Adel verpflichtet! Die Fürstin und die Prinzessin tragen dazu bei, die guten Sitten noch populärer zu machen. Mit unterhaltsamen Beispielen und Geschichten aus der Welt der oberen Zehntausend beschreiben sie, wie man sich in Gesellschaft und Privatleben korrekt benimmt und respektvoll miteinander umgeht. Ihre Botschaft: Man muss kein blaues Blut haben, um immer und überall mit perfekten Umgangsformen zu glänzen!
"Dieses Buch ist eine gute Einführung in die wichtigsten Einzelheiten der Etikette."
(Amazon-Leserrezension)
(Amazon-Leserrezension)
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.12.2000Was würde die Auster zum Briefträger sagen?
Die Benimmregeln der Fürstin Gloria schmücken wie Perlen
Vor der Münchner Oper steht ein Doppeldeckerbus mit verdunkelten Scheiben. Die Fahrt geht nach Regensburg, wo Gloria Fürstin von Thurn und Taxis zu einer Buchparty ins Schloß lädt. Gemeinsam mit ihrer Freundin Donna Alessandra Principessa Borghese hat sie ein Nachschlagewerk über "Unsere Umgangsformen" (Falken-Verlag) geschrieben. Mit einer gewöhnlichen Lesung ist das Ereignis natürlich nicht zu vergleichen. Entsprechend zahlreich sind die handverlesenen Gäste. Im Bus schon wird Champagner gereicht, man plaudert über das Skifahren in Dubai, die Vor- und Nachteile von Snowboard oder Tennis und ruft sich "Grüß dich, Durchlaucht!" zu. Ein Herr spricht an seinem Handy Erbschaftsangelegenheiten durch: "Hallo! Ihre Frau Mutter hatte angerufen. . ." Er muß ein Anwalt sein, denn ein Anruf folgt dem nächsten: "Würden Sie", instruiert er die Sekretärin, "die Papiere von Klient X, ich kann hier nicht frei reden . . . an Notar Y, Sie wissen schon, schicken?" Für einen Augenblick taucht er aus der Telewortwolke auf und verkündet: "Ich trau' mich jetzt sogar, eine Zigarette zu rauchen." Aus einer werden drei.
Er ist schon wieder am Hörer: "Brechen Sie den Kontakt komplett ab, komplett!", ruft er hinein. Was könnte das Benimmbuch der Fürstin zu ihm sagen? "Lange Gespräche, womöglich in Anwesenheit Dritter", heißt es unter dem Eintrag "Handy", "sind unhöflich und indiskret." Zum "Rauchen" ist zu lesen: "Ist man in Gesellschaft, vergewissert man sich vor dem Anzünden einer Zigarette höflich, ob der ,blaue Dunst' jemanden stört." Der Fall ist klar. Der Mann hat den Test nicht bestanden. Doch das Vorwort der Prinzessin Borghese kompliziert den Fall. Wer den weiten Weg in die gute Gesellschaft gehen will, "muß die Regeln strenger beachten als jemand, der dort schon länger zu Hause ist".
Das Buch richtet sich nicht an jene, die mit "unsere Gesellschaft" und "höheren Kreisen" umschrieben werden, sondern es bringt "die Geheimcodes des guten Stils ,unters Volk'". Deshalb ist der Prototyp des idealen Lesers unter "Snobismus" skizziert: "Snobs haben die angenehme Eigenschaft, sich durch gewisse Vorzüge ihren Platz in der höheren Gesellschaft zu ,verdienen'". Die Fibel des guten Benehmens äußert sich unmißverständlich gegenüber weißen Socken, Lederkrawatten und der Unart, anderen "Mahlzeit!" zuzurufen. Ein Geheimcode bleibt das Brevier dennoch, denn es verzichtet in der Regel auf eine Erklärung für seine Diktate. Die Regel, Gäste rechtzeitig einzuladen, wird durch eine Anekdote erläutert: "Letztens rief mich das Büro des Vorstandsvorsitzenden eines großen deutschen Konzerns an, um anzufragen, ob ich wohl am nächsten Tag gewillt sei, nach Venedig zur Eröffnung der Filmfestspiele zu kommen. Ich würde am Ehrentisch plaziert und selbstverständlich vom Flughafen abgeholt werden", erinnert sich Fürstin Gloria. Die Kurzfristigkeit macht die "Traumeinladung zur Unverschämtheit" - doch warum? Daß die implizite Beleidigung in der zwangsläufigen Annahme liegt, daß der Geladene als Lückenbüßer dient, muß sich der Leser selber denken.
Das Buch legt nahe, daß sich Takt und Höflichkeit "in der Evolution durchsetzen werden". Handelt es sich dabei also doch um ein diskretes Machtprinzip? So möchten es die Autorinnen nicht sehen. Sie gründen das gute Benehmen auf "christliche Werte wie Nächstenliebe, Rücksichtnahme und Verständnis". Doch da sich das Tragen einer Lederkrawatte nicht als Verstoß gegen die Nächstenliebe plausibel machen läßt, bleibt ein Mißton, der das Paradox auf dem Grund dieses Buches verrät. Prinzessin und Fürstin lassen wissen, daß man in ihren Kreisen über gewisse Dinge lachen wird, weil sie einen kontingenten Code verletzen, und nicht, weil sie rücksichtslos sind. Daß eine Duftkerze ein passendes Weihnachtsgeschenk für den Briefträger sei, würde der sicher bestreiten. Und daß eine Dame über dreißig zu legeren Anlässen am besten ein "Twinset mit Rock oder Hose (auch Jeans), gegebenenfalls Seidenschal" trägt, ist zumindest, was die Kombination von Jeans und Seidenschal anlangt, ein unbedingter Streitfall. Auch scheint hier unter den Autorinnen keine letzte Einigkeit erzielt worden zu sein. Denn wenig später erfährt man, daß "Bluejeans und T-Shirts" in den "Schrank der Jugend" gehören.
Über die Instruierung künftiger Snobs gehen "Unsere Umgangsformen" gerade dann hinaus, wenn sie selbst die Regeln brechen. Das ironische Verbot zu lästern verbündet sich mit dem Leser über alle Schranken hinweg. Auch die gelegentlichen Ratschläge für hoffnungslose Lagen illustrieren das Weltmännische des missionarischen Unterfangens weit besser als schmallippige Verbote. Die Notwendigkeit, "dem Postbeamten aufzulauern, der den Briefkasten entleert", ergibt sich zum Beispiel für den, der vorschnell, "im Affekt oder in der Verärgerung" schrieb und sein Schreiben bereut. In Voraussicht solcher Fälle sollte man allerdings als Weihnachtspräsent für den Postboten unbedingt eine Flasche Johnny Walker wählen und auf Duftkerzen verzichten.
INGEBORG HARMS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Benimmregeln der Fürstin Gloria schmücken wie Perlen
Vor der Münchner Oper steht ein Doppeldeckerbus mit verdunkelten Scheiben. Die Fahrt geht nach Regensburg, wo Gloria Fürstin von Thurn und Taxis zu einer Buchparty ins Schloß lädt. Gemeinsam mit ihrer Freundin Donna Alessandra Principessa Borghese hat sie ein Nachschlagewerk über "Unsere Umgangsformen" (Falken-Verlag) geschrieben. Mit einer gewöhnlichen Lesung ist das Ereignis natürlich nicht zu vergleichen. Entsprechend zahlreich sind die handverlesenen Gäste. Im Bus schon wird Champagner gereicht, man plaudert über das Skifahren in Dubai, die Vor- und Nachteile von Snowboard oder Tennis und ruft sich "Grüß dich, Durchlaucht!" zu. Ein Herr spricht an seinem Handy Erbschaftsangelegenheiten durch: "Hallo! Ihre Frau Mutter hatte angerufen. . ." Er muß ein Anwalt sein, denn ein Anruf folgt dem nächsten: "Würden Sie", instruiert er die Sekretärin, "die Papiere von Klient X, ich kann hier nicht frei reden . . . an Notar Y, Sie wissen schon, schicken?" Für einen Augenblick taucht er aus der Telewortwolke auf und verkündet: "Ich trau' mich jetzt sogar, eine Zigarette zu rauchen." Aus einer werden drei.
Er ist schon wieder am Hörer: "Brechen Sie den Kontakt komplett ab, komplett!", ruft er hinein. Was könnte das Benimmbuch der Fürstin zu ihm sagen? "Lange Gespräche, womöglich in Anwesenheit Dritter", heißt es unter dem Eintrag "Handy", "sind unhöflich und indiskret." Zum "Rauchen" ist zu lesen: "Ist man in Gesellschaft, vergewissert man sich vor dem Anzünden einer Zigarette höflich, ob der ,blaue Dunst' jemanden stört." Der Fall ist klar. Der Mann hat den Test nicht bestanden. Doch das Vorwort der Prinzessin Borghese kompliziert den Fall. Wer den weiten Weg in die gute Gesellschaft gehen will, "muß die Regeln strenger beachten als jemand, der dort schon länger zu Hause ist".
Das Buch richtet sich nicht an jene, die mit "unsere Gesellschaft" und "höheren Kreisen" umschrieben werden, sondern es bringt "die Geheimcodes des guten Stils ,unters Volk'". Deshalb ist der Prototyp des idealen Lesers unter "Snobismus" skizziert: "Snobs haben die angenehme Eigenschaft, sich durch gewisse Vorzüge ihren Platz in der höheren Gesellschaft zu ,verdienen'". Die Fibel des guten Benehmens äußert sich unmißverständlich gegenüber weißen Socken, Lederkrawatten und der Unart, anderen "Mahlzeit!" zuzurufen. Ein Geheimcode bleibt das Brevier dennoch, denn es verzichtet in der Regel auf eine Erklärung für seine Diktate. Die Regel, Gäste rechtzeitig einzuladen, wird durch eine Anekdote erläutert: "Letztens rief mich das Büro des Vorstandsvorsitzenden eines großen deutschen Konzerns an, um anzufragen, ob ich wohl am nächsten Tag gewillt sei, nach Venedig zur Eröffnung der Filmfestspiele zu kommen. Ich würde am Ehrentisch plaziert und selbstverständlich vom Flughafen abgeholt werden", erinnert sich Fürstin Gloria. Die Kurzfristigkeit macht die "Traumeinladung zur Unverschämtheit" - doch warum? Daß die implizite Beleidigung in der zwangsläufigen Annahme liegt, daß der Geladene als Lückenbüßer dient, muß sich der Leser selber denken.
Das Buch legt nahe, daß sich Takt und Höflichkeit "in der Evolution durchsetzen werden". Handelt es sich dabei also doch um ein diskretes Machtprinzip? So möchten es die Autorinnen nicht sehen. Sie gründen das gute Benehmen auf "christliche Werte wie Nächstenliebe, Rücksichtnahme und Verständnis". Doch da sich das Tragen einer Lederkrawatte nicht als Verstoß gegen die Nächstenliebe plausibel machen läßt, bleibt ein Mißton, der das Paradox auf dem Grund dieses Buches verrät. Prinzessin und Fürstin lassen wissen, daß man in ihren Kreisen über gewisse Dinge lachen wird, weil sie einen kontingenten Code verletzen, und nicht, weil sie rücksichtslos sind. Daß eine Duftkerze ein passendes Weihnachtsgeschenk für den Briefträger sei, würde der sicher bestreiten. Und daß eine Dame über dreißig zu legeren Anlässen am besten ein "Twinset mit Rock oder Hose (auch Jeans), gegebenenfalls Seidenschal" trägt, ist zumindest, was die Kombination von Jeans und Seidenschal anlangt, ein unbedingter Streitfall. Auch scheint hier unter den Autorinnen keine letzte Einigkeit erzielt worden zu sein. Denn wenig später erfährt man, daß "Bluejeans und T-Shirts" in den "Schrank der Jugend" gehören.
Über die Instruierung künftiger Snobs gehen "Unsere Umgangsformen" gerade dann hinaus, wenn sie selbst die Regeln brechen. Das ironische Verbot zu lästern verbündet sich mit dem Leser über alle Schranken hinweg. Auch die gelegentlichen Ratschläge für hoffnungslose Lagen illustrieren das Weltmännische des missionarischen Unterfangens weit besser als schmallippige Verbote. Die Notwendigkeit, "dem Postbeamten aufzulauern, der den Briefkasten entleert", ergibt sich zum Beispiel für den, der vorschnell, "im Affekt oder in der Verärgerung" schrieb und sein Schreiben bereut. In Voraussicht solcher Fälle sollte man allerdings als Weihnachtspräsent für den Postboten unbedingt eine Flasche Johnny Walker wählen und auf Duftkerzen verzichten.
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