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»Das ist ein Schlachtfeld. Unser Schwert ist Liebe.« - So rappt Toomaj Salehi und gibt damit den Sound der Revolution im Iran wieder. Seit dem Tod von Jina Mahsa Amini, die von der Sittenpolizei verhaftet wurde, wachsen die Proteste. Und die Solidarität ist groß - sie zieht sich durch alle Altersgruppen, Schichten und Geschlechter. Zusammen kämpfen die Menschen für Frauen, Leben, Freiheit.
Die Journalistin und Autorin Gilda Sahebi, die mit vielen Menschen im Iran in engem Kontakt steht, beleuchtet die unterschiedlichen Aspekte der Revolte: die Rolle der Musik, die feministische Perspektive,
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Produktbeschreibung
»Das ist ein Schlachtfeld. Unser Schwert ist Liebe.« - So rappt Toomaj Salehi und gibt damit den Sound der Revolution im Iran wieder. Seit dem Tod von Jina Mahsa Amini, die von der Sittenpolizei verhaftet wurde, wachsen die Proteste. Und die Solidarität ist groß - sie zieht sich durch alle Altersgruppen, Schichten und Geschlechter. Zusammen kämpfen die Menschen für Frauen, Leben, Freiheit.

Die Journalistin und Autorin Gilda Sahebi, die mit vielen Menschen im Iran in engem Kontakt steht, beleuchtet die unterschiedlichen Aspekte der Revolte: die Rolle der Musik, die feministische Perspektive, die lange Geschichte der gewaltvollen Unterdrückung. Sie zeigt, wie die Iraner_innen der furchtbaren Brutalität des Regimes die größte Kraft entgegensetzen: Liebe.

»Was im Iran geschieht, ist feministische Weltgeschichte.« Gilda Sahebi


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Autorenporträt
Gilda Sahebi, im Iran geboren und in Deutschland aufgewachsen, ist ausgebildete Ärztin und studierte Politikwissenschaftlerin. Sie arbeitet als freie Journalistin mit den Schwerpunkten Antisemi- tismus und Rassismus, Frauenrechte, Naher Osten und Wissenschaft. Sie ist Autorin für die 'taz' und den 'Spiegel' und arbeitet unter anderem für die ARD. Seit dem Tod von Jina Mahsa Amini und der darauf folgenden Protestbewegung berichtet sie unermüdlich über die Geschehnisse im Iran. Über ihre Social-Media-Kanäle und als Gesprächspartnerin in diversen Talkshows erklärt sie und ordnet ein. Damit zählt sie zu den wichtigen Stimmen über den Iran. Der 'Focus' ernannte sie 2022 zu einer der '100 Frauen des Jahres', das 'Medium Magazin' zur Journalistin des Jahres in der Rubrik Politik. Gilda Sahebi lebt in Berlin.
Rezensionen
Rezensent René Wildangel bespricht drei Bücher über die Proteste der Frauen im Roman und findet alle äußerst lesenswert. "Hervorragende Einblicke" in das Innere der Bewegung gewinnt Wildangel aus Gilda Sahebis Buch. Die Autorin fasst die Ereignisse seit dem Beginn der Proteste zusammen, dabei lässt sie wichtige Akteurinnen des Widerstands zu Wort kommen wie die Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh, so der Rezensent, und zeichnet bewegende Porträts demonstrierender Frauen und vom Regime Verfolgter, wie der Journalistin Elaheh Mohammadi oder des Rappers Toomaj, der inhaftiert und gefoltert wurde. Nicht zuletzt berichtet die Autorin auch von den schmerzhaften Erfahrungen ihrer eigenen Familie. Das ist "engagiert und aktuell" findet Wildangel, er vermisst dabei lediglich eine etwas differenziertere Diskussion von Deutschlands Beziehungen zum Iran.

© Perlentaucher Medien GmbH

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent René Wildangel bespricht drei Bücher über die Proteste der Frauen im Roman und findet alle äußerst lesenswert. "Hervorragende Einblicke" in das Innere der Bewegung gewinnt Wildangel aus Gilda Sahebis Buch. Die Autorin fasst die Ereignisse seit dem Beginn der Proteste zusammen, dabei lässt sie wichtige Akteurinnen des Widerstands zu Wort kommen wie die Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh, so der Rezensent, und zeichnet bewegende Porträts demonstrierender Frauen und vom Regime Verfolgter, wie der Journalistin Elaheh Mohammadi oder des Rappers Toomaj, der inhaftiert und gefoltert wurde. Nicht zuletzt berichtet die Autorin auch von den schmerzhaften Erfahrungen ihrer eigenen Familie. Das ist "engagiert und aktuell" findet Wildangel, er vermisst dabei lediglich eine etwas differenziertere Diskussion von Deutschlands Beziehungen zum Iran.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.04.2023

Freiheitskampf
im „Mullah-Staat“
Frauen und ihre wichtige Rolle beim Aufstand in Iran:
Vier Autorinnen bieten Innenansichten
und bewegende Momentaufnahmen
VON RENÉ WILDANGEL
Gleich drei Bücher sind jüngst erschienen anlässlich der starken Proteste in Iran infolge der Ermordung von Jina Mahsa Amini. Dass es sich um einen revolutionären Prozess handelt, dass es kein Zurück mehr gibt, darin sind sich die Autorinnen einig. Sie bieten Innenansichten Irans aus unterschiedlichen Perspektiven: Katajun Amirpur beleuchtet die jüngere Vorgeschichte, Gilda Sahebi den feministischen Kern des Aufstands, und Natalie Amiri und Düzen Tekkal versammeln bekannte und einige weniger bekannte Iranerinnen, deren Geschichten sie aufzeichnen. Auch wenn es einige Überschneidungen gibt: Lesenswert sind sie allesamt.
In Katajun Amirpur Buch „Iran ohne Islam – der Aufstand gegen den Gottesstaat“ geht es im Kern gar nicht um die jüngste Protestwelle, sondern um die Wurzeln der Unzufriedenheit mit der Islamischen Republik. Sie stellt fest, was zumindest jene überraschen dürfte, die Iran nicht aus eigener Anschauung kennen: nämlich dass der „Mullah-Staat“ in den vergangenen Jahrzehnten zu einer postislamischen Gesellschaft geworden sei. Mit dem Begriff bezieht sich Amirpur auf den persischstämmigen Gelehrten Asef Bayat. Das Motto der Islamisten, „der Islam ist die Lösung“, habe sich mittlerweile in Iran umgekehrt: Der Islam ist Teil des Problems – jedenfalls der Islam als leitende Staatsdoktrin im Verständnis der iranischen Führung.
Eine Anekdote gleich zu Beginn illustriert den lang anhaltenden Unmut, aber auch den Mut der Iranerinnen und Iraner und die Freiräume, die sie sich erkämpft haben. Amirpur berichtet von ihrem ersten Aufenthalt im Land 1991, Jahre nach ihrer Kindheit in Iran. Damals habe eine Frau lauthals auf die iranische Politik geschimpft und den damaligen Präsidenten Ali Akbar Rafsandschani beleidigt, er solle seinen Turban ausziehen und sich „vernünftige Sachen“ anziehen. Konsequenzen hatte es keine, sie sprach aus, was viele dachten. Eine ähnliche Szene erlebte der Rezensent bei einem Iran-Aufenthalt 2005: Kaum angekommen vor der ehemaligen amerikanischen Botschaft und heutigen Propagandastätte in Teheran, eilten gleich mehrere Passanten herbei, um zu warnen, dass man diese dumme Regimepropaganda bloß nicht ansehen solle.
Aber auch wenn es heute nur noch um die Überwindung des aktuellen Systems, nicht seine Veränderung geht, macht Amirpur deutlich, wie wichtig die Debatten und die Systemkritik waren, die aus dem religiösen Lager kamen; darunter schiitische Instanzen wie der einst als Chomeini-Nachfolger ausgebootete Großayatollah Montazeri oder Gelehrte wie Abdolkarim Soroush und Hasan Eshkevari. Amirpur erinnert daran, wie weit ihre Forderungen gingen und welch hohen Preis einige von ihnen zahlten: Der Geistliche Eshkevari wurde nach der berüchtigten „Berlin-Konferenz“ 2000 wegen „moharebe“ (Krieg gegen Gott) angeklagt – desselben Straftatbestands, aufgrund dessen die Regierung heute Protestierende hinrichten lässt.
In ihrer Betrachtung erhält die Chatami-Zeit (1997-2005), in der diese Kritiker wirkten, besondere Aufmerksamkeit. Amirpur sieht sie, immer noch, als eine verpasste Chance, denn der damalige Präsident Mohammad Chatami und viele seiner Mitstreiter wollten Iran nachhaltig öffnen und die systematischen Rechtsverletzungen beenden. Er wurde aber in den USA und auch in Europa als Systemrepräsentant des „Mullah-Staates“ weitgehend isoliert. Die weitreichenden US-Sanktionen, so Amirpur, hätten in der Vergangenheit der Zivilgesellschaft das Wasser abgegraben, während sie das Regime kaum trafen.
Diese Betrachtungen sind auch heute wichtig, wenn zwar stets „maximaler Druck“ gegen die iranische Regierung gefordert, aber selten ausbuchstabiert wird, was das konkret heißt. „Es könnte tatsächlich klappen“, lautet Amirpurs knappes Fazit über den begonnenen revolutionären Prozess angesichts der tief verwurzelten Unzufriedenheit jenseits aller ethnischen oder religiösen Identitäten. Allerdings hätte man sich über ihre erhellenden Analyse der Ursprünge der Proteste hinaus noch eine ausführliche Betrachtung gewünscht, was für einen Erfolg der Revolution jetzt notwendig wäre und wie eine andere bessere Zukunft im „postislamischen“ Iran denn aussehen könnte.
Ob Amirpur mit ihren Analysen für Gilda Sahebi, Autorin des Buches „Unser Schwert ist Liebe“, eine „Mullah-Versteherin“ ist? Mit diesem polemischen Begriff beschreibt Sahebi eine Geisteshaltung, die ihrer Wahrnehmung nach sowohl „in der Politik als auch in der medialen Berichterstattung“ in Deutschland vorgeherrscht habe. Dass von „Reformern“ oder „Moderaten“ gesprochen worden sei, sieht sie als Beleg dafür, denn es könne in einem „System wie der Islamischen Republik keine Reformer geben“ – was aktuell zweifelsohne stimmt, aber den von Amirpur ausführlich geschilderten inneriranischen Debatten der vergangenen Jahrzehnte nicht gerecht wird. Eine differenzierte und kritische Debatte über deutsche Beziehungen zu Iran inklusive ihrer blinden Flecken wäre an dieser Stelle lohnenswert gewesen.
Aber das ist nicht das Kernthema von Gilda Sahebis Buch. Es liefert hervorragende Einblicke in die Protestbewegung und ihre Protagonistinnen. Im ersten Kapitel rekapituliert Sahebi, was seit dem Mord an Jina Mahsa Amini passierte – sie erzählt vom Mut der Protestierenden und von der unerhörten Brutalität des Regimes. Auch die eigene Familiengeschichte lässt sie einfließen, erzählt vom Gefühl des Nachhausekommens bei Besuchen in Iran, von ganz normalen Familienbesuchen, die doch nie normal waren; von Sehnsucht und Schmerz, seit ihr Vater und ein Onkel, einst idealistische Revolutionäre gegen den Schah, vor den Schergen des Regimes fliehen mussten. Seit Beginn der Revolution ist Sahebi eine der präsentesten Stimmen zu Iran in Deutschland – sowohl in den sozialen Medien als auch mit ihrer journalistischen Arbeit. Dafür recherchiert Sahebi immer wieder unter schwierigen Bedingungen aus der Ferne vor Ort, was sie auch im Buch reflektiert.
In ihrem Buch sprechen auch die Protagonistinnen dieser Recherchen selbst, meist mit Pseudonym. Afra berichtet von ihrer Diskriminierung als Kurdin, Jakaw Nick von der Verfolgung als trans Person. Es sind Porträts, die nahegehen und die ganz persönliche Diskriminierung durch das Regimes anschaulich machen. Ebenso wie die Geschichte von Elaheh Mohammadi, einer der Journalistinnen, die als erste über Mahsa Amini berichteten, oder die des vom Regime inhaftierten und gefolterten Rappers Toomaj – der Titel ihres Buches stammt aus seinem Protestsong „Schlachtfeld“. Ein ausführliches Interview mit Nasrin Sotudeh, einer Ikone der Menschenrechtsbewegung, gibt tiefe Einblicke in ihre jahrzehntelange Arbeit als Anwältin und prinzipientreue Gegnerin der Todesstrafe. Sahebi beschreibt den brutalen Einsatz sexualisierter Gewalt des Regimes, die systematische Verfolgung von Journalistinnen oder von medizinischem Personal und wie sie alle trotz größter Widerstände weiterarbeiten. Sahebi gelingt eine erste Bestandsaufnahme der Proteste: engagiert, aktuell und persönlich.
Natalie Amiri und Düzen Tekkal schließlich sind zwei weitere Protagonistinnen, die der deutschen Öffentlichkeit die Geschehnisse in Iran näherbringen. Der große Verdienst des von ihnen herausgegebenen Buchs ist es, den iranischen Frauen selbst eine Plattform zu bieten. Insgesamt 15 bekannte und einige weniger bekannte Persönlichkeiten berichten in den Gesprächsprotokollen von ihrem Blick auf die Proteste und einem Gefühl, das sie vereint: „Wir haben keine Angst“, so der Titel des Buches. Unter ihnen sind nur wenige, die noch immer in Iran leben. Sie äußern sich entweder anonym oder nehmen die Konsequenzen in Kauf. So wie die auch in diesem Buch interviewte Nasrin Sotudeh oder die Menschenrechtlerin Narges Mohammadi, deren Text aus dem Gefängnis geschmuggelt wurde.
Zwei junge Frauen berichten anonym von der systematischen Entrechtung von Frauen durch die Islamische Republik und von ihrer kollektiven Gegenwehr im revolutionären Alltag. Sie werden nicht als furchtlose Heldinnen überhöht, sprechen auch von ihren Sorgen und Ängsten im Angesicht des brutalen Vorgehens des Regimes. Stark sind auch jene Texte, die Hintergründe der Diskriminierung der religiösen und ethnischen Minderheiten thematisieren, der Bahai, der Kurdinnen, der Belutschinnen. Sie tragen jetzt wieder stolz ihre traditionellen Gewänder, die sie einst unter Zwang gegen den schwarzen Tschador eintauschen mussten.
Im Fokus steht oftmals der Schmerz der Exilantinnen, die Iran in den Jahrzehnten nach der Revolution verlassen mussten. So schildert die israelische Sängerin Rita, mit acht Jahren aus Iran geflohen und heute zum Missfallen des Regimes in Iran bekannt und von vielen verehrt, ihre Erinnerungen an ihre Kindheit in Teheran und erzählt von ihrem Traum: Eines Tages gemeinsam mit Shervin in Teheran „Baraye“, die Hymne der Revolution, zu singen. Für Parastou Forouhar, bekannte Künstlerin aus Frankfurt, sind mit Iran besonders schmerzvolle Erinnerungen verbunden. Ihrer bewegenden Geschichte und ihrem grenzenlosen Mut wird in allen drei besprochenen Büchern Raum eingeräumt. Seit ihre Eltern 1998 vom Regime auf bestialische Weise ermordet wurden, reist Forouhar jedes Jahr zum Jahrestag in das Land, um dort ein Zeichen zu setzen. Sogar 2022, während der Proteste.
Bei den Exilstimmen sind schließlich auch jene drei Frauen vertreten, die das jüngst gebildete breite Bündnis für einen Wandel anführen: Masih Alinejad, Nazanin Boniadi und Shirin Ebadi. Von ihnen liest man kaum Neues, erfährt wenig Konkretes; einzig die Notwendigkeit der Listung der Revolutionsgarden als Terrororganisation wird mit Blick auf Handlungsoptionen benannt. Für eine revolutionäre Strategie reicht das nicht. Dabei hätte man gerade von der hochangesehenen Shirin Ebadi gern mehr darüber erfahren, wie der Weg in einen neuen, demokratischen Iran aussehen könnte.
Die Frage, welche konkreten politischen Schritte jetzt notwendig wären, bleibt so in den drei Büchern noch weitgehend unbeantwortet. Aber ihnen gelingt eine umfangreiche, oft bewegende Momentaufnahme der revolutionären Proteste. Die professionellen und persönlichen Einblicke der Autorinnen, ihre Recherchen vor Ort, ihre Einfühlsamkeit und Solidarität machen sie und ihre Bücher zu enorm wichtigen Begleiterinnen der revolutionären Umwälzung in Iran, die gerade erst begonnen hat.
René Wildangel ist Historiker und schreibt unter anderem zum Schwerpunkt Naher/Mittlerer Osten.
Wurde unter Präsident
Mohammad Chatami eine Chance
auf Reformen verpasst?
Trotz der treffenden Analyse
der aktuellen Situation:
Eine revolutionäre Strategie fehlt
Katajun Amirpur:
Iran ohne Islam. Der Aufstand gegen den Gottesstaat. Verlag C.H. Beck, München 2023.
240 Seiten, 25 Euro. E-Book: 18,99 Euro.
Gilda Sahebi:
„Unser Schwert ist Liebe“. Die feministische Revolte im Iran. S. Fischer Verlage, Frankfurt 2023.
256 Seiten, 24 Euro. E-Book: 18,99 Euro.
Natalie Amiri,
Düzen Tekkal:
Wir haben keine Angst! Die mutigen Frauen Irans. E. Sandmann Verlag, Frankfurt 2023.
144 Seiten, 25 Euro.
E-Book: 21,99 Euro.
Seltene Bilder aus Teheran: Nach dem Tod von Mahsa Amini im September 2022 begann die Revolte.
Foto: dpa
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.05.2023

Anschreiben gegen die Repression

Eine Ärztin appelliert an die Welt, das Interesse an der Oppositionsbewegung gegen die Mullahs in Iran nicht zu verlieren.

Es ist herausfordernd, über die Revolte in Iran, während sie noch im Geschehen ist, ein Buch zu verfassen. Gilda Sahebi ist es gleichwohl gelungen. "Unser Schwert ist Liebe" muss die Journalistin mit zitternden Händen geschrieben haben. Das lässt sich erahnen. Trotz der nicht abreißenden Nachrichten über Folter und Tod, mit denen sie sich in den vergangenen Monaten konfrontiert fand, zeigt sie sich distanziert genug, um sachlich einzuordnen, und involviert genug, um nachhaltig aufzurütteln.

In "Unser Schwert ist Liebe" leitet Sahebi die Leser zunächst versiert durch den Strom der Ereignisse zwischen September und Dezember 2022, der für sie bereits jetzt "feministische Weltgeschichte" ausmacht. Dabei stellt sie die wichtigsten Akteurinnen und Akteursgruppen vor, die - im Unterschied zu früheren Phasen des Widerstands gegen das Mullahregime - über ethnische und Klassengrenzen hinweg zusammenstehen. Sprachlich eindrucksvoll zeichnet sie den frechen und bunten Protest der Frauen, Künstler, Musiker, Jugendlichen und Schülerinnen nach und macht die Bedeutung der Massendemonstrationen und großen Streiks Ende des Jahres verständlich.

Den hoffnungsvollen Bildern stellt sie Beispiele von verzweifeltem Widerstand, von Repression und Brutalität gegenüber, die das Blut in den Adern gefrieren lassen. Wie die Häftlinge, die gegen die Hinrichtung ihrer Mitgefangenen protestieren und dann selbst im Schussfeuer landen. Oder, wieder und wieder, sexualisierte Gewalt gegen Protestierende. Oder das Kind, das aus Protest gegen die Inhaftierung des Vaters die Schule schwänzt und mehrere Tage friedlich demonstriert, bis die Revolutionsgarden es so verprügeln, dass es aufgeben muss.

Kenntnisreich stellt die Autorin das aktuelle Geschehen in den Kontext von Unterdrückung und Widerstand in der Islamischen Republik seit 1979. Massenhinrichtungen, denen auch Kinder zum Opfer fielen, folgten beispielsweise schon kurz nach der Machtübernahme.

Auf die feministische Bewegung, Frauenrechte und den systematischen Einsatz sexualisierter Gewalt gegen Frauen geht Sahebi vertieft ein. In jeweils eigenen Kapiteln untersucht die Autorin, die selbst Ärztin und Journalistin ist, die Rolle dieser beiden Berufsgruppen für den Widerstand gegen das Regime. Abschließend setzt sie sich mit dem westlichen Diskurs und der Berichterstattung über Iran auseinander. Sie beschreibt auch, wie ihr die eigene Perspektive aus dem Exil viele Zugänge ermöglicht und sie gleichzeitig unter besondere Beobachtung stellt.

Immer wieder macht Sahebi deutlich, dass weder Grausamkeit noch Widerstand neu sind. Neu ist hingegen das Interesse der westlichen Medien und Öffentlichkeit. Dieses aufrechtzuerhalten ist ein offenes Ziel des Buches. Sahebi nutzt die aktuelle Aufmerksamkeit, um auf vergangene Verbrechen aufmerksam zu machen. Auch falls dieser Aufstand - zunächst - scheitern sollte, muss das Regime international diskreditiert bleiben, das ist ihre klare Botschaft.

Unterbrochen werden die atemlosen politischen Analysen der Autorin durch eigene Kindheitserinnerungen an Iran, die in einem langsamen Tempo erzählt werden. Ein Interview mit einer bekannten Menschenrechtsanwältin aus Iran, die auch ausführlich vorgestellt wird, sowie autobiographische Erzählungen von Aktivistinnen aus Deutschland und Iran sind weitere Mosaikstücke des Buches.

Diese Einschübe brechen mit dem Stil der Kapitel zu den sich überschlagenden Ereignissen oder zu teils schwer erträglichen Verbrechen des Regimes. Der Wechsel ist manches Mal gewöhnungsbedürftig, aber er gibt den Lesern kurz Zeit zum Durchatmen. Auch wenn deutliche Bruchlinien erkennbar sind, setzen sich die einzelnen Kapitel und Artikel zu einem Ganzen zusammen. Autorin und Lektorin haben so sauber gearbeitet, dass das Buch fast nie Wiederholungen aufweist, obwohl es, klar markiert, verschiedene bereits veröffentlichte Texte wiederverwendet. Sowohl die Hektik, die das Buch an einzelnen Stellen aufweist, als auch der Facettenreichtum der Erzählperspektiven und -stile erscheinen angemessen mit Blick auf die Komplexität und Aktualität der Ereignisse.

Inhaltlich ist die Brutalität der Mullahs und ihres Systems ein dominanter Strang des Buchs. Der andere ist Mut. Die Ehrfurcht vor den Protestierenden überträgt sich auf die Leser. Mit großer Erzählkunst, in der manchmal die Poesie der persischen Sprache aufscheint, bringt Sahebi den Lesern die Helden und Heldinnen des Widerstands über deren Einzelschicksale näher. "Unser Schwert ist Liebe" erfüllt damit einen Auftrag, den Sahebi an sich selbst stellt: diese Geschichten vor dem Vergessen zu bewahren. Gleichzeitig will sie gezielt über Verbrechen bis in die "quälenden Details" berichten und trägt mit der Dokumentation aus dem Ausland zur Menschenrechtsarbeit der iranischen Bewegung bei.

Wer Gilda Sahebi auf Twitter folgt, weiß, wie sich die Revolte inzwischen verändert hat. Die Massenproteste sind vorbei. Und doch geht es weiter. "Unser Schwert ist Liebe" ist in gewisser Weise das Buch zum Social-Media-Account der Journalistin. Beide sind sehr zu empfehlen, um die Ereignisse in Iran zu verfolgen, ihre Bedeutung zu begreifen und sich immer wieder von der Hoffnung anstecken zu lassen. MONIKA REMÉ

Gilda Sahebi: "Unser Schwert ist Liebe". Die feministische Revolte im Iran.

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023. 256 S., 24,- Euro.

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absolut lesenswertes und auch vielstimmiges Buch Matthias Schümann Lesart 20231012