008 mit ihren Erinnerungen zu Wort melden werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2008Der Not gehorchend?
Die 68er mal in kritisch-distanzierter, mal in freudlos-orthodoxer Perspektive / Von Andreas Rödder
Vierzig Jahre achtundsechzig - einmal mehr diskutiert das Land die Bedeutung jenes Zusammenhangs von Ereignissen, Akteuren und Entwicklungen eines ganzen Generationenprojekts der um und nach 1940 Geborenen. Dabei waren nur die wenigsten im engeren Sinne aktiv in den Unruhen zwischen Frühsommer 1967 und Spätherbst 1969, vor allem in den universitären Zentren. Was den Generationszusammenhang aber ausmachte, war die große Zahl gefühlter Aktivisten sowie von emotional und habituell Alliierten im Nachgang der siebziger Jahre - und ebenso die aktive Auseinandersetzung, um die auch die Gegner der 68er nicht herumkamen. In verschiedenen Windungen hat sich dieser "Kulturkampf" um die Deutung bis heute fortgesetzt, massiv verstärkt durch die Selbstbezüglichkeit einer akademisch gebildeten Elite ebenso wie der universitären Wissenschaft, die im Zusammenhang von 1968 wie sonst nie zum historisch-politischen Akteur wurde.
Dabei haben sich die Positionen inzwischen ausdifferenziert und eigentümlich überlagert. Sehen viele Konservative in den 68ern den Urgrund von Leistungs- und Werteverfall, so mahnt der Verfassungsrichter Udo di Fabio, "68" als Teil der Entwicklung zu akzeptieren. Auch unter den 68ern im engeren Sinne hat sich das Spektrum erheblich aufgefächert: Neben traditioneller Nostalgie und Apologie stehen kritisch-distanzierte Auseinandersetzungen aus den Federn von Wolfgang Kraushaar oder Götz Aly, während Altaktivisten wie Bernd Rabehl und Horst Mahler bis ins rechte Extrem gewandert und auch bei Rudi Dutschke (1940-1979) nachträglich erstaunlich nationale Töne vernommen worden sind. Bei Jüngeren stößt sehr vieles von alledem auf Unverständnis, während mit Albrecht von Lucke ein 1967 Geborener zur Apologie der 68er ansetzt. Ambivalenzen sind freilich für das gesamte Thema kennzeichnend.
Auch nach vierzig Jahren, auch nach dem Abtritt der 68er von der politischen Macht und auch nachdem sich ein Großteil der 68er-Lehrer, -Richter und -Journalisten in den Ruhestand verabschiedet hat - das ist neu im Vergleich zu den Debatten von 1988 und 1998 -, hält es Wolfgang Kraushaar für naiv, so etwas wie historische Gerechtigkeit in der öffentlichen Diskussion zu erwarten. Stattdessen setzt sich dieser randständige Aktivist von 1968 und herausragende Kenner des Gesamtzusammenhangs das Ziel einer "ausgewogenen Darstellung". In der Tat enthüllt der unaufgeregt unorthodoxe Autor in seinem zehnten Buch, zugleich seiner dritten Bilanz zum Thema, keine substantiell neuen Einsichten, ist auch von Umschweifen und Redundanzen nicht frei, lohnt aber immer wieder Lektüre und Auseinandersetzung.
Albrecht von Lucke macht sich unterdessen in seinem überblickenden Essay auf die Spur des Wandels der "1968" zugeschriebenen Bedeutung im "Kampf um die Deutungsmacht". Dass er im kursorischen Vorübergehen die meinungsstarke Geschwätzigkeit printmedialer Attributierungen vor Augen führt, leuchtet dabei eher ein als seine neu-alt-linke Philippika gegen die "reaktionären" Zustände in der Bundesrepublik im Zeichen einer "neuen Bürgerlichkeit", die das Private vom Politischen trenne und der er "68" als "Stachel im Fleisch" und "Hoffnungsschimmer" entgegenhält. Dass Bürgerlichkeit beziehungsweise bürgerliche Selbstverantwortung durch einen expandierenden Sozialstaat beeinträchtigt sein könnte, der das Private immer weiter verstaatlicht und der den sozialen Aufstiegswillen derer, die etwas zu gewinnen haben, abwürgt, kommt dieser ebenso festgelegten wie freudlosen orthodox-linken Sichtweise gar nicht in den Blick.
Da ist die unkonventionelle Selbstreflexion der 68er doch erheblich origineller: Götz Alys "irritierter Blick zurück" auf die eigene Vergangenheit etwa. Mehr als Kraushaar ein Aktivist von 1968/69 und der frühen siebziger Jahre, hat sich Aly in den vergangenen Jahren zum enfant terrible einer thesenstarken und öffentlichkeitswirksamen, wissenschaftlich fundierten historisch-politischen Publizistik entwickelt. Auch diese fulminante Polemik beruht neben ihren autobiographischen Grundlagen auf wichtigen Quellen: den deklassifizierten Informationen des Bundesamtes für Verfassungsschutz, den Nachlässen von Ernst Fraenkel und Richard Löwenthal, die in Berlin vergebens Brücken zu den 68ern zu bauen suchten, sowie auf zeitgenössischen Druckschriften, deren Lektüre er als "schwere Selbstprüfung" empfand: "Ungleich leichter lässt sich über die Vergangenheit anderer schreiben."
Geistreich, persönlich und unfair geht Aly mit Sarkasmus stets dahin, wo es weh tut, vor allem seinen alten Gefährten: "An Häuserwänden stand ,High sein, frei sein, Terror muss dabei sein'. Es entstand eine Art Sentimentalstalinismus. In seiner Kurzbiographie schrieb der langsam alternde Revoluzzer: lebt und arbeitet in Berlin. Was immer das bedeuten mochte. Zwischen Kranzler-Eck und Schlesischem Tor etablierte sich bis in die späten achtziger Jahre hinein ein juste milieu von Egomanen." Wo bei Kraushaar noch eine gewisse Nostalgie durchscheint, gießt Aly Kübel voller Spott über die perpetuierte "luxurierende Jugendexistenz" der westdeutschen Dauerachtundsechziger im Idyll der alten Bundesrepublik und ihre Ignoranz gegenüber den Deutschen in der DDR, die sich 1989 immerhin zugutehalten konnten, eine wirklich repressive Obrigkeit zum Sturz gebracht zu haben - und im Ergebnis dem alt gewordenen westdeutschen Privatdozenten noch eine "Last-Minute-Sinekure in Rostock" verschafften. So schreibt der Autor, dem selbst der Sprung auf eine Professur verwehrt blieb. Alles nicht so einfach mit diesen 68ern.
Wie nun ist "68" mit der Erfahrung von vierzig Jahren zeithistorisch zu bilanzieren? Kraushaar unterscheidet zwischen einer politischen und einer sozial-kulturellen Bilanz. Politisch ist zunächst festzuhalten, dass eine Verbindung zu den deutschen Arbeitern nicht gelang und daher niemals irgendein wirklich revolutionäres Szenario entstand. Zwei konkrete Erfolge hält Kraushaar den 68ern zugute: zum einen die Abschwächung der ursprünglich geplanten Notstandsgesetze, ohne jedoch empirische Belege dafür beizubringen, inwiefern die Außerparlamentarische Opposition (APO) beziehungsweise ihre Perzeption konkret auf den Gesetzgebungsprozess einwirkte. Dasselbe gilt für das zweite Aktivum seiner Bilanz: dass nämlich die APO den Einzug der NPD in den Bundestag von 1969 zu verhindern und somit der sozialliberalen Koalition in den Sattel half. Hier schimmert (wie auch bei von Lucke und Aly) eine nostalgische Überhöhung nicht von 1968, sondern des Machtwechsels von 1969 als der Umgründung der Republik, der guten Reform und des guten Kanzlers durch, wie überhaupt die Regierung Brandt zunehmend zum positiven Bezugspunkt einer bundesdeutschen Geschichtsschreibung im Zeichen der Liberalisierung avanciert, in der sich für einen kurzen historischen Moment die Melancholie des linken Traums von einer besseren Welt zu materialisieren schien, den ansonsten das 20. Jahrhundert pulverisiert hat.
In sozial-kultureller Hinsicht sticht der Vergangenheitsbezug der 68er auf den Nationalsozialismus heraus. Er stand allerdings nicht unter originär historisch-moralischen, sondern unter genuin sozialistisch-"antifaschistischen" Vorzeichen. So besaß er in erster Linie eine antikapitalistische und somit zugleich antibürgerliche Stoßrichtung, wie sie für "68" charakteristisch ist. "Bürgerlich" bedeutete dabei in den sechziger Jahren die konkrete Engführung einer in vielem kleinbürgerlich-altfränkischen, hierarchischen Sozialkultur zum einen und ebenso das allgemeine Konzept von Individualität, Freiheit und Pluralismus. Die 68er verfolgten demgegenüber "die Absicht, die als Repressionszusammenhang entlarvte Familie durch andere Kollektivformen zu ersetzen und auf diese Weise mit der Kernzelle der alten Gesellschaft Tabula rasa zu machen" (Kraushaar) - die "experimentelle Erprobung einer neuen Kollektivität" mit dem Anspruch einer neuen Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung führte freilich mitten in die Illiberalität einer eben nicht pluralistischen und freiheitlichen Ordnungsvorgabe, in den doktrinären Zwang des "neuen Menschen".
An ebendiesem Punkt lag die totalitäre Versuchung der 68er, und die verbotene Frucht war die der Gewalt. Die RAF war nur der extremste Strang eines stufenweise entgrenzten Prozesses, zu dem nicht zuletzt eine "ausgeprägte ästhetische Selbstinszenierung" von Militanz und Männlichkeit gehörte (Kraushaar) und in dem nicht Mahatma Gandhi, sondern Che Guevara als Idol firmierte. Horst Mahlers Weg von der extremen Linken auf die extreme Rechte etwa folgte, wie Kraushaar herausstellt, einer Spur der Kontinuität von Antiamerikanismus, Antisemitismus und Ablehnung des Rechts- und Verfassungsstaates. Konsequenter noch, wenn auch zu einlinig, zieht Aly diese - schon zeitgenössisch wiederholt angesprochene - deutsche Kontinuität antibürgerlicher Unbedingtheit, wie bereits der provozierende Titel seines Buches andeutet: dass nämlich die 68er "ihren Eltern, den Dreiunddreißigern, auf elende Weise ähnelten. Diese wie jene sahen sich als ,Bewegung', die das ,System' der Republik von der historischen Bühne fegen wollte." Zugleich geht er, auf der Suche nach Erklärungen dann auch wieder nachdenklicher und differenzierter, einen Schritt weiter zur sozialkulturellen Disposition des gesamten, durch Kriege und Katastrophen tief erschütterten Landes, in dem die Auseinandersetzung in weitgehender gegenseitiger Verständnislosigkeit eskalierte: "Die Achtundsechzigerrevolte nahm ihren heillosen Lauf, weil der alten Bundesrepublik der ideelle Kern fehlte, den eine freie Gesellschaft braucht."
Was die Akteure von 1968 in jenem engeren Sinne des Zeitraums zwischen Frühsommer 1967 und Spätherbst 1969 betrifft, so unterscheidet Kraushaar in seinem Bemühen um Differenzierung, wenn auch terminologisch nicht immer ganz konsistent, vor allem zwischen zwei Richtungen: den antiautoritären "Gradualisten" der Gesellschaftsveränderung auf der einen Seite (die freilich auf Rätesozialismus und Anarchismus zielten) und den revolutionären "Maximalisten" auf der anderen, die ihrerseits in eine antiautoritäre und eine autoritäre Richtung zerfielen. Schon dies ist heterogen genug, und ein gemeinsamer Nenner lässt sich kaum finden; selbst die antiautoritäre Zielrichtung stellte nur bedingt ein verbindendes Element dar, galt sie doch von vornherein nicht für die antipluralistischen Marxisten, und auch für den Mainstream um den SDS führte die Reise schnell darüber hinaus, wenn es darum ging, "den Staat abzuschaffen und die bürgerliche Gesellschaft radikal umzuwandeln". Die Unüberbrückbarkeit der unterschiedlichen Positionen trat in aller Deutlichkeit zutage, als mit der Verabschiedung der Notstandsgesetze am 30. Mai 1968 das einigende Band der Opposition zerriss; die Maximalisten setzten zum "Sturmlauf gegen die Einrichtungen von Staat und Gesellschaft" an, der die einen in den Terrorismus führte, während die Gradualisten sich an innergesellschaftlichen Veränderungen abarbeiteten.
Was "68" kennzeichnete, war in erster Linie Ambivalenz, wie Kraushaar deutlich herausstellt: Freiheitsbewegung für eine "subjektbestimmte Modernität" einerseits und antibürgerliche Illiberalität im Zeichen des "neuen Menschen" andererseits. Vor diesem Hintergrund kann nicht einfach von einer "Fundamentalliberalisierung" der Bundesrepublik durch die ohnehin dezidiert antiliberalen 68er (mit der Verbalkeule "Scheißliberale") die Rede sein, wie sie von Lucke so emphatisch führt, und auch nicht von einer Beförderung der "Zivilgesellschaft", mit der die antibürgerlichen "68er" nichts zu schaffen hatten, auch nicht als unintendierte Folge intentionalen Handelns.
Denn dafür gibt es wenig empirische Evidenz. Vielmehr verbanden sich "68" und die Folgen mit einem allgemeinen Wertewandel, der schon in den mittleren sechziger Jahren eingesetzt hatte und der sich nun beschleunigte und verstärkte: einem Wandel von Pflichtwerten und der Akzeptanz des Vorgegebenen hin zu Freiheits- und Selbstentfaltungswerten, in emanzipatorischer ebenso wie in hedonistischer Dimension. Ebendies hat aber auch die bürgerlichen Kreise nicht unberührt gelassen. Individuelle Freiheitsspielräume - ein genuin bürgerlich-liberales Anliegen - haben ebenso zugenommen, wie sich die Geschlechterverhältnisse oder die Standards der Kindererziehung von den Festlegungen der bürgerlichen Gesellschaft in den sechziger Jahren entfernt haben. Auch die hedonistische Komponente hat sich allerorten verbreitet, und nicht selten haben gerade diejenigen, die den Werteverfall seit 1968 beklagen, soeben ihren vierten Jahresurlaub gebucht. Zugleich haben auch dort im Zeichen vordringender staatlicher Rundumregulierung genuin bürgerliche Orientierungen wie diejenige der Selbstverantwortung an Bedeutung verloren, wenn beispielsweise den Familien allenthalben kaum mehr zugetraut wird, die Erziehung und Persönlichkeitsbildung ihrer Kinder besser zu leisten als der Staat. In diesen sozialkulturellen Entwicklungen ebenso wie in der Tradition eines antibürgerlichen Misstrauens, das heute in der Tradition staatlichen Kümmerns daherkommt, liegt das eigentliche Thema 40 Jahre nach 68.
Götz Aly: Unser Kampf. 1968 - ein irritierter Blick zurück. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 253 S., 19,90 [Euro].
Wolfgang Kraushaar: Achtundsechzig. Eine Bilanz. Propyläen Verlag, Berlin 2008. 335 S., 19,90 [Euro].
Albrecht von Lucke: 68 oder neues Biedermeier. Der Kampf um die Deutungsmacht. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2008. 96 S., 9,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die 68er mal in kritisch-distanzierter, mal in freudlos-orthodoxer Perspektive / Von Andreas Rödder
Vierzig Jahre achtundsechzig - einmal mehr diskutiert das Land die Bedeutung jenes Zusammenhangs von Ereignissen, Akteuren und Entwicklungen eines ganzen Generationenprojekts der um und nach 1940 Geborenen. Dabei waren nur die wenigsten im engeren Sinne aktiv in den Unruhen zwischen Frühsommer 1967 und Spätherbst 1969, vor allem in den universitären Zentren. Was den Generationszusammenhang aber ausmachte, war die große Zahl gefühlter Aktivisten sowie von emotional und habituell Alliierten im Nachgang der siebziger Jahre - und ebenso die aktive Auseinandersetzung, um die auch die Gegner der 68er nicht herumkamen. In verschiedenen Windungen hat sich dieser "Kulturkampf" um die Deutung bis heute fortgesetzt, massiv verstärkt durch die Selbstbezüglichkeit einer akademisch gebildeten Elite ebenso wie der universitären Wissenschaft, die im Zusammenhang von 1968 wie sonst nie zum historisch-politischen Akteur wurde.
Dabei haben sich die Positionen inzwischen ausdifferenziert und eigentümlich überlagert. Sehen viele Konservative in den 68ern den Urgrund von Leistungs- und Werteverfall, so mahnt der Verfassungsrichter Udo di Fabio, "68" als Teil der Entwicklung zu akzeptieren. Auch unter den 68ern im engeren Sinne hat sich das Spektrum erheblich aufgefächert: Neben traditioneller Nostalgie und Apologie stehen kritisch-distanzierte Auseinandersetzungen aus den Federn von Wolfgang Kraushaar oder Götz Aly, während Altaktivisten wie Bernd Rabehl und Horst Mahler bis ins rechte Extrem gewandert und auch bei Rudi Dutschke (1940-1979) nachträglich erstaunlich nationale Töne vernommen worden sind. Bei Jüngeren stößt sehr vieles von alledem auf Unverständnis, während mit Albrecht von Lucke ein 1967 Geborener zur Apologie der 68er ansetzt. Ambivalenzen sind freilich für das gesamte Thema kennzeichnend.
Auch nach vierzig Jahren, auch nach dem Abtritt der 68er von der politischen Macht und auch nachdem sich ein Großteil der 68er-Lehrer, -Richter und -Journalisten in den Ruhestand verabschiedet hat - das ist neu im Vergleich zu den Debatten von 1988 und 1998 -, hält es Wolfgang Kraushaar für naiv, so etwas wie historische Gerechtigkeit in der öffentlichen Diskussion zu erwarten. Stattdessen setzt sich dieser randständige Aktivist von 1968 und herausragende Kenner des Gesamtzusammenhangs das Ziel einer "ausgewogenen Darstellung". In der Tat enthüllt der unaufgeregt unorthodoxe Autor in seinem zehnten Buch, zugleich seiner dritten Bilanz zum Thema, keine substantiell neuen Einsichten, ist auch von Umschweifen und Redundanzen nicht frei, lohnt aber immer wieder Lektüre und Auseinandersetzung.
Albrecht von Lucke macht sich unterdessen in seinem überblickenden Essay auf die Spur des Wandels der "1968" zugeschriebenen Bedeutung im "Kampf um die Deutungsmacht". Dass er im kursorischen Vorübergehen die meinungsstarke Geschwätzigkeit printmedialer Attributierungen vor Augen führt, leuchtet dabei eher ein als seine neu-alt-linke Philippika gegen die "reaktionären" Zustände in der Bundesrepublik im Zeichen einer "neuen Bürgerlichkeit", die das Private vom Politischen trenne und der er "68" als "Stachel im Fleisch" und "Hoffnungsschimmer" entgegenhält. Dass Bürgerlichkeit beziehungsweise bürgerliche Selbstverantwortung durch einen expandierenden Sozialstaat beeinträchtigt sein könnte, der das Private immer weiter verstaatlicht und der den sozialen Aufstiegswillen derer, die etwas zu gewinnen haben, abwürgt, kommt dieser ebenso festgelegten wie freudlosen orthodox-linken Sichtweise gar nicht in den Blick.
Da ist die unkonventionelle Selbstreflexion der 68er doch erheblich origineller: Götz Alys "irritierter Blick zurück" auf die eigene Vergangenheit etwa. Mehr als Kraushaar ein Aktivist von 1968/69 und der frühen siebziger Jahre, hat sich Aly in den vergangenen Jahren zum enfant terrible einer thesenstarken und öffentlichkeitswirksamen, wissenschaftlich fundierten historisch-politischen Publizistik entwickelt. Auch diese fulminante Polemik beruht neben ihren autobiographischen Grundlagen auf wichtigen Quellen: den deklassifizierten Informationen des Bundesamtes für Verfassungsschutz, den Nachlässen von Ernst Fraenkel und Richard Löwenthal, die in Berlin vergebens Brücken zu den 68ern zu bauen suchten, sowie auf zeitgenössischen Druckschriften, deren Lektüre er als "schwere Selbstprüfung" empfand: "Ungleich leichter lässt sich über die Vergangenheit anderer schreiben."
Geistreich, persönlich und unfair geht Aly mit Sarkasmus stets dahin, wo es weh tut, vor allem seinen alten Gefährten: "An Häuserwänden stand ,High sein, frei sein, Terror muss dabei sein'. Es entstand eine Art Sentimentalstalinismus. In seiner Kurzbiographie schrieb der langsam alternde Revoluzzer: lebt und arbeitet in Berlin. Was immer das bedeuten mochte. Zwischen Kranzler-Eck und Schlesischem Tor etablierte sich bis in die späten achtziger Jahre hinein ein juste milieu von Egomanen." Wo bei Kraushaar noch eine gewisse Nostalgie durchscheint, gießt Aly Kübel voller Spott über die perpetuierte "luxurierende Jugendexistenz" der westdeutschen Dauerachtundsechziger im Idyll der alten Bundesrepublik und ihre Ignoranz gegenüber den Deutschen in der DDR, die sich 1989 immerhin zugutehalten konnten, eine wirklich repressive Obrigkeit zum Sturz gebracht zu haben - und im Ergebnis dem alt gewordenen westdeutschen Privatdozenten noch eine "Last-Minute-Sinekure in Rostock" verschafften. So schreibt der Autor, dem selbst der Sprung auf eine Professur verwehrt blieb. Alles nicht so einfach mit diesen 68ern.
Wie nun ist "68" mit der Erfahrung von vierzig Jahren zeithistorisch zu bilanzieren? Kraushaar unterscheidet zwischen einer politischen und einer sozial-kulturellen Bilanz. Politisch ist zunächst festzuhalten, dass eine Verbindung zu den deutschen Arbeitern nicht gelang und daher niemals irgendein wirklich revolutionäres Szenario entstand. Zwei konkrete Erfolge hält Kraushaar den 68ern zugute: zum einen die Abschwächung der ursprünglich geplanten Notstandsgesetze, ohne jedoch empirische Belege dafür beizubringen, inwiefern die Außerparlamentarische Opposition (APO) beziehungsweise ihre Perzeption konkret auf den Gesetzgebungsprozess einwirkte. Dasselbe gilt für das zweite Aktivum seiner Bilanz: dass nämlich die APO den Einzug der NPD in den Bundestag von 1969 zu verhindern und somit der sozialliberalen Koalition in den Sattel half. Hier schimmert (wie auch bei von Lucke und Aly) eine nostalgische Überhöhung nicht von 1968, sondern des Machtwechsels von 1969 als der Umgründung der Republik, der guten Reform und des guten Kanzlers durch, wie überhaupt die Regierung Brandt zunehmend zum positiven Bezugspunkt einer bundesdeutschen Geschichtsschreibung im Zeichen der Liberalisierung avanciert, in der sich für einen kurzen historischen Moment die Melancholie des linken Traums von einer besseren Welt zu materialisieren schien, den ansonsten das 20. Jahrhundert pulverisiert hat.
In sozial-kultureller Hinsicht sticht der Vergangenheitsbezug der 68er auf den Nationalsozialismus heraus. Er stand allerdings nicht unter originär historisch-moralischen, sondern unter genuin sozialistisch-"antifaschistischen" Vorzeichen. So besaß er in erster Linie eine antikapitalistische und somit zugleich antibürgerliche Stoßrichtung, wie sie für "68" charakteristisch ist. "Bürgerlich" bedeutete dabei in den sechziger Jahren die konkrete Engführung einer in vielem kleinbürgerlich-altfränkischen, hierarchischen Sozialkultur zum einen und ebenso das allgemeine Konzept von Individualität, Freiheit und Pluralismus. Die 68er verfolgten demgegenüber "die Absicht, die als Repressionszusammenhang entlarvte Familie durch andere Kollektivformen zu ersetzen und auf diese Weise mit der Kernzelle der alten Gesellschaft Tabula rasa zu machen" (Kraushaar) - die "experimentelle Erprobung einer neuen Kollektivität" mit dem Anspruch einer neuen Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung führte freilich mitten in die Illiberalität einer eben nicht pluralistischen und freiheitlichen Ordnungsvorgabe, in den doktrinären Zwang des "neuen Menschen".
An ebendiesem Punkt lag die totalitäre Versuchung der 68er, und die verbotene Frucht war die der Gewalt. Die RAF war nur der extremste Strang eines stufenweise entgrenzten Prozesses, zu dem nicht zuletzt eine "ausgeprägte ästhetische Selbstinszenierung" von Militanz und Männlichkeit gehörte (Kraushaar) und in dem nicht Mahatma Gandhi, sondern Che Guevara als Idol firmierte. Horst Mahlers Weg von der extremen Linken auf die extreme Rechte etwa folgte, wie Kraushaar herausstellt, einer Spur der Kontinuität von Antiamerikanismus, Antisemitismus und Ablehnung des Rechts- und Verfassungsstaates. Konsequenter noch, wenn auch zu einlinig, zieht Aly diese - schon zeitgenössisch wiederholt angesprochene - deutsche Kontinuität antibürgerlicher Unbedingtheit, wie bereits der provozierende Titel seines Buches andeutet: dass nämlich die 68er "ihren Eltern, den Dreiunddreißigern, auf elende Weise ähnelten. Diese wie jene sahen sich als ,Bewegung', die das ,System' der Republik von der historischen Bühne fegen wollte." Zugleich geht er, auf der Suche nach Erklärungen dann auch wieder nachdenklicher und differenzierter, einen Schritt weiter zur sozialkulturellen Disposition des gesamten, durch Kriege und Katastrophen tief erschütterten Landes, in dem die Auseinandersetzung in weitgehender gegenseitiger Verständnislosigkeit eskalierte: "Die Achtundsechzigerrevolte nahm ihren heillosen Lauf, weil der alten Bundesrepublik der ideelle Kern fehlte, den eine freie Gesellschaft braucht."
Was die Akteure von 1968 in jenem engeren Sinne des Zeitraums zwischen Frühsommer 1967 und Spätherbst 1969 betrifft, so unterscheidet Kraushaar in seinem Bemühen um Differenzierung, wenn auch terminologisch nicht immer ganz konsistent, vor allem zwischen zwei Richtungen: den antiautoritären "Gradualisten" der Gesellschaftsveränderung auf der einen Seite (die freilich auf Rätesozialismus und Anarchismus zielten) und den revolutionären "Maximalisten" auf der anderen, die ihrerseits in eine antiautoritäre und eine autoritäre Richtung zerfielen. Schon dies ist heterogen genug, und ein gemeinsamer Nenner lässt sich kaum finden; selbst die antiautoritäre Zielrichtung stellte nur bedingt ein verbindendes Element dar, galt sie doch von vornherein nicht für die antipluralistischen Marxisten, und auch für den Mainstream um den SDS führte die Reise schnell darüber hinaus, wenn es darum ging, "den Staat abzuschaffen und die bürgerliche Gesellschaft radikal umzuwandeln". Die Unüberbrückbarkeit der unterschiedlichen Positionen trat in aller Deutlichkeit zutage, als mit der Verabschiedung der Notstandsgesetze am 30. Mai 1968 das einigende Band der Opposition zerriss; die Maximalisten setzten zum "Sturmlauf gegen die Einrichtungen von Staat und Gesellschaft" an, der die einen in den Terrorismus führte, während die Gradualisten sich an innergesellschaftlichen Veränderungen abarbeiteten.
Was "68" kennzeichnete, war in erster Linie Ambivalenz, wie Kraushaar deutlich herausstellt: Freiheitsbewegung für eine "subjektbestimmte Modernität" einerseits und antibürgerliche Illiberalität im Zeichen des "neuen Menschen" andererseits. Vor diesem Hintergrund kann nicht einfach von einer "Fundamentalliberalisierung" der Bundesrepublik durch die ohnehin dezidiert antiliberalen 68er (mit der Verbalkeule "Scheißliberale") die Rede sein, wie sie von Lucke so emphatisch führt, und auch nicht von einer Beförderung der "Zivilgesellschaft", mit der die antibürgerlichen "68er" nichts zu schaffen hatten, auch nicht als unintendierte Folge intentionalen Handelns.
Denn dafür gibt es wenig empirische Evidenz. Vielmehr verbanden sich "68" und die Folgen mit einem allgemeinen Wertewandel, der schon in den mittleren sechziger Jahren eingesetzt hatte und der sich nun beschleunigte und verstärkte: einem Wandel von Pflichtwerten und der Akzeptanz des Vorgegebenen hin zu Freiheits- und Selbstentfaltungswerten, in emanzipatorischer ebenso wie in hedonistischer Dimension. Ebendies hat aber auch die bürgerlichen Kreise nicht unberührt gelassen. Individuelle Freiheitsspielräume - ein genuin bürgerlich-liberales Anliegen - haben ebenso zugenommen, wie sich die Geschlechterverhältnisse oder die Standards der Kindererziehung von den Festlegungen der bürgerlichen Gesellschaft in den sechziger Jahren entfernt haben. Auch die hedonistische Komponente hat sich allerorten verbreitet, und nicht selten haben gerade diejenigen, die den Werteverfall seit 1968 beklagen, soeben ihren vierten Jahresurlaub gebucht. Zugleich haben auch dort im Zeichen vordringender staatlicher Rundumregulierung genuin bürgerliche Orientierungen wie diejenige der Selbstverantwortung an Bedeutung verloren, wenn beispielsweise den Familien allenthalben kaum mehr zugetraut wird, die Erziehung und Persönlichkeitsbildung ihrer Kinder besser zu leisten als der Staat. In diesen sozialkulturellen Entwicklungen ebenso wie in der Tradition eines antibürgerlichen Misstrauens, das heute in der Tradition staatlichen Kümmerns daherkommt, liegt das eigentliche Thema 40 Jahre nach 68.
Götz Aly: Unser Kampf. 1968 - ein irritierter Blick zurück. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 253 S., 19,90 [Euro].
Wolfgang Kraushaar: Achtundsechzig. Eine Bilanz. Propyläen Verlag, Berlin 2008. 335 S., 19,90 [Euro].
Albrecht von Lucke: 68 oder neues Biedermeier. Der Kampf um die Deutungsmacht. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2008. 96 S., 9,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Insgesamt vier Bücher über 1968, das Jahr der Revolte, lagen Rezensentin Franziska Augstein vor, richtig schlecht findet sie nur eins und bleibt in ihrer Besprechung ausgerechnet bei diesem. Götz Alys "Unser Kampf" findet sie alles zugleich: albern, degoutant und unverständlich. Keine von Alys Behauptungen möchte sie gelten lassen: Aly wirft den 68ern vor, sich weder für die Niederschlagung des Prager Frühlings interessiert zu haben noch für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Reformen hätten nicht sie in Gang gesetzt, sondern die sozialliberale Koalition. Diese bescheidet sie alle kurz und bündig als falsch. Absolut nicht verstehen kann Augstein, worauf Götz Aly mit seiner "bizarren Suggestion" von der "formalen Ähnlichkeit" zwischen 68er und Nazis hinauswill. Waren die Studenten so schlimm? Oder die Nazis vielleicht doch auch nur eine Jugendbewegung? Nein, nein, dies und einiges andere ist für die Rezensentin "Quark". Alys Buch eine "Hasstirade", die, wie sie unterstellt, seinem Leiden entsprungen sei, kein Ordinarius geworden zu sein.
© Perlentaucher Medien GmbH
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""Es gibt nicht viele Bücher, die man im Jubiläumsjahr der Achtundsechziger lesen muss. (...) Doch zum Glück gibt es Ausnahmen. Götz Alys Buch :Unser Kampf9 ist ein solcher Sonderfall. (...) Aly schmort nicht im fauligen Saft der Erinnerungen. Er betreibt ein seriöses Quellenstudium, das weit über die Durchsicht der SDS-Flugblätter reicht." Jacques Schuster, Die Welt, 16.2.2008 "Es hat funktioniert: Ein Buch, das erst am Montag erscheinen wird, hat eine Debatte entfacht, die ihm die in einem unübersichtlichen Buchmarkt sehr nützliche Aufmerksamkeit verschafft. (...) Zudem entspringt (Alys) Schärfe nicht einem Konvertiteneifer, sondern verdankt sich einer seriösen historiografischen Anstrengung. Sein Buch ist eine Studie über die Versuchungen des politischen Radikalismus, der viele Studentenbewegte zeitweise nachgaben. Insofern ist sie, bei allen Schwächen, ein wichtiger Beitrag zur Selbstaufklärung der Achtundsechzigerbewegung." Karl-Ludwig Baader, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 16.2.2008 "Muss man das lesen? Ja. Aber es bedarf einiger Scheidetechniken, um die verschiedenen Temperamente des Autors fruchtbar werden zu lassen. Manchmal wohl auch, um sie zu ertragen. Bisweilen klingt der Text wie durchs Megaphon gesprochen. Der Zeitgenosse übertönt den Forscher, der robuste Austeiler den verletzlichen Intellektuellen. Dabei ist dem provokanten Traktat zunächst einmal verdienstvolle Archivarbeit vorausgegangen. (...) Es ist die Diktion des lesenswerten Buches von Götz Aly, die vermuten lässt, dass hier ein einst verbissen geführter Kampf noch nicht restlos beendet ist." Harry Nutt, Frankfurter Rundschau, 16.2.2008 "Götz Aly zeigt in :Unser Kampf 19689 zunächst erneut, wie brillant, pointiert und boshaft er schreiben kann. Er betoniert aber auch zugleich seinen Ruf als :enfant terrible9 der Zeitgeschichtsschreibung. Wer ein Gegengift sucht zur :Wisst-ihr-noch-wie-toll-wir-waren9-Literatur, die dieses Frühjahr auf dem Büchermarkt kommt, wird hier fündig." Rainer Volk, Bayerischer Rundfunk, Kulturkritik und Literatur, 23.2.2008 "Ein herausragend wichtiges Buch: Gegen die gefühlig-verklärenden Erinnerungsschnulzen über :689 setzt der renommierte Historiker Götz Aly die Recherche in den Archiven, liest Spitzelberichte und die Zeugnisse damals angegriffener Professoren. Und schildert auch offen seine eigene Beteiligung." Eberhard Sens, RBB/Kulturradio am Morgen, 4.3.2008 "Götz Alys zum Teil blendend formuliertes Buch enthält, neben mancherlei Zuspitzungen und Übertreibungen, auch Treffendes und Bedenkenswertes sonder Zahl. Dass jetzt so viele :Au9 schreien: vielleicht hat es damit zu tun, dass der Autor da und dort einen wunden Punkt getroffen hat." Günter Kaindlstorfer, ORF-Hörfunk, Kontext, 7.3.2008 "Dieses Buch stieß bei vielen Rezensenten auf Missmut. Wie kann ein Alt-68er nur die eigene Vergangenheit so verunglimpfen? Er darf und kann und tut es auf intelligente Weise. Götz Aly blickt zurück auf die Sechzigerjahre und räumt auf mit dem bisher geltenden Vorurteil, die Studentenunruhen hätten zur Modernisierung geführt. (...) Das beste Buch zu 68, seit es 68er-Jahrestage gibt." Jacques Schuster, Die Welt, 8.3.2008 "Alys Traktat, in dem erstmals Akten aus Kanzleramt und Bonner Ministerien sowie geheim Monatsbulletins des Verfassungsschutzes ausgewertet werden, offeriert ein ganzes Geflecht von Hypothesen und Mutmassungen, von dem sich nicht ohne weiteres sagen lässt, wie strapazierfähig es ist. Im Vergleich zu anderen Aufarbeitungen und Rückschauen trägt das scharfzüngig formulierte Buch Züge einer Abrechnung." Uwe Justus Wenzel, Neue Zürcher Zeitung, 8.3.2008 "Natürlich spitzt Götz Aly in Titel und These zu. Doch unzulässig ist das nicht, weil er sehr wohl beschreibt, wie er zu seiner Diagnose kommt. Statt auf die landläufigen Überlieferungen des Wer, Wann, Wie und Warum zu vertrauen, fängt Aly noch einmal von vorn an, die Geschichte aufzudröseln. (...) Aly setzt nicht gleich, er vergleicht nur; er klagt nicht an, sondern erinnert." Steffen Könau, Mitteldeutsche Zeitung, 8.3.2008 "Da ist die unkonventionelle Selbstreflexion der 68er doch erheblich origineller (...) diese fulminante Polemik beruht neben ihren autobiographischen Grundlagen auf wichtigen Quellen (...) Geistreich, persönlich und unfair geht Aly mit Sarkasmus stets dahin, wo es weh tut, vor allem seinen alten Gefährten". Andreas Rödder, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.3.2008 "Der 1947 geborene Götz Aly ist mehr als nur begnadeter Polemiker. Er erweist sich auch in diesem Buch als scharfer Analytiker und origineller Denker. (...) Götz Alys brillant geschriebener :Blick zurück9 stützt sich nicht nur auf Literatur und eigene Erfahrungen, sondern auch auf erstmals benutzte Akten des Bundeskanzleramtes und des Verfassungsschutzes zur Studentenbewegung. Er regt dazu an, gängige Interpretationsmuster zu 1968 zu überprüfen und neu zu justieren. Irritierend ja, aber auch faszinierend." Urs Rauber, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 30.3.2008 "Unter den vielen unmaßgeblichen Büchern zum alle fünf Jahre zelebrierten Jubiläum von 68 hat er eines geschrieben, das tatsächlich interessant ist (...). :Unser Kampf9 heißt sein Werk, das alte Mitgenossen auf die Palme brachte, denn es zieht eine eindrucksvolle Parallele zwischen der Generation, die 1968 jung war, und der von 1933." Welt online, 17.5.2008 "Wäre Aly nicht selbst ein Achtundsechziger, könnte er nicht so frech und fundiert nachbohren." Eleonore Büning, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 22.6.2008"