Nach längerer Zeit wird wieder eine umfassende Neuinterpretation eines der frühesten und zugleich bekanntesten Stücke Arthur Schnitzlers - dem "Anatol"-Zyklus - vorgelegt. Schon bei einer flüchtigen Lektüre wird sichtbar, daß dieses zentrale Werk der Wiener Moderne eine erstaunliche Aktualität besitzt. Mit einem soziologisch geschulten Blick geht die Untersuchung der Ursache dafür nach und sieht diese in der Vorwegnahme der postmodernen Konstellation der Gegenwart. Die Hauptfigur Anatol zeigt - seiner spezifisch österreichischen Prägung entkleidet - exemplarisch Konturen des für die Postmoderne charakteristischen individualisierten Individuums. Das Stück kann deshalb als Chiffre für die ,soziale Ortlosigkeit' und ,Unbehaustheit' des Menschen in der Postmoderne gelesen werden. Schnitzlers Welt ist damit, so erweist sich, keine "Welt von gestern", sondern die unsere.